01 - Clavierkonzert KV 482 Es-Dur: Einspielungen (opi)

    • Offizieller Beitrag

    Arthur Schoonderwoerd
    Ensemble Cristofori

    Volume V - im 6. Jahr befindet sich dieses Projekt nun schon; begeistert von den teils zarten und zerbrechlichen Klängen in 482 habe ich keine Sekunde daran gedacht, daß das Orchester rein solistisch besetzt ist. Die „Harmoniemusik“ im Menuett des Finales verzückt mich maßlos... jedes Instrument ist absolut rein zu hören, jeder Ton bringt eine Faser meines Körpers zum vibrieren. Auch das wichtige und klanggebende Fagott ist häufig schön deutlich. Der zweite Satz mit seinen Synkopen und den tiefen Trillern in den Streichern ist einfach abgöttisch...

    Insgesamt würde ich auch zu behaupten wagen, freimaurerische Aspekte/Klänge zu hören, ohne diese näher definieren zu können; allerdings: die Tonart Es-Dur steht natürlich in gewisser Weise dafür. Die Zahl „drei“ (dreimaliger Akkord in der Zauberflöte, drei Damen, drei Knaben...) spielt möglicher Weise eine nicht untergeordnete Rolle dabei: drei ♭'s für das Es-Dur-Konzert 482, drei #e beim folgenden A-Dur Konzert und wiederum drei ♭'s beim (ebenfalls auf dieser CD enthaltenen) c-moll-Konzert 491 und per summa eben drei Konzerte, die (jeweils separat) in drei Akademien der Fastenzeit 85/86 erklangen... (genauer datiert ist wohl keines). Chronologisch folgen dem Es-Dur-Konzert die Freimaurer-Lieder mit dreistimmigem Chor und Orgel „Zerfließet heut', geliebte Brüder...“ 483 und „Ihr unsre neuen Leiter“ 484; unmittelbar voraus geht die Maurerische Trauermusik c-moll 477 und inzwischen entstehen jede Menge unvollendet gebliebene Kammermusikentwürfe für die klassische Freimaurerbesetzung mit Clarinette(n) und Bassetthörnern. Auch, daß in 482 erstmals in Mozarts Clavierkonzerten Clarinetten zu hören sind, spricht für meine These. Mozarts freimaurerische Aktivitäten sind jedenfalls zwischen September 1785 und Frühjahr 1786 auf ihrem Höhepunkt und die sonst bei Mozart seltene Tonart c-moll hat 1784/85 auch gewisse Häufigkeiten: 453a, 457, (469), 475, 477, 491. Die beiden Konzerte 482 und 491 (dieser CD) sind Inversionen ihrer selbst - und so erfahre ich sie hier auch; daraus ließe sich mit ganz, ganz wenig Fantasie ein Freimaurersymbol zeichnen:


    In welchen Kontext man das A-Dur-Konzert mit dem tödlichen Mittelsatz als Zentralgestirn noch bringen könnte, darüber schweige ich jetzt.

    Humbug oder nicht, egal, es macht Spaß. Wer mag: 491 ./. 482 = 9 = 3*3 :D Natürlich konnte Mozart das nicht ahnen, aber... bezogen auf sein eigenes Verzeichnis ist 491 der 35. Eintrag und 482 der 30. (eigentlich 31te, weil ihm gerade bei 482 der evidente Fehler passiert: 30 war bereits die zuvor eingetragene Es-Dur-Sonate 481, die Nummer ist also doppelt vergeben). Wenn da mal nicht doch tieferes dahinter steckt... ;)

    Den freimaurerischen Aspekt hatte Schoonderwoerd bereits bei den Konzerten 466 und 467 vermutet. Da ich das Booklet zur vorliegenden Ausgabe nicht kenne, würde mich Interessieren, ob Arthur auf diesen Zug erneut aufgesprungen ist?

    Hervorzuheben ist natürlich die korrekte Ausführung der kurzen Vorschläge, die besonders in 482/2 und der Konzertarie 505 zu einem völlig neuen Hörerlebnis führt; bei den Bläsern hört man manchmal ungläubiges „etwa so?“. In beiden Finalsätzen (482/491) habe ich den Eindruck, daß Arthur mehr Drive bietet als in den vorherigen Produktionen, Beethoven inkludiert; es wirkt keineswegs gehetzt, aber doch ungewohnt schnell. 482/3 erinnert mich hier besonders an die Scene im Film „Amadeus“, bei der das Clavier mal eben schnell von ein paar Seppeln mit Hut über die Straße getragen wird...

    Zu beiden Konzerten sind keine Cadenzen Mozarts überliefert; wie üblich übernimmt King Arthur of Besançon den Part des Komponisten auf seine besondere Art und Weise :)

    Nicht nur klangtechnisch (Gray ist viel besser als die zu hallige Kirche in Besançon) die für mich bislang beste Platte aus dieser Edition... :love: - so ein Mittelding zwischen zelebriert und einfach nur gelebt. 482 avanciert in dieser Einspielung zu einem meiner Lieblingskonzerte neben 503 und 537.

  • Einmal mehr schöne, interessante Worte und gekonnt sich-gerade-nicht-ZU-weit-aus-dem-Fenster-lehn-Theorien Ulli, danke! Dem bleibt meinerseits (auch abzüglich meiner üblichen Wortkargheit) nicht viel hinzuzufügen.

    Zu den freimaurerischen Aspekten:

    dreimaliger Akkord in der Zauberflöte


    Diese drei Akkorde bietet der erste Satz des Es-Dur Konzertes - etwas vereinfacht betrachtet - ebenfalls!

    Zur Interpretation und zum Klang

    begeistert von den teils zarten und zerbrechlichen Klängen in 482 habe ich keine Sekunde daran gedacht, daß das Orchester rein solistisch besetzt ist.

    die korrekte Ausführung der kurzen Vorschläge, die besonders in 482/2 und der Konzertarie 505 zu einem völlig neuen Hörerlebnis führt


    Das geht mir einerseits ganz genau so - aber ich möchte für meinen Eindruck gerade das Vergessen der Andersartigkeit der Aufnahme betonen: Diese Interpretation bricht ja erneut quasi mit allen Hörgewohnheiten, die man zu diesen Konzerten hat. Trotzdem fällt mir diese Andersartigkeit gerade nicht so recht auf beim Hören - weil es sich einfach "richtig" anhört!

    ...das könnte allerdings auch mit hieran liegen:

    habe ich den Eindruck, daß Arthur mehr Drive bietet als in den vorherigen Produktionen

    Ich muss nämlich sagen, dass mich dieses Mal zum ersten Mal die CD (auf CD-Art und Weise) genau so packt, wie das zugehörige Live-Erlebnis in Besançon Gray; bisher bestand da für mich immer eine gewisse Diskrepanz zwischen Konzert-Erlebnis und zugehöriger CD (was nicht heißt, dass die bisherigen CDs mich nicht begeistert hätten)!

    Folglich unterschreibe ich gerne:

    die für mich bislang beste Platte aus dieser Edition...

    482 avanciert in dieser Einspielung zu einem meiner Lieblingskonzerte


    Letzteres stand für mich allerdings auch vorher schon fest. Mit seinen tollen Klangfarben, seiner Breite an Gefühlsausdruck, den für Mozart ungewöhnlich langen und breiten Melodielinien im ersten Satz, dem herrlichen Trugschluss im ersten Satz, der schönsten mir bekannten Coda der gesamten Musikliteratur (zweiter Satz) und und und... ist KV 482 schon länger mein geheimer Liebling unter Mozarts Konzerten - sofern man da eine Wahl treffen kann.

    "erhaben, schön, alles was sie wollen – allein – zu übertrieben schwülstig für meine feinen ohren"
    W. A. Mozart (28.12.1782)

    • Offizieller Beitrag

    Diese drei Akkorde bietet der erste Satz des Es-Dur Konzertes - etwas vereinfacht betrachtet - ebenfalls!


    Das wäre mir - in Deinem Sinne - schon wieder einen Schritt zu weit; die Punktierte Achtel würde mich da irritieren und die Rhythmusgruppe als solche betrachtet wird nur einmal wiederholt (also zweimal gespielt).

    Zitat

    Trotzdem fällt mir diese Andersartigkeit gerade nicht so recht auf beim Hören - weil es sich einfach "richtig" anhört!


    Vielleicht auch ein Trugschluss - oder ging es Dir in Gray (live) auch schon so? Ich habe inzwischen alle Werke „richtig“ im Ohr und schrecke eher auf, wenn ich es tatsächlich einmal so höre, wie ich es mir denke :)

    Zitat

    Ich muss nämlich sagen, dass mich dieses Mal zum ersten Mal die CD (auf CD-Art und Weise) genau so packt, wie das zugehörige Live-Erlebnis in Besançon Gray


    Nicht, daß es bei mir vorher anders herum gewesen wäre, aber hier gefällt mir als Geniuslocipath erstmals die CD besser als das Konzert.

  • Guten Tag

    Kristian Bezuidenhout (Hammerklavier), Freiburger Barockorchester ( 2012 )

    Das tranzparente, etwas größer besetzte FBO und das schöne Zusammenspiel mit dem feinfühligen Bezuidenhout, der auch einige ungewohnte Verzierungen einfügt, gefällt mir sehr.


    Gruß :wink:

    aus der Kurpfalz

    Bernhard

    «Es ist wurscht, ob das jemand versteht, aber es muss gesagt werden» (Samuel Beckett)