Welchen Einfluß hatten die Instrumente auf die Komposition?

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    Hallo,


    einer der für mich wichtigsten Aspekte der HIP ist die Frage, welchen Einfluß die damaligen Instrumente selbst auf die Komposition hatten. Dabei hört man aus der Gegenwindrichtung immer wieder das Pro-Moderne-Instrumente-Argument: "Hätten die Komponisten unsere heutigen Instrumente gehabt, wären sie davon sicher begeistert gewesen." - Dagegen ist rein gar nichts einzuwenden, zumal die meisten Komponisten stets an Neuerungen ("Verbesserungen"?) der vorhandenen Instrumente interessiert waren; es wäre auch schlimm für die Kunst, wenn es anders gewesen wäre. Da sie aber unsere heutigen Instrumente eben nicht hatten, konnten sie nicht immer so komponieren, wie sie es gerade wollten.


    Beschränkungen gab es zunächst sehr oft im Tonumfang der Instrumente: bei den Streichinstrumenten hat sich dies weniger verändert, als z.B. bei den Holzbläsern, insbesondere der Flöte und Clarinette und ganz akut bei den chordophonen Tasteninstrumenten. Ich führe immer gerne Beethovens Clavierkonzerte an, die auf historischen Instrumenten so wirken, also würde das Instrument jeden Augenblick zerbersten - der Komponist ging hier bewußt an die Grenzen des Instrumentes, genau das macht für mich die Kunst aus. Auf einem vom Tastenumfang her viel größeren Steinway wirkt so ein Beethoven-Konzert für mich stets etwas verloren - 50% der Tasten sind da völlig überflüssig (wenn man einmal von zeitgemäßen Kadenzen, die mit dem Werk aber nicht eigentlich etwas zu tun haben) absieht.


    Ich führe zunächst zwei unbekanntere Beispiele an, um später gffs. auf Mozart und bekanntere Werkstellen zu kommen. Die Claviere waren meist nach oben beschränkt auf den höchsten Ton f³ - später dann g³ und höher.. dies führte z.B. bei einem frühen Werk Beethovens zu folgender Kuriosität:



    Da es für die Ausführung der Verzierung in Variation X an einem fis³ mangelte, notierte (!) Beethoven einfach aus der Not heraus ein nach f aufgelöstes fis! Diese Stelle klingt sehr merkwürdig - vielleicht sogar falsch, da das Ohr der Hörers zu Recht ein fis³ erwartet. Genauso verfuhr Beethoven im ersten Clavierkonzert. Nachfolgend drucke ich einen Ausschnitt aus einem (später von fremder Hand korrigierten) Druck an, in dem als höchster Ton das fis³ erklingt:



    Im Original ist dort jedoch ein f³ notiert, was zumindest Arthur Schoonderwoerd so spielt und den fis-gewohnten Hörer sicherlich zunächst irritieren wird.


    Interessant ist in dem Zusammenhang aber auch, welche melodischen Konsequenzen und welche für die Entwicklung des Werks wichtigen Maßnahmen Komponisten ergriffen, um das Manko geschickt zu umgehen. Hier zeigt sich dann deren ganze Kunstfertigkeit. Zum Beispiel in dem einigermaßen bekannten Clavierkonzert D-Dur Hob. VIII:11 von Joseph Haydn. Gerade bei D-Dur fehlt natürlich das hohe fis. Was zunächst als Scherz von Haydn durchgehen könnte, hat aber womöglich eher mit der Tonhöhenbeschränkung seines Instrumentes zu tun gehabt und war gleichzeitig auch im Sinne des humoristischen Komponisten: Haydn kehrt hier einfach die lustige Figur um:



    Jeder Durchschnittkomponist hätte diese Stelle nach unten transponiert, um ja das Thema zu erhalten. Komponisten mit moderneren Instrumenten hätten mit Tunnelblick das fis³ verwendet... und konsequenterweise müßte die nonHIPpisten das Thema hier analog Beethovens erstem Konzert "richtig" stellen. Haydn verwendet aber das neue Schema danach in A-Dur weiter (obwohl das e³ vorhanden ist). Schöne Stelle! Auch der d-moll-Teil dieses Finalsatzes dürfte mit der Beschränkung nach oben zu tun haben: hier besteht nämlich jetzt die Möglichkeit, den höchsten ton auszuspielen, während Haydn parallel dazu jeweils einen Takt zuvor eine bewußt falsch klingende Stelle einbaut:



    8o


    Darum liebe ich Haydn!

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    Von Mozarts 21 Solo-Clavierkonzerten stehen nicht umsonst 11 Stück ist b-Tonarten, nur 6 in Kreuztonarten und verbleibende 4 in "neutralem" C-Dur. Um den höchstmöglich spielbaren Ton, das f³, auszukosten, sind b-Tonarten von Vorteil; bei den Kreuztonarten werden z.T. Unter- oder Oberterzparallelen tangiert oder gebildet, um die entsprechende Tonart zu erreichen, die das f³ möglich macht, z.B. im "kleinen" A-Dur-Konzert KV 414 im auskomponierten Kadenzteil des Finalsatzes, der plötzlich nicht nach D-Dur sondern B-Dur wandert und das f³ präsentiert...


    Entsprechend wird im G-Dur-Konzert KV 453 im Durchführungsteil ab T. 182 ebenfalls nach B-Dur moduliert, die Tonart wird in T. 184 erreicht und hier wird sehr schön immer wieder triolisch auf dem f³ herumgehämmert ("Hört her, ich spiele den höchsten Ton!"):



    Etwas anders ist der Fall im F-Dur-Konzert KV 459. Hier ist die Situation ähnlich wie im zuvor beschriebenen Haydn-Konzert: die ursprünglich bekannte triolische Figur (Satz 1 T. 173ff.), deren jeweils höchster Ton mit jedem Takt aufsteigt (und letztlich im f³ gipfelt):



    wird wegen der Beschränkung des Tonumfangs des Instrumentes in der Reprise (T. 348ff.) deutlich verändert, da diese bereits in F-Dur beginnt:



    Hier ist bereits zu Beginn der Phrase der "Gipfel" erreicht und es wird lustig darauf herumgehüpft, besonders schön finde ich die Doppelung des f³ in Takt 351. Die aufwärtstreibende Grundbewegung des Originalmotivs bleibt zwar gleich, aber eben auch der höchste Ton quasi als "Dach", gegen das der Trampolinspringer immer wieder stößt.


    Auch diese Beispiele zeigen meiner Meinung nach sehr deutlich, daß der Komponist - hätte er ein tonumfänglicheres Instrument zur Verfügung gehabt - ganz anders hätte komponieren können. Diese kosmetischen Operationen an den hübschen Figuren wären vermutlich niemals entstanden (da sie nicht notwendig gewesen wären), wenn Mozart einen heutigen Steinway zur Verfügung gehabt hätte und nach dem "Copy-and-Paste"-Verfahren vorgegangen wäre; er hätte wohl allerdings das Instrument auf andere Art "ausgekostet" (auch da bin ich sicher). Insofern sind die Kadenzen zu Mozartkonzerten von z.B. Hummel oder Beethoven, die später nach oben erweiterte Geräte hatten, kompositorisch sehr interessant, ergänzend und erhellend.


    Es gibt noch zahlreiche gleichartige Beispiele dafür speziell bei Mozart, ich glaube aber, hier die markantesten und bekanntesten und für den (ggfs. nicht notenlesenden) Hörer am leichtesten erkennbaren Beispiele gegeben zu haben.


    ^^

  • Kleine Anmerkung: Mozart's Bevorzugung von b-tonarten liegt viel eher im gewaehlten Temperament begruendet als im vermeintlich fehlenden f#3.
    Die spaeten ungleichschwebenden Temperamente, vor allem Kirnberger II, sind eben in bs besser als in #s. Es gibt einige "oblique" HInweise, dass gerade M KII oder was ganz aehnliches bevorzugte. Dort auch wo er "abenteuert" ist dies ohrenfaellig: c-moll Fantasie; diese macht eigentlich nur in KII Sinn und ist sonst nur abstrus - was er aber sicher nicht im Sinne hatte.


    Grundsaetzlich ist es sehr gefaehrlich, von "Einschraenking" auszugehen. Dieses ist eine Sichtweise unserer Zeit nach hinten projektiert.

    Da sie aber unsere heutigen Instrumente eben nicht hatten, konnten sie nicht immer so komponieren, wie sie es gerade wollten.

    Und das ist schon gar nicht zulaessig. Das koennen wir gar nicht wissen. Wissen koennen wir aber, dass sie sich in ihrem zeitlichen Rahmen stets ganz einbrachten. Als Beispiel, (obwohl ich kein Schubert fan bin): Schubert hatte nie einen fuer ihn modernen Fluegel. Selbst auf dem Stich von Moritz von Schwind ist es ein 5 oktaviges "alts Glump" was man da sieht. Das hat ihn aber nicht davon abgehalten, fuer 6 1/2 Oktaven zu schreiben.


    Beethoven hat in den spaeten Sonaten sehr ausfuehliche, genaue Pedalanweisungen geschrieben: due chorda aber auch una chorda was dann aber, da er ausdruecklich due chorda schreibt, eben woertlich zu nehmen ist. Tatsache ist aber, dass es bei den Wiener Klavierbauer nur 2 gab, deren Fluegel wirklich auch bis una chorda verschieben konnten: Streicher und Brodmann. Bei den fruehen Broadwoods vor 1800 ging das auch, nicht aber bei dem, was er hatte. Auch nicht beim Erard. Vermutlich war dies eine der Sachen, die er von Streicher umgebaut haben wollte. Nun wissen wir von dem besonderen Verhaeltnis zwischen Nanette und Ludwig. Die Musik selbst laesst, jenseits des menschlichen, aber nur den Schluss zu, das ein Streicher oder Brodmann Fluegel gemeint war, auch wenn er selbst keinen hatte. Es ist so, dass die Chorweite und -Abstand der weitaus meisten, (praktisch allen aus dem Walther'schen Dunstkreis) zu gross war um echtes una chorda zu ermoeglichen; schob man die Mechanik so weit nach rechts, dass nurmehr die rechte Saite angeschlagen wurde, dann wurde bereits die linke Saite des naechsten Chores angeschlagen. Auch und vorallem bei Graf. Soviel fuer Graf als Beethoven Instrument, selbst wenn die zeitliche Relevanz bestuende - was nicht der Fall ist. Jaja. Die Musikwissenschaft...


    Bachs bekannte F-Dur Toccata geht bis f1 im Pedal obwohl die Orgeln weltweit die bis f1 gingen auf den Fingern einer Hand abzuzaehlen waren. Frescobaldi ueberschreitet nie a2 und das g# 2 kommt auch nie vor. Nur sehr selten geht er unter das grosse F. Das war der traditionelle Orgelumfang F,G,A,B,H,cº-g2, a2 eben, auch wenn dies zu seiner Lebzeit laengst ueberholt war, bei den Cembali seit ueber 100 Jahren. Aber die Tradition sass und hatte handfeste Gruende, die keineswegs in der Einschraengung zu suchen waren, wie oben gemeint: dieser Umfang von 3 Oktaven war der, den man singen kann: mehr brauchts fuer gute Musik nicht.


    Andere Italienische Zeitgenossen gingen schon bis f3 sogar. Dennoch war Frescobaldi ganz sicher kein "eingeschraenkter" sondern ein europaweit gesuchter Lehrer (z.B. Froberger), den auch Bach spaeter fuer sich abgeschrieben hat. Picchi, einer derer, die bis ganz oben hin gingen, ist schon eher als "eingeschraenkter" anzusehen, jedenfalls wenn man seinen Einfluss im historischen Wirken betrachtet.


    Ist ein weites, extrem stark vermintes Feld...

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    Hallo Bill,


    danke für Deinen wertvollen Beitrag, dem ich inhaltlich sehr gut folgen kann. Da ich mich gerne in "vermintes Gebiet" begebe, meine ich aber dennoch, daß man zwischen den Herren Mozart, Beethoven und Schubert unterscheiden sollte.


    Von Mozart wissen wir ziemlich genau, welche Instrumente er besaß und bespielte. Daher macht die "Beschränkung" auf f³ durchaus einen logischen Sinn. Mir ist nur eine einzige Stelle in seinem Clavierœuvre bekannt, wo er ein fis³ notiert: Finale der Sonate für 2 Claviere D-Dur KV 448 (375a) T. 98 r.H. (primo). Gerade wegen dieser Einzigartigkeit in Mozarts Gesamtwerk ist diese Note doch eher rätselhaft. Man hat imo versucht, dies damit zu erklären, daß Mozart die Sonate dereinst in Augsburg bei Stein auf einem "moderneren" Instrument spielte, welches über diese Taste verfügte. Wäre die Sonate allerdings unmittelbar für ein solches Instrument bestimmt gewesen, hätte Mozart m. E. das fis³ mehrmals gebraucht, zumal sich D-Dur dafür ja anbietet...


    Bei Beethoven schaut dies wieder ganz anders aus. Seine eigenen Instrumente waren "beschnitten" (wobei ich meine, daß der Érard una corda hatte?) - aber, wie Du es bereits geschrieben hast, hatte er sehr guten Umgang zum Hause Nannette Streicher und er gab auch des öfteren Konzerte in den jeweiligen Streichersälen; das ist bekannt. Insofern gestehe ich Beethoven hier ein über die Beschränktheit seiner eigenen Instrumente hinausgehendes vorausschauendes Komponieren (im Gegensatz zu Mozart) im Hinblick auf die zu erwartenden (dort existenten) Instrumente im Streichersaal zu.


    Schubert wiederum war doch zumindest zum Teil auch eine Art "Schubladenkomponist": seine Sinfonien wurden zu Lebzeiten sogut wie nie gespielt, seine Clavierwerke nur selten veröffentlicht. Wenn sie aber veröffentlicht wurden, dann nur solche, die auch ohne Probleme auf gängigen Instrumenten gespielt werden konnten. Diese Maßgabe hatten viele Verleger zur Auflage gemacht, was ich auch nachvollziehen kann: Musik für Instrumente, die man sich erst teuer kaufen muss, verkauft sich äußerst schlecht. Bei Schubert wird es aber wohl auch so gewesen sein, daß er (wie Beethoven) gelegentlich auf fremden Instrumenten musizieren konnte und für eben diese (mit größerem Tonumfang) komponiert hat.


    :wink:

  • Der Erard hat freilich das Verschiebepedal, vulg. una chorda. Aber wie bei fast allen, ist das lediglich due chorda sowie auch heute bei allen modernen Fluegeln. Darum ging es mir: B notiert sorgfaeltig sowohl due wie auch una chorda im selben Satz, meint als auch wirklich una chorda und das war nur bei Streicher und Brodmann ueberhaupt moeglich.


    zu f#3:


    Zu M's Lebzeit gab es keinen Stein bis g3 - m.W. gibt es ueberhaupt keine echten Stein bis g3. Geschwister Stein sehr wohl und auch Schantz, diese sind aber aus den 90igern, die entsprechenden Walther sogar erst nach 1800, so.z.B. mine109 ca 1805. Mine. 109 ist das meist kopierte Walther Klavier; wann ist Wolfie gestorben? 15 Jahren vorher... Nix Mozart Klavier oder auch nur Mozart-relevantes Klavier; Beethovens 5te Konzert ist 1805 geschrieben worden.
    Wolfies Walther, also das im Mozart Haus, hatte gar keine Wienermechanik. Der heutige Zustand ist der von Constance zwecks gewinnbringenden Verkaufs bei Walther veranlasste "Ueberholung," wobei auch der Resonanzboden aus dieser Zeit stammen duerfte. Auf jeden Fall war eine andere Mechanik, eine Stossmechanik wie z.B. von Kober in Innsbruck aber auch Haug in Stg. u.A.m. gebaut wurde. Diese hatte auch eine andere Teilung, was ganz deutlich am Klaviaturrahmen gesehen werden kann, d.H. also auch dass der Steg und Stimmstocksteg, da er nicht umgestiftet wurde, eben neu ist. langer Rede, kurzer Sinn: da ist nur noch die Klaviatur und das Gehaeuse von dem Instrument uebrig, das Wolfie benuetzt hatte.


    BTW, Arthur's Poletti&Tuimann lehnt sich an mir 1098. DAs ist nicht ausgestellt, steht im Keller im Depot, ist aber sehr gut spielbar und ca 1790, ist also gerade noch relevant.

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    Zu M's Lebzeit gab es keinen Stein bis g3 - m.W. gibt es ueberhaupt keine echten Stein bis g3.


    Wo kommt dann dieses fis³ her? Notations-"Fehler"? So wie das Crescenco auf G in der linken Hand bei KV 478, I ?


    langer Rede, kurzer Sinn: da ist nur noch die Klaviatur und das Gehaeuse von dem Instrument uebrig, das Wolfie benuetzt hatte.


    Ich mochte diesen "echten" Mozart-Walter (z.B. bei den Immerseel-Konzerten) sowie nie wirklich... natürlich ist das persönlicher Geschmack von mir, aber ich finde, er repräsentiert Mozarts Musik nicht gut (genug). Ich kann bis heute nicht nachvollziehen, was Mozart an diesem Instrument so toll gefunden hat. Nun erklären Deine Ausführungen natürlich einiges...


    :wink:

  • Ich mochte diesen "echten" Mozart-Walter (z.B. bei den Immerseel-Konzerten) sowie nie wirklich...

    Der ist ein echter Chris Clarke, mit eltichen speziell fuer Jos gemachten Aenderungen, ist also auch kein echter Walther. Sowieso fusst Chris' Walter auf Mine 109, hat also mit Wolfie rein gar nichts zu tun. Mir 1098 ist aber recht gut. Ich bin kein Walther Liebhaber, bestimmt nicht, aber auch ich find diesen Fluegel gut. M.W. gibt es keine Aufnahmen davon. Er ist ja nicht zugaenglich. Aber selbst dieser, wie gesagt 1790 oder danach, ist nicht wirklich mehr relevant. Der Stuttgart Stein 1784 ist es aber und der ist auch mit Riesenabstand der beste Stein welt-weit (bis auf meinen *flöt*).

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    Der Erard hat freilich das Verschiebepedal, vulg. una chorda.


    Mozart muß das auch gehabt haben - allerdings finden sich diesbetreffende Spielanweisungen eher selten, z.B. 2. Satz des KK A-Dur KV 414: das Clavier beginnt hier solo in Takt 21 mit "una corda", ab Takt 29 dann "tre corde". Diese "Dynamik" ist doch imo mit heutigen Flügeln ebensowenig realistisch spielbar, wie die Cadenz im vierten Beethovenkonzert?


    :wink:

  • Mozart muß das auch gehabt haben


    Ja und Nein.


    Geht man davon aus, dass, wie er selbst sagt, "...die spaettischen mir die liebsten..." dann ja, denn der Tangi hat den Handzug links von due auf una chorda. Allerdings ist der Zug, wie bei Cristofori auch, ein Hilfsmittel zum Stimmen: 1x8' (=una chorda) Temperatur legen und stimmen, 2x8 (=due chorda) beiziehen, genau wie beim Cembalo. Auch bei Broadwood ist das una chorda zum Stimmen wie die "Directions for tuning" auf der Rueckseite des Vorsatzbrettes der fruehen Fluegel kund tut. Frueh, das ist spaete 80iger Jahre und folgende. Dort steht sinngemaess:


    'Auf der rechten Klaviaturbacke hebe man den kleinen Riegel hoch und verschiebt die Klaviatur ganz nach rechts;sodann stimmt man den rechten Chor ganz durch; sodann, laesst man die Mechanik nach links, den Riegel fallen und die Mechanik mit dem Pedal wieder nach rechts; durch den wieder eingestellten Riegel Faehrt der Schlitten nunmehr nur bis due chorda; man stimmen den 2ten Chor dazu genauso wie beim Cembalo; sodann lasset man das Pedal loss und stimmt noch den 3ten Chor bei.'


    Noch original vorhanden in Englisch und Franzosisch im Nº. 391, 1792 was ich mal restauriert habe. Also hier, obwohl moeglich, ist die Verschiebung, die wirklich auch musikalisch gedacht war, "nur" due chora; una chorda ist durch den Riegel versperrt, den man zwar zwischen Saetzen schon ziehen koennte, nicht aber waehrend des Spieles wie es Beethoven vorschreibt. Natuerlich ist auch beim Tangi mit dem Handzug nur moeglich, zwischen Saetzen oder groessere Unterbrechungen moeglich. In den beiden CDs benuetzt Arthur das Una chorda aber schon, wie er ja alle "Spielereien" verwendet. Bei dem sueddeutschen Klavierbauern, Ausser Spaeth&Schmahl, findet man die Verschiebung erst nach 1800, eigentlich erst durch den Einfluss in Wien vorhandenen Erards und Broadwoods. Stein, David Schiedmayer, Wirth, Dulcken, u.a.m. haben sie nicht gemacht. Stein war so puristisch, dass er ab 1784 auch keinen Moderator mehr gemacht hat.


    Solche Anweisungen wie Du auffuehrst, koennten nur auf einen Broadwood hinweisen, denn es gab da noch keinen Erard in der Form und keiner ausser Broadwood das durchgehend 3-choerig war. Wenn ueberhaupt, dann nur ab g oder a2 3-choerig. Und wiederum Stein: ab 1784 nur noch bichord. Tangis sowieso nur bichord. [color=#222222][font='arial, sans-serif'][size=10]Nº.12 ist aber von 1782 und da scheiden sowohl Broadwood wie erst recht Erard aus. wie auch Stein's letztes Model. Zu der Zeit hatte er schon trichord ab a2. Die Anweisungen koennen nicht von Wolfie sein.


    jaja, die Musicologie...

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    Die Anweisungen koennen nicht von Wolfie sein.


    jaja, die Musicologie...


    Stimmt (?) ... in der NMA sind diese Anweisungen nicht (mehr) enthalten; sie finden sich lediglich in der Peters-Edition wieder. Ich traue aber der NMA aber auch nicht mehr blind, schätze dann aber, daß es sich wohl um eine (auch nicht mehr brandaktuelle) Zugabe des Peters-Herausgebers handelt.


    :wink:

  • jaja die Musicologie


    wenn aber die Anweisungen wirklich sowohl due wie una chorda vorgeben, mussen sie zeitnah sein. da kommt eigentlich nur Hummel in Betracht.
    Siehe mein Posting neulich wegen des Chorabstandes und der schlichten Unmoeglichkeit jenseits von Streicher und Brodmann ueberhaupt una chorda zu haben im 3-choerigen Zusammenhang.

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    wenn aber die Anweisungen wirklich sowohl due wie una chorda vorgeben, mussen sie zeitnah sein. da kommt eigentlich nur Hummel in Betracht.


    Nur "una corda" und "tre corde" - im Vorwort zur Peters-Edition heißt es, man orientiere sich an Erstdrucken und zeitgenössischen Abschriften und habe Spielanweisungen vorschlagweise im Kleindruck (kursiv) hinzugegeben. Dies trifft offenbar auf die "una corda" resp. "tre corde"-Anweisungen zu.

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    Bei Liszt wohl neben dem Klang und den Möglichkeiten des Tonumfangs recht wenig:


    Zitat

    Liszt spielte bei Konzerten, bis der Flügel defekt war. Eduard Steingraeber musste vor dem Meister und vor dem Publikum reparieren, damit das Konzert weitergehen konnte.

    Zitiert nach: steingraeber.de


    Das würde die Hammerflügelindustrie noch ein wenig pushen *flirt*