Homosexualität und Klassische Musik – eine spannende Liaison

  • Sagen wir mal so: es wird ja - natürlich nicht fachwissenschaftlich, aber im allgemeinen Hörerusus - zwischen weiblicher und männlicher Musik durchaus gelegentlich unterschieden (Friedrich II. wurde mitunter als „Weibischer Querpfeifer und Poet“ betitelt - seine Musik ist folglich weibisch).


    Logisch, Wagnersche und Lisztsche Musik ist eindeutig männlich konnotiert (von den Mannweibern bei Wagner mal abgesehen) und Brucknersche und Mozartsche (mit Perücke) weiblich??? Aber gay ist dann nochmal ne Nummer komplexer. Diese Bedeutungen wie in der Programmmusik fußen auf bestimmten Übereinkünften und Assoziationen. Dur/Moll ist wohl eher eine Übereinkunft, Hörnerklang weckt Assoziationen. Die Entschlüsselung setzt also voraus, dass der Code bekannt ist. Ohne gemeinsam geteilten Code könnte die Ouvertüre zum Figaro genauso gut eine Beerdigungsmusik sein. Wenn nun also "gay" entschlüsselt werden soll und kein gemeinsamer Code vorliegt, könnte das allenfalls über die Kombination bekannter Klischees erfolgen und das wird komplex.

    • Offizieller Beitrag

    [...] und das wird komplex.


    Genau; auf diese Weise versucht man seit Jahrtausenden Schuberts Musik zu entschlüsseln - was zunächst recht logisch anmutet und an evidenten und prominenten Notenbeispielen herausgearbeitet wird, mündet in einer Farce resp. ist mindestens an den Haaren herbeigezogen. Leider finde ich den entsprechenden Essay gerade nicht ...

  • Christoph Schwandt „Unaussprechlich, unbegriffen" Indizien und Argumente aus Leben und Werk für die wahrscheinliche Homosexualität des Franz Peter Schubert
    Seiten 112-194

    LG palestrina

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

    • Offizieller Beitrag

    Yupp; kann sein, daß es daraus stammte, wenn es dort viele Notenbeispiele gibt ... ich habe das vor Jahren mal gelesen und dann weit, weit weggelegt, weil es mir zu hanebüchen wurde ...

  • DAS wäre die angeuteteten KLISCHEES bezüglich angeblich weiblicher und männlicher Musik meines Erachtens am treffendsten beschreiben: ad absurdum geführt, Schwachsinn, Schubladendenken, es leben unsere eigenen Perversersionen.

    Sorry Leute... aber dieser Thread ist aus meiner Sicht überflüssig wie ein Kropf. Vielleicht sind Botox-Lippen in 20 Jahren "männlich"? Gestern habe ich eine Frau in Lederhosen gesehen und Thomas Mann hat wahrscheinlich nur deswegen vier Kinder zeugen können, weil er im Geiste einen Jüngling schwängerte.

    Einer Deutschen Eiche pinkelt man nicht ans Bein, nur Frauen sind gefühlsduselig. Weibliche und männliche Musik gibt es nur als Einheit, weil BEIDE Anteile unsere Humanität, Identität und Intigrität >garantieren<. Gedankenspiele sind immer erlaubt und interessant ... allerdings ernsthaftes Ansinnen, weibliche und männliche Musik zu kategorisieren und als organische Einheit feil zu bieten ... ist so absurd, als wenn die Staatsmänner aus Nordkorea und Rußland morgen ihre Trauung bekanntgeben würden.


    Arnulfus

    • Offizieller Beitrag

    Sorry Leute...aber dieser Thread ist aus meiner Sicht überflüssig wie ein Kropf


    Schade, daß Du das so siehst; offenbar hast Du nicht alles, sondern lediglich die letzten Beiträge, gelesen. Etwas mehr Substanz hätte ich jetzt doch erwartet ...

    Einer Deutschen Eiche pinkelt man nicht ans Bein,


    Und ob ... !

    • Offizieller Beitrag

    Homosexualität und Klassische Musik – eine spannende Liaison

    Lieber Arnulfus, nimm es mir nicht krumm; aber deine Einlassungen haben nichts mit dem aufgeworfenen Thema zu tun.

  • Logisch, Wagnersche und Lisztsche Musik ist eindeutig männlich konnotiert (von den Mannweibern bei Wagner mal abgesehen) und Brucknersche und Mozartsche (mit Perücke) weiblich???


    Nur noch einmal zur Klarstellung: Ich habe bewusst nicht behaupten wollen, dass es sich hierbei um plausible Zuschreibungen handelt, sondern um Klischeedenken, dass allerdings bei allen möglichen Gelegenheiten fröhliche Urstände feiern mag, so meine Spekulation. Für mich ist Wagnersche Musik genauso männlich wie eine deutsche Eichin. Daher die ???
    Nichtsdestotrotz lassen sich eben auch Klischees zu einem Subtext zusammenfügen.

    • Offizieller Beitrag

    Nichtsdestotrotz lassen sich eben auch Klischees zu einem Subtext zusammenfügen.

    Darüber muss ich unabhängig von unserem konkreten Thema hier oft nachdenken; genau wie über die Rehabilitierung der Oberflächlichkeit, aber das führt jetzt zu weit.

    • Offizieller Beitrag

    Was sich mir übrigens auch nie erschlossen hat, warum die Callas auf Homosexuelle solch eine dramatische Wirkung hatte und noch hat? Mich lässt das völlig kalt. Ich kann nichts daran finden, was mit meinem Leben in irgendeiner Verbindung stünde.

    Ich kann nicht nachvollziehen, wie und worüber sich Callas-Fans homosexueller Affinität definieren. Ist es bloß das Divenhafte? Davon gibt es heute mehr als genug lebendige ... und vor allem: männlichen Geschlechts. Oder sind das alles verkappte Transen (gegen die ich nicht im geringsten etwas habe)? Das hätte dann aber mit HS rein überhaupt nichts zu tun ... bitte nicht falsch verstehen: ich möchte es nur kapieren.

    *hä*

  • Was sich mir übrigens auch nie erschlossen hat, warum die Callas auf Homosexuelle solch eine dramatische Wirkung hatte und noch hat?

    Ist es nur die Callas? Sutherland, Tebaldi, Nilsson, Horne, Baltsa, Schwarzkopf, Jones .... Überhaupt alle diese überdimensionierten Frauen. Ob auf der Opernbühne oder sonstwo. Dietrich, Garbo, Monroe.
    Jetzt könnte man spekulieren. Trivialpsychologie bemühen. Aber landet man dann nicht zwangsläufig im Klischee? Jeder hat wohl seinen eigenen Zugang. Natürlich ist das Phänomen erstaunlich.

    Aber vielleicht wäre die Frage interessant, warum Schwule heute noch an diesen Damen kleben, während diese zu ihrer aktuellen Zeit ja auch einen Haufen an Heten - Verehrern hatten. Und wohl sogar mehr als Schwule.

    Liebe Grüße
    Thies :wink:

  • Schwule sind sehr emotional angehaucht. Deshalb übt alles, was das Emotionale bedient, eine besondere Wirkung aus. Deshalb lieben sie Tristan, Elektra, Walküre, Götterdämmerung ...

    Die Callas wiederum überzeugte als geborene Rampensau so sehr, dass sie nicht nur ihre Darstellung auf der Bühne, sondern auch in ihrer Stimme auf Tonträger so sehr überzeugt hat, und so die Gefühle der Menschen aufgeregt hat. Während die anderen Sängerinnen mehr oder weniger statuettenhaft die Tosca, Norma usw. interpretieren ist sie die Verköperung der Figur an sich, mit einer nicht wirklich schönen Stimme, überdauert ihre Kunst die Zeit.

    :wink: LT

  • Ich kann nicht nachvollziehen, wie und worüber sich Callas-Fans homosexueller Affinität definieren.

    Ich kenne einen Haufen nicht schwuler Callas - Verehrer. Allerdings sind das alles Frauen. :D Sch..., jetzt zwingst du mich doch zum Psycho - Exkurs.
    Vielleicht ist es das Männliche im Weiblichen. Diese Kombination von knallharter Präsentation (ich rede jetzt von all diesen schwulen Ikonen), von Durchsetzungsfähigkeit, von Ausleben eigener Wünsche und Triebe und gleichzeitiger Zartheit und Sensibilität. Papa und Mama in einem. :D
    Vielleicht die Sehnsucht alle Seiten in sich zu haben, wenn man schon gesellschaftlich auf eine Rolle festgelegt wird.
    Aber das ist jetzt alles Kladde. Nagel mich nicht darauf fest. ;)

    Liebe Grüße
    Thies :wink:

  • Schwule sind sehr emotional angehaucht. Deshalb übt alles, was das Emotionale bedient, eine besondere Wirkung aus. Deshalb lieben sie Tristan, Elektra, Walküre, Götterdämmerung ...

    Die Callas wiederum überzeugte als geborene Rampensau so sehr, dass sie nicht nur ihre Darstellung auf der Bühne, sondern auch in ihrer Stimme auf Tonträger so sehr überzeugt hat, und so die Gefühle der Menschen aufgeregt hat. Während die anderen Sängerinnen mehr oder weniger statuettenhaft die Tosca, Norma usw. interpretieren ist sie die Verköperung der Figur an sich, mit einer nicht wirklich schönen Stimme, überdauert ihre Kunst die Zeit.

    :wink: LT

    Aber, lieber Liebestraum, waren auch in den Fünfzigern nur Schwule von ihr fasziniert? Und was ist mit all den Schwulen heute, die nur House und Techno hören? Fast möchte man sagen: Heute ist nicht jeder Schwule fasziniert von Callas. Aber fast jeder Mann, der heute von ihr fasziniert ist, ist schwul.

    Liebe Grüße
    Thies :wink:

  • Natürlich, haben sich auch Menschen für die Callas interessiert, die nicht schwul waren bzw. sind. Ich wollte nur das Phänomen Callas in Bezug auf die Schwulen klären.

    Im übrigen habe ich hier von Schwulen gesprochen mit einem Faible für klassische Musik.

  • Aber warum interessieren sich heute kaum noch Heten für Callas oder klassische Musik? Oder warum ist das alles kein 'Mainstream' mehr? Was hat sich da gesellschaftlich verändert? Haben Heten keine emotionale Seite mehr? Oder hatten sie die nie und haben nur ihre Frauen damals begleitet? Hat man damals nur klassische Musik gehört, weil es gesellschaftlich zum guten Ton gehörte? Und jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen? Zurück bleiben die Schwulen?

    Ein äußerst kompliziertes Thema.

    Liebe Grüße
    Thies :wink:

  • Klassische Musik war noch nie Mainstream. Als ich mich als Teenager in den 70er Jahren mit Klassik befasste, war ich der Einzigste meiner Klasse.

    Ja, in den 50er bzw. 60er Jahren zur Callas in die Oper zu gehen, war chic in der gehobenen Gesellschaft.

    Und es sind nicht nur die Schwulen, die die Callas heute noch lieben und gern hören. Die meisten heutigen Stimmen berühren doch keinen wirklich, sie sind austauschbar, gesanglich als auch figürlich.

    • Offizieller Beitrag

    Die Callas wiederum überzeugte als geborene Rampensau so sehr, dass sie nicht nur ihre Darstellung auf der Bühne, sondern auch in ihrer Stimme auf Tonträger so sehr überzeugt hat, und so die Gefühle der Menschen aufgeregt hat.


    Ähnliches könnte man von aktuellen Diven wie Bartoli und Kermes behaupten; vielleicht - mit diversen Vorhebalten - auch für Countertenöre. Bei letzteren hingegen habe ich eher den Eindruck, daß sich etwas Zurückhaltung übt, vielleicht weil sie eher das Weibliche im Manne betonen als umgekehrt bei den Sängerinnen das Männliche im Weibe?

  • Callas, eine Biographie von David Bret.

    Zitat

    Ein Buch für Musikliebhaber und <kenner>, für Fans, für „ Callas Boys " und für alle, die dem Geheimnis des künstlerischen Genies auf der Spur sind.

    Ein bisschen Schmonzette, etwas Pfeffer, etwas Unwahrheit? oder doch nicht, und einer großen Prise Wahrheit. Die Rezensionen waren nicht gerade wohlwollend, ich fand es zum Teil ganz OK. Einige Fehler sind enthalten, auch sind Namen falsch geschrieben.

    Im selben Atemzug stelle ich euch noch dieses wirklich KÖSTLICHE Buch von Wayne Koestenbaum vor, vielleicht kennt es ja der ein oder andere von euch! ?

    Ist schon sehr „ Schwul ", aber der Typ kann ganz gut schreiben, mit viel Lächeln beim Lesen habe ich sehr genossen !
    Ach, ich denke hier kann sich so mancher Schwule wiederfinden-lesen!

    LG palestrina

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong