- Offizieller Beitrag
Wie angekündigt, habe ich die jeweils ersten Sätze der Sonate G-Dur D894 der nachfolgend aufgeführten Einspielungen vergleichsgehört; ich selbst veranschlage für den Kopfsatz „Molto moderato e cantabile“ runde 20 Minuten Spiel-/Hördauer. Diesem Wunsch wurde keine der ehörten Aufnahmen gerecht (bitte keine omi-Alternativen hier posten!), nichtsdestotrotz*:
Malcom Bilson
Fortepiano Gottlieb Hafner, Wien c1830
Dauer: 11:52 (Teil I: 4:39 – Teil II 7:13)
Gefühltes Tempo: Andante con moto
Wiederholung Teil I: nein!
Das klangschöne Instrument wurde schön trocken eingefangen; kein (Nach-) Hall, der nervt und das Hörvergnügen schmälert. Das anfängliche cantabile verliert sich hier recht schnell, Bilson spielt selten legato und hält sich nicht an die Pausen z.B. zwischen den Takten zwei und drei – hier hält er den Akkord bewusst aus. In der Durchführung (Teil II) beginnt er vorbehaltlos zu das Tempo zu treiben, die Sechzehntel verkommen fast zu Vorschlägen.
Howard Shelley
Fortepiano Johann Fritz, Wien 1814
Dauer: 11:15 (Teil I: 4:26 – Teil II: 6:49)
Gefühltes Tempo: Andante con moto e delicatezza
Wiederholung Teil I: nein!
Die Aufnahme klingt etwas frischer, auch hier ohne größeren Nachhall. Was treibt die Interpreten an, den ersten Teil nicht zu wiederholen und so durch das Werk zu rasen? Die versuchten Steigerungen wirken bei solch einem Tempo sehr lächerlich. Die Pausen werden bei Shelley etwas ernster genommen, dennoch gefällt mir diese – von den vier gehörten kürzeste – Einspielung am wenigsten: klingt ziemlich dahingeworfen, emotionslos, ohne Verständnis und Gefühl für Schuberts Klang- und Zeitflächen.
Peter Waldner
Fortepiano Jacob Bersche, Wien 1815
Dauer: 13:09 (Teil I: 3:35 (3:35) – Teil II 5:59)
Gefühltes Tempo: Allegretto ma non troppo
Wiederholung Teil I: jein!
Offenbar muß man den Satz noch schneller spielen, wenn man sich ausnahmsweise herablässt, die Wiederholung des ersten Teils zu spielen; die „Wiederholung“ ist genau zeitgleich und lässt eine Einszueinskopie vermuten. Vom legato (z.B. Takt 8 ) hält Waldner nicht viel … klingt ebenso platt und emotionslos wie Shelley und nach dem Vorspiel eines genervten Klavierschülers, der endlich fertig werden will; kurzum: die Waldnerplatte hat andere Meriten.
Paul Badura-Skoda
Fortepiano Conrad Graf op. 1118, Wien 1826
Dauer: 16:50 (Teil I: 4:33 (4:33) – Teil II: 7:44)
Gefühltes Tempo: (Andante) moderato e cantabile
Wiederholung: jein!
Was für ein Unterschied! Sehr differenzierte Lautstärkeabstufungen, die sogleich ins Ohr fallen. Das klingt sehr aufmerksam und nah am Notentext interpretiert: legato, nonlegato, tenuto, crescendo, diminuendo, sforzato … allerdings lassen die Zeiten auch hier den Rückschluss zu, daß die Wiederholung des ersten Teils einfach nur kopiert wurde, entsprechend klingt es auch weniger organisch, als ich mir dies wünschte: die Wiederholung darf schon ruhig etwas anders, bedeutender, klingen als der erste Durchlauf.
Fazit: Für mich noch einen Tick zu schnell, aber Badura-Skoda macht vorläufig das „Rennen“ ... dennoch bin ich insgesamt maßlos enttäuscht. Ich schreib's nochmal, auch wenn es fett oben auf der Sonate steht:
Molto moderato e cantabile.
Bitte ...
*ja, Max, das zählt nunmal zu meinen Lieblingsworten