Messe de Nostre Dame: Einspielungen

  • Zwar wird die folgende Auflistung nicht vollständig sein können, bis die Einspielung des von mir hochverehrten Ensemble Graindelavoix erscheint, möchte ich aber dennoch kurz die Aufnahmen vorstellen, die ich kenne. Die Reihenfolge ist nach Nähe zu meinem Herzen von ganz nah bis etwas weiter weg.

    Ensemble Organum ist bereits eine Legende geworden dank eines an dem vom Mittelalter her tradierten Volkssingen Korsikas und an dem vom Mittalter her tradierten Kirchengesang der Ostkirchen angelehnten Gesangsstils, den sie erfolgreich und überzeugend am prägregorianischen, gregorianischen, und postgregorianischen sowie polyphonen Repertoire des Mittelalters und der Renaissance einsetzen.

    Nur mit natürlichen Männerstimmen besetzt, mit sonorer Stimme vorgetragen, mit Ausschmückungen überladen wirkt hier die geniale Messe de Nostre Dame zugleich erstaunlich frisch, wie auch von urzeiten her kommend, ein Fest für alle Sinne. Die Musik gewinnt so viel Farbe dank dieses Gesangsstils, dass sie stellenweise fast instrumental wirkt, konkreter: es mischen sich so viele Klangfarben, dass einer fast vergisst, die Besetzung wäre nur vokal.

    Für mich immer noch die sensationellste Interpretation - ich bin sehr gespannt, wie Graindelavoix, die einen ganz ähnlichen Zugang zum Gesang haben, da mithalten können.

    Unglaubliche rhythmische und intonatorische Präzisität und überraschend langsame Tempi machen diese Aufnahme einzgartig. Sehr sehr schön.

    Solistisch und mit lupenreinen Stimmen besetzt, überzeugt diese Aufnahme mit einer sehr subtilen Gefühlsinhalt, die mich immer erreicht. Klasse!

    Ebenfalls solistisch, klingt aber massiger, weniger schlank, als bei Vellard, und in Sachen Sensibilität und Emotionalität genauso einschmeichelnd. Gehört auch zu den Favoriten.

    Die Hilliards singen die Messe de Nostre Dame. Was kann da schiefgehen. Nichts. Und tut es auch nicht.

    Jaja, ich weiß, viele finden diese Einspielung von Clemencic etwas trocken - aber sie hat ihre Meriten, und ich bin überzeugt, dass hinter dieser Trockenheit eine sehr subtile und feine Interpretation sich verbirgt.

    Da spielen auch Instrumente mit. Geilomat. Macht einfach Spaß.

    Die Messe de Nostre Dame in einer guten Einspielung. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

    Es gilt hier eigentlich dasselbe, wie bei Parott - bloß konnte ich aus irgendeinem Grund die Aufnahme nie richtig liebgewinnen. Weiß auch nicht mehr warum. Ist nur so.

    LG
    Tamás
    *castor*

    Alle Wege führen zum Bach,
    .................................... wo der kleine Biber lebt!

  • :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:

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    Ich kann die vollständige Liste aller bisherigen Einspielungen kredenzen:

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    Dazu gibt es noch eine ganze Latte an unvollständigen Aufnahmen, wo nur Einzelsätze interpretiert wurden. Ich nennen nur mal die ersten beiden:

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    Zitat

    Les Paraphonistes de St-Jean des Matines / Guillaume de Van (L'Anthologie sonore 1936)
    Credo, Sanctus, Agnus Dei, Ite missa est

    La Psallette de Notre-Dame / Jacques Chailley (La Voix de son Maître 1939)
    Kyrie I, Credo (Ausschnitt)


    jd :wink:

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

  • Ich habe bis jetzt 15 Einspielungen... *sante*

    Meine erste:

    Pro Musica Antiqua / Safford Cape (Archiv Produktion 1956)

    Bis jetzt außer Konkurrenz, da ich sie abgöttisch liebe. Fünfzehn Jahre lang meine einzige gewesen, und ich kenne jeden Zoll davon. Cape dirigiert einen gemischten Chor (solistisch besetzt), und es treten an vielen Stellen auch Instrumente dazu. Im Vergleich zu späteren Aufnahmen sicherlich nicht so perfekt realisiert, aber Capes Geschmack hat der Aufnahme eine innige Wärme verliehen, die immer noch zu überzeugen weiß.
    :love: :love: :love: :love: :love:

    Deller Consort / Alfred Deller (DHM 1961)


    Die erste Stereo-Aufnahme: geradezu authentisch in ihrer ungeschminkten klanglichen Aura, die noch keine Nachbearbeitung kannte, hört man hier den Consort zusammen mit Instrumentalisten. Wesentlich archaischer als die Cape-Aufnahme, aber mit besonderem Gestaltungswillen darf man hier besonders Dellers Stimme bewundern, wie sie über den ganzen Satz thront wie eine goldene Krone. Damals sicherlich die bis dato bemerkenswerteste Aufnahme, heute ein würdig gealteter Klassiker.
    :thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup:

    Schola Cantorum Basiliensis / August Wenzinger (Archiv Produktion 1969)
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    Die einzige Einspielung, die ich mir als LP zulegte, denn weltweit gibt es keine CD-Ausgabe davon. Es ist eine solide Aufnahme unter dem unaufdringlichen Dirigat von August Wenzinger mit rein männlichem Solisten-Quartett (Friedreich Melzer, Ernst Haefliger, Jakob Stämpfli, Kurt Widmer) und Instrumentalbegleitung. Wie immer beweist Wenzinger viel Erfahrung im Umgang jenes Repertoires, was der Aufnahme immer noch eine gute Note verleiht.
    *yepp* *yepp* *yepp* *yepp*

    Capella antiqua München / Konrad Ruhland (Teldec 1970)

    Der Exoten-Bonus ist mit dieser Veröffentlichung erfüllt, denn dieser Titel ist nur als Japan-Pressung erhältlich. In der typischen Manier hat sich Ruhland der Messe angenommen und liefert eine ebenso solide Interpretation ab. Als Counter hört man James Bowman und Tom Sutcliffe. Das Tempo ist sehr hoch, so daß die Messe knapp 24 Minuten geht.
    *yepp* *yepp* *yepp*

    Taverner Consort & Choir / Andrew Parrott (EMI 1983)
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    Eingebunden in der Liturgie zum Fest für Mariä Geburt (08. September) wird die Messe in solistischer Besetzung a-cappella dargeboten (Rogers Covey-Crump, Andrew Parrott, Paul Hillier, Simon Grant), die Choräle trägt eine zehnköpfige Schola vor. Das war damals Mitte der 1980er Jahre sicherlich die modernste Interpretation mit makelloser Intonation und konsequenter authentischer Besetzung. Sehr, sehr stark.
    :thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup:

    The Hilliard Ensemble / Paul Hillier (Hyperion 1987)

    Die Hilliards durften irgendwann nicht nachstehen, wenn es um diese Messe geht: eine vollendete, solistisch besetzte Aufnahme, die jeden Hörer ein neues Hörerlebnis eröffnete, wie man mir sagte. Ohne Frage: vollendet, archaisch entrückt, erfrischend klar gegliedert, wie man es vom Hilliard Ensemble kennt. Mir gefällt sie auch, aber sie ist mir ein bißchen zu hastig, zu schnell. Sie wirkt dadurch etwas distanziert. Dennoch: gehört in die Top Ten.
    :thumbup: :thumbup: :thumbup:

    Ars Antiqua de Paris / Michel Sanvoisin (Edelweiss 1990)
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    Ebenfalls solistisch besetzt, aber mit Instrumentalbegleitung offeriert Michel Sanvoisin eine feine Aufnahme mit einem gut aufgelegten Ensemble. Sehr fein.
    *yepp* *yepp* *yepp* *yepp*

    Ensemble Gilles Binchois / Dominique Vellard (Harmonic Records 1990)

    Für mich die Knalleraufnahme schlechthin: solistisch besetzt mit Andreas Scholl, Gerd Türk, Emmanuel Bonnardot und Jacques Bona, wieder eingebunden in eine Liturgie (diesmal Mariä Himmelfahrt), gesungen mit Präzision, Inbrunst, Klangschönheit und angenehmen Tempo. Nichts wirkt gehetzt oder unwürdig, hier sitzt jede Note! Ein Traum!
    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:

    Oxford Camerata / Jeremy Summerly (Naxos 1996)

    Eine von jenen Naxos-Großtaten aus den 1990er Jahren, die dem Label seinen heutigen Ruf erst ermöglicht haben. Eine grundsolide Aufnahme, solistisch besetzt, in gutem Tempo, die in der Kathedrale von Reims aufgenommen wurde. Ich bin ganz zufrieden damit, aber so ähnlich wie Tamás kommt sie nicht wirklich an mein Herz. Sie ist gut, aber eben nicht mehr.
    :) :) :)

    Ensemble Organum / Marcel Pérès (HMF 1996)

    Die gegen den Strich gebürstete, die archaische: rein männlich besetzt, aber mit 1-3 Solisten je nach Stimme, so daß bis zu neun Sänger den kompletten Satz vortragen; mit einem Idiom, was Pérès mit seinen Mitstreitern aus der byzantinischen Liturgie erarbeitet hat, erklingt hier die Messe mal wirklich ganz anders - mit starkem Baßfundament, mit anderen Verzierungstechniken, mit einer ausgeklügelten Klangdramaturgie. Mich macht das Ensemble Organum immer wieder sehr glücklich, so auch diesmal, denn diese klangliche Eigenwilligkeit nutzt sich nie ab und inspiriert aufs Neue. Ganz nah an Vellard, ganz nah!
    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:

    Laudantes Consort / Guy Janssens (Arsonor 1999)

    In dieser Box mit 11 CDs hat man einen feinen Überblick über das polyphone Vokalschaffen der gesamten Renaissance, vorgetragen von einem gemischten Chor. Obwohl ich die Box grundsätzlich sehr empfehlen kann (die Gombert-CD ist echte klasse!), ist die Messe hier geradezu langweilig und uninspiriert vorgetragen; außerdem fehlt das Ite missa est. Als alleinige Einspielung tut man sich keinen Gefallen damit, da muß eine zweite her. Doch der Rest der Box ist deutlich besser. - Die Messe: wirklich fade.
    :( :( :( :(
    [Die Box an sich insgesamt: feine Auswahl, sehr gute Interpretationen: *yepp* *yepp* *yepp* *yepp* ]

    Clemencic Consort / René Clemencic (Arte Nova 1999)

    Clemencics typische Eigenheiten, das Sakrale mit dem Profanen zu verbinden, wird hier in einer Art Ablauf inszeniert, mit René Zosso als Zeremonienmeister. Grundsätzlich ist das ein feines Stück Rekonstruktion des Mittelalters, mit einer solistisch besetzten Messe, die in einer Liturgie eingefaßt ist. Grundsätzlich singt das Ensemble Nova die Messe sehr gut, aber der Nachhall der Kirche verschmiert mir zu sehr die polyphone Struktur der Stimmen. Als Dokument des damaligen Events im Mai 1999 in Lucca ist die CD gut gelungen, aber auch hier würde ich die Messe alleine nicht stehenlassen und zu einer weiteren Einspielung raten. Gut.
    *yepp* *yepp* *yepp*

    Orlando Consort & Estonian Philharmonic Chamber Choir / Paul Hillier (HMF 2007)

    Das Orlando Consort ist in gewisser Weise die Nachbarveranstaltung des Hilliard Ensembles, da beide die gleiche Besetzung aufrechterhalten und sich im gleichen Repertoire tummeln. Doch hat der Orlando Consort sein eigenes Profil entwickelt, klingt wärmer, faßbarer trotz der gleichen artistischen Qualität. Hier gelingt ihnen eine vorzügliche Interpretation der Messe, vergleichbar mit der Aufnahme der Hilliards.
    :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup:

    Diabolus in Musica / Antoine Guerber (Alpha 2008)

    Guerbers Aufnahme reiht sich verdammt weit oben ein, bei mir auf Platz drei. Solistisch vorgetragen, großartig gesungen, fein aufgenommen. Eingebunden in die Liturgie zu Ehren der Mutter Gottes, liegt hier eine der schönsten Produktionen der Alten Musik in den letzten zehn Jahren vor. Hammer!
    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:

    Ensemble Musica Nova / Lucien Kandel (Aeon 2010)

    Die jüngste aller Messe-Aufnahmen, erst vor fünf Jahren veröffentlicht: eine feine Interpretation in etwas anderer "Lesart", wo die Intervalle der Confinalis anders intoniert werden. Das Ensemble ist in den hohen Stimmen mit Damen besetzt, außerdem spielt eine Orgel im neunteiligen Kyrie abwechselnd mit dem Chor. Langsam und wuchtig wirkt die Messe, aber trotzdem stellt sich keine Langeweile ein, denn der Spannungsbogen bleibt stets aufrecht dank einer entspannten Atmosphäre. Sehr schön.
    :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup:

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    Mein Fazit:
    Sieger ist Vellard, dicht gefolgt von Pérès und Guerber. Mit den Hilliards, den Orlandos und Parrott hat man sehr gute Aufnahmen an der Hand, mit Kandel eine feine Abwechslung vom üblichen Rahmen. Als Klassiker sollte man Deller nennen, wobei ich die Einspielung von Cape in ihrer Innigkeit deutlich bevorzuge. Clemencic hat seine Stärken, leidet aber unter einer unpassenden Klangcharakteristik. Janssens ist der einzige wirkliche Ausfall.

    Hugh - ich habe gesprochen... indianer.gif


    jd :wink:

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

  • Zeit für Geständnisse!

    Ich besitze die Messe de Nostre Dame in nur in den Einspielungen unter Deller und Summerly. Und ich muss zugeben, mit beiden Aufnahmen und daher mit diesem Werk bin ich noch nicht richtig warm geworden.

    Aber ich will mich bessern! *shame*

    Sollte ich es also mit Vellard oder dem Ensemble Organum versuchen- meine Präferenz liegt auf einem eher sonoren Klang?

    Ich sitze hier und trinke mein gutes Wittenbergisch Bier und das Reich Gottes kommt von ganz alleine.

    Dr. Martin Luther

  • Ich hab jetzt in den anderen Threads nachgeleen und bin der Meinung, dass meine Vernachlässigung dieses Werkes doppelter Buße bedarf!

    Und da in 2,08 m Länge ganz schön viele von diesen hier *yorick* Platz finden, gibt's eh keine Ruhe, bevor ich beide bestelle... *beiss*

    Ihr müsst es also gar nicht mehr empfehlen, ich tue es schon freiwillig... *yes*

    Ich sitze hier und trinke mein gutes Wittenbergisch Bier und das Reich Gottes kommt von ganz alleine.

    Dr. Martin Luther

  • :P berichtigt auf "prägregorianischen"

    Man nennt das auch "Paragregorianik" - also einstimmige Choralliteratur der katholischen Kirche, die aber strenggenommen nicht zum gregorianischen Reform gehören. Repertoire, die früher enstanden ist (z.B. ambrosianische Hymnen), oder später (z.B. die einstimmigen liturgische Gesänge eines Henry Du Mont aus dem Barock), oder einfach unabhängig davon, oder das gregorianische Repertoire umdeutend, umformend.

    LG
    Tamás
    *castor*

    Alle Wege führen zum Bach,
    .................................... wo der kleine Biber lebt!

    • Offizieller Beitrag

    Sehr gut! :thumbup: Jetzt lies noch zweimal, und dann fragen Tscha und JD dich ab! :D


    Ich bin eine Prüfungsnatur und bin mit einem elefantenen Gedächtnis gestraft ... *yes*

    P.S. Ich lese und lese und lerne und lerne übrigens nicht nur, sondern kaufe auch und kaufe (leider) ... 8-)


  • Ensemble Organum / Marcel Pérès (HMF 1996)

    Die gegen den Strich gebürstete, die archaische: rein männlich besetzt, aber mit 1-3 Solisten je nach Stimme, so daß bis zu neun Sänger den kompletten Satz vortragen; mit einem Idiom, was Pérès mit seinen Mitstreitern aus der byzantinischen Liturgie erarbeitet hat, erklingt hier die Messe mal wirklich ganz anders - mit starkem Baßfundament, mit anderen Verzierungstechniken, mit einer ausgeklügelten Klangdramaturgie. Mich macht das Ensemble Organum immer wieder sehr glücklich, so auch diesmal, denn diese klangliche Eigenwilligkeit nutzt sich nie ab und inspiriert aufs Neue. Ganz nah an Vellard, ganz nah!
    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:

    Graindelavoix / Björn Schmelzer (Glossa 2015)

    Die Aufnahme des belgischen Ausnahmeensembles geht auf dem Weg, den Pérès und Co. angeschlagen haben, einige Kilometern weiter, sie gehen über alle möglichen, vermeintlichen Grenzen hinaus, und erreichen einen Punkt, wo sie das Werk in einer Form wiederfinden, die mit der gewohnten nichts mehr gemeinsam hat, dennoch sich als werktreu und richtig anhört. Grundeinstellung in dieser Klangästhetik ist, dass man auf die individualität der Stimmen setzt, und damit sich ganz und gar gegen einem homogenen Klang entscheidet. Dadurch entseht ein neues, und wirklich mittelalterliches Verständnis von Polyphonie, wo die einzelnen Stimmen noch keine harmonische Funktionen tragen (wie Bass, Füllstimme und Melodie), sondern alle vier treten mit ihren eigenständigen Melodien hervor, unbekümmert der anderen Stimmen - und die Harmonie entsteht nicht wegen, aber gerade entgegen des gleichzeitigen Erklingens.
    Graindelavoix machen das Wunder, was beim Enstehen der Polyphonie noch ganz sicher ein avantgardistischer Moment des Werkes war, wieder erlebbar, und vom Gefühl her wieder ebenso avantgardistisch und schockierend. Diese Aufnahme macht die musikalischen Aussagen dieses Meisterwerks in einer Art erlebbar, was derzeit ohne Gleichen ist. Ein Muss für alle Fans der Messe de Nostre Dame!

    LG
    Tamás
    *castor*

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  • Macht mich nur fertig.... *beiss* *yorick* *yorick* *neid*

    Ich sitze hier und trinke mein gutes Wittenbergisch Bier und das Reich Gottes kommt von ganz alleine.

    Dr. Martin Luther

  • *deibel* Und ich habe noch vergessen zu erwähnen: die CD enthält außer der Messe noch zwei Motetten von Machaut, ebenfalls elektrisierend dargeboten, aber das Highlight für mich: "Beata Viscera" von Pérotin mit einer tiefen Orgelpunkt-Bordun-Stimme begleitet, antiphonisch von mehreren Solosänger vorgetragen. Wunderbar!

    LG
    Tamas
    *castor*

    PS.: nun wünsche ich mir noch die beiden großen vierstimmigen Organa Pérotins mit Graindelavoix...

    Alle Wege führen zum Bach,
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    • Offizieller Beitrag

    CD 1

    ich glaube auch, wie oben von den wirklichen Experten für Alte Musik schon mehrfach erwähnt, dass an dieser Einspielung kein Weg vorbei geht.

    "Wenn man sich nur das Urteilen abgewöhnen könnte, dieses dilettantische Verfälschen der Dinge! Wir wollen immer verstanden werden und sind selber unerbittlich verständnislos." (Verdi bei Franz Werfel)

  • An Vellard führt definitiv kein Weg vorbei! Das ist auch für mich die maßstabsetzende Aufnahme!
    Graindelavoix hat die zweite Einspielung vorgelegt, die man kennen sollte.

    Bezüglich des Spaltklanges: nach allem was man weiß, ist es sicher richtig, daß der Fokus auf "unabhängiger" Polyphonie, bei der Der Zusammenklang eher zufällig entsteht, lag. Das legen sowohl die Entwicklung der Mehrstimmigkeit als auch bei aller Vorsicht bildlich überlieferte Instrumentalbesetzungen nahe. Nur: entsteht in einer gotischen Kirche angesichts des Nachhalls nicht eh ein sehr organisches Klanggebilde?!

  • Nur: entsteht in einer gotischen Kirche angesichts des Nachhalls nicht eh ein sehr organisches Klanggebilde?!

    Sicher - aber ich glaube, es ist wie bei vielen Dingen in der Musik eine Sache der Sichtweise: damals haben die Musiker in erster Linie horizontal gedacht als vertikal (linear anstatt akkordisch). Dieser Wechsel zum Vertikalen wurde wohl erst wichtiger, als die seconda prattica begann. Das war auch der Augenblick, wo man in Dur und Moll dachte.

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

  • Ein klares Jein!

    Wie gesagt grundsätzlich keine Frage: es stand das Denken in Linien und nicht in Zusammenklängen im Vordergrund. Auch die Entwicklung der Notenschrift spiegelt das. Die ersten Schriften (Neumen) ermöglichen die Aufzeichnung der Linie aber nicht oder nur sehr ungefähr das gleichzeitige Erklingen von Stimmen.

    Andererseits gibt es Anleitungen zum improvisierten Erfinden einer weiteren Stimme zu einer bestehenden mehrstimmigen Komposition, bei der man sich um die Linie nicht so viele Gedanken macht, dafür um das entstehende Intervall im Zusammenklang.

    Daß Klangwirkungen durch harmonische Phänomene wichtig werden, würde ich deutlich vor der seconda prattica ansiedeln. Im ganzen 16. Jh. ein Feld des Ausprobierens, so ab Dufay immer wichtiger werdend!

  • Klar: in einem polyphonen Satz mußten die Komponisten die Intervalle der Stimmen zueinander beachten - aber kann man das tatsächlich schon als akkordische Struktur bezeichnen? Irgendwie scheint mir das eine Vorstufe davon zu sein, wo der Fokus eher auf die konsonant klingende Anlage des Stimmengeflechts gelegt wird.

    Ganz klar hat sich irgendwann der Fokus verschoben - ganz allmählich, fließend.

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.