Wenn man das Glück hat, eine Instrumentationslehre von Hector Berlioz, der noch größtenteils von Naturhörnern ausging, zu besitzen und parallel dazu die von Richard Strauss kommentierte und erweiterte Auflage, kann man die Unterschiede sehr gut im Tonumfang sehen.
Es gibt halt, wenn man sich die Naturtonleiter vor Augen hält, einige große Lücken zwischen wichtigen Tönen der Tonleiter. Auf einem modernen Horn hat man mehrere Möglichkeiten, diese Lücken zu schließen: man bedient Dich eines der Ventile, die den Ton um 1-3 Halbtöne erniedrigen (in Kombination also bis zu sechs Halbtöne), oder, beim modernen Doppel-Ventilhorn in F/B, stimmt man das ganze Horn kurzerhand um, von F auf B oder vice versa.
Das eröffnet phantastische Möglichkeiten, wie man z.B. im zweiten Straussschen Hornkonzert eindrucksvoll hören kann, aber es geht auch etwas verloren. Wie beim modernen Konzertflügel haben alle Töne etwa die gleiche Klangcharakteristik. Das ist schade. Bewusst spielt man einige Töne gestopft (der Hornist hat typischerweise die andere Hand in der Stürze, mit der er dieselbe verschließen kann), aber das ist kein Zwang.
Beim Naturhorn hingegen kommt dieser zweiten Hand eine grundsätzliche Bedeutung zu, weil man durch den unterschiedlichen Grad des Verschließens den Ton in der Höhe verändert. Dabei verändert sich naturgemäß die Klangfarbe ganz gewaltig, wie man bei der Mozart-Aufnahme gut hören kann. Aber auch bei Symphonien, z.B. der berühmten Horn-Fanfare im 3.Satz der Eroica, kann man das sehr gut hören (bei Gardiner, Immerseel oder so.)
Zu den Mozart-Konzerten heißt es im englischen Booklet (zumindest habe ich das in einer Rezension gelesen, ich habe es noch nicht nachgeprüft), dass Mozart so atypisch für das Naturhorn schriebe, dass man sinngemäß jeden Ton an beiden Enden aus dem Instrument wringen müsse.
Bei Berlioz gibt es Tabellen, bei welcher Stimmung auf welchem Horn welcher Ton offen, halb- oder ganz gestopft anzugeben ist.