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WAB 108 - Sinfonie Nr. 8 c-moll: Einspielungen (omi)
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Aufs Ganze gesehen schon die beste Einspielung von den dreien, die ich gestern am Stück hörte. Man kann eigentlich alles unterschreiben, was Ulli weiter oben schon sagte; das ist grandios, wuchtig; zuweilen martialisch und glühend; ich würde sogar sagen gleißend; und das alles bei exorbitanter Klangqualität, auch wenn ich nur über Spotify höre derzeit. Den Unterschied zu den ganz großen, singulären Deutungen wie Kegel, Celibidache oder Furtwängler; die bei mir noch weiter oben rangieren, höre ich schlicht in dem subjektiven Moment, dem Alleinstellungsmerkmal, das diese Aufnahmen von allen anderen unterscheidet; vor allem fehlt mir das Dämonische, Fratzenhafte in den anderen Sätzen als dem Scherzo, die stellenweise einfach zu schön rüberkommen. Aber das ist Jammern auf hohem, höchstem Niveau ...
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Asahina ist kein Aufschneider und Dreinschläger, kein reiner Musikant; der um der lieben alleseitigen Freude willen spielt; er liefert hier eine philosophische Interpretation ab, die durchdacht und erlebt sein will. Da geht es nicht wie bei Furtwängler darum, schon im Kopfsatz alles zu geben, egal, ob das Pulver auch hintenraus noch reicht; hier wird stetig und konsequent wie bei Celibidache ein System aus dem tiefsten Grunde des Seins heraus entwickelt und auf alle bloßen Effekte verzichtet. Das erschließt sich nicht beim ersten Hören und es mag sehr fraglich sein, ob das jedermann gefällt, zumal das Finale nicht überwältigt, wie man das gewohnt ist bei epischen Deutungen oder auch den moderneren säkularen. Mich hat das im zweiten Anlauf dann doch stark beeindruckt und als einen Ansatz begreifen lassen, der anders als Strahlemann Zweden durch unscheinbare und unspektakuläre Stromlinien wirkt.
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Bei leider nicht wirklich guter Klangqualität kann man sich davon überzeugen; dass Bruckner auch schon lange vor Venzago und Co. ohne jeden Weihrauch ging, ohne Pathos und mit viel Sinn fürs Säkulare. Wir haben hier mit Kegel wohl die Antwort vor uns; auf die Frage nämlich, wie man Bruckner im Sozialismus so spielen konnte, dass Aufführungen frei vom Verdacht sakraler Weihe überhaupt möglich wurden und positiv besprochen werden konnten. Ungeheuer rasch und immer wie faustisch sorgend nicht zu verweilen prescht hier Mrawinski durch die Partitur und schafft es dennoch, Momente seltener Eindringlichkeit zu gestalten.
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Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester
D: Günter Wand
rec. 28. Mai - 02. Juni 1979 (WDR, Köln)
(15:44 - 15:04 -- 26:10 - 24:24 = 81:22) 1887/90 Mixed Versions. Ed. Robert Haas [1939]Die 8. ist bei Wand ein echter Brocken: groß ausgelegte Dynamik, malen mit breitem Pinsel, schwelgen in feinster Klanglichkeit, ein Ausdruck von verführerischer Schönheit und Eleganz bzw. von geballter Kraft. Aber Wand hangelt sich nicht einfach am Spannungsbogen entlang, sondern präsentiert einen recht ausgefeilten Bruckner, der trotz seiner Erlebnis-Qualität immer noch eine Dramaturgie beinhaltet. Er bereitet die dynamischen Ausbrüche vor, fügt die Spannungsbögen über die einzelnen Abschnitte hinweg zusammen und ermöglicht eine durchgängige Reise der Form und Ausgewogenheit. Die Kölner folgen diesem Konzept mit klarer Diktion und feinem Zusammenspiel; die Klangqualität - entstanden in der letzten analogen Ära - ist von beeindruckender Präsenz und Wucht, von feinster Detailliertheit und großer Geschlossenheit. ADD at its best!
Fazit: einfach toll...
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Eine absolute Ausnahmeeinspielung!!! Nicht einmal ansatzweise Mainstream, sondern extrem in jeder Hinsicht und damit wahrscheinlich keine Referenz im eigentlichen Sinne, aber gleichstarker Krieger in der Phalanx Furtwängler, Knappertsbusch, Schuricht, Keilberth, Kegel und also Beantwortung der Frage, wie martialisch und rasant man die Spätromantik modern ohne jedes Sentiment und sakrales Pathos spielen kann. Tatsächlich überschreitet Rögner immer wieder das Machbare, auch wenn die Ecksätze so fulminant fetzen wie sonst nirgendwo; aber in dieser Raserei behält niemand die Details im Blick und schon gar nicht das Ganze, weil in dieser wilden Jagd etwa des furiosen Finales alles jeden Moment auseinanderzudriften droht wie die Galaxien der Milchstraße. Atemloses Staunen und kaum Verweilen an den Rändern und in den Binnensätzen gemäßigte Konvention mit lässigen Schönheiten - eine ganz, ganz große Aufnahme!!!
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Nehme ich nicht an; die Rechte der Aufnahme liegen bei Orfeo. Soweit ersichtlich, hat das Label im Rahmen einer Sammelbox "Bruckner/verschiedene Interpreten" die Produktion bislang nicht veröffentlicht. Auch ist eine Veröffentlichung zusammen mit der 9. (Keilberth/Berl. Phil. - 08/1960, live), insoweit liegen die Rechte gleichfalls bei Orfeo, nach meiner Kenntnis nicht erschienen. Es gab wohl einmal einen bootleg der 8., erschienen bei Vibrato (auch bei abruckner aufgeführt, jedoch nicht als bootleg bezeichnet).
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Danke dir, lieber Max.
Auch ist eine Veröffentlichung zusammen mit der 9. (Keilberth/Berl. Phil. - 08/1960, live), insoweit liegen die Rechte gleichfalls bei Orfeo, nach meiner Kenntnis nicht erschienen.
Ja, das wäre mir sicher auch aufgefallen; wenn dem so gewesen wäre. -
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Takashi Asahina, Osaka Philharmonic Orchestra, 12.02.2001
WAB 108 - Sinfonie Nr. 8 c-moll: Einspielungen (omi)
Takashi Asahina, Tokyo Metropolitan Symphony Orchestra, 1998Takashi Asahina, Osaka Philharmonic Orchestra, 23. & 25.01.2001
Drei Achte von Asahina kann man z.B. als Download erwerben. Mit Osaka hat er aber allein neun Aufnahmen gemacht, sodass das jeweilige Aufnahmedatum bei MP-3s nicht auszumachen ist.
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Takashi Asahina, Osaka Philharmonic Orchestra, 1995 (?)
... dürfte die Aufnahme vom 12.02.2001 (nicht 1995) sein --> klick. -
Takashi Asahina, Osaka Philharmonic Orchestra, 2001 (?)
Vermutlich vom 23. & 25.01.2001; jedenfalls handelt es sich um die einzige 8. mit Asahina, die abruckner als SACD-Veröffentlichung ausweist (Exton-Produktnummer: OVCL-00316).Edit:
Wenn man weiter nach der Produktnummer recherchiert, landet man hier. Folglich dürfte Vorstehendes richtig sein.
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Ich hieraus:
CD 3
Anton Bruckner
8. Sinfonie
Concertgebouw Orchestra
Eduard van Beinum
6. - 9. Juni 1955
Monumentalität ohne Monstrosität, Furor ohne Vergewaltigung, Moderne ohne Zeigefinger, das Adagio säkularer und schöner als später bei Kegel und Co., das Böse auf der Seite des gerade noch Guten, das Finale als multipler Orgasmus.
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Wilhelm Furtwängler hat die Achte viermal aufgenommen, legendär ist vor allem die Kriegsaufnahme:
Wiener Philharmoniker
Wilhelm Furtwängler
17. Oktober 1944 (Wien, Großer Saal des Wiener Musikvereins)
Berliner Philharmoniker
Wilhelm Furtwängler
Berliner Philharmoniker
Wilhelm Furtwängler
15. März 1949
CD 15
Wiener Philharmoniker
Wilhelm Furtwängler
10. April 1954 (Wien, Großer Saal des Wiener Musikvereins)
Die beiden Aufnahmen von 1949 kenne ich noch nicht; ich weiß auch nicht, ob meine CD-Zuordnung stimmt. Die früheste und die letzte Aufnahme gibt es noch in zahlreichen anderen Einzelausgaben und in diversen Boxen.
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Auch hier:
Und hier:
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Carl Schuricht hat die Achte laut Diskografie viermal aufgenommen; zwei Aufnahmen sind einzeln oder in Boxen leicht erhältlich, zwei eher weniger.
1. Aufnahme
Radio-Sinfonieorchester Stuttgart
Carl Schuricht
10. März 1954
2. Aufnahme
CD 3
Anton Bruckner
8. Sinfonie c-moll WAB 108 (1887, 1890)
NDR Sinfonieorchester
Carl Schuricht
23.-24. Oktober 1955 (Hamburg)
3. Aufnahme
Wiener Philharmoniker
Carl Schuricht
7. Dezember 1963
4. Aufnahme
CD 7
Anton Bruckner
8. Sinfonie c-moll WAB 108 (1887, 1890)
Wiener Philharmoniker
Carl Schuricht
9.-12. Dezember 1963 (Großer Saal des Wiener Musikvereins, Wien)
WAB 108 - Sinfonie Nr. 8 c-moll: Einspielungen (omi)
Auf jeden Fall ist Schurichts Bruckner ein Muss für jeden Brucknerianer, weil er, wie andernorts geschrieben, einen eigenen Weg geht zwischen Furtwängler und Karajan und so mit Rosbaud zum modernen Vorläufer wird von Wand, Kegel, Rögner und sogar Venzago und Co. Hier bei der Achten sollte man nicht nur die altersrekordige letzte Einspielung (die SACD scheint mir dabei nicht unbedingt notwendig; das Klangbild der Einzel-CDs ist ok) anhören, sondern unbedingt auch die acht Jahre früher entstandene aus Hamburg.
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WAB 108 - Sinfonie Nr. 8 c-moll: Einspielungen (omi)
Berliner Philharmoniker
D: Nikolaus Harnoncourt
rec. April 2000 (live)
(16:25 - 14:19 -- 27:22 - 24:32 = 82:38) 1890 Version. Ed. Leopold Nowak [1955]Kraftvoll, mächtig, aber recht energisch absolviert Harnoncourt die 8. - und gibt damit einen Standard vor, der ohne Frage nicht zu unterschätzen ist. Die Berliner setzen alles vorzüglich um - mit großer Klanglichkeit, Präzision und Stilwillen. Eine dynamische Klangqualität erfüllt auf den hohen Standard in technischer Hinsicht. Exzellent...
jd
Inzwischen auch hier:
CD 3 und 4
Anton Bruckner
8. Sinfonie c-Moll (WAB 108) 1890 Version. Ed. Leopold Nowak [1955]
I. Allegro Moderato 16:25
II. Scherzo 14:19
III. Adagio 27:22
IV. Finale 24:32
Berliner Philharmoniker
Nikolaus HarnoncourtApril 2000 (Philharmonie Berlin: live)
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Anton Bruckner
8. Sinfonie c-Moll (WAB 108)
(Edition Robert Haas, 1939)
Wiener Philharmoniker
Christian Thielemann
5. & 13. Oktober 2019 (Musikverein, Golden Hall, Vienna: live)
CT mit der wievielte Achten? Und verstehe ich das richtig, dass da ein Zyklus draus werden soll? Sehr unterhaltsam auch die konträren Rezensionen bei Amazon:
Hubert Kraill:
Zitat"Ein Walzer von Strauß ist mir lieber als eine Sinfonie von Brahms.":
A. B. Thielemann dirigiert die 8. Sinfonie von Bruckner (Haas-Fassung, gespielt von den Wiener Philharmoniker, live aufgenommen im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins am 5. und 13. Oktober 2019) konventionell, wie man es von einem Dirigat erwartet, von dem der Dirigent erwartet, daß es das Publikum erwartet. Bruckner breit, pompös, auch zwischen den filigranen Zeilen, ein irgendwie veralteter Bruckner, aber deshalb schon wieder modern seiender Bruckner: Schuricht und Horenstein waren gestern, heute mag man wieder die potemkinschen Klangfassaden Furtwänglers oder Karajans, die subtile Strukturen zerbrechen, und nuancierte Arabesken zermahlen, aus Oberflächlichkeit sucht man "das Tiefe", aus Nüchternheit den Klangrausch. Gefälle, Brüche, Unebenheiten werden zum breitenwirksamen Verkaufskonsens mit dem Strich, der eigentlich der gegen den Strich Bruckners ist, meine ich, aber das ist nur meine persönliche Attitüde, gebürstet. Im Begleitheft wird (von Otto Biba) von "der Experimentierfreude" und "dem Neuen" Bruckners geschrieben, hörbar wird das in dieser Aufnahme jedoch nicht: Bruckner klingt hier eher wie Brahms nach musikalischem Anabolika-Mißbrauch.
Meine Liebe zu Bruckner ist diese Art der Wiedergabe nicht. Dennoch ist es klar: Thielemann ist Thielemann, und nicht irgendein Taktklopfer, die Wiener Philies sind die Wiener Philies, und kein Strandpromenadenorchester. Was heißen soll: Dieser Bruckner ist nicht meiner, aber er ist natürlich über jeden Zweifel erhaben perfektest musiziert. Dieser Anfang eines Bruckner-Zyklus wird vermutlich seine Fortsetzung in seiner Art finden, in dieser modernen Art des verstaubten Dirigats, eine Art der Vintage-Interpretation. Es ist auch nur meine Schrulligkeit, die in Bruckner den verhinderten Kammermusiker hört, und dem kommenden Zyklus ist eine glänzende und ruhmreiche Zukunft gewiß, die vermutlich zweite Einspielung zum Zyklus werde ich ja dann am 1. Dezember im Konzerthaus mit der 3. Sinfonie verfolgen können (was leider durch die verschärften Maßnahmen gegen die Viruskrise vorerst verunmöglicht wurde).
Für Breitwand-Klang-Liebhaber stellt diese 8. Sinfonie die pure (wenn auch spannungs- und anspruchslose) Lustbefriedigung dar, wer etwas differenziertere Interpretationen Bruckners schätzt, wird sich damit anfreunden müssen, denn empfehlenswert ist diese Aufnahme auf jeden Fall für jemanden, der schön musizierte Musik in HiFi-Qualität (und wenn auch nur im Hintergrund) mag.
Oliver Passarge
ZitatEntbehrlicher Durchschnitt
Um es gleich vorwegzunehmen: Die vorliegende Aufnahme zeigt für mich einmal mehr, dass Herr Thielemann in Sachen Bruckner weder ein Furtwängler noch ein Karajan und schon gar kein Günter Wand ist. Von einer „Referenzeinspielung“ ist diese CD meilenweit entfernt. Und von dem angeblichen „Klangmagier“ Thielemann habe ich auch nichts hören können. Was so manche Musikkritiker und -hörer an Herrn Thielemann finden, ist mir auch nach dem Anhören dieser neuerlichen Produktion völlig schleierhaft. Meiner Meinung nach ist er bestenfalls solider Durchschnitt – sowohl, was das dirigentische Handwerk betrifft, als auch hinsichtlich seiner musikalischen Interpretationen. -
Wenn ich mir solche Live-Mitschnitte von heute wie diese Aufnahme anhöre, dann wünschte ich mir manchmal die Tontechnik vergangener Jahrzehnte zurück, als die verantwortlichen Leute offenbar noch etwas von ihrem Handwerk verstanden und man als Hörer den Eindruck hatte, dass solche Produktionen auf allen Seiten (Dirigent, Orchester, Tontechnik, Produzent) mit der nötigen Gewissenhaftigkeit, Sorgfalt und Mühe erstellt wurden. Heutzutage hat man eher den Eindruck, dass da ein paar Mikrophone einfach über das Orchester gehängt, die Konzerte dann mitgeschnitten und aus diesen Mitschnitten innerhalb kürzester Zeit die CDs zusammengeschnippelt werden.
Das Klangbild der vorliegenden Einspielung zeugt leider nicht davon, dass hier eines der „besten Orchester der Welt“ spielt und dieses Konzert in einem der akustisch besten Konzertsäle, dem Goldenen Saal des Wiener Musikvereins, aufgenommen wurde. Es ist weder brillant noch differenziert. Insgesamt wirkt der Klang über weite Strecken eher dumpf, mulmig, wattig und wolkig. Manche Instrumente klingen an einigen Stellen wie aus weiter Ferne. Insbesondere die Präsenz der Streicher und Holzbläser lässt an vielen (leisen) Stellen leider zu wünschen übrig. Wollte man diese Stellen gut hörbar machen, müsste man die Lautstärke so aufdrehen, dass einem dann bei den dynamischen Höhepunkten die Lautsprecher um die Ohren fliegen und die Nachbarn wegen Ruhestörung wahrscheinlich die Polizei rufen würden.
Auch Thielemanns Interpretation der Achten überzeugt mich leider wenig. Bruckners Musik verlangt sowohl vom Dirigenten als auch vom Orchester ein Höchstmaß an Genauigkeit und Präzision, was Notenwerte, Betonungszeichen, (General-)Pausen und Vortragsanweisungen anbelangt. Leider hat man an vielen Stellen der vorliegenden Aufnahme den genau gegenteiligen Eindruck, was auf Kosten der musikalischen Spannung und der interpretatorischen Tiefe geht. Die einzelnen Stimmen/Instrumente klingen eher pauschal und wenig differenziert. Alles wirkt bestenfalls solide, routiniert und oberflächlich, ohne dass aber in die Tiefenschichten von Bruckners Achter vorgedrungen wird. Die große (eher grobe) Linie mag stimmen – nicht mehr und nicht weniger.
Zwar schafft es Thielemann, die Haas-Version auf eine einzige CD zu bekommen, der musikalische Fluss wirkt aber trotzdem in vielen Sätzen (1.,3. Und 4.) eher pseudo-romantisch breit, dick und schwerfällig. Hinzu kommt noch die Manieriertheit des Dirigenten, die Musik an bestimmten Stellen, insbesondere den dynamischen Höhepunkten (und am Schluss), regelrecht auszubremsen und mit mehreren Ausrufezeichen zu versehen. Was sagte Günter Wand einmal über Bruckners Musik: „Für mich stellt sich die Wirkung ein, wenn die Wirkung nicht mehr gesucht wird.“ - Leider sucht Thielemann eben genau jene Wirkung, ohne sie zu finden.
Exemplarisch für mich ist vor allem der vierte Satz mit seinen völlig unterschiedlichen Abschnitten und Themenblöcken. Besonders dieser verlangt vom Dirigenten eine stringente Erzählung, eine genaue Kalkulation der Temporelationen und Übergänge sowie die exakte Einhaltung der (General-)Pausen . Auch hier gelingt es Thielemann nicht, eine tiefere musikalische Spannung aufzubauen. Die einzelnen Abschnitte folgen eher unvermittelt aufeinander, ohne dass sich ein großes musikalisches Ganzes bei mir einzustellen vermag. Vieles wirkt auch durch die eher zügigen Tempi recht flüchtig und fahrig (ohne Punkt und Komma). Der Eindruck verfestigt sich, dass sich Thielemann immer dann am wohlsten fühlt, wenn er mit dem Orchester in die Vollen gehen kann.
So auch in der Coda des Schlusssatzes. Hier vollzieht Thielemann den Aufstieg der Wagnertuben zum dröhnenden ff auch wieder ziemlich zügig und recht grob. Die im Anschluss daran leise schon wie aus dem Jenseits tönenden Holzbläser- und Trompeten-Fanfaren nimmt er dann (wie viele andere Dirigenten) allerdings so rasch und pauschal, dass er für den letzten fff-Durchbruch zur Schlussapotheose überhaupt keine musikalische Spannung mehr aufbauen kann, sondern diese bei ihm (und vielen anderen Dirigenten) nur noch wie eine galoppierende, plakative und leider auch völlig undifferenzierte Lärmorgie rüberkommt - und nicht wie eine allerletzte musikalische Krönung von Bruckners Gesamtwerk.
Mein Fazit:
Den „Himmel auf Erden“ habe ich in dieser Aufnahme leider nicht gehört. Auch nicht die „großen Bögen“. Für mich ist hier weder ein bedeutender Bruckner-Exeget noch ein „Klangmagier“ am Werk. Und die Wiener Philharmoniker haben auch schon mal besser geklungen. Alles in allem eine ziemlich entbehrliche Produktion- außer vielleicht für absolute Thielemann-Verehrer.
Wenn man Thielemanns Einspielung mit der letzten autorisierten Aufnahme Günter Wands – ebenfalls ein Live-Mitschnitt von Bruckners Achter mit den Berliner Philharmonikern – vergleicht, dann ist das ein Unterschied wie Tag und Nacht. Die Wand-Aufnahme schlägt Thielemann sowohl beim Klangbild als auch bei der Interpretation um Längen. Und die Berliner Philharmoniker spielen unter Wand um Lichtjahre besser als die Wiener unter Thielemann. DAS ist für mich der Himmel auf Erden.
Die Fachpresse dagegen:
Classical CD Reviews: Bruckner Symphony No 8 Thielemann Vienna Philharmonic
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Hieraus:
CD 4 und 5
Anton Bruckner
8. Sinfonie c-Moll (WAB 108)
(Edition Robert Haas, 1939)
1-1 I. Allegro Moderato 17:03
1-2 II. Scherzo: Allegro Moderato & Trio: Langsam 16:07
2-1 III. Adagio. Feierlich Langsam, Doch Nicht Schleppend 27:36
2-2 IV. Finale. Feierlich, Nicht Schnell 26:21
Berliner Philharmoniker
Günter Wand
19. - 22. Januar 2001 (Philharmonie, Berlin: live)
Irgendwie erstaunlich, dass sich noch keiner dieser Aufnahme annahm.
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