01 - Kurzbiographie

    • Offizieller Beitrag

    Alfredo Capella war eine ebenso bedeutende wie vielseitige Figur des italienischen Musiklebens im 20.Jahrhundert, er wirkte als Pianist, Dirigent, Komponist, Schriftsteller, Kritiker, Pädagoge und Herausgeber.

    Alfredo Casella wurde am 25. Juli 1883 in Torino geboren, als Spross einer Musikerfamilie, die angeblich bis in die Zeit von Dante zurückblickt [Wikipedia]. Erste musikalische Bildung erhielt er im Elternhaus: Großvater, Vater und dessen beide Brüder spielten Cello, die Mutter unterwies ihn am Klavier.
    Es heißt, dass er bereits als Elfjähriger unter anderem das Wohltemperierte Klavier auswendig spielen konnte.[Harenberg, S.193]

    Schon 1896, als Dreizehnjähriger, wurde er am Pariser Konservatorium angenommen, lies sich bei Louis Diémer im Klavier unterweisen, und gewann schon zwei Jahre später zahlreiche Wettbewerbe.

    Eine Laufbahn als Pianist füllte ihn offenbar nicht aus, und so nahm er ab 1900 Kompositionsunterricht bei Gabriel Fauré. Eine Pavane für Klavier wurde 1901 erstmals veröffentlicht.

    1906 trat Capella der "Société des instruments anciens" als Cembalist bei, die sich für die Wiederaufführung alter Musik einsetzte. Die Mitgliedschaft ermöglichte ihm zahlreiche Auslandsreisen, worin für ihn wohl auch die Hauptmotivation lag. [Vitzthum, S.38f]

    Zu seinen Freunden während der Pariser Studienjahre zählten Maurice Ravel und George Enescu. Außerdem kam er in Kontakt mit Komponisten wie Debussy, de Falla, Strawinsky, Busoni, Strauss — und nicht zuletzt Gustav Mahler. Mahler setzte sich für Casella ein und Vermittelte die Aufnahme der Rhapsodie Italia und einer Suite in den Verlag der Wiener Universal Edition. Mahler plante sogar, ihn als Assistenten nach Wien zu holen. Mahlers früher Tod verhinderte diese Pläne.
    Stattdessen kehrte Capella 1915 nach Italien zurück.

    1915 bis 1923 war er Professor für Klavier am Liceo Musicale di Santa Cecilia in Rom. Er selbst gründete verschiedene Organisationen im italienischen Musikleben (Società nazionale die musica, Corporatione delle nuove musiche) und führte 1925 den Vorsitz beim Musikfest in Venedig. Zwischen den Kriegen war er damit eine zentrale Figur im italienischen Musikleben.
    Im Jahr 1930 gründete er das Trio Italiano mit Alberto Poltronieri (Violine) und Arturo Bonucci (Violoncello).

    Kompositorisch ist Casellas Stil vielseitig und zahlreichen Einflüssen ausgesetzt gewesen. Vom Impressionismus eines Debussy oder Ravel in Paris wandte er sich ab, eher gehörten in der Frühzeit Wagner und Strauss zu seinen musikalischen Vorbildern, und natürlich sein Lehrer Fauré, ebenso wie Gustav Mahler. Später beeinflusste ihn in Paris eher Strawinsky. Die ersten beiden Sinfonien von 1905 und 1908 stehen noch in der Strauss/Mahler-Tradition, die Orchesterlieder Note di maggio [Mainächte] von 1913 hingegen zeigen die neueren Einflüsse und führten bei der Uraufführung zu einem Skandal.

    Casella experimentierte mit der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts. Darüber hinaus setzte er sich für diese Musik auch als Herausgeber ein, zum Beispiel für die Wiederveröffentlichung der Werke von Vivaldi.
    Er entfachte eine Diskussion über die Bedeutung der Tonalität mit einem 1926 in Wien veröffentlichten Artikel sowie der Komposition der Scarlattiana.
    Es folgt eine Hinwendung zum Neoklassizismus.
    Der deutschen Kritik war seine musikalische Sprache zu konservativ, in Italien galt er als modernistisch. In seiner Tonsprache "[...] vereinen sich Sachlichkeit, 'Optimismus', aber auch Spiel- und Bewegungsfreude" [Harenberg, s.194]. Auch als Casellismo bezeichnet übte sie auch auf die jüngere Generation Einfluss aus.

    Politisch gesehen begab er sich zeitweilig auf einen "Irrweg" [Reclam, S.109] einer Parteinahme für Mussolini, 1938 entstand die Oper Il Desserts tentato zur Verherrlichung des Äthiopien-Feldzugs.

    1944 jedoch schlug er wieder andere Töne an, bereits von schwerer Krankheit gezeichnet, mit der Missa solmemnis pro pace.

    Als Teil der Generazione dell '80, zusammen mit Alfano, Malipiero, Pizzetti und Respighi, war und ist er eine zentrale Figur der italienischen Musikgeschichte.
    Vielleicht verbindet sein italienisches Nationalgefühl und der davon induzierte Irrweg als Parteigänger eines faschistischen Verbrechers mit der späten Erkenntnis ihn etwas mit dem von mir immer noch hoch geschätzten Richard Strauss, auch wenn seine Tonsprache eine (zumindest später) ganz andere ist; wie Strauss liebte er alte Musik und ließ sie immer wieder in seine Kompositionen einfließen.

    Vom deutschen Konzertprogramm jedenfalls ist er m.E. zu Unrecht fast vollkommen verschwunden.

    Literatur:
    [Wikipedia]URL: "http://de.wikipedia.org/wiki/Alfredo_Casella", abgerufen am 15.02.2015.
    [Harenberg]Harenberg Komponistenlexikon, Harenberg Lexikon Verlag, Dortmund (2001)
    [Reclam]Melanie Unseld (Hrsg.): Reclams Komponistenlexikon, Phillipp Reclam jun. Stuttgart (2009)
    [Vitzthum]Vitzthum, Thomas Sebastian: Nazionalismo e Internazionalismo — Ottorino Respighi, Alfredo Casella und Gian Francesco Malipiero und die kulturpolitischen Debatten zwischen 1912 und 1938 in Italien. Dissertation, Universität Regensburg (2008)

    Lucius Travinius Potellus
    Those who would give up essential Liberty, to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety. (B.Franklin)