Violinmusik - was man gehört haben muss

  • Liebe Eroicaner,

    zur Violine habe ich ein besonders inniges Verhältnis, denn schon als Kind wollte ich eine Geige, und als Teenager habe ich das Instrument mit Begeisterung, wenn auch ohne sonderliche Perfektion gespielt. Wenn es ein Lieblingsinstrument überhaupt geben kann, dann wäre die Violine das meine.

    Angesichts dieser Faszination für dieses Instrument würde mich einmal interessieren, welche Stücke, bei denen eine oder mehrere Violinen solistisch (ich weiß, "mehrere Violinen solistisch" beißt sich etwas, aber dabei denke ich natürlich an Duos oder Doppelkonzerte, ihr wisst schon) hervortreten, man eurer Meinung nach gehört haben sollte. Gerne auch mit Tipps, was Einspielungen angeht. Und bitte bemüht euch nicht zu sehr um Objektivität, sondern nennt die Werke, ohne die die Violinmusik in eurer eigenen Welt nicht auskommt.

    In diesem Sinne mache ich den Anfang mit den schon im Adventskalender von mir gefeierten 44 Geigenduos von Bartok. Höchst kunst- und geschmackvoller Spagat zwischen avantgardistischen Miniaturen für den Konzertsaal und Jahrmarktsgefidel, zwischen pädagogischem Anliegen und genuinem künstlerischem Ausdruck. Selten trifft man so viel Musizierlust auf einem Fleck, wie sie diese Stücke vermitteln (seltsamerweise fallen mir als vergleichbares Werk, was jene geballte Musizierlust angeht, immer gleich Couperins Concerts Royaux ein).

    In dieser Aufnahme sehr hin- und mitreißend:

    • Offizieller Beitrag

    Bei mir ist das relativ einfach:

    Ich mag die Violine als Soloinstrument nicht, bevorzuge daher Beethovens op. 61a gegenüber op. 61 (also die Clavierversion des Violinkonzertes). Ich finde, daß sich die Violine nicht sonderlich vom Orchester abhebt, zumindest bei klassischen Violinkonzerten nicht. Da bevorzuge ich doch eher Solo-Instrumente, die im begleitenden Orchester nicht vorkommen und sich deutlicher präsentieren (wie eben das Clavier). Allerdings hat mich doch immerhin eine einzige Aufnahme von op. 61 in der Urfassung für Violine überzeugen können:

    Vom Orchestre des Champs-Elysées unter Philippe Herreweghes Leitung begleitet spielt Patricia Kopatchinskaja. Das Besondere an dieser Aufnahme ist, daß sich die Produzenten für die originale Paukenkadenz - die eigentlich für die Clavierfassung entstanden ist - eines technischen Tricks bedienen: die beiden Stimmen der Violine wurden nacheinander aufgenommen und dann abgemischt. Ein unglaublich krasses und unerhörtes Vergnügen!

    Neuderdings konnte ich mich auch für die Violinkonzerte von Bartók und Berg erwärmen: hier sticht die Violine für mein Empfinden viel mehr aus dem Gesamtgeschehen heraus als bei klassischen Violinkonzerten:

    Isabelle Faust
    Swedish Radio Symphony Orchestra
    Daniel Harding

    Isabelle Faust
    Orchestra Mozart
    Claudio Abbado

    Beide Einspielungen sind für mich dank eines überzeugenden Forenmitglieds unverzichtbar geworden (was mich gerade an den sträflich vernachlässigten Thread erinnert).

    Wo sich die Violine auch deutlich abhebt, sind Sonaten für Clavier und Violine.

    Leider nicht ganz umsonst - aber selbst bei DEN Preisen immer noch erfüllend und absolut unwiderlegt - bis jetzt: Ryo Terakado (Violine) und Boyan Vodenitcharov (Clavier). Besonders bei der späten G-Dur-Sonate kann man als Hörer das Geigenpizzikato kaum vom hohen Clavierregister unterscheiden. Ein Effekt, den Beethoven m. E. genau so komponiert hat und der sich mit modernen Instrumenten (besonders beim Flügel) nicht mehr darstellen lässt.


    Fürs erste reicht das mal. Der nächste bitte.

    :beatnik:

    Bach wasn't Abel. *rain*

  • >>>Eigentlich liegt mir das CELLO mehr als die VIOLINE......................
    ABER seit 1961 waren es Violinkonzerte und nicht Cellokonzerte, die ich vorallem unter Isserstedt, Ötvös und Sawallisch kennenlernte.
    Sie leiteten in den Sechzigern in Hamburg die drei Sinfonieorchester.

    Ganz traditionell ging es mit Beethoven (Peinemann/Odnoposoff) Brahms (Szeryngk), Bruch (Ricci) und Tschaikowsky (Gimpel) los.
    Später kamen Mendelsohn, Sibelius, Wieniawski, Khatchaturian (mit Oistrakh) und Kogan (mit Mozart) dazu.

    Meine Lieblingskonzerte sind von damals bis heute: Beethoven und insbesondere das BRAHMS Konzert.
    Heute liebe und schätze ich neben Mendelsohn, Sibeliuus und Tschaikowsky ganz besonders das Violinkonzert von Robert Schumann.
    Ich erinnere mich sehr und Vater David und Sohn Igor Oistrakh mit dem Doppelkonzert in d-Moll von J.S. Bach. UNVERGESSLICH.
    Milstein und Elmann hatten mich mit ihrer Virtuosität fasziniert....aber ich trug damals noch recht >>>DEUTSCH<<< ein Vorurteil
    in Richtung >>>oberflächlich<<< mit mir rum.




    Arnulfus

  • In der Zeit, als sich die Soloviolinenliteratur sich etabliert hat, sind bereits die ersten zeitlosen Meisterwerke entstanden.

    Allen voran steht bei mir natürlich H.I.F. Biber:

    Zunächst empfehle ich die Aufnahmen von Andrew Manze - ein gekonnter Interpret für die Musik des böhmischen Violinvirtuosen. Er weiß die Eigenschaften der beiden Sammlungen (die gebethafte Innigkeit bei den Rosenkranzsonaten - und die mitreißende Virtuosität bei der Violinsonaten aus 1681) prägnant und schön auszuarbeiten und darzustellen.

    Vorbild für Biber waren die Violinsonaten von Johann Heinrich Schmelzer, fein gestrickte Sonaten mit etwas weniger Virtuosität, und nicht so überladen, wie Bibers Werke:

    Ein weiterer Genie der barocken Violinsonate war Giovanni Antonio Pandolfi Mealli. Seine Sonaten sind voll mit Überraschungmomente und Ausdruck und wunderbaren Melodien:

    LG
    Tamás
    :wink:

    Alle Wege führen zum Bach,
    .................................... wo der kleine Biber lebt!

  • Die Rosenkranzsonaten von Biber gehören für mich auch unbedingt zu dem, was man gehört haben muss.

    Ich habe jetzt gleich mal die hier aufgelegt:

    Das E-Dur-Konzert von Bach ist auch ein Werk, ohne das ich mir die Violinmusikgeschichte nicht vorstellen mag. Der Mittelsatz ist etwas vom Innigsten, Traurigsten, Geheimisvollsten, was mir vor die Ohren gekommen ist. Aufgehoben in dem herrlich wirbelnden Rondo des dritten Satzes. Ganz großes Kino.

    Für mich auch seit meiner ersten Begegnung als Knabe damit eine Heulnummer: Das Violinkonzert von Beethoven. Das ist doch mal Musik, die die ganze Welt umfängt.