BWV 988 - Goldbergvariationen: Einspielungen (opi)

    • Offizieller Beitrag

    Andreas Staier, Cembalo, 2009

    Zitat

    Im ursprünglichen Sinn
    »Man kann sich die unbequeme Frage stellen, ob man hier noch die ›Goldberg-Variationen‹ hört oder wieder die ›Aria mit verschiedenen Veränderungen‹, wie der Originaltitel der Komposition von Bach lautete. Ich meine, hier hört man endlich wieder die Affekte in ihrem vermeintlich ursprünglichen Sinn, wodurch wir angeregt sind, über unsere eigene Fähigkeit nachzudenken, musikalisch empfindsame Spuren von verschwundener Geschichte nachzuvollziehen.« Brice Pauset

    Pressestimmen
    Stereoplay 04 / 10: "Der Experte für historische Tastenmusik nutzt die dynamischen und klanglichen Möglichkeiten des Instruments, um die strukturellen Zusammenhänge der Variationen aufzuzeigen und ihre kontrastierenden Affekten und Formen zu betonen. Staier zeichnet eine genaue geografische Karte des Zyklus, den er als ein kompositorisches Ganzes versteht."

    http://www.klassikinfo.de/3-CDs-Scholl-B…mine.968.0.html

    Zitat

    Andreas Staier spielt Bachs Goldberg-Variationen

    Einer der prominenten Original-Musiker Deutschlands beschäftigt sich mit der einer der beliebtesten Kompositionen Johann Sebastian Bachs. Was will man da hören? Der Kommentar von Brice Pauset im Begleitheft bringt die Frage auf den Punkt. Erwartet man jetzt die im letzten Jahrhundert durch Glenn Gould monumetalisierten "Goldberg-Variationen" oder die "Aria mit verschiedenen Veränderungen", wie Bach sein Werk betitelte? Staiers Interpretation irritiert zunächst. Er bringt nicht die "Goldberg-Variationen". Er monumentalisiert nicht und er stilisiert nicht. Er sitzt nicht mit spitzen Fingern am Instrument und sucht nach Schlüsselmomenten, die ihn unsterblich machen. Statt dessen illustriert er den Fluss der Gedanken, das Variative, die Inspiration des Komponisten. Jede Variation wird also zum Individuum, dem sich der Hörer stellen muss. Einend wirkt Staiers Stil mit seinem flüssigen, geradezu schwebenden Spiel. Das wirkt alles selbstverständlich, unverkrampft, so souverän, dass es als "Interpretation" gar nicht mehr auffällt. Diese Unauffälligkeit ist vielleicht das irritierendste, schließlich dann frappierendste der Aufnahme. Man muss sich erst wieder daran gewöhnen, dass ein Musiker mit der Aria und ihren Variationen nichts bewerkstelligen will außer ihnen ihr Recht zu geben. Das schafft eine große Herausforderung: man muss hinhören, und das mehrmals, um sich den Wert und den Reiz dieser Aufnahme Stück für Stück - 30 Variationen sind es - zu erschließen. Eine schöne und erfüllende Aufgabe, nicht zuletzt, weil das Cembalo von Hieronymus Albrecht Hass aus Hamburg von 1734 so dezent schön, farbig und im Detail so reichhaltig klingt. (Harmonia mundi, 1CD und 1 DVD).

    "Wenn man sich nur das Urteilen abgewöhnen könnte, dieses dilettantische Verfälschen der Dinge! Wir wollen immer verstanden werden und sind selber unerbittlich verständnislos." (Verdi bei Franz Werfel)

    • Offizieller Beitrag

    Mein Favorit ist hier eindeutig Christophe Rousset (obwohl ich Andreas Staier das auch zutraue — über den verfüge ich nur nicht):

  • Guten Abend

    Einige Einspielungen von Bachs " Clavierübung IV - Aria mit verschiedenen Veränderungen "
    finden sich auch in meinem Plattenschränkchen:

    Gustav Leonhardt


    Ottavio Dantone


    Celine Frisch


    Scott Ross


    Jacques Ogg


    Lajos Rovatkay


    Andreas Staier


    Gruß :wink:

    aus der Kurpfalz

    Bernhard

    «Es ist wurscht, ob das jemand versteht, aber es muss gesagt werden» (Samuel Beckett)

    • Offizieller Beitrag

    Ich sach ma:

    Gustav Leonhardt (dhm 1978)

    Da klimpert der HIP-Altmeister ausgezeichnet... *hüpf*


    jd :wink:


    Auch hier, CD 1:

  • Von den Goldberg-Variationen habe ich nur diese opi-Aufnahme:

    Habe lange nicht mehr gehört, aber habe sie als ausgeglichen und klangschön in Erinnerung.

    LG
    Tamás
    *castor*

    Alle Wege führen zum Bach,
    .................................... wo der kleine Biber lebt!



  • CD1

    Gespielt auf einem Pleyel-Cembalo, extra für Landowska angefertigt, ist es die Aufnahme, die ich dieses Jahr am Häufigsten gehört habe. Auch wenn dieser Nachbau heutzutage ein Kuriosum darstellt, enthebt sich aber Landowskas Spiel wohltuend einer Vergreisung. Das ist lebendig und überlegt musiziert - mit einem Instrument, was mir klanglich gefällt. Also poste ich es unter opi... :P

    Das beste Remastering findet sich meines Erachtens in der Well-tempered Musician-Box ganz unten.


    jd :wink:

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

  • Läuft gerade:

    Miyuki Takahashi (2002)

    (P) 2002 Glissando 779 042-2 (1 CD) [77:36]
    (Cembalo: Matthias Kramer, Rosengarten 2001 - nach: Christian Zell, Hamburg 1728)

    Virtuos, flott, klanglich austariert - Takahashi versteht sich auf das Repertoire. Das Instrument ist sehr nahe abgenommen, klingt aber nicht übermäßig spitz.


    jd :wink:

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

  • Gerade dem Spiel Sergio Vartolos gelauscht (unorganisch, tempomäßig zu sehr gerückt?), der, wie sich im Quodlibet entpuppt, auch als respektabler Tenor (Altus?) durchgehen könnte. Sei's drum, außergewöhnlich, weil außerhalb aller Spielgewohnheiten und darum anhörenswert, ist die Aufnahme allemal.

    Diese ist es:


  • (P) 2000 Brilliant Classics [77:31]
    rec. 20. April & 08.-09. Juli 1999 (Maria Minor, Utrecht)

    Pieter-Jan Belder
    [Cembalo: Cornelius Bom (Schoonhoven 1999) nach Ruckers]

    Belder läßt sich Zeit: die Arie beginnt langsam und verspielt, es werden alle Wiederholungen ausgeführt. Die Variationen gestaltet er sehr variabel und mit einer klaren polyphonen Durchhörbarkeit. Das Instrument klingt vorzüglich und ist klasse aufgenommen. Eine vorzügliche opi-Einspielung... :thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup:


    jd :wink:

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

    • Offizieller Beitrag

    Hat mich angemaxt:

    Johann Sebastian Bach (1685-1750)
    Clavier Ubung bestehend in einer ARIA mit verschiedenen
    Verænderungen vors Clavicimbal mit 2 Manualen BWV 988

    Michael Tsalka, Clavichorde

    Max' Ersteinschätzung:

    Zitat

    Das muss ich erst einmal sacken lassen


    Wiewohl mir der Klang des Clavichordes an sich und verschiedener Clavichorde im Besonderen bekannt ist, kann ich das sehr gut nachvollziehen. Was zu hören ist, ist teilweise äußerst bizarr und klingt nach einer Tastenguitarre, die gerade aus dem 7ten Stock das Treppenhaus hinunterpurzelt. Tsalka verwendet zwei unterschiedliche Clavichorde von Sebastian Niebler: eines nach Johann Christoph Georg Schiedmayer 1796, ein weiteres deutlich weniger zurückhaltendes im Klang nach Modellen von Chistian Gottlob Hubert, Jacob Specken und Johann Christoph Georg Schiedmayer zusammengeschmiedetes.

    Was hier zu hören ist, ist nicht so starr und monoton wie ein Cembalo und auch nicht so kalt wie ein moderner Flügel - dynamisch sorgt hier jede Variation für Abwechslung und neue Aha-Effekte - selbst für einen alten Clavichord-Hasen wie mich. Nicht wirklich überraschend für mich, aber doch in dieser krassen Gegenüberstellung eher ungewohnt. Diese Aufnahme ist extrem direkt (was ich mag) und was beim Clavichord, dessen Töne m. E. äußerst schwierig „einzufangen“ sind, sehr sinnvoll ist - so ist auch beinahe jeder Atemzug des Clavieristen zu hören und zu spüren (dies nur als Randbemerkung für Nörgler, die sich dadurch ggfs. gestört fühlen könnten).

    Bei Cembalo oder modernem Klavier würde ich spätestens nach der 5ten Variation genervt abschalten - hier habe ich kein Problem damit, alle Variationen am Stück komplett durchzuhören. Und das mit wachsender Begeisterung.

    Das muß noch ein paar mal gehört werden, zumal ich noch die Abgabe von Tips schuldig geblieben bin, welche Variation auf welchem Gerät gespielt wurde (das steht weder in der Tracklist noch ist es irgendwo im Booklet erwähnt).

    :wink:

  • Ein paar erste Eindrücke zu Michael Tsalkas Lesart der Goldberg-Variationen:

    Es ist aus meiner Sicht jedenfalls spannend nachzuverfolgen, wie etwas vermeintlich Altvertrautes, vor dem Hintergrund der Kenntnis diverser Instrumentierungen des Werkes (Klavier, Cembalo, Akkordeon, Streichquartett, Orchester usw.), in einem recht ungewohnten, nämlich einem Clavichord-Klanggewand, präsentiert wird, dadurch vielleicht auch das Verständnis für den Zyklus geschärft wird oder anders formuliert, neue erkenntnisfördernde Sichtweisen vermittelt werden.

    Es ist zweifellos richtig und auch gut, dass die Aufnahme "extrem direkt", sozusagen aus allernächster Nähe, das Spektrum von außerordentlich subtil und intim (Var. 21, 25 - besonders schön) bis kompromisslos-energisch-perkussiv (z.B. Var. 14, 16, 17) intensiv auskostend, daherkommt. Besonders schön gelungen ist auch der der Übergang vom Quodlibet zur abschließenden Aria da capo - während noch das verhauchende Echo des Quodlibet vernehmbar ist, setzt auch schon die Aria ein, um das Gleichgewicht nach der zerrissenen Variationenfolge wieder ins schönste Gleichgewicht zu bringen.

    Zitat

    Das muß noch ein paar mal gehört werden


    Ja, der Lern- und Gewöhnungsprozess dauert, jedenfalls bei mir, noch an. Insbesondere könnte mich der Troeger reizen. Ich werde dessen Veröffentlichungen im Auge behalten.

    Zitat

    zumal ich noch die Abgabe von Tips schuldig geblieben bin, welche Variation auf welchem Gerät gespielt wurde


    Das wird zwar im Begleitheft, wie Du richtig erwähnst, nicht abschließend geklärt, allerdings stellt sich für mich diese Frage eher als zweitrangig dar - mach Dir also keinen Stress.

  • Hat das Clavichord denn 2 Manuale?!

    Wenn nein ist es wie der Moderne Flügel das falsche Instrument! Bach hat es bei den Goldbergbariationen ja nun ganz genau vorgegeben. Außerdem kann ich mich auch nicht damit anfreunden das Instrument mittendrin zu wechseln. Ich finde solche Produktionen, die Authentizität vorspiegeln, dann aber nicht liefern extrem nervig. Wenn da Glen Gould oder Bearbeitung drauf steht, weiß ich wenigstens, woran ich bin!

  • Ich finde solche Produktionen, die Authentizität vorspiegeln, dann aber nicht liefern extrem nervig.


    Ich finde nicht, dass da irgendetwas vorgespiegelt wird. Es dürfte klar sein, dass das einmanualige Clavichord eben nicht bespielbar ist wie ein Klavier historischer oder moderner Bauart, ein Cembalo oder eine Orgel. Wenn dies so gehandhabt würde, stellte sich wohl recht bald eine Ernüchterung hinsichtlich der musikalischen Ergebnisse ein (auf ein nachvollziehbares musikalisches Ergebnis kommt es aber im übrigen meines Erachtens entscheidend an), mit anderen Worten, durch die Einspielung Tsalkas wird eine spezifische Lesart der Goldberg-Variationen dem Hörer/der Hörerin vermittelt, die ihren eigenständigen Stellenwert neben Einspielungen mit anderen Instrumenten beanspruchen darf, unabhängig davon was Bach konkret gewollt hat. Dass Bach aber dem Clavichord, wahrscheinlich auch aufgrund der mannigfaltigen Möglichkeiten der Anschlags- und Ton-/Klanggestaltung, sehr zugeneigt war, ist ja schließlich auch überliefert (Forkel/CPE).

  • Ich kenne diese Einspeilung vom selben Label, mit dem Cembalisten Erich Traxler (Ars Antiqua Austria, L'Orfeo Barockorchester, usw.) - auf einem großen Cembalo, sehr gut (nicht zu direkt und analytisch, aber auch nicht zu weit und hallig-chaotisch) eingefangen. Die Einspielung ist dynamisch, aber nicht gehetzt, ich hatte kein Problem sie in einem Stück mit Interesse durchzuhören (mit Egarr's etwas langatmigen Einspielung gelang mir das nie):

    Johann Sebastian Bach (1685-1750)
    Goldberg-Variationen BWV 988

    Erich Traxler, Cembalo

    LG
    Tamás
    *castor*

    Alle Wege führen zum Bach,
    .................................... wo der kleine Biber lebt!