- Offizieller Beitrag
Neuere Gesamteinspielungen inkludieren gelegentlich sowohl das Konzert Nr. 6 (eigentlich das 4,5te Konzert) wie auch das Rondo B-Dur WoO 6 und (seltener, in einer rekonstruierten Orchester-Fassung) das 0. Klavierkonzert Es-Dur WoO 4.
Als 'Klassiker' kann durchaus die Einspielung der 5 offiziellen Konzerte durch Steven Lubin gelten:
Ludwig van Beethoven (1770-1827)
The Piano Concertos
The Academy of Ancient Music
Christopher Hogwood
Steven Lubin verwendet verschiedene Instrumente:
Für die Konzerte Nr. 1 und 2 bespielt er hier den Nachbau eines Anton-Walter-Flügels von c1795 von Roger J. Regier. Da dieses Instrument den Anforderungen des später komponierten Kadenzen nicht gerecht wird, spielt Lubin in beiden Fällen eigene Kadenzen. Für das 3. Klavierkonzert kommt ein von Christopher Clarke nachgebautes Instrument aus dem Hause Johann Fritz zum Einsatz, auf welchem Beethovens eigene Kadenzen erklingen. Für das 4. und 5. Konzert wird ein Nachbau eines Conrad-Graf-Flügels, erbaut wiederum von Regier, verwendet. Lubin orientiert sich bei den Kadenzen weitestgehend an den von Beethoven komponierten.
Als 'Füllmaterial' werden hier nicht die als Frühwerke zu definierenden WOo 4 und/oder 6 gegeben, sondern Soloklaviersonaten: die Sonate cis-moll op. 27 Nr. 2 (Mondscheinsonate), jene als Pathétique bekannte in c-moll op. 13 sowie die Sturmsonate d-moll op. 31 Nr. 2. Für die drei moll-Sonaten wird durchgehend der Walter-Nachbau genommen.
Die Box ist vergleichsweise preiswert zu haben und von durchgehend sehr hoher Qualität. Hier klingen die Konzerte kraftvoll und durchaus so, wie sich der Komponist dies gewünscht haben mag.
Nicht immer jedoch bot sich Beethoven die Gelegenheit, mit 'vollem Orchester' aufzuführen. Graf Lobkowitz jedoch ermöglichte es dem Komponisten, im heute nach er Uraufführung der 3. Sinfonie in Es-Dur 'Eroica' benannten Saales im Palais, verschiedene Werke (in minimierter Besetzung) aufzuführen. Neben der bereits erwähnten 3. Sinfonie erklang hier auch erstmals das 4. Klavierkonzert G-Dur op. 58 in der oroginalen Orchesterfassung erstmals im März 1807 im privaten Rahmen. Wohl um diese Zeit (kurz darauf) muß die auf Streicherbegleitung reduzierte Fassung für 2 Violinen, 2 Bratschen und Violonzell entstanden sein, um sie ebenfalls im 'kleinen Rahmen' im Palais ausführen zu können. Die Reduktion der Stimmen nahm Franz Alexander Pössinger (Hofgeiger) vor - Beethoven selbst nahm die Veränderungen und Anpassungen an mehr als 80 Stellen vor, womit diese Fassung als authorisiert anzusehen ist.
Robert Levin hat diese Fassung mit Mitgliedern des Orchestre Révolutionaire et Romantique eingespielt:
Die Kadenzen hat Robert Levin frei improvisiert. Außerdem ist eine ebenfalls authorisierte Fassung der 2. Sinfonie D-Dur op. 36 für die Besetzung Klavier, Violine u. Violonzell enthalten, die sehr hörenswert ist.
Unter der Leitung John Eliot Gardiners hat Robert Levin natürlich die fünf Klavierkonzerte in voller Besetzung nebst der Chorfantasie op. 80 eingespielt:
Die Konzerte sind auch (resp. z. Zt. nur) als Einzelausgaben zu haben: eine CD mit den Konzerten 1 und 2, eine weitere mit den Konzerten 3 und 4, sowie eine dritte mit dem letzten Konzert und der Chorfantasie.
Ich besitze (vorerst) nur diese Einzelausgabe, die mich aber sehr zufrieden stellt:
Die Chorfantasie wird hier mit zwei zusätzlichen alternativen Introduktionen präsentiert. Gespielt wird auf einem originalen Instrument aus der Werkstatt Salvatore Lagrassas von 1812. Die Kadenzen sind m. W. frei improvisiert.
Die Gegebenheiten des Eroica-Saales inspirierten Arthur Schoonderwoerd und sein Ensemble Cristofori zu einem Experiment, das darin besteht, die Klavierkonzerte mit solistischer Streicherbesetzung und vollem Bläserapparat einzuspielen. Zwischenzeitlich sind drei Alben mit allen 6 (!) Klavierkonzerten erschienen - den Anfang machten die Konzerte 4 & 5, die für einigen Wirbel in der Klassikszene sorgten. Als nächstes erschienen die Konzerte 3 & 6 und jüngst die noch ausstehenden Konzerte 1 & 2:
Schoonderwoerd nimmt den Konzerten unter Beibehaltung deren innerer Größe die schier unüberwindbar geglaubte Monstrosität und lässt sie zu gar intimen Freunden werden. Diese Edition hat meine zunächst oberflächliche Wertschätzung der Konzerte runderneuert und stark vertieft. Bespielt wird überwiegend ein in Schoonderwoerds Privatbesitz befindliches Originalinstrument von Johann Fritz (erbaut etwa1807/1810). Die Kadenzen improvisiert Schoonderword in allen Fällen frei (ich durfte das betreffend der Konzerte 4 & 5 live erleben). Für das 3. Konzert c-moll wurde ein Nachbau eines Anton-Walter-Flügel verwendet. Die Hörerfahrung dieser exotischen Einspielungen kann man wohl kaum in aller Kürze treffender formulieren als der Kollege Schmidt. Im übrigen gibt es hier und hier entsprechend ausführliche Anmerkungen von mir bezüglich dieser Editionen. Über neue Projekte werde ich Ende Mai näheres in Erfahrung bringen (zunächst werde ich Schoonderwoerds Mozartkonzerte live erforschen).
Interessiert hatte mich dann auch die Edition der Chursächsischen Philharmonie, eine (angebliche) Ersteinspielung auf historischen Instrumenten - gespielt von Mario-Ratko Delorko am Hammerflügel Domenico Perrotta 1795. Bei mir blieb es bei der Anschaffung des Vol. 1, da mich insbesondere das Frühwerk Es-Dur WoO 4 interessierte:
Nach längerem Hin und Her habe ich jedoch festgestellt, daß die Einspielgeschwindigkeit bei der Pressung fehlerhaft war, d.h. um etwa 1/3 zu lahm. Eine Korrektur machte dann die grausamen Klänge einigermaßen erträglich. Dennoch insgesamt sehr unbefriedigend.