BWV 988 - Goldbergvariationen: Einspielungen (opi)

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    Pieter-Jan Belder, Cembalo, 1999

    Hier enthalten:
    BACH JS: Das Gesamtwerk (Brilliant Classics 2006)
    BACH JS: Das Gesamtwerk (Brilliant Classics 2014)

    Pieter-Jan Belder (Cembalo), 2015

    Belder hat offenbar eine neue Einspielung vorgelegt. Hat da schon jemand vergleichend reingehört?

    • Offizieller Beitrag

    Auch hier enthalten:
    CD 2

    Die beste und schönste und künstlerisch wie ästhetisch überzeugendste Interpretation der GBV mit dem Cembalo, die ich jemals gehört habe. Das Instrument klingt superb in meinen Ohren; es funkelt, ohne zu blenden; akzentuiert ohne zu erschlagen, nuanciert ohne erhobenen Zeigefinger; nicht zu hart, nicht zu weich; man vergisst nach kurzer Zeit, dass es sich um ein Cembalo handelt, so wohlt tut der Klang. Wenn man ehrlich ist, weiß man bei jeder Interpretation der Goldbergvariationen egal auf welchem Instrument schon bei der Aria am Eingang, wohin die Reise gehen wird und bei Suzuki drängt sich der Eindruck einer geradezu unmenschlichen Perfektion und Virtuosität auf, die sich aber dem eigentlichen Zweck der Komposition nicht verschließen, sondern ihm dienen in aller strahlenden Schönheit und Klassizität. Ich saß nun nicht mit der Partitur in der Hand, glaube aber einfach durch hunderte Hörsitzungen mit den GBV keine falschen Noten oder weniger eingängigen musikalischen Winkelzüge vernommen zu haben.

    Die Reinheit dieser Deutung spiegelt sich meines Erachtens in einer sofort spürbaren transzendenten Werkauffassung, die aber nach und nach einer verhalten weltlichen Durchführung weicht; die sich sozusagen als Laienpredigertum die sakrale Weisheit ins Säkulare rettet. Überhaupt wechseln sehr fein gesponnen die Perspektiven und so wird es nie langweilig und das Cembalo fängt auch nicht an zu nerven wie sonst so häufig bei unsachgemäßer Zupferei, zumal der Obertonbereich nicht grell und scheppernd, sondern warm bei analytischer Frische daherkommt. Belder ist auf diesem Weg auch unterwegs in seiner frühen Einspielung, Suzuki aber hat mehr Meilen auf der Uhr. Bei all dieser Perfektion möchte man schon fast stutzig werden und auf hohem Niveau jammern; allein, mir fällt bislang nichts anderes ein, als dass zum ganz großen Wurf immer auch eine Portion Hässlichkeit gehört und die fehlt definitiv. Fast möchte man wie hin und wieder bei Karajan sagen, das ist schlicht zu schön, um wahr zu sein.

  • Ton Koopman als Vertreter des Vereins für ornamentierte und rubatoorientierte Aussprache:

    hieraus

    Rec. 05/1987 - Instr.: Willem Kroesbergen nach Ruckers (ca. 1730) in Werckmeister-III-Stimmung

    Ornamentik und Artikulation als Ausdruck der Persönlichkeit des Interpreten, schließlich läge es nicht in dessen Interesse den Zuhörer einzuschläfern, zumal die barocke Kunst eine emotionale sei, so Ton Koopman in einem Interview, das in dem 11seitigen Begleitheft (e/d) abgedruckt ist. In den einzelnen Abschnitten dieses Zyklus' drängt sich dem geneigten Zuhörer/der geneigten Zuhörerin vor dem Hintergrund der Spielweise Koopmans diese Sichtweise zwanglos auf.

    *ägy*


  • Die Goldbergvariationen werden als Teil dieser Box geliefert. Die Aufnahme ist schon ziemlich alt (Juli 1990), das Cembalo sogar noch deutlich älter: 1719, von Michael Mietke, Berlin - passt also zeitlich ziemlich gut. Ich habe sie nach dem Genuss der Aufführung von Jean Rondeau in Bad Krotzingen ausgewählt und war auf der Suche nach einer Aufnahme, in der Variation 14 ähnlich fetzig angegangen wird. Von Rondeau gibt es bisher ja noch keine Einspielung. Insgesamt beeindruckt mich diese Aufnahme durch die klangliche Schönheit und Vielfalt. Die Interpretation erscheint mir makellos. Das Booklet ist sehr reduziert, der knappe zweiseitige Begleittext liegt in Englisch und Französisch vor. Ansonsten werden alle Informationen gegeben, derer es aus meiner Sicht bedarf.

  • Wenn ich nicht irre, dürfte van Asperen das in den 70ern wieder entdeckte persönliche Handexemplar Bachs mit zusätzlichen Tempovorschriften, Artikulationszeichen, Verzierungen verwendet haben? Die angegebenen Spielzeiten dürften ferner darauf hindeuten, dass der Interpret einige (vermutlich nicht alle) Wiederholungen spielt?

  • Die angegebenen Spielzeiten dürften ferner darauf hindeuten, dass der Interpret einige (vermutlich nicht alle) Wiederholungen spielt?

    Ich habe das jetzt nicht im Einzelnen am Notentext überprüft. Ich stelle nur fest das die Zeiten meist nur unwesentlich von der Brilliant-Einspielung von Pieter-Jan Belder abweichen. Einige wenige sind deutlich länger - Var. 15 bei Belder 4'58, bei van Asperen 5'23 - wenige andere kürzer - Var. 16 Belder 3'04, van Asperen 2'46. In diesem Bereich bewegt sich das. Wenn Belder alle Wiederholungen spielt, wie J.D. postete , dann gehe ich einfach mal davon aus, das van Asperen sich dieser begrüßenswerten Herangehensweise anschließt.

  • Wie auch immer und unahängig davon, ob Belder tatsächlich alle Wiederhungen spielt oder nicht (was in meinen Augen sicher kein Nachteil ist) habe ich gerade noch diesen Artikel in Gramophone gefunden.

    Dort heißt es mit Blick auf die Ausführung von Wiederholungen hinsichtlich van Asperen (im Vergleich zu anderen Aufnahmen):

    Zitat

    van Asperen discards those in Nos. 12, 19, 24, 25 and 27 and the final Aria.


  • Dort heißt es mit Blick auf die Ausführung von Wiederholungen hinsichtlich van Asperen (im Vergleich zu anderen Aufnahmen):

    Guter Artikel. In der Tat, bei der finalen Arie war es mir sogar aufgefallen, nur nicht ganz in die oberste Bewusstseinsschicht gedrungen. 8| Nach dem, was da steht, kann Belders Aufnahme eigentlich auch nicht den vollständigen Notentext wiedergeben. Interessant auch, was der Artikel zum Klanglichen der Aufnahme ausführt, was mich ja auch besonders gereizt hatte.

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    Die Goldbergvariationen werden als Teil dieser Box geliefert. Die Aufnahme ist schon ziemlich alt (Juli 1990), das Cembalo sogar noch deutlich älter: 1719, von Michael Mietke, Berlin - passt also zeitlich ziemlich gut. Ich habe sie nach dem Genuss der Aufführung von Jean Rondeau in Bad Krotzingen ausgewählt und war auf der Suche nach einer Aufnahme, in der Variation 14 ähnlich fetzig angegangen wird. Von Rondeau gibt es bisher ja noch keine Einspielung. Insgesamt beeindruckt mich diese Aufnahme durch die klangliche Schönheit und Vielfalt. Die Interpretation erscheint mir makellos. Das Booklet ist sehr reduziert, der knappe zweiseitige Begleittext liegt in Englisch und Französisch vor. Ansonsten werden alle Informationen gegeben, derer es aus meiner Sicht bedarf.


    Das könnte meine Lieblingsaufnahme werden; ein ungeheuer direkter nuancierter Klang, der dennoch distanziert genug bleibt, um nicht überrumpelt zu werden. Dazu ein spielerischer Gestus, für den man Eier braucht wie die eines Elefanten - Asperen spielt in einer Seelenruhe und dennoch so klar artikuliert, dass nichts verlorengehen und verborgen bleiben kann an Fehlern wie an Köstlichkeiten. Mir ist diese Selbstgewissheit fast ein wenig unheimlich, weil sie unmenschlich, übermenschlich wirkt in ihrer gewaltigen Gesamtanlage und der gleichzeitigen Detailverliebtheit.

    • Offizieller Beitrag


    Gefällt mir um Welten besser als die 1999, der Nachbau hat einen wunderbaren Klang, hell und transparent, nicht zu hart und nicht zu englisch weich ...

  • Nun, nach den Hörschnipseln zu urteilen, denn mehr kenne ich nicht, klingt die Aufnahme schon sehr markant und, wo es notwendig ist (z.B. Var. 26 & 29), auch sehr energetisch mit dem notwendigen Zug. Der Text des Beiheftes ist doch sicher von Belder? Äußert er sich dazu, was seine Beweggründe für diese Neuaufnahme sind, was er nunmehr gegenüber der 1999er Aufnahme aus welchen Gründen anders gestaltet hat?

    • Offizieller Beitrag

    Nun, nach den Hörschnipseln zu urteilen, denn mehr kenne ich nicht, klingt die Aufnahme schon sehr markant und, wo es notwendig ist (z.B. Var. 26 & 29), auch sehr energetisch mit dem notwendigen Zug. Der Text des Beiheftes ist doch sicher von Belder? Äußert er sich dazu, was seine Beweggründe für diese Neuaufnahme sind, was er nunmehr gegenüber der 1999er Aufnahme aus welchen Gründen anders gestaltet hat?


    Das Booklet ist leider nur in englischer Sprache verfasst und scheint über acht Seiten recht ausführlich das Werk an sich zu behandeln. Zu Belder gibt es anderthalb Seiten Biographics, aber ersichtlich keine Erklärung wie die von dir (und mir) gewünschte.

  • B0000260T1 / 4476584

    B00CMSP1KC / 2441893

    (P) 1993 Opus 111 OPS 30-84 [77:31]

    rec. 09.-11. Juni 1992 (Doopsgezinde Kerk, Haarlem/Niederlande)

    Pierre Hantaï

    [Cembalo: Bruce Kennedy (Amsterdam 1985) - nach Michael Mietke (Berlin 1702-1704?)]

    Das Erste, was ich sagen muß, ist: was für ein Instrument! Der Diskant fällt zuerst auf, denn er ist hell, aber sehr fein - überhaupt nicht grell, sondern von angenehmer Färbung. Dazu ein Baßregister, was genug Tiefe erreicht, ohne jedoch zu wuchtig zu werden. Darauf BWV 988 zu hören, ist wirklich ein Vergnügen...*sante*

    Hantaïs Spiel ist grundsätzlich sehr homogen: gleichmäßiges Tempo, ein fließender Duktus, ein eher perliges Spiel. Die Stimmen sind stets deutlich hörbar; ein guter Zug ist in den Variationen, ohne durch Temporückungen oder langgezogenen Phrasen unterbrochen zu werden.

    Klanglich ist das Instrument exquisit eingefangen: sehr nah, aber dennoch mit leichtem Hallanteil. Die Details sind stets erhöbar, jeder Stimme kann man problemlos folgen.

    Klasse...:thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup:

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

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    Johann Sebastian Bach

    Goldberg-Variationen BWV 988

    Fabio Bonizzoni, Cembalo
    2004

    Das Instrument gefällt mir nicht, aber das Booklet hebt auf die besten Einspielungen ab; die da wären von Glenn Gould, Rosalyn Tureck und Pierre Hantaï; weil deren jeweils unverwechselbare Interpretation untrennbar Bachs Schöpfung veschwistert sei.