01 - Requiem: Einspielungen (opi)

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    Ingrid Schmithüsen (Sopran), Catherine Patriasz (Alt),
    Neil Mackie (Tenor), Matthias Hölle (Bass)


    Nederlands Kamerkoor
    La Petite Bande
    Sigiswald Kuijken




    Hjördis Thébault (Sopran), Gemma Coma-Alabert (Mezzo),
    Simon Edwards (Tenor), Alain Buet (Bass)


    Kantorei Saarlouis
    La Grande Écurie et La Chambre du Roy
    Jean-Claude Malgoire


    Diese Einspielung basiert auf einer erweiterten Fassung von Sigismund Neukomm (1778-1858), welcher (teilweise aus authentischem Werkmaterial, teilweise selbst geschaffen) ein finales Libera me anhängte. Diese Fassung produzierte Neukomm am 19. Dezember 1819 während eines Gedenkkonzertes in Rio de Janeiro. Interessant ist zudem, daß Neukomm Metronomangaben eingetragen hat. Das Mälzelsche Metronom war erst seit 1816 in Gebrauch - diese Angaben sind daher noch als relativ zeitnah zur Entstehung des Werkes angegeben und lassen Rückschlüsse auf damalige Tempi zu. Ob und inwieweit die Interpreten in dieser Produktion auf Neukomms Metronomangaben zurückgreifen, wird leider nicht explizit erwähnt.



    Marie-Noelle de Callataÿ (Sopran), Annette Markert (Alt),
    Robert Getchell (Tenor), Peter Harvey (Bass)


    Netherlands Bach Society Choir & Orchestra
    Jos van Veldhoven


    Hier besticht vor allem die dünne Besetzung: Kammerchor und Kammerorchester sorgen für äußerst transparente Klänge! Die Diskrepanz zwischen dem D-Dur und B-Dur des rezidiven Osanna nach dem Benedictus wurde hier gekittet, indem ein neuer (auf einem ähnlichen von Mozart basierenden) Übergang geschaffen wurde, so daß das Osanna in nur einer Tonart erklingt.



    Iride Martinez (Sopran), Monica Groop (Alt) ,
    Steve Davislim (Tenor), Kwangchul Youn (Bass)


    Chorus Musicus Köln
    Das Neue Orchester Köln
    Christoph Spering


    Das besondere an dieser Einspielung sind nicht nur die extremen Tempi (vom ungewohnt langsam zelebrierten Kyrie bis zum ekstatisch-rasanten Dies irae - Spering präsentiert hier zur Aufführungsversion Mozart/Süßmayr auch die Einspielung der Fragmente als solche, wie Mozart sie hinterlassen hat.


    Seit 01.04.2011 auf dem Plattenmarkt:



    Simone Kermes (Sopran), Stephanie Houtzeel (Alt),
    Markus Brutscher (Tenor), Arnaud Richard (Bass)


    New Siberian Singers
    MusicAeterna
    Teodor Currentzis


    Begleitet von einem zunächst befremdlichen Tintinnabulum wurde hier auch die unvollendet gebliebene Amenfuge eingespielt.

  • Simone Kermes (Sopran), Stephanie Houtzeel (Alt),
    Markus Brutscher (Tenor), Arnaud Richard (Bass)


    New Siberian Singers
    MusicAeterna
    Teodor Currentzis


    Begleitet von einem zunächst befremdlichen Tintinnabulum wurde hier auch die unvollendet gebliebene Amenfuge eingespielt.


    Nun habe ich auch diese Einspielung:



    Ich finde die einfach mitreißend. Fabelhaft. So lebendig, mit so viel Ausdruck wird hier gespielt, dass ich das so noch auf keiner Aufnahme miterlebt habe. Es werden plötzlich auch die Verknüpfungspunkte sichtbar, die deses Werk zu den früheren Requiem-Vertonungen aus Österreich verlinken (M. Haydn, Aumann, Fux, Aufschnaiter, sogar Biber).


    Manche schnellen Sätze ( "Dies irae" ! :jubel: ) pusten hier einem richtig das Kopf weg, die langsamen verzaubern mit betörender Zurückhaltung - einfach phänomenal.


    Das rasselnde Tintinnabulum hat mich überhaupt nicht gestört, ich fand's sogar berührend, wie dazu das Fragment der Amen-Fuge erklang.


    Für mich ist das die definitive Mozart-Requiem-Einspielung von jetzt an.


    LG
    Tamás
    :wink:

    Alle Wege führen zum Bach,
    .................................... wo der kleine Biber lebt!

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    Anlässlich des 161ten Todestages von Fryderyk Szopen am 17. Oktober 2010 entstand diese "Homage à Chopin":



    Christina Landshamer, Ingeborg Danz,
    Robert Getchell, Matthew Brook
    Collegium Vocale Gent
    Orchestre de Champs-Élysées
    Philippe Herreweghe


    *opi*


    Das besondere an dieser Aufzeichnung ist, daß das Requiem Mozarts vollständig im liturgischen Kontext dargeboten wird.

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    Diese ist mir gerade nach dem vorzüglichen Messiah in die Quere gekommen:



    Oxford New College Choir
    Orchestra of the Age of Enlightenment
    Edward Higginbottom


    Ich glaub, die muß ich noch haben...


  • Das ist eine meiner liebsten Aufnahmen - ich glaube das ist auch die beste Aufnahme die Malgoire je gemacht hat.
    Bretternde Bläser und eine Wucht, wie man sie nicht oft entgegengeflatscht bekommt.


    Das genauso geniale und strahlende Te Deum von Charpentier ist nach diesem Requiem wirklich nötig...


    Ich hab noch folgende Aufnahmen im Archiv:



    The Academy of Ancient Music - C.Hogwood




    Les Arts Florissants - W.Christie


    :jubel::jubel::jubel::jubel::jubel:




    Philippe Herreweghe

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    photo-323-19afcef6.jpg


    Christiane Kohl, Elisabeth Schuen,
    Maximilian Kiener, Andrè Schuen
    Chor der Salzburger Konzertgesellschaft
    Orchestra 1756
    Konstantin Hiller


    Aufgenommen am 4. Dezember 2006 in Mozarts Todesstude in der Universitätskirche Salzburg
    (gegenüber Mozarts Geburtstshaus)


    Immer häufiger kommt neben der Verwendung von Originalinstrumenten oder deren Nachbauten auch der Genius loci oder Genius temporis bei der historischen Aufführungspraxis „ins Spiel“. Zwar ist dies bei dieser Aufnahme hier noch nicht so ganz der Fall (wenn auch gegenüber des Mozartgeburtshauses gespielt wird), aber das Ensemble musiziert das Requiem auch regelmässig zu Mozarts Todesminute endend in der Wiener Karlskirche, so auch in diesem Jahr am 04. Dezember, beginnend um 23.45 Uhr. Soweit ich von dem Ensembleleiter Konstantin Hiller erfahren habe, wird es 2016 eine Neuaufnahme geben. Vielleicht wird dabei berücksichtigt, daß das Requiem am 10.12.1791 in der Michaelerkirche sozusagen Vorpremiere im Zusammenhang mit den Exequien für Mozart hatte? Die erste Aufführung fand am 02.01.1793 als Benefizkonzert zugunsten der Witwe und der beiden Söhne statt - Gottfried van Swieten war der Schirmherr; die Aufführung fand im Saal der Restauration Jahn in Wien statt, in welchem Mozart auch seinen letzten öffentlichen Auftritt als Pianist hatte. Die erste zweckgebundene Aufführung folgte am 14.12.1793 in der Stiftskirche des Zisterzienserstiftes Neukloster in Wiener Neustadt als Seelenmesse für die verstorbene Gräfin Walsegg. Möglichkeiten, wie sie derzeit Haselböck mit den Beethoven-Sinfonien umsetzt, gibt es also mehrere „richtige“.


    Die vorliegende Aufnahme hat schon ein paar Jährchen auf dem Buckel, was nichts Grundsätzliches über deren Qualität aussagt; Herr Hiller räumte allerdings ein, daß das Alter der Aufnahme hinsichtlich der Erkenntnisse der HIP urteilsmildernd zu berücksichtigen sei, da insbesondere die Appoggiaturen - wozu auch meine heißgeliebten kurzen Vorschläge gehören - nicht authentisch umgesetzt worden seien. Davon abgesehen - und von dem großen Echo in der Kollegienkirche - handelt es sich aber sicherlich um eine der recht guten Einspielungen mit einem ungewöhnlich flotten Rex tremendæ - neben Spering dem schnellsten in meiner Sammlung - dito das dies iræ, das mit 1:43 auch zu den zügigeren gehört; hier legen nur Currentzis und wiederum Spering noch mal einen kräftig Zahn drauf. Die Schnelligkeit ist aber nicht das Maß der Dinge, das richtige Tempo - wenn es sich ins Gesamtkonzept einreiht und nicht die Leistungsspritzen des Ensembles überfordert - allerdings schon. Und diesbezüglich stelle ich hier keinen Mangel fest. Wenn die Klangqualität noch einen Tick besser wäre, wäre dies sicherlich eine gute und grundsolide Einspielung.


    Insgesamt klingt diese Einspielung nicht so überbordend traurig oder geistlich, eher nüchtern und klar. Das mag ich, weil es dadurch kurzweilig wird: Einspielungen, bei denen ich die Teile zwischen Dies und Lux überspringe, um nicht einzuschlafen, habe ich genug. Da ist dies eine willkommene Abwechslung. Ungewöhnlicher Weise sind Confutatis und Lacrymosa (hier übrigens in einem eher flehenden als dem üblichen dröhnenden Tonfall im Amen) in einem Track zusammengefasst; hier stimmt das beigegebene Tracklistig ab Spur 7 nicht, auch im abgedruckten „Libretto“ sind die Tracknummern ab Nr. 8 leider falsch wiedergegeben. Track 14 ist das Cum Sanctis, folglich verschieben sich alle vorherigen Nummern entsprechend...


    Das Booklet ist ansonsten sehr informationsreich, umreißt in der notwendigen Überschaubarkeit Hintergründe zum Auftrag und zur Komposition, nennt alle Mitwirkenden und deren Instrumente beim Namen und ist daher vorbildlich.

  • Mir bislang noch unerhört gewesen:



    Chor: La Capella Reial de Catalunya
    Orchester: Les Concert des Nations
    Leitung: Jordi Savall

    "erhaben, schön, alles was sie wollen – allein – zu übertrieben schwülstig für meine feinen ohren"
    W. A. Mozart (28.12.1782)

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    Inzwischen auch so:



    Mir gefällt die Aufnahme nicht. Schließe mich hier Rademann bei Blind gehört im FF an:


    Zitat

    Da besteht die Gefahr, dass die rasselnden Sechzehntelnoten ab einem gewissen Punkt das Interesse des Hörers nicht mehr fesseln können. Ich höre da zunächst mal eine radikal durchorganisierte Fuge vermutlich von englischen Interpreten. Mir ist es ein bisschen zu abgehackt. Das ist super phrasiert, aber dieses Gestochere in den Sechzehnteln ist nicht das, was ich mir vorstelle. Und ich glaube auch nicht, dass Mozart das gefallen hätte. (Tuba mirum) Auch hier ist jede Stelle durchdekliniert von a bis z, so muss dies sein, so muss das sein. Mich stört dieses Belehrende, da fehlt mir das Spielerische.

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    Nun gibt es doch inzwischen eine ganze Menge an opi-Aufnahmen, ich kenne aber nur Malgoire, NH und Currentzis näher. Was aber ist mit Kuijken, Veldhoven, Spering? Ist Higginbottom so gut wie beim "Messias"? Wie schlagen sich Hogwood, Christie und Herreweghe? Was machen jüngst Equilbey und Savall? Und wieso klingt Jacobs so lyrisch wie eine liebliche Oper? Wir haben hier lauter große Namen versammelt, aber praktisch kaum eine Besprechung mit einer Ausnahme, die ausgerechnet nicht greifbar scheint. Wir sollten hier tätig werden.

    • Offizieller Beitrag

    Ehrlich gesagt: ist mir das Requiem über; ich kann es im Moment nicht ernsthaft und mit Genuß hören und darüber referieren - die Zeit kommt vielleicht wieder. Ich kann Rademanns Eindrücke leider nicht nachvollziehen: nach all den vielen langweiligen unHIPpen Einspielungen ist Currentzis alles andere unverspielt.


    Zitat von Blinder Hörer

    ist nicht das, was ich mir vorstelle.


    Und. Wen juckt's?


    Auch spiegelt das Requiem nicht unbedingt Mozarts typischen Stil wieder; es stimmt zwar, daß er sich unbedingt in diesem Genre beweisen wollte, was er sicher auch zur Zufriedenheit aller getan hat (wenn auch unvollendet), aber vieles nervt mich an diesem Requiem einfach - und das sind nicht die Süßmayrschen (oder anderweitigen) Zutaten - es wirkt ingesamt einfach für mich unauthentisch. Das macht auch das Vervollständigen besonders schwierig, da es kaum vergleichbare Werke Mozarts gibt, die man zu Rate ziehen könnte; die wenigen (c-moll-Messe, für die in weiten Teilen das gleiche gilt) hinterlassen zu deutliche Spuren ...

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    Auch mir ist Currentzis zu steril, zu klinisch, zu abgefuckt; als dass es mich musikalisch oder emotional berührte, ich höre das also dezidiert anders als du oder Tamás. Aber ich habe das Stück auch von Beginn an nicht nur omi (Böhm, Karajan, NH und Marriner etc.) gehört, sondern durch Malgoire auch schon (unbewusst) opi und dieser liefert ja gleich eine Hammeraufnahme ab, voller Wucht und Dramatik; dagegen wirkt TC dann schon blasser. Nichtsdestotrotz interessieren mich weitere Einspielungen sehr; die gestern erstmals gehörte von Jacobs irritiert mich enorm in ihrer zurückgeschraubten Dramatik, Sanglichkeit und verspielt-lyrischen Anlage - das alles ist schon ganz bewusst gegen den Strich gebürstet, gegen das bekannte schicksalshafte Aufbäumen in verzweifelter Beethovengeste; das reiht sich mehr in die Opernspätphase. Hier siegt die Schönheit des Ausdrucks über die Trauer, den Trost und jegliche exaltierte Leidenschaft.

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    Gesualdo Consort Amsterdam,
    Ensemble Cristofori,
    Arthur Schoonderwoerd


    Nota bene mit einer von Schoonderwoerd selbst komponierten Amenfuge (die für mein Empfinden wenig mit Mozart zu tun hat; vielleicht lehne ich mich weit aus dem Fenster, aber ich selbst würde niemals Hand an Mozarts Requiem legen) sowie einem finalen Libera me von Ignaz Ritter von Seyfried (1776-1841), das einen Vergleich mit dem Neu- resp. Nachkomponierten Libera von Sigismund Ritter von Neukomm (1778–1858; vgl. w.o. die drittgenannte Einspielung) sicher lohnt.


    Chor und Solisten treffen meinen Geschmack leider überhaupt nicht, auch fehlt mir hier das gewisse „Etwas" - die litugrischen Einschübe sind sicher historisch interessant, stören mich aber. Ich möchte Mozarts Requiem hören und sonst nichts (und eigentlich nicht einmal das). Ich komme mehr und mehr zu der Überzeugung, man sollte den Torso einfach ruhen lassen, ganz in Frieden.


    Vielleicht diesmal nicht ganz so glücklich gelungen. Ich bin deutlich enttäuscht.