op. 48: Dichterliebe (1840): Einspielungen (omi)

  • Jung dynamisch, was kann der eigentlich nicht singen, ein Pardebeispiel für die Sänger aus den letzten Jahren !

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

  • Da war ich 2 Tage bei der Aufnahme in der Festeburgkirche am 6.u.7.May 2010 dabei, das war für mich eine wundervolle Erfahrung in Sachen Einspielung, und dadurch ist es natürlich eine bevorzugte Aufnahme für mich, reicht aber nicht ganz an Gerhaher heran, da fehlt so das letzte Quetschen am Ausdruck!

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

  • Das ist sehr schön gesungen, noch sehr unbekümmert, und doch dringt bei der Interpretation hier und da ein Aha Erlebnis an die Ohren und man denkt, muss ich nochmal hören !!!

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

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    Großer Gott, ich hasse das Forum; dachte, ich hätte genug Dichterlieben; aber nun fehlen wenigstens Gerhaher und Behle ... aufhören!!!

  • Ich weiß gar nicht, was du hast - "fehlen" tut gar nichts... *hä*
    jd :wink:

    Doch doch Yorick, Behle und Gerhaher ist schon Pflicht, :thumbup: nicht nur FiDi und Sch. ! *lol*

    LG palestrina

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

    • Offizieller Beitrag

    Doch doch Yorick, Behle und Gerhaher ist schon Pflicht, :thumbup: nicht nur FiDi und Sch. ! *lol*

    LG palestrina


    Gott sei Dank hat Spotify beide im Programm. :jubel:

    • Offizieller Beitrag

    Es ist eigentlich kaum zu glauben, dass ich diese Scheibe noch nicht habe.

    Ist Wunderlich ein guter Liedsänger? Was macht einen solchen aus? Neben der wunderschönen Stimme auch eine besonderer Gestaltungswille? Schwer zu sagen. Stellenweise hat man das Gefühl, der Fritz singe einfach zu schön und hin und wieder über Brüche hinweg, denn so ein lyrisches Intermezzo ist dennoch tragisch genug für kleine Verzweiflungen. Dann aber bei "Ich grolle nicht" hört man schon das "mehr", das ich von einem großen Liedsänger erwarte. Alles in allem eine traumhafte Stimme mit einer Begleitung durch Giesen, die sich im Klavierpart wirklich voll und ganz der fließenden traumwandlerischen Schönheit Wunderlichs anpasst. Aber ist jener nun für die Entwicklung zum Liedinterpreten mit eigenem Charakter zu früh gestorben oder ist das keine Frage des Alters? Die alten bösen Lieder jedenfalls sind lang nicht böse genug ...

    • Offizieller Beitrag

    Man kann sicher immer streiten beim Liedgesang, ob Gerhaher nun wieder zu viel gestaltet; zwischen Verletzlichkeit und artifiziellem Spiel. Ich höre hier eine starke Interpretation, die sängerisch UND interpretatorisch überzeugt; wobei ich bei Letzterem meine, ich spüre die Intention des Sängers, auch wenn ich die nicht in jedem Lied, jeder Strophe, jeder Zeile teile. Ich bin geneigt, Gerhaher an Fidi und Schreier vorbeiziehen zu lassen.

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    op. 48: Dichterliebe (1840): Einspielungen (omi)
    Peter Schreier, Norman Shetler, 1972/74

    op. 48: Dichterliebe (1840): Einspielungen (omi)
    Peter Schreier, Christoph Eschenbach, 1990

    Ich bin mir recht sicher, dass ungeübte Ohren die beiden Einspielungen kaum voneinander unterscheiden können werden. Weder Peter Schreiers Stimme noch seine Gestaltungsbemühungen haben sich in den knapp 20 Jahren wesentlich verändert. Das könnte man natürlich so und so deuten; ich sehe darin, in dieser Kontinuität und kaum spürbaren Verfeinerung, ein Markenzeichen, eine qualitative Konstanz, die nicht vielen Sängern dieses Niveaus eignet. Die geringfügigen Zeitunterschiede sagen hierbei wenig aus, die Unterschiede sind diffiziler.

    In der früheren und mir persönlich insgeamt lieberen Aufnahme spürt man beim Liedinterpreten einen größeren und damit auch hörbareren Willen zur prononcierten Gestaltung, ohne dass deshalb wie beim späten Fischer-Dieskau das Sängerische Schaden nähme, sondern ganz im Gegenteil wird überall versucht, jede Klippe sängerisch zu lösen. Genau das gleiche Herangehen mag man auch für die jüngere Deutung annehmen, aber dort geschieht alle mehr wie nebenher, wie selbstverständlich und unbeabsichtigt; was im Grunde die höherwertigere Methode wäre, wenn man eben dieses Unabsichtliche nicht ein ganz klein wenig als eben doch absichtlich empfände.

    Zu diesem Eindruck trägt der "Begleiter" Christoph Eschenbach nicht unwesentlich bei, da er eben nicht nur Begleiter, sondern allzu oft ohrenfälliger Gestalter sein will und stellenweise das Geschehen an sich reißt und den Sänger überdeckt. Meine These, dass genuine Pianisten nicht die optimalen Liedbegleiter sind, sehe ich hier zumindest bestätigt; Shetler agiert meines Erachtens organischer und zurückhaltender, auch wenn er gleichfalls nicht ganz frei ist von Eigenmächtigkeiten, meist aber in den Teilen ohne Stimme, etwa Schlusssequenzen.

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    Concert of the Century: Celebrating the 85th Anniversary of Carnegie Hall
    CD 2

    Natürlich spürt man hier schon den Atem der Musikgeschichte in den Nacken, wandelt einen etwas an, Blässe und Röte im Gesicht spürt man die Besonderheit und Einzigartigkeit des historischen Moments; wenn zwei Giganten der Solistenwelt aufeinandertreffen; einer der wichtigsten Pianisten des Jahrhunderts und der seinerzeit wahrscheinlich unstrittig bedeutendste Liedsänger des Säkulums. Nun gibt es unzählige Aufnahmen der "Dichterliebe"; sehr viele gute, viele sehr gute und von Fidi selbst mehrere und davon praktisch alle hervorragend. Diese Liveeinspielung gehört ganz sicher nicht dazu!

    Das beginnt mit einer Akustik, die gewöhnungsbedürftig und meinen Ohren nicht angenehm ist; die Carnegie Hall ist zu groß für den intimen Liederabend; zudem standen die Mikrophone wohl nicht so günstig; denn die räumlichen Schwankungen sind enorm, so dass man Klavier und Stimme oft rochieren hört. Überhaupt klingt Horowitzens Instrument irgendwie unpassend, mit zu viel Hall und Nachklang; zu fett und vibrierend in den Höhen. Der Sänger braucht ohrenkundig einige Zeit, ehe er sich eingelebt hat in den Zyklus und wird von Lied zu Lied besser; besonders die leiseren Passagen der letzten Lieder gelingen ihm wieder besser; während er zu Beginn, wahrscheinlich dem unermesslichen Raum um ihn herum geschuldet, zu dick aufträgt und mit zu viel Anstrengung deklamierend auch zu laut und gepresst singt. Die richtige Mischung finden erst die "Alten bösen Lieder"; aber da ist das Ganze auch schon vorbei.

    Horowitz versucht das Beste, aber Klavierbegleitung wird einem nicht angeboren, die setzt jahre- und jahrzehntelange Praxis und dienendes Einfühlungsvermögen voraus; das kann so auf die Schnelle und praktisch einmal im Leben natürlich nicht funktionieren. Man hört das sehr schön beim neunten Lied "Das ist ein Flöten und Geigen", das immer ein Gradmesser dafür ist, ob beide Partner gut miteinander harmonieren; denn der Klavierpart lädt hier in seinem suggestiven Rhythmus immer wieder zum Ausbrechen und zur Verfolgung nur der eigenen Linie geradezu ein und genau so passiert es hier natürlich. Keine missratene Aufführung also; und ganz bestimmt als gesellschaftliches Ereignis ein Höhepunkt in New York, aber ganz gewiss keine künstlerisch überragende Leistung.

  • Da kann man dir nur zustimmen, als ich die CD zum erstenmal hörte, dachte ich „ Mon dieu haut der Horowitz in die Tasten, gibt er jetzt ein Solo Recital und hat vergessen das FiDi neben ihm steht und singt! *lol*

    LG palestrina

    Nur so nebenbei, das Concerto von Bach für 2 Violinen und Orchester mit Stern und Menuhin, ich bin ja nicht der große Bach Kenner, aber das berührt mich immer wieder, obwohl nur Omi ! :jubel: Habe ich jetzt arg daneben gegriffen? *hide*

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

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    CD 1

    Eine der Scheiben für die sprichwörtliche Insel! Und zwar aus drei Gründen: Die CD enthält die zwei schönsten Zyklen Robert Schumanns; Fidi ist mit kongenialem Partner auf der Höhe seiner Kunst und die Klangtechnik lässt nichts zu wünschen übrig. Tatsächlich hält der Kaiser aller Sänger genau die Waage zwischen dem unbeschwerten Gesang der ganz frühen Jahre und der überartikulierten Deklamation der ganz späten; seine Stimme ist noch nicht brüchig wie Mitte der 80-er mit Brendel. Eine meisterhafte Diktion für jedes einzelne Lied lässt sich klar beobachten, heraushören; das ist alles genau durchdacht, zu genau vielleicht manchmal für unschuldiges Musizieren, aber das gibt es eben auch nicht.

    Besonders gelungen die feine Ironie wie in der 11, zarteste Kantilenen ohne Schmalz in der 12 darauf; geballte und doch nicht zu forcierte Kraft in der abschließenden 16. Und als Höhepunkt und absolute Gratwanderung der Interpretation "Ich hab' im Traum geweinet", wo man sich für Stillstand und das Ende aller Musik zu entscheiden scheint; mutig, mutig; und wahrscheinlich zu viel des Guten. Eschenbach begleitet vorzüglich, dient; unterstreicht, unterstützt und hat dann seine große Stunde im Ausklang der alten bösen Lieder, dem Solostück, das ihm in seiner verhalten-selbstbewussten Mischung aus Impromptu und tatsächlichem Zyklusabschluss sehr gut gelingt.

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    CD 6

    Seit die beiden Boxen mit den frühen Aufnahmen erschienen sind, kommt uns der junge Fidi wieder vor die Ohren, wie er sich selbst später gar nicht mehr hören mochte; weil er seine damaligen Interpretationen als zu gefühlig empfand. Wir Späteren nun hören angesichts seines Spätwerkes aber eher und gehäuft den Vorwurf der zu analytischen, zu intellektuellen, überartikulierten Deutung; zu viel Wille zur artifiziellen Gestaltung und zu wenig unschuldiges Lied. Wer wie ich mit den letzten Aufnahmen aufgewachsen ist, hört demnach diese ersten frühen mit ganz eigenem Interesse und geradezu erstaunt. Fidi sing schlicht und zutiefst menschlich, folgt der Melodie und betört tatsächlich mit seiner wunderschönen ausgewogenen Stimme, dunkel und warm im Grundton.

    Das geht aber über die ersten Lieder des Zyklus ein wenig widerstandslos hinweg und ich fragte mich schon, ob das nun wirklich schon alles ist! "Im Rhein, im heiligen Strome" wird hier fast zur Schmonzette; das geht eigentlich gar nicht; "Ich grolle nicht" bestätigt im Gegensatz zu späteren ironisch-böseren Lesarten genau den Textsinn, den zu bezweifeln man aber Grund genug hat! Da wird auch die so wichtige 11 eher als launige Bestandsaufahme denn als bitter-ironisches Weltbild genommen; aber wer sagt mir, dass der frühe Fidi hier nicht richtiger läge? Die letzten fünf Lieder dann leuchten bereits den mittleren und späteren Sänger aus, der sich mit Kopf, Stimme und Herz dem deutschen Kunstlied verschrieben hat; die Balance zwischen diesen Polen stimmt hier schon. Morre ist ein kongenialer Begleiter, der ausschließlich dient und sich selbst in den Solopartien (zu viel?) zurücknimmt.

    • Offizieller Beitrag

    Diese Aufnahme ist eine Tragödie, eine Tragödie biblischen, shakespearschen Ausmaßes; Dokument eines gewaltigen und letztlich notwendigen und überfälligen Scheiterns; eines menschlichen, künstlerischen, interpretatorischen Schiffbruchs, an dessen Ende seltsamerweise dennoch ein ernstzunehmendes Kunstwerk steht. Fidis Stimme ist den Anforderungen des Zyklus an keiner Stelle mehr gewachsen; viel zu leise, zu angestrengt, bemüht, gepresst klingt das allüberall; es fehlt der Druck für die expressiven Stellen, die Zartheit für die lyrischen; die Farbe, die Sangeskultur; da ist nur noch mattes und zuweilen klägliches Deklamieren, in der 7 wird das alles symbolisch ohrenfällig; die 11 hörte sich so wie ihre eigene Parodie an, wenn man sich nicht des Versagens bewusst wäre; und als der leuchtende Sommermorgen nur noch matt nicht einmal schimmerte, wolle ich eigentlich aussteigen. Nein, hier wurde der Absprung verpasst und es passt sich der Pianist sogar an, denn schwächer habe ich etwa die Klavierbegleitung in der 9 noch nie gehört. Was nun aber in der "Winterreise" mit Brendel noch anging, weil es sich deutend zur Intention gesellte; die brüchige kaputte Stimme; das will und kann hier nicht mehr überzeugen; auch wenn die altersgreise Wendung zur Agonie schon auch ihren Reiz hat.

    • Offizieller Beitrag

    Olaf Bär hat wie immer, so auch hier ein sicheres Gefühl für Schumann !

    Eine sehr schöne Aufnahme, die sich schon von anderen unterscheidet vor allem durch Bärs Stimme. Sie ist zart, sanft und (damals) dennoch groß und mit Volumen. Man spricht ja von Olaf Bärs kontrolliertem Vibrato, da werden die Meinungen sicher auseinandergehen; ich höre das hier im Zyklus von Lied zu Lied verschieden, nicht immer wirklich glücklich. Die Artikulation erfolgt vollmundig nach vorne zu (weiß nicht, wie ich das formulieren soll) und beinahe auch operngestisch wie beim Grollen. Ganz ohne Affekte und Manierismen geht das auch bei ihm nicht ab, aber alles in Maßen. Prinzipiell fällt mir noch die eigenartige Akustik auf, die mit der Stellung von Sänger und Klavier samt Pianisten zu tun haben muss. Da ist nicht einfach zu viel Hall; das klingt manchmal einfach danach, als wären beide zu weit entfernt voneinander.

    • Offizieller Beitrag

    Da war ich 2 Tage bei der Aufnahme in der Festeburgkirche am 6.u.7.May 2010 dabei, das war für mich eine wundervolle Erfahrung in Sachen Einspielung, und dadurch ist es natürlich eine bevorzugte Aufnahme für mich, reicht aber nicht ganz an Gerhaher heran, da fehlt so das letzte Quetschen am Ausdruck!


    Bin eben beim Hören wirklich angetan bis begeistert! Als "fidi-geschädigter" Liedhörer staunt man immer wieder, was eine schlichte schöne Stimme voller Anmut, Wärme und Liebreiz vermag, ohne augenscheinlich irgendwas zu wollen, eine bestimmte Intention zu verfolgen. Bei den forcierteren Liedern freilich wird es arg knapp, da reicht es tatsächlich nicht wirklich für den Olymp.

    "Wenn man sich nur das Urteilen abgewöhnen könnte, dieses dilettantische Verfälschen der Dinge! Wir wollen immer verstanden werden und sind selber unerbittlich verständnislos." (Verdi bei Franz Werfel)