08 - Streichduos und -trios

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    Werkübersicht

    Duo für Violine u. Viola G-Dur KV 423 (1783)

    • Allegro
    • Adagio
    • Rondeau. Allegro


    Duo für Violine u. Viola B-Dur KV 424 (1783)

    • Adagio - Allegro
    • Andante cantabile
    • Thema con variazioni. Andante grazioso


    Trio für 2 Violinen und Baß B-Dur KV 271f (ex 266, 1777)

    • Adagio
    • Menuetto. Allegretto - Trio


    Divertimento für Violine, Viola u. Violoncello Es-Dur KV 563 (1788)

    • Allegro
    • Adagio
    • Menuetto. Allegro - Trio
    • Andante
    • Menuetto. Allegretto - Trio I - Trio II
    • Allegro
    • Offizieller Beitrag

    Duos für Violine und Viola KV 423 u. 424

    Die Entstehungsgeschichte der beiden Duos lässt sich am besten anhand der nachfolgenden Anekdote nachvollziehen:

    Der Fürsterzbischof Hieronymus (von) Colloredo war ein etwas widersprüchlicher Musikliebhaber. Zum einen verkürzte er in seiner Funktion als Erzbischof von Salzburg die Dauer der liturgischen Kompositionen, also Musiken, die in der Kirche gespielt wurden, auf eine Maximaldauer von 45 Minuten, andererseits war er selbst ein ambitionierter Geiger. So bestellte der Graf bei Michael Haydn, der ja in seinen Diensten stand, sechs Duette für Violine und Viola. Michael Haydn komponierte und komponierte: Vier Duette hatte er fertig gestellt, als er so schwer erkrankte, dass er seine Bestellung vorerst nicht zu vollenden im Stande war. Vermutlich durch Intrigen gelangte die Nachricht von des Compositeurs Erkrankung nicht oder nicht vollständig zu seinem Auftraggeber, so dass dieser wutentbrannt seinem Komponisten mit dem Entzug der Besoldung drohte. Glücklicher Weise befand sich just in diesem Spätsommer 1783 Wolfgang Amadeus Mozart in Salzburg ein. Natürlich besuchte er seinen schwer erkrankten Freund Michael Haydn täglich, wie es heißt und erfuhr auch von den widrigen Umständen. Kurzentschlossen komponierte Mozart die beiden noch ausstehenden Duette für Violine und Viola innerhalb weniger Tage und das Kompendium aus sechs Duetten wurde dem Auftraggeber überreicht – natürlich ohne die Nennung von Mozarts Namen. So half Mozart angeblich dem Freund Michael Haydn aus der Not.

    Ob diese von dem Mozartbiografen Georg Nikolaus Nissen überlieferte Anekdote vollumfänglich der Wahrheit entspricht, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, jedenfalls spricht einiges dafür: Auf den Originalmanuskripten Mozarts findet sich beispielsweise sein Name, den er üblicher Weise aufträgt, nicht. Auch wurden von fremder Hand die Nummerierungen der Duette vollzogen. Dafür spricht meines Erachtens auch, dass Mozarts Duetten-Paar um einiges schwieriger zu spielen ist, als die von Michael Haydn auf den Auftraggeber zugeschnittenen vier Duos. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Mozart hier absichtlich dem verhassten Colloredo eins auswischen wollte. Der Mozartbiograph Alfred Einstein beharrt jedoch darauf, daß Mozart auf sein 'Eigentumsrecht' nicht verzichtet hat. Dies begründet er mit der brieflichen Anforderung der beiden Violinduetten am 6. und 24 Dezember 1783 vom Vater. Von Michael Haydn sind - zur Unterstützung der Anekdote - vier solcher Duos bekannt: C-Dur (MH 335), D-Dur (MH 336), E-Dur (MH 337) und F-Dur (MH 338).

    Divertimento Es-Dur KV 563

    Nach Abschluß der grandiosen Sinfonien-Trias, zwischen einigen Kanonstudien und vor dem Klaviertio G-Dur KV 564, den letzten beiden Quartetten KV 575 und 590, den letzten beiden Quintetten KV 593 und 614 vollendet Mozart am 27. September 1788 ein Streichtrio - jenes in Es-Dur, KV 563: sein einziges, wenn man von der 2sätzigen Sonate (bestehend in einem Adagio und einem Menuett nebst Trio) B-Dur für 2 Violinen und Bass KV 266 (271f) absieht. Betitelt hat Mozart es in seinem Verzeichnüß aller meiner Werke mit

    Ein Divertimento à 1 Violino, 1 Viola e Violoncello; di sei pezzi.

    Das hat nichts mit Bären zu tun, sondern weist nur daraufhin, dass es gar in sechs Sätzen (Stücken) besteht. Das Werk komponierte Mozart für seine "Hausbank" Michael Puchberg; aus Dankbarkeit für das Vertrauen und die Gütigkeit des Logenbruders. Auch das Klaviertrio E-Dur KV 542 (kurz zuvor entstanden) ist vermutlich für Puchberg komponiert worden. Vielleicht hat die Zahl drei hier eine besondere Bedeutung? Für mich von KV 563 am schönsten ist das 2. Thema des ersten Satzes ab Takt 26 - das könnte ich endlos hören. Eine der wenigen wirklich freudvollen Stellen in Mozarts "Spätwerk" - obwohl auch hier wieder so eine Sehnsucht durchschimmert.

    Mozart hat das Werk auf seine Berlinreise mitgenommen und ließ es am 16. April 1789 in Dresden spielen: [...] ich gab bei dieser kleinen Musik das Trio welches ich Hr. v. Puchberg schrieb, - es wurde so ganz hörbar executirt. Ein knappes Jahr später wird es wieder gespielt: Morgen freytag hat mich graf Hadick gebeten ihm des Stadlers Quintett, und das Trio so ich für Sie geschrieben, hören zu machen, ich bin so frey Sie dazu einzuladen; [...].

    Vielleicht ist Mozart durch seine Bearbeitungen der Bachfugen für Streichtrio auf die Idee zu diesem Werk gekommen? Jedenfalls liess er einen früheren Versuch in G-Dur KV 562e nach 100 Takten (vollständiger Exposition also) liegen...

    Hubert Unverricht fasst zu KV 563 zusammen:

    [...] An Größe, Geschlossenheit und Ausdruckskraft kommt kein Streichtrio des 18. Jahrhunderts diesem Werk Mozarts gleich [...] In diesem seine Zeit überragenden Werk ist genial alles zusammengefaßt, was bis dahin im Streichtrio als Sonderbildungen entstanden war; und in nuce ist vorwegnehmend bereits vorhanden, was erst in späteren Trios wirksam werden sollte. Zum Beispiel knüpft der junge Beethoven mit seinem ebenfalls in Es-Dur komponierten Streichtrio op. 3 unmittelbar an.

    Mozart selbst bezeichnet das Werk einerseits als Divertimento, was fraglos richtig ist, denn der Aufbau spricht ganz dafür: 6 Sätze, darunter 2 Menuette und 2 langsame Sätze, umschlossen von zwei schnellen Sätzen. Es ist aber reinste Kammermusik, keine belustigende Freiluftmusik - wie für Divertimenti dieser Zeit üblich. Somit ist es durchaus schlüssig, wenn Mozart umschwenkt und das Werk fortan als Trio bezeichnet. Aber es wird wohl eine großartige Mischform bleiben.

    Das vollendetste, feinste Trio, das je in dieser Welt hörbar geworden ist, meint Alfred Einstein