Sinfonie Nr. 1 c-moll op. 68: Einspielungen (omi)

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    http://de.wikipedia.org/wiki/1._Sinfonie_%28Brahms%29

    Ich tat mich lange schwer mit Brahmsens Erster, wahrscheinlich wie er selbst auch! Die Zweite liebe ich abgöttisch, die Vierte etwas weniger; die Dritte mag ich. Nur der Erstling, der lag mir lange schwer im Magen. Debatten über Beethovennachfolge(n) sind anderswo zur Genüge geführt worden: Für mich persönlich ist Brahms näher dran als Schumann oder Mendelssohn, aber was soll das schon besagen.

    Klanglich sensationell, wie ich finde; und ausgewogen im Mittelfeld zwischen den mir lieben spätromantischen und weniger lieben analytischen Interpretationen:

    Abbado, Berliner Philharmoniker, 1991
    CD 21

    1.Satz: Un poco sostenuto – Allegro – Meno allegro 14:13
    2. Satz: Andante sostenuto 9:39
    3. Satz: Un poco Allegretto e grazioso 5:06
    4. Satz: Adagio – Più Andante – Allegro non troppo, ma con brio 16:29

    Einzeln

    Sicher auch hier:

    "Wenn man sich nur das Urteilen abgewöhnen könnte, dieses dilettantische Verfälschen der Dinge! Wir wollen immer verstanden werden und sind selber unerbittlich verständnislos." (Verdi bei Franz Werfel)

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    Simon Rattle, Berliner Philharmoniker, 2008

    1.Satz: Un poco sostenuto – Allegro – Meno allegro 13:59
    2. Satz: Andante sostenuto 9:12
    3. Satz: Un poco Allegretto e grazioso 4:51
    4. Satz: Adagio – Più Andante – Allegro non troppo, ma con brio - Più Allegro 18:52

    Recorded in Concert: 29. Oktober - 14. November 2008

    Das ist schön, gediegen, rund; aber vielleicht ein wenig zu "schön" und zu weich und zu harmlos. Andere Versionen sind in der Digital Concert Hall abzurufen!

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    Wilhelm Furtwängler, Berliner Philharmoniker, 1952

    CD 21

    1.Satz: Un poco sostenuto – Allegro – Meno allegro 14:43
    2. Satz: Andante sostenuto 10:41
    3. Satz: Un poco Allegretto e grazioso 5:23
    4. Satz: Adagio – Più Andante – Allegro non troppo, ma con brio - Più Allegro 17:09

    Aufnahme: 10. Februar 1952

    Ich weiß nicht, ob es noch andere Aufnahmen gibt; Wiki erwähnt eine 52er aus Wien mit den dortigen Philharmonikern vom 27. Januar; die hier aber ist der reine Wahnsinn: So intensiv und dramatisch und trotz aller Mono- und weiteren Klangmalaisen wunderschön romantisch habe ich diese Sinfonie noch nie gehört! Unglaublich, diese Scheibe!! Da fliegen einem weinend die Ohren weg!!!

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    In der Digital Concert Hall derzeit (chronologisch):

    Di, 02. Januar 1973 — Mi, 03. Januar 1973
    Berliner Philharmoniker
    Herbert von Karajan
    Johannes Brahms
    Symphonie Nr. 1 c-Moll op. 68 (00:45:49)
    https://www.digitalconcerthall.com/de/concert/201


    Sa, 01. November 2008
    Berliner Philharmoniker
    Sir Simon Rattle
    Johannes Brahms
    Symphonie Nr. 1 c-Moll op. 68 (47:54)
    https://www.digitalconcerthall.com/de/concert/39


    Di, 06. Januar 2009
    Berliner Philharmoniker
    Sir Simon Rattle

    Johannes Brahms
    Symphonie Nr. 1 c-Moll op. 68 (50:37)
    https://www.digitalconcerthall.com/de/concert/50


    Di, 27. April 2010
    Berliner Philharmoniker
    Daniel Barenboim

    Johannes Brahms
    Symphonie Nr. 1 c-Moll op. 68 (55:48)
    https://www.digitalconcerthall.com/de/concert/679


    Fr, 10. Mai 2013
    Berliner Philharmoniker
    Jaap van Zweden

    Johannes Brahms
    Symphonie Nr. 1 c-Moll op. 68 (00:51:08)
    https://www.digitalconcerthall.com/de/concert/3460


    Do, 18. September 2014
    Berliner Philharmoniker
    Sir Simon Rattle

    Johannes Brahms
    Symphonie Nr. 1 c-Moll op. 68 (00:50:45)
    https://www.digitalconcerthall.com/de/concert/20250

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    Christoph Von Dohnanyi, Cleveland Orchestra, 1986

    1.Satz: Un poco sostenuto – Allegro – Meno allegro 13:53
    2. Satz: Andante sostenuto 9:13
    3. Satz: Un poco Allegretto e grazioso 4:30
    4. Satz: Adagio – Più Andante – Allegro non troppo, ma con brio - Più Allegro 16:41

    Aufnahme: Masonic Auditorium, Cleveland, Ohio, Oktober 1986

    Eine von der Klangqualität etwas härtere Aufnahme mit leicht dumpfen Pauken, aber prinzipiell interpretatorisch hervorragend innerhalb der eigenen Deutungs-Logik. Streng, herb; nicht schwelgerisch oder spätromantisch fett im Bogen schwelgend hat mich diese Scheibe mit dem vergleichsweise weniger gelittenen Dirigenten und einem der bekannteren US-amerikanischen Orchester doch beeindruckt. Insgeamt doch recht flott und analytisch, obwohl man das Wort damals noch nicht stets im Munde führte. Ein amerikanischer Brahms und eine denkwürdige Alternative zu den Klassikern aus Berlin, Dresden und Leipzig neuerer Zeit.

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    Otto Klemperer, Philharmonia Orchestra,1956/57

    1.Satz: Un poco sostenuto – Allegro – Meno allegro 14:06
    2. Satz: Andante sostenuto 9:25
    3. Satz: Un poco Allegretto e grazioso 4:42
    4. Satz: Adagio – Più Andante – Allegro non troppo, ma con brio - Più Allegro 16:00

    Recorded: 29. & 31. Oktober 1956/ 28. März 1957, Kingsway Hall London

    Für viele DIE Aufnahme, mit der sie aufgewachsen sind; Klemperer mit all den ihm zugeschriebenen Attributen - herb, streng, unerbittlich, nordisch-unheiter, melancholisch, bitter. Dennoch und trotz (oder wegen: braucht Brahms schlechte Klangqualität?) klanglicher Unzulänglichkeiten auch mitreißend, warm, romantisch und lyrisch. Eine männliche Interpretation, hart, gänzlich unweibisch und unsentimental. Mir lange Zeit am Liebsten, aber mittlerweile will ich auch wenige Strahlen südlicheren Lichtes und mediterranes Klima spüren ...

  • Eine männliche Interpretation, hart


    Worauf bezieht sich das "hart" bei "männlich"?

    gänzlich unweibisch

    Was genau verstehst du unter "weibisch"?


    Ich habe Klemperer bisher durchaus geschätzt, würde ihn aber nicht so eindeutig in eine Ecke schieben. Seine Mahler- und Bruckner-Interpretationen fand ich vor allem kompromisslos, also extrem in den Kontrasten, Spannungen. Ob das männlich oder weiblich (weibisch???) oder gar "hart" ist, kann ich nicht sagen, wäre es einseitig, müsste es eigentlich weniger kontrastreich sein, abe ich kenne seine Brahms-Interpretation nicht.

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    Worauf bezieht sich das "hart" bei "männlich"?

    8-)

    Ähm ...

    Was genau verstehst du unter "weibisch"?

    http://de.wiktionary.org/wiki/weibisch

    Ich habe Klemperer bisher durchaus geschätzt, würde ihn aber nicht so eindeutig in eine Ecke schieben. Seine Mahler- und Bruckner-Interpretationen fand ich vor allem kompromisslos, also extrem in den Kontrasten, Spannungen. Ob das männlich oder weiblich (weibisch???) oder gar "hart" ist, kann ich nicht sagen, wäre es einseitig, müsste es eigentlich weniger kontrastreich sein, abe ich kenne seine Brahms-Interpretation nicht.

    Klar steht Klemperer in keiner Ecke, aber lieber Hermann, du kennst doch all die schablonenhaften Zuweisungen, die bei Lichte betrachtet barer Unsinn sind. Monumental, starr, unbeweglich, breit und langsam; dabei gilt das maximal für seine späten Jahre und da auch nicht immer. Im Gegenteil ist der OK einer der flexibelsten Dirigenten, die ich kenne. Bei dieser Brahmsersten aber stimmen meines Erachtens die Attribute.

  • Sinnverwandte Wörter:

    [1] unmännlich, verweiblicht

    Gegenwörter:

    [1] männlich

    Demnach bedeutet "gänzlich unweibisch" soviel wie ganz arg männlich oder noch männlicher. Der Begriff "unweibisch" dient also der Vermeidung einer Wortwiederholung?

    Klar steht Klemperer in keiner Ecke, aber lieber Hermann, du kennst doch all die schablonenhaften Zuweisungen, die bei Lichte betrachtet barer Unsinn sind.

    *danke* "Mehr Licht".

    :wink:

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    Sinnverwandte Wörter:
    [1] unmännlich, verweiblicht
    Gegenwörter:
    [1] männlich

    Demnach bedeutet "gänzlich unweibisch" soviel wie ganz arg männlich oder noch männlicher. Der Begriff "unweibisch" dient also der Vermeidung einer Wortwiederholung?

    Du hast mich ertappt! Ich bin wie ASch, FN und AS vor allem eines - Stilist ... :wink: :) ;) ... wen schert schon Inhalt ... :D

    *danke* "Mehr Licht".

    :wink:

    Sind wir nicht alle ein bisschen Les Lumières ... 8-)

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    Herbert von Karajan, Berliner Philharmoniker, 1977/78

    1. Satz: Un poco sostenuto – Allegro – Meno allegro 13:15
    2. Satz: Andante sostenuto 8:57
    3. Satz: Un poco Allegretto e grazioso 4:43
    4. Satz: Adagio – Più Andante – Allegro non troppo, ma con brio - Più Allegro 17:26

    Recording: Berlin, Philharmonie, Oktober 1977 - Februar 1978 (diese ungenauen Angaben sind eigentlich ein Witz!!!)

    Eine eigenartige Aufnahme, diese Erste aus dem vorletzten Brahms-Zyklus Karajans, die von vielen Kennern in allen Ehren gehalten wird und selbst geachtet von so genannten Verächtern. Nach der für mich völlig undramatischen Einleitung zum ersten Satz mit den kaum wahrnehmbaren wattigen Pauken wollte ich schon entsetzt und konsterniert ausmachen, aber ich hielt durch und wurde belohnt. HvK legt den Satz als Steigerungslauf an, verschießt sein Pulver nicht gleich zu Beginn und verstärkt kaum merklich immer mehr die Intensität und Spannung, ohne dass einem während des Hörens überhaupt jemals Begriffe wie Schönklang oder zu fetter Sound in den Sinn kämen. Eine schroffe Gebrochenheit ist da sicher auch nicht zu hören, aber eben auch keine sentimentale Romantik. Im zweiten Satz treten die Solisten meines Erachtens recht dünn spielend stark in den Hintergrund und verwahren sich somit apodiktisch jedem Verdacht eines Solokonzerts innerhalb des Sinfonischen. Das durchgängig sehr zügige Tempo wird erst im vierten und letzten Satz zu Gunsten eines parallel zum ersten angelegten Steigerungslaufes aufgegeben und mündet von der Anlage insgesamt voluminöser als die Exposition in einem strahlenden Finale mit deutlich wahrnehmbaren Pauken, so dass nun klar wird, dass Karajan einem Konzept folgte, das für sich betrachtet durchaus seine Berechtigung hat. Meine Interpretation ist das dennoch nicht mehr und ich hoffe nun auf die klanglich noch bessere aus den 80ern.

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    Ich resümiere: Meine Favoriten sind Abbado, Furtwängler, Rattle, Chailly-Leipzig, Thielemann-München-Dresden, Klemperer, Böhm, Celi-München. Kempe hört man leider schon das Vierteljahrhundert an, das ihm zu Suitner fehlt; dennoch beides gute Aufnahmen, wie auch die von Dohnanyi-Cleveland. Karajans 80er mit bestechender Klangqualität und einer differenzierten Steigerungsästhetik schon im 70er, aber nicht mehr meins aufs Ganze gesehen. Mit Gardiner kann ich gar nichts anfangen. Interessieren würden mich noch Bernstein (NY), Zinman, Solti, Wand, Giulini, Levine.

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    Ich gelange immer mehr zu der Auffassung, dass dieses Schreiben über Aufnahmen verlorene Liebesmüh ist. Jeder hört etwas anderes, egal, wie die Musik "rein objektiv" sein mag; und nicht zu vergessen sind die Umstände der jeweiligen Hör- und Lebenssituation so unterschiedlich, dass Objektivierungen und Vergleichbares schlicht nicht möglich sind. Dazu kommt der eigene Geschmack, gerade hier bei Brahmsens Erster; wo ich gerade merke, dass Böhms Deutung mir wesentlich stärker zusagt als Gardiners; und ich nach Thielemann München und Dresden verloren bin für alle anderen Interpretationen.

    Aus dieser Bemerkung habe ich einen eigenen Thread angelegt; das Thema ist entpsrechend dort zu diskutieren.
    ADMIN 4711

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    CD 10
    Sergiu Celibidache, Münchner Philharmoniker, 1987

    1. Satz: Un poco sostenuto – Allegro – Meno allegro 14:57
    2. Satz: Andante sostenuto 10:57
    3. Satz: Un poco Allegretto e grazioso 5:44
    4. Satz: Adagio – Più Andante – Allegro non troppo, ma con brio - Più Allegro 19:47

    Recorded: 21. januar 1987, Philharmonie am Gasteig, München

    Ich habe keine Ahnung, wie Celi das macht; aber die ersten Takte erklingen und man spürt; hier passiert etwas Besonderes, etwas Wunderbares. Niemand würde für möglich halten, dass man so langsam beginnend Spannungsbögen aufbauen könne, aber Celi kann das und er hält sie bis zum Schluss. Die vielleicht schönste und romantischste Version der Ersten von Brahms, bin total begeistert. Inwieweit sie sich von der früheren Stuttgarter Deutung unterscheidet, kann ich nicht sagen.

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    CD 7
    Rudolf Kempe, Münchner Philharmoniker, 1975

    1. Satz: Un poco sostenuto – Allegro – Meno allegro 13:28
    2. Satz: Andante sostenuto 8:47
    3. Satz: Un poco Allegretto e grazioso 4:47
    4. Satz: Adagio – Più Andante – Allegro non troppo, ma con brio - Più Allegro 16:09

    Ein Wahnsinnsaufnahme und mit 43:13 auch eine der schnellsten, die ich kenne! Erinnert mich an seinen prächtigen Beethoven, analytisch, spritzig und komplett unsentimental. Man hat in beiden Ecksätzen das Gefühl, jede Einzelheit trete einem plastisch vor Augen und füge sich dennoch organisch und ohne Pomp zu einem Ganzen. Muss auch mein Urteil über die Tonqualität revidieren, sie ist über Stereoanlagen absolut überzeugend in ihrer durchdringenden Klarheit. Macht einen Heidenspaß, diese Scheibe; Brahms zur Kenntlichkeit entstellt.

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    Für unbedingt erwähnenswert halte ich auch diese Einspielung, die ich sehr gerne höre und, entschuldige Yorick, jederzeit den von Dir genannten Favoriten vorziehe (aber das ist ja nur gut für die Vielfalt....):

    Das Swedish Chamber Orchestra unter Thomas Dausgaard, BIS 2011.

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    Ich bitte dich; lieber teurer Freund; du musst dich doch nicht für Selbstverständlichkeiten entschuldigen. Jeder hat seinen Geschmack und von dem der anderen kann man nur profitieren, egal, in welcher Hinsicht. Ich kenne Dausgaard nur aus einer Aufführung seinerzeit bei Sky Unitel Classica und ich nehme mal an, dass das die Gleiche ist wie auf der CD. Was ich behalten habe, war, dass ich es ansprechend fand, aber von der Interpretation nicht wirklich auf meiner Linie. Wer hier Furtwängler und Thielemann dagegenhört, wird das leicht verstehen. Ich mag meinen Brahms eben schwer und vollblütig, dick und ernst; ge- und bezwungen durch einen unbändigen Dirigentenwillen voller Subjektivität. Ich mag meinen Brahms als mit Mühe niedergerungenes Mädchen, als Brünhild unter Siegfried.

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    http://www.br.de/radio/br-klass…dung988440.html

    Zitat

    Das Erbe schien übergroß: Die neun Sinfonien Ludwig van Beethovens galten als magische Messlatte. Jeder spätere Komponist wusste, dass seine Sinfonien an denjenigen Beethovens gemessen werden würden. Für Brahms war dieser Gedanke lange Zeit eine Belastung, denn Robert Schumann hatte den jungen Kollegen in dem Aufsatz "Neue Bahnen" als musikalischen Messias angekündigt. Nun wartete die Musikwelt gebannt
    auf eine Sinfonie dieses Messias’, und die Spannung wirkte sich auf Brahms eher einschüchternd als beflügelnd aus. So dauerte es - mit Unterbrechungen - mehr als 14 Jahre, bis er seinen sinfonischen Erstling abschloss. "Per aspera ad astra / Vom Dunkel zum Licht": Das ist der Weg, den die Musik in Brahms’ erster Sinfonie zurücklegt. Christoph Vratz zeigt es anhand verschiedener Aufnahmen - in einer neuen Folge der
    Reihe "Interpretationen im Vergleich".

  • Wenn auch nicht OPI so doch HIP: Mackerras Brahms mit Scottish Chamber Orchestra.
    Mackerras spielt einen sehr schönen, an Schubert gemahnenden Brahms. Neben der von Norrington ist das meine bevorzugte Interpretation.

    Siegfried