EROICA — Der Wohltemperierte Adventskalender 2016

    • Offizieller Beitrag

    Der EROICA wohltemperierte Adventskalender™ ist hiermit offiziell eröffnet.

    Ich bitte, für jeden Tag genau einen Beitrag einzustellen mit einer normierten Überschrift (siehe mein Beispiel vom 1.12.).

    Diskussionen und Kommentare bitte nicht hier, sondern im gesonderten Diskussionsthread.

    Lucius Travinius Potellus
    Those who would give up essential Liberty, to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety. (B.Franklin)

    • Offizieller Beitrag

    Wie versprochen mache ich den Anfang, um uns die Wartezeit bis zum heiligen Abend zu verkürzen.

    Dann beginne ich mal mit etwas Persönlichem, der eine oder die andere hat das vielleicht schon mal in anderen Foren so oder so ähnlich gelesen, weil ich es schon mal auf Nachfrage erzählt habe.

    Meine persönliche Epiphanie, oder wie ich vom (halbwegs) "normalen" Jugendlichen zum ausgegrenzten Klassikhörer wurde…

    Meine musikalische Sozialisierung ist im Rückblick ein Fall für das Jugendamt: meine Mutter liebte Schlagersender (den, der später WDR4 wurde), hörte UDO '77, Roland Kaiser und Howard Carpendale...

    Mein Großvater väterlicherseits hingegen, seines Zeichens Professor für angewandte Mathematik und Infenetisimalrechnung in Braunschweig, hat mir offenbar mehr als die Begabung zur Mathematik vererbt. Nebenbei spielte er mit Leidenschaft und Qualität Klavier, begleitete Lieder und hat einiges komponiert — allerdings in einem atonalen Stil, der mir mein Leben lang fremd geblieben ist.

    Zu der Zeit zwischen 10 und 14 Jahren nahm ich Unterricht in der elektronischen Orgel. Furchtbar. Tut das Euren Kindern nicht an (gibt es das überhaupt noch?).
    Auch da gab es vor allem Schlager. Das machte mich bald nicht mehr glücklich. Ich habe dann angefangen, mal nach Klassischen Noten zu schauen, ohne, dass ich mich damit wirklich auskannte oder Anleitung hatte.
    Der Lehrer bemerkte das und verwies mich eher an Klavierunterricht, wo ich meine ersten Kontakte mit Bach, Beethoven, Mozart, Haydn und Reger hatte.

    Von meinen Eltern bekam ich zwei Schallplatten: eine mit Haydn-Symphonien (Hob.I:94 und 103, bis heute meine Favoriten, sowie drei Brandenburgische Konzerte).

    Außerdem hatte Meerbusch damals eine sehr aktive Musikschule, und den vier Leitern der damaligen Epoche bin ich heute noch in tiefer Zuneigung und Dankbarkeit verbunden. Walter — wenn Du das hier liest: vor allem DU bist gemeint... :love: Warst mir in der Zeit mehr ein Vater als meine eigenen Eltern, und was ich über Musik, Toleranz und Miteinander gelernt habe, verdanke ich zu großen Teilen Dir und dem Team.

    In den 80ern, es muss so 84 gewesen sein, erschien dann eine Serie auf dem Markt: Die großen Komponisten und ihre Musik.
    Ich war neugierig, allerdings überstieg das mein taschengeldtechnisches Potenzial; es gab sie zweimal im Monat, und ich meine mich zu erinnern, dass sie damals schon bei deutlich über DM 10,-- lagen.
    Meine Eltern haben das dann unterstützt: ein Heft musste ich vom Taschengeld kaufen, eines kauften meine Eltern. Das war immer mein Ritual: hin zum Kiosk im Dorf, der das Heft extra für mich besorgte, ab nach Hause und die nächsten vierzehn Tage dir MC rauf und runter hören.
    Da war es passiert: ich war entflammt. *deibel*

    Seitdem gab es keinen Pop, keine Schlager und keinen Rock mehr für mich; — nur noch Klassik. Heft für Heft erforschte ich eine für mich neue Welt.

    Sicher, heute würde ich mir beinahe keine der Aufnahmen mehr anhören, die MCs sind auch schon lange unhörbar geworden. Aber sie haben mir eine Leidenschaft geweckt, die mich in den letzten 30 Jahren nicht mehr losgelassen hat.

    In der Schule hat das mein Leben erschwert, aber ich empfinde mein Leben insgesamt als bereichert.

    Ach ja — kurz nach dem Start der Serie begann ich, Fagott zu spielen, spielte in vielen Ensembles und (Jugend-)Orchestern, hatte Wettbewerbe und Konzertreisen und eine phantastische Zeit.

    Zum Gedenken an dieses Ereignis möchte ich an das erste Heft der Serie erinnern: Beethovens 5.Symphonie op.67 c-moll.

    Es spielte das Boston-Symphony-Orchestra unter der Leitung von R.Kubelik.

    Am 1.Dezember gedenke ich als des Anfangs meiner Sucht mit Heft 1 der großen Komponisten mit Beethovens c-moll-Symphonie. (Falls es noch nicht jeder bemerkt hat...)

    Zum Abschluss noch der erste Satz der Symphonie unter ebendiesem (allerdings mit dem Philharmonia Orchestra):

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    • Offizieller Beitrag

    Da sich kein Freiwilliger für den 2.12. fand, springe ich noch einmal ein.

    Heute vor 139 Jahren, am 2.Dezember 1877 wurde in Weimar eine französische Oper uraufgeführt: Samson et Dalila, op.47 von Camille Saint-Saëns, Libretto von Ferdinand Lemaire.

    Ich gebe zu, Oper ist nicht so ganz mein Metier, aber ich nutze die Gelegenheit, dieses großen französischen Komponisten zu gedenken, der mich an vielen Stationen meines Lebens begleitete.
    Ende der 80er Jahre, mit fortschreitendem Fagott-Unterricht, hatte ich die Ehre, seine Fagottsonate op.168 zu spielen (übrigens auch mit schönen Passagen in Des-Dur...).

    Bereits in der Unterstufe im Musikunterricht erarbeiteten wir uns seinen Karneval der Tiere, der auch eines der ersten Konzerte des Meerbuscher Jugendsinfonieorchesters war, das ich hörte, als ich beschloss, ich müsse mehr üben, weil ich auch in dieses Orchester wollte. Hat geklappt. (Später durfte ich unter anderem Fagott I in Beethovens Fünfter spielen, derer ich gestern gedachte).
    Später habe ich mich in seine Orgelsinfonie verliebt. Ich hatte in meinen letzten Schuljahren einen Walkman und habe eine ganze Weile lang die Sinfonie bei allen Gelegenheiten, Busfahrten, Bahnfahrten, Intervall und was nicht alles gehört. Bis ich sie mitsingen konnte.

    Irgendwie ist er heute in meinem Hörverhalten fast etwas untergegangen, aber solche Tage wie heute sind immer wieder geeignet, sich an Dinge zu erinnern, die einem persönlich etwas bedeuten.

    Auch eine Oper zählt zum Œuvre des Meisters, eben die oben erwähnte Oper Samson und Dalila.
    Oper ist nicht so mein Genre, deshalb habe ich tatsächlich Samson und Dalila noch nie komplett gehört, nur einzelne Teile wie das Bacchanal oder einzelne Arien.
    Über die Entstehung der Oper und die Komposition kann man an vielen Stellen etwas nachlesen. Bemerkenswert, dass es angeblich zuerst als Oratorium angedacht war, und erst auf Drängen des Librettisten zur Oper wurde. Die musikalische Anlage mit den Chören und einigen Fugen erinnert bisweilen noch daran. Das fällt in eine Zeit, in der Bach in der Romantik eine gewisse Renaissance erlebte, und dazu passt dann auch, dass Saint-Saëns, ähnlich wie jener, auf ältere Kompositionen zurückgriff und in die Oper integrierte.

    In Frankreich stieß die Oper schon von Anfang an auf Ablehnung; Franz Liszt in Weimar überredete Saint-Saëns unter anderen, die Oper zu vollenden. Allerdings kam es dann nicht zu einer Uraufführung in Frankreich, sondern (in deutscher Sprache!) in Weimar. Vierzehn Jahre sollte es dauern, bis die Oper erstmals in Frankreich, und sogar noch länger, bis sie endlich in Paris aufgeführt wurde. Immerhin: wenn auch spät, gelang ihr auch in Frankreich der Durchbruch.

    Zum Abschluss hören wir noch Maria Callas mit der Arie "Mon cœur s'ouvre à ta voix" in Des-Dur aus dem 2. Akt, mit der es ihr endgültig gelingt, Samson zu verführen, ihm sein Geheimnis zu entlocken, um ihn schließlich seiner Haarpracht beraubt an die Philister zu verraten.

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  • Impressing the Zar hieß vor ca 35 Jahren eine wilde poetische Tanz-Performence/Ballett, die Salvatore Dali hätte kreiert haben können,
    wenn er denn Choreograph gewesen wäre. William Forsythe aber war der geniale Schöpfer dieser Wundertüte mit dem Frankfurter Opernballet.

    Es gab darin eine surreale Szene „The man in the Box“.
    Das war ein aufgedreht absurd-heiteres Stück mit Tiefgang, welches durch die Untermalung des 5. Satzes Presto aus dem cis-moll -Streichquartett op.131 von Beethoven seinen Ritterschlag und Feinschliff bekam.

    Beim Hören des Prestos gerät bei mir bis heute assoziativ eine Erinnerungskette von großer Plastizität ins Rollen… und die besagte Szene läuft vor meinem geistigen Auge ab als sei es vorgestern gewesen.

    Eine Woche lang war das op.131 thematischer Schwerpunkt zur Eröffnung der Konzertsaison 2014 in der Alten Oper Frankfurt (Konzerthaus). Es gab ein Ensemble das dieses Werk vor einer großen Videoinstellations-Wand spielte, welche durch ein computergesteuertes System die Musik colortechnisch architekturisierte, dadurch daß die Instrumente der Quartettspieler verkabelt waren.
    Weiterhin gab es eine erstaunliche Variationsbreite an Interpretationen verschiedener Ensembles. Die radikalste kam vom Hagen Quartett. Bei deren Deutung funkte es geradezu in rythmesierender Abstraktion. Wie die >Eiger Nordwand< hörte ich jemand anschließend kommentieren.

    Dieses Werk ist in seinen 7 Sätzen ein Wunder an gegensätzlicher Charakteristik in Melodik, Ausdruck und Struktur, so daß es eine Intensität, ja eine Wucht entfaltet, die mich jedes Mal beglückt, bereichert, irritiert und fast umhaut.

    Historisch war es so: kaum war das cis-Moll-Quartett im Druck erschienen, löste es die heftigsten ästhetischen Kontroversen aus. Ein Pariser Kritiker nannte es “le dernier effort d?une imagination en delire”, die neueste Leistung einer Einbildungskraft im Delirium! Beethoven war in dieser Schaffensperiode praktisch taub … aber bei jeder Probe zur geplanten Uraufführung dabei.

    Der Geiger Daniel Hope erzählte im Gesprächskonzert in Frankfurt über Beethovens damalige Situation und über den Fakt, daß er die Premiere absagte. Hope erwähnte das Können und den Einsatz des Wiener Primarius Schuppanzigh, der mit seinem Quartett bis auf das op. 131 alle späten Quartette uraufgeführt hatte.

    Beethoven aber war unzufrieden bei den Proben, denn er wollte die sieben Sätze des Quartetts ohne Pause zwischen den Sätzen aufgeführt haben.

    Die damals üblichen Darmseiten machten es selbst einem Schuppanzigh wohl unmöglich, daß diese 40 Minuten lang sauber klangen ohne zwischendurch gestimmt zu werden. LvB war nicht zufrieden zu stellen, es gab keine Premiere. Die Uraufführung gab es erst nach seinem Tode am 5. Juni 1828 in Halberstadt durch das Quartett der Brüder Müller.

    Auf meine Frage welche Beurteilungskriterien Beethoven bei seiner Schwerhörigkeit denn hatte, als es zum Eklat zwischen ihm und Schuppanzigh kam, sprach Hope über Beethovens komplexe Wahrnehmung die er über die Jahre bis zu seiner Taubheit entwickelt hatte. Er beschrieb verschiedene Tricks, die bis zum Hinlegen auf den Holzfußboden reichten, um die Schwingungen während des Musizierens körperlich zu spüren.

    Das monumentale Spätwerk der Streichquartette hat einen ärztlichen Kollegen Zeit seines Lebens dermaßen umgetrieben und fasziniert, daß er über dreißig Jahre neben medizinischen Fachpublikationen mit Energie, Besessenheit und Geduld Recherchen betrieben hat, um über den komplexen musikalischen Sachverhalt, wie die detaillierte Geschichte des Quartettspiels dieser Spätwerke ein zweibändiges, sechshundert Seiten umfassendes Buch zu schreiben:

    Ivan Mahaim (1897-1965).
    Das in Paris 1964 als Privatdruck erschienene Opus entdeckte das La Salle Quartett durch Zufall 1967 in München in einem Antiquariat. Es war bis dahin gänzlich unbekannt, über keinen Verlag erhältlich und in keiner Bibliothek vorhanden. Meine Lieblingsaufnahme des cis-moll Quartetts ist die des La Salle Quartetts. So wie ich ihre Interpretation für meisterhaft halte, so halten die Musiker das Buch von Mahaim für meisterhaft.

    Es ist die Komplexität des 14. Quartetts die ich so liebe. Zunächst scheinen Ernst und intellektuelle Ausrichtung zu überwiegen. Zu Beginn kommt die Adagio-Fuge im Geiste eines an Palestrina und Bach reflektierten Kontrapunktes daher und wirkt getragen, ja schmerzvoll. Doch dann gibt es wundersame Verwandlungen von harmonischer Verwandtschaft zur Missa Solemnis und den Fugen der späten Sonaten op. 109/110 + 111. Es lichtet sich die depressive Stimmung und Humanität flutet durch das nachfolgende Allegro molto vivace, in pastoraler Stimmung. Der 3. Satz hat eine ganz besondere Stellung mit seiner ¼ stündigen Dauer, er ist ein kleines eigenes Werk im großen Werk. Staccato-Akkorde, Unter- und –Oberstimmen verbinden sich zu einer Vielschichtigkeit, die mich an das Hauptthema der „Verklärten Nacht“ von Schönberg erinnert. Mein persönlicher Höhepunkt ist der 5. Satz, dieses Presto, das eigentlich ein Scherzo ist. (auf dem YouTube Video ab Minute 23). Das Thema pocht, schreit und tanzt in bohrend-ver-rückter Manier. Einfach unglaublich, fantastisch. Das abschließende cis-moll-Finale kommt richtig derb daher, als wenn einem der rauhe Wind des Lebens um die Ohren rauscht.

    Beethoven soll gesagt haben, daß sein op. 131 nichts für schlichte Gemüter sei. Vielleicht ist es für das Hineinkommen in dieses außergewöhnliche Meisterwerk in der Tat von Vorteil, den eigenen Irrsinn im Dasein zu (er)kennen oder zu ahnen.

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    Arnulfus

  • D-Dur - was kann man dazu sagen?

    Im Barock die festlichste Tonart (wegen den in D gestimmten Trompeten), passend zu den Feierlichkeiten zu Advent oder Weihnachten. Viele Sätze des Weihnachtsoratoriums erklingen in dieser Tonart und erfüllen den Raum mit ihren würdigen Klängen.

    Bleiben wir doch bei Bach: sein Wohltemperiertes Clavier präsentiert D-Dur in Form von BWV 850, ein irrwitziges Präludium mit einer wachen Fuge:

    BWV 850

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    Doch Bach hat ja noch etwas anderes in D-Dur komponiert - genau: das Magnificat BWV 243... :D Genauer gesagt: die Überarbeitung aus der Zeit um 1730 erklang in D-Dur, die Erstfassung BWV 243a hatte er in Es-Dur ausgeführt. Dieses Loblied Mariens auf den Herrn, welches der Verkündigung folgt, paßt ganz gut zur jetzigen Zeit des Advent. Und so schließe ich ab mit einer hübschen Aufführung einer solchen:

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    Anna Nesyba - Sopran I
    Antonia Bourvé - Sopran II
    Barbara Bräckelmann - Alt
    Johannes Strauß - Tenor
    MonteverdiChor Würzburg
    Monteverdi-Ensemble
    D: Matthias Beckert

    rec. 26.10.2014 (Neubaukirche, Würzburg) live

    Spenden Sie anschließend reichlich durch Klatschen der Hände. Vielen Dank! *opi*


    jd :D

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

  • Hallo Fans des EroicaForums überall in der Welt!

    WIR wissen was uns zusammenhält:
    Nämlich die große d-moll Kompositionskreativitätsvielfalt der Klassikwelt.
    Hier sind die größten D-MOLL-HITS, ALL DAS was uns gefällt.
    WIR strahlen um die Wette und singen mit dem großen Clown „Grog“:
    d-moll - Werke schööööööön... DAS zählt... Freunde, für uns erwählt!
    Damit d-moll auch kommt auf Euren Gabentisch:
    Hier der allergrößte Fisch,
    die Handynummer vom Weihnachtsmann:
    Wählet einfach nur die Telefonnummer: Opus125/15/466/120/KV626/31,2/BWV565/47/30
    Und obendrauf noch die ausgefallensten Interpreten/Interpretationen meiner Musikwelt.
    Seid neugierig und kritisch wie Kinder ... für die nur Ehrlichkeit + Qualität zählt!

    Ludwig van Beethoven: 9. Sinfonie d-moll, op. 125 mit Furtwängler +++
    Anton Bruckner: 9. Sinfonie d-moll mit Michael Gielen +++
    Johannes Brahms: 1. Klavierkonzert d-moll op.15, mit Glenn Gould + Leonard Bernstein +++

    Johann Sebastian Bach: Chaconne aus der 2. Partita f Violine solo d-moll mit Zehetmayr oder Jascha Heifetz + Leon Fleisher (Klavier)

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    +++

    Robert Schumann: Violinkonzert d-moll mit Thomas Zehetmayr +++
    Jean Sibelius: Violinkonzert d-moll, op.47 Peter Rybar + Paul Burkhard +++
    Gustav Mahler: Sinfonie #3 d-moll mit Kerstin Meyer + Sir John Barbirolli +++
    Wolfgang A. Mozart: Klavierkonzert #20 d-moll, KV 466 mit Rudolf Firkussny + Ernest Bour +++
    Robert Schumann: Sinfonie #4 d-moll, op.120 mit Fritz Busch +++
    Sergej Rachmaninoff: Klavierkonzert #3 d-moll, op.30 mit Byron Janis + Antal Dorati oder Charles Munch +++
    Wolfgang A. Mozart: Requiem d-moll, KV 626 mit Teodor Currentzis, alternativ Bruno Walter +++
    Franz Schubert: Streichquartett d-moll „der Tod und das Mädchen“ mit dem Hagen Quartett +++
    Cesar Franck: Sinfonie d-moll mit Michel Plasson +++
    Johann Sebastian Bach: Toccato + Fuge d-moll BWV 565 mit Marie-Clair Alain +++
    Ludwig van Beethoven: Klaviersonate #17 d-moll, op. 31,2: mit Svjatoslav Richter +++
    Dimitri Schostakowitsch: Sinfonie #5 d-moll, op.47 mit Oleg Caetani +++

    Chopin: Prelude d-moll, op.28, Nr.24 mit Maurizio Pollini

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    +++

    Antonin Dvorak: Sinfonie #7 d-moll op.70 mit Roger Norrington +++
    Johannes Brahms: 3. Violinsonate d-moll op.108 mit Gidon Kremer + Afanasjew +++
    Johann Sebastian Bach: Chromatische Fantasie + Fuge d-moll, BWV 903 mit Leon Fleisher +++
    Schubert/Liszt: Ständchen d-moll mit Vladimir Horowitz +++
    Franz Liszt: Ungarische Rhapsodie Nr 2 d-moll mit Jorge Bolet +++

    Johann Sebastian Bach: Doppelkonzert für 2 Violinen d-moll, BWV 1043 mit Yehudi Menuhin + David Oistrakh

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  • Was ist heute Advent? Was ist Weihnachten? Gedanken, die mich nachdenklich machen.

    Wir hasten und eilen, denken lange nach, was wir unseren Lieben zum Feste schenken können und … fast noch wichtiger … was es Gutes zu essen gibt. Vielleicht trifft die Familie, manchmal weit gereist, an dem Fest zusammen – einmal im Jahr kann man das machen – sonst ist schweigen, vielleicht mal ein Telefonat. Um das Fest vollkommen zu machen, geht man auch an diesen Tagen in die Kirche, da es dort besonders feierlich ist mit viel schöner Musik, live sozusagen und nicht von einer CD und man wird gesehen, das ist ganz wichtig. Man wünscht sich schöne Feiertage und dann geht es wieder heim.

    Romantisch? Vielleicht sitzt man daheim am knisternden Kaminfeuer, freut sich mehr oder weniger über Geschenke, entsorgt mühevoll die ganze Papierverpackung und denkt über das Eine oder Andere nach, wie war es als Kind, wie war es früher ... Ich kann mich nicht an hektische Zeiten erinnern. Die Geschenke wurden nicht per Internet bestellt, es gab einen Wunschzettel für das Christkind. Am Heiligen Abend Kartoffelsalat mit Würstchen und Weihnachten vielleicht ein Federvieh.

    Geschenke waren bescheiden, der Vater bekam Socken, Oberhemd und Schlips, die Mutter 4711, Oma brachte eine Tüte mit Äpfel, Apfelsinen und Nüssen und Süßes ganz klassisch, für die Hausfrau eine Flasche Eierlikör. Gesungen wurde natürlich auch, ohne Klavier aber mit voller Stimme: „O, du fröhliche…“.

    Heute ist alles anders, die Geschenke sind meist elektronisch, was sonst. Nach dem Essen werden die neuen Geschenke ausprobiert, Spiele, Handy, man ist beschäftigt. Wer aber kümmert sich um die Nachbarn, die alleine, einsam in ihren Wohnungen sitzen und von all dem weihnachtlichen Stress nichts mitbekommen – für wen auch?

    Vielleicht gönnen sie sich am Heiligen Abend eine besondere Mahlzeit, mühsam abgespart, bedeutet wieder Verzicht für die nächste Zeit, aber man gönnt sich ja sonst nichts. Weihnachten ist ein Fest der Liebe ... der Geschenke und des guten Essens ... und natürlich ... der guten Musik, ob live oder von einer CD.

    musica :wink:

    • Offizieller Beitrag

    es-moll … da gibt es so unvermutbar vieles; ich möchte mich heute allerdings nur auf drei meiner Lieblingswerke in dieser Tonart beschränken.

    Johann Nepomuk Hummels Clavierquintett op. 87 möchte ich als erstes vorstellen:

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    Trio Wanderer mit Christophe Gaugué (Viola) und Stéphane Logerot (Contrebasse).

    Das Quintett wird oft als in Es-Dur stehend publiziert, zumal am Beginn jeden Notensystems nur drei b vorgeschrieben sind; die es-moll-ausmachenden Vorzeichen hat Hummel jeweils dort eingefügt, wo sie notwendig waren (so wist das Notenbild grundsätzlich leichter lesbar). Die bestimmende Tonart ist jedoch eindeutig es-moll, mit welchem der Satz beginnt und auch endet. Das Ausklingen des Kopfsatzes orientiert sich stark am d-moll-Konzert des Lehrers :)

    Empfehlenswerte Einspielungen

    Als nächstes nominiere ich die Nr. 5 der „Six Grandes Marches & Trios pour le Pianoforte à quatre mains composées et dediées en marque de reconnoissance à Son ami Monsieur I. Bernhardt dochteur en medicine par François Schubert. Op. 40.“ D819.

    Die sechs Märsche für Clavierhändig entstanden 1824 und sind eingerahmt von dem bekannten „Divertissement à l'hongroise“ g-moll (ebenfalls für Clavier zu vier Händen) und der folgenden Arpeggione-Sonate a-moll D821. Schubert widmete diese sechs Märsche seinem Freund Dr. Bernhardt (vgl. Michael Lorenz (1999): Schuberts Freund Dr. Bernhard. Eine Neubewertung der Quellen, Schubert durch die Brille 23 (Tutzing: Schneider, ), 3–64 und Michael Lorenz (2002): Mehrere Bernhards. Die Lösung des Dr. J. Bernhard-Rätsels, Schubert durch die Brille 28 (Tutzing: Schneider), 101–50) aus Dankbarkeit.

    Dieser Marsch gehört, wie viele von Schuberts Miniaturarbeiten für Clavier, zu den ganz besonderen Kosmen; zunächst ist das Thema des langsamen und getragenen Marschthemas für mich eine (sicher unbewusste) Kompilation aus der Beethoven-Sonate As-Dur op. 26, 3. Satz: „Marcia funebre sulla morte d'un eroe. Maestoso andante“ (der ebenfalls in es-moll) steht und dem langsamen Satz aus Mozarts B-Dur-Clavierkonzert KV 456 (bitte vergleichshören).

    Das Trio des Marsches steht in Es-Dur und verwendet (fast gespiegelt) das sehr sangliche und erlösende Thema des späteren Impromtu c-moll D899 Nr. 1, das wie ein beruhigendes Wiegenlied klingt.

    In gewisser Weise steht Schuberts Werk auch Mozarts Trauermarsch c-moll KV453a sehr nahe.

    Leider keine Einspielung auf echten Clavieren, die mir bekannt wäre; vielleicht bringen Jan Vermeulen & Veerle Peeters in ihrem Vol. 4 der clavierhändigen Werke des Tonsetzers Schubert heraus? Bis dahin empfehle ich jedenfalls das Duo Tal & Groethuysen:

    [youtbe]

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    [/media]
    Christoph Eschenbach & Justus Frantz

    Franz Liszt hat diesen Marsch u.a. für großes Orchester bearbeitet:


    Sound of Weimar Vol. VII, Track 2

    Ob es jemand bemerken würde, wenn diese Transkription anstelle des 2. Satzes der „Eroica“ erklingen würde?

    Zum Schluß nun noch einen etwas stürmischeren Schubert, das Clavierstück es-moll aus der wohl unvollendeten Ansammlung von drei Impromptus D946 Nr. 1:

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    Andreas Staier, Hammerklavier (Johann Fritz, Vienna c1825)

    Ich wünsche allen Lesern und Hörern eine stressfreie und „wohltemperirte“ Vorweihnachtszeit..

  • Es liegt wohl fast 30 Jahre zurück, da brachte der Hessische Rundfunk aus seinem Archiv die SIEBTE von Bruckner in einer Aufnahme mit seinem RSO unter Georg Ludwig Jochum. Ich hatte von dem jüngeren Bruder Eugen Jochums bis dahin nichts gewußt und gehört. Ich war sehr positiv überrascht, zumal mich die Interpretationen der Bruckner Sinfonien vom älteren Bruder E.J. nie überzeugt hatten. Die Ende der Fünfziger entstandene Rundfunkproduktion hat auf mich großen Eindruck gemacht. Sie war eine überzeugende Alternative zu Gielen, dessen Aufnahme von 1986 für mich bis dahin unerreicht war. G.-L. Jochums Auffassung der 7. zeichnet sich durch ein wunderbares Fliessen der Musik aus, eingebettet in eine Architektur der klaren Form, ohne analytische Strenge. Diese Interpretation ging mir nicht aus dem Kopf, so daß Ich irgendwann an den HR schrieb, ob es gegen Bezahlung möglich sei eine Kopie dieser Rundfunkaufnahme zu erhalten. Es war nicht möglich.

    Einige Jahre später schrieb ich über meine Begeisterung für diese Siebte mit G.-L. Jochum auf einem bekannten Klassikbord, dessen Boss in der Hauptstadt des benachbarten Landes lebt. Es flog mir postwendend eine Protestwelle entgegen, die das gewichtige Argument enthielt, ich würde einem Dirigenten huldigen, der ein überzeugter Nationalsozialist, NSDAP-Mitglied und Antisemit war. G.-L. Jochum hatte ab 1943 als Leiter des Städtischen Orchesters Linz dieses in Hitlers Auftrag zum „Reichs-Bruckner-Orchester des Großdeutschen Rundfunks“ umgeformt. Er debütierte mit diesem Orchester im April 1944 anlässlich eines Konzertes zu Hitlers Geburtstag.

    Ich erzähle das, weil ich nach dem Protest und Rüffel für meinen Beitrag vor Scham fast im Boden versunken war, zumal ich wichtige Fakten der jüngeren Musikrezeptionsgeschichte nicht gekannt hatte. Meine Begeisterung über dieses Dirigat muß für einige Musikfreunde wie eine Huldigung auf den Dirigenten gewirkt haben, denn es fand sich in meinem Artikel aus Unwissenheit kein Wort zu seiner Verstrickung im „Dritten Reich“..

    Erst ab 1990 war ich in der Lage mich mit der Vergangenheit intensiver auseinanderzusetzen. Daß das >Nicht-Gesagte< trotzdem im Raum ist, hat mich in meiner Kindheit geprägt. Ich war lange Zeit unaufgeklärt und ziemlich unwissend. Bei uns zu Hause wurde nicht über die Vergangenheit gesprochen.

    Was dies nach einem furchtbaren Krieg bedeutet…. Im Januar 1944 geboren, passierte >mein Erdbeben< erst mit 24 Jahren. Ich leitete damals ein Lager des Christlichen Friedensdienstes in Niedersachsen und fuhr unter Leitung eines Pfarrers mit den Jugendlichen in das ehemalige Konzentrationslager Bergen Belsen. Es mag unglaubwürdig klingen, daß ich innerlich in keinster Weise vorbereitet war auf das was mich erwarten würde. Ich betrat dieses Lager, auf einem ca 6 x 4 Meter großen Schwarz-Weiß-Wandbild war ein Lastwagen zu sehen, der ein paar Hundert ausgemergelte Kinderleichen in eine Grube schüttete. Ich brach vor diesem Dokument zusammen.

    Als ich mit 13 Jahren zur Klassischen Musik fand, wurde diese für mich das wichtige große Sammelbecken in das meine Sehnsüchte flossen, ... um mir ahnungslosem naivem Tor ob meiner Undifferenziertheit Halt zu geben und Lebenselexier zu sein. Mit 16 Jahren hörte ich 1960 3 Monate lang die 9. Mahler, bis meine Eltern auf die Barrikaden gingen. (Aufn. VOX mit Jascha Horenstein)

    Es war ebenfalls 1990 als ich eine wichtige Biographie aus GB über die Schwarzkopf las. Über dreissig Jahre nahm mich diese einmalige Stimme durch ihren zarten, silbrigen Klang gefangen. Mit geradezu transzendierender Schönheit betörte sie mich. Ich mußte heulen als ich zu begreifen begann, daß sie es zeitlebens nicht vermochte ihre innere Positionsbindung an die >Herrenrasse< zu hinterfragen.

    G.L. Jochum, die Schwarzkopf und viele andere waren Botschafter der Musik mit kaltem Herzen.

    Zu einer anderen Komposition : dem Orgelchoral Nr.1 E-Dur von Cesar Franck. Dieses eingängige, melodiöse Werk kann das Herz erwärmen und Trost spenden.

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    Zwei weitere Werke in E-Dur sind mir wichtig:

    Hans Rott (1858 – 1894) Sinfonie in E-Dur. Seit mir dieses Werk vor ca 20 Jahren erstmals begegnete, gilt dieses für mich als eine Art Urquell für die sinfonische Welt Gustav Mahlers. Die E-Dur Sinfonie ist ein ganz eigener Hymnus, der viel an Bruckner, Wagner + Mahler erinnert und trotzdem der Geniestreich eines relativ Unbekannten und Frühvollendeten ist, dessen Lebensende bereits mit 25 Jahren besiegelt war.

    Als viertes und letztes Werk möchte ich die drittletzte Sonate von Beethoven erwähnen: Sonate in E-Dur, op.109. Seit ich dieses Stück im Konzertexamen von Christoph Eschenbach gehört habe, ist es ein Juwel der Klaviermusik für mich. Es muß 1967 gewesen sein als Eschenbach es in der Kleinen Musikhalle in Hamburg gespielt hat.

    Arnulfus

  • Peter Tschaikowsky - Sinfonie Nr. 5 in e-moll

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    Eugen Ormandy, Philadelphia Orchestra 1974

    Es muss 1981 gewesen sein, da hörte ich in meinem zweiten Klassikkonzert überhaupt Eugen Ormandy mit der 5. Tschaikowsky und der 5. Beethoven. Und seit dem Tage liebe ich Tschaikowsky und hadere mit ihm und brauche ihn und lass es zu, dass er mir auf die Nerven geht.

    Eigentlich begleitet er mich ja wirklich durch mein ganzes Klassikleben, mal mehr mal weniger. Und es ist eigentlich egal, was ich von ihm höre. Seien es die Sinfonien (aber eigentlich nur 4, 5 und 6), seien es die Opern, seien es die Konzerte oder die Kammermusik oder die Ballette oder selbst so etwas wie 1812. All das habe ich von ihm immer wieder live erlebt, all das lege ich immer wieder auf, brauche es zu bestimmten Zeiten, lass mich von ihm trösten, Kraft geben, all dem fühle ich mich verwandt.

    Und all das wird mir dann auch ganz schnell wieder zu viel. Zu viel Gefühl, zu viel Sehnsucht, zu viel Tränen, zu sehr auf die Pauke gehauen. Dieser Dauerrausch in der Emotionalität. So viel Bauch und zu wenig Kopf in allem. Aber vielleicht ist seine Musik mir einfach zu nah und das ertrage ich dann auch nicht ständig. ;)

    Und trotzdem würde mir ein ganz, ganz großer Teil fehlen, wäre sein Platz in meinem CD-Regal leer. Eine irgendwie verwandte Seele.

    Und für dieses ganze Hin und Her, was ja auch Leben ist, liebe ich ihn dann doch vorbehaltlos.

    So und heute höre ich den ganzen Tag Tschaikowsky. Nehme ich mir jedenfalls vor. ;)

    Liebe Grüße
    Thies :wink:

  • Es gibt offenbar wohl nur wenige Dinge, die empfängliche Menschen so unmittelbar mit Zuversicht oder Trost in verzweifelten Situationen erfüllen können, wie die Musik.

    Es ist jetzt etwa zwei Jahre her, dass unser Chor einige Barockwerke, darunter auch Bachs Kantate Ich habe meine Zuversicht (BWV 188), öffentlich aufgeführt hat. In diesem Werk gibt es eine titelgebende Da Capo Arie, umschmeichelt von Streicher- und Oboenklängen, die der Solist seinerzeit außerordentlich eindrucksvoll, d.h. mit äußerster Hingabe, inniglich gesungen hat. Im Anschluss an die Veranstaltung saßen einige Mitglieder unseres Chores (u.a. auch ich) und Instrumentalisten in einem dem Veranstaltungsort gegenüberliegenden Lokal noch zusammen, als sich ein junges Ehepaar (beide offenbar noch keine 30 Jahre alt) schüchtern zu uns gesellte. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten in der Kommunikation teilten uns diese Menschen von sich aus mit, dass gerade die vorerwähnte Arie ihnen ein hohes Maß an Trost und Zuversicht in einer außerordentlich verzweifelten Situation vermittelt habe, wofür sie ausdrücklich danken wollten, denn kurz zuvor mussten sie die Trauerfeier für ihren kleinen Sohn hinter sich bringen. Wie das ist, wenn man den Tod seines Kindes überlebt, mit welcher ungeheuren Trauer und hilflosen Verzweiflung das verbunden sein muss, vermag ich mir persönlich kaum vorzustellen (ich will es mir auch nicht vorstellen). Diese außergewöhnliche Begegnung hat nur wenige Minuten angedauert. Jedenfalls waren wir davon anschließend so berührt, voller Anteilnahme und eingenommen von dem neu genährten Wissen um die emotionalen Wirkmechanismen der Musik, dass kein rechtes Gespräch mehr aufkommen wollte und wir uns schließlich nach kurzer Zeit voneinander verabschiedet haben.

    Ich sollte hinzufügen, dass es sich um eine anonyme Begegnung gehandelt hat. Ich kann also nicht sagen, was aus diesen Menschen geworden ist, ob sie trotz des ungeheuren Verlustes letztlich die Kraft gefunden haben, weiterzuleben und in eine Art Normalität zurückzukehren. Jedenfalls hoffe ich, dass wir dafür einen Beitrag leisten konnten.

    Hier nunmehr die Arie Ich habe meine Zuversicht (BWV 188 / 2) mit Andreas Weller (Tenor) als Solist, Stiftsbarock Stuttgart (Konzertmeisterin: Christine Busch) unter der Leitung des von mir sehr geschätzten Kay Johannsen (KMD, Organist, Cembalist, Chorleiter):

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    Ich habe meine Zuversicht
    auf den getreuen Gott gericht'.
    Da ruhet meine Hoffnung fest.
    Wenn alles bricht, wenn alles fällt,
    wenn niemand Treu und Glauben hält,
    so ist doch Gott der Allerbeste.

  • Grétry schrieb über diese Tonart 1797, sie sei "die leidenschaftlichste Tonart von allen" - traurig, düster, schwermütig, klagend sind andere Charakterisierungen. Mir kommt eher das Wort "schicksalshaft" in den Sinn, angesichts des Werkes, welches ich damit am Ehesten verbinde: wer jemals den Beginn von Tschaikowskis 4. Symphonie op. 36 gehört hat, dieser dramatische Beginn mit den Bläsern, der wird nachvollziehen können, was ich meine...

    Und wann knallt es am Saftigsten? Bei mir definitiv hiermit:

    oyKnynSF75Q&list

    Evgeny Mravinsky mit den Leningradern (1961) - da werden die dramatischen Untiefen am Tiefsten ausgehoben, die schwermütige Seite elegant umschmeichelt mit würdiger Traurigkeit. Schmerz wird zu Sehnsucht nach Licht, Klage zu Erlösung...

    -----

    Auch Bach hatte diese Tonart für solche Zwecke verwendet - das Orgelbüchlein hat nur ein Stück, welche in f-moll gesetzt ist: BWV 639 "Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ". So soll es sein:

    X9Dh43kVL1Q

    Wolfgang Zerer (Orgel)


    Schönen III. Advent an alle... :)


    jd :wink:

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

    • Offizieller Beitrag

    Glaubt ihr an den Weihnachtsmann Tonartencharakteristik? Ich schon, allerdings auf einer etwas anderen Grundlage als die gemeine.

    Zitat

    Aber bei Brahms muss man vorsichtig sein, mahnt sein erster Biograph Max Kalbeck. Er, selbst ein überzeigter Anhänger der Tonartencharakteristik erzählt von einem Spaziergang mit dem Meister. Sie unterhalten, oder besser streiten sich freundschaftlich über die Charakteristik der Tonarten. Brahms leugnet ihn. Da kommen sie an einem Haus vorbei, in dem jemand Klavier spielt. „Das Instrument war um zwei Töne herabgestimmt“, so Kalbeck und der Spieler versuchte aus einer entlegenen Tonart nach h-m-Moll zu kommen. Es klang aber wie g-moll, und wir waren betroffen, als sich das kleine schwermütige Mozartsche Adagio, das eigentlich in h-moll steht daraus entwickelte. „Na, sehen Sie“, sagte Brahms triumphierend, „klingt es in g etwa anders?“ Es half mir nichts, dass ich entgegnete, ich hörte es nicht in g sondern in h-moll. „Weil Sie das Stück kennen!“ Ich fragte ihn daraufhin, ob er sich Schuberts h-Moll-Sinfonie, die h-moll Messe von Bach oder die Alt-Arie aus Bachs Matthäus-Passion in irgendeiner anderen Tonarten vorstellen könne, als 7 die in der sie geschrieben seien. „Warum nicht? Meinetwegen in hes-es-moll“ brummte er ein wenig verunsichert, aber verstockt. „Nun, und Ihre eigenen Klavierstücke, sind sie nicht an ihre Tonart gebunden, mit der sie geboren sind?“ Er wollte sich auf Zufälligkeiten ausreden, aber ich bemerkte, dass er mir im Stillen Recht gab.“


    Quelle: SWR2 Musikstunde mit Ines Pasz, Sendung vom 11. Januar 2013

    Brahms hat natürlich recht, daß ein Musikstück, egal in welcher Tonart es komponiert wurde, in einer anderen (ich erweitere: nicht zu weit entfernten) Tonart gleichen Geschlechts völlig gleich klingt; das bestätigt sich allein dadurch, daß im Laufe der letzten zwei, drei Jahrhunderte der Stimmton a' von unter 420 Hz auf weit über 440 Hz gestiegen ist – das macht vom Barock bis zur Spätromantik bisweilen fast einen Ganzton Unterschied aus (und hebelt ganz nebenbei die Mär vom absoluten Gehör vollständig aus; aber das ist eine andere Geschichte).

    Vielmehr glaube ich (und meine Erfahrung bestätigt dies), daß der Charakter eines Stückes durch die vorgegebene (also vom Komponisten frei gewählte) Tonart entsteht, quasi vom Komponisten hineingedacht wird. Dieser stückeigene Charakter bleibt auch in anderen Tonarten zugegen und verändert sich vielleicht marginal, aber nicht grundlegend. Schuberts Ges-Dur-Impromptu wurde im Erstdruck aus Gründen der Vereinfachung in G-Dur abgedruckt; dabei lässt sich G-Dur m. E. nicht wirklich leichter spielen als Ges-Dur, allenfalls für Ungeübte leichter lesen.

    Wegen der Vielzahl an Vorzeichen (6 # resp. 6 b) sind Fis-Dur und Ges-Dur seltene Exemplare, interessanter Weise findet man Cis-Dur (7 Hashtags) etwas häufiger. Zu den bekannten Werken in Fis-Dur gehören u.a. Mahlers Adagio der nicht fertiggestellten X. Sinfonie und Beethovens Sonate op. 78; nicht unerwähnt lassen möchte ich Edelmanns Fis-Dur- Sonate op. 1 Nr. 6. Fis-Dur gilt als „hell“ und bisweilen scharf, Ges-Dur als zärtlicher und als typische Romantiktonart. Zu letzterer findet man dann auch vieles bei Chopin und Schubert.

    Für Fis-Dur und Ges-Dur verwendet man auf dem Klavier heutzutage die absolut gleichen Tasten, ohne umstimmen zu müssen; insofern wünsche ich wohltemperiertes Hören:

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    Ludwig van Beethoven: Sonate Fis-Dur op. 78
    Pianist und Instrument: unbekannt

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    Franz Schubert: Impromptu Ges-Dur op. 90 Nr. 3 (D899/3)
    Michael Tsalka, Hammerflügel Conrad Graf

    • Offizieller Beitrag

    Schmerz und Abschied; dafür steht fis-moll. Das wohl berühmteste Beispiel ist Joseph Haydns sogenannte „Abschieds-Sinfonie“ Hob. I:45, bei welcher Haydn den Abschied nicht allein durch die Wahl der Tonart charakterisiert, sondern auch im Finalsatz peu à peu die Musiker verschwinden lässt, bis nur noch die Violinen – zusätzlich gedämpft – den Satz leise ausklingen lassen. Die dazu gehötige Anekdote ist so bekannt, daß ich sie an dieser Stelle nicht wiederhole (nachzulesen u.a. bei Wikipedia).

    Eigentlich wollte ich dazu kein Video einstellen, aber das Mercury Barock Ensemble hat dies so wunderbar (und mit Haydns Schalk im Nacken) in Scene gesetzt, daß ich kaum darauf verzichen möchte:

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    Nicht weniger berühmt ist der Mittelsatz des A-Dur-Clavierkonzertes KV 488 von Wolfgang Amadé Mozart, der m. E. mehr Schmerz als Abschied verkörpert. Wer Schmerz und Abschied sucht, ist bei Franz Schubert nicht ganz falsch: auch der „King of Fragments“ hinterließ ein ebensolches in fis-moll: den Kopfsatz einer Claviersonate D571, auf den ich hier näher eingegangen bin; der eigentliche Schmerz liegt hier darin, daß das Werk leider unvollendet blieb.

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    Ergänzt und vorgetragen von Malcolm Bilson

    Schubert war gerade 20 Jahre alt, als er diese niederschmetternden Gefühle niederschrieb … Bei den vollendeten - im wahrsten Wortsinn - findet sich das Andantino der großen A-Dur-Sonate D959 wieder - hier ein Ausschnitt aus Lehners Film „Notturno“, welcher die Morbidität dieser Musik mehr als deutlich unterstreicht:

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    [Sollte bei 5'35" beginnen ...]

    Carl Philipp Emanuel Bach darf an dieser Stelle natürlich nicht fehlen; Andreas Staier spielt seine Fantasia fis-moll Wq67 auf einem Anton Walter c1791 von Monika May, erbaut 1986:

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    Nehmen wir Thema und Tonart zum Anlass, an all jene zu denken, mit denen wir an Weihnachten – aus welchen Gründen auch immer – nicht zusammen sein können. Ich persönlich nehme Abschied von den zahlreichen für mich sehr aufregenden, bewegenden und beglückenden Momenten im Jahr 2016, das mir auf seine letzten Tage noch schwer zu beißen macht ... aber die Früchte werde ich im Primzahljahr 2017 ernten.

    :love:

  • G-dur 14. Dezember

    Wohin führt mein Weg...?

    Ich G-dur - ch die weihnachtlichen Straßen der Stadt, viele Lichter begleiten meinen Weg, sie wärmen mir das Herz.

    Hinter den Fenstern sieht man Schatten von Menschen, sie zünden die Kerzen am Weihnachtsbaum an.

    Leise Musik dringt an mein Ohr, wie schön das klingt.

    Mir ist kalt, ich ziehe meinen Mantel fester um mich und bin froh, dass er mich warm hält.

    Auf einer Bank liegt ein Mensch, er hat keinen warmen Mantel, ist mit Zeitungen zugedeckt und schläft, wovon mag er wohl träumen.

    Eltern mit Kindern hasten an mir vorbei, mit Päckchen beladen und aufgeregt schwatzend. Sie sind voller Vorfreude auf die Bescherung und hoffen, ihre Wünsche werden alle erfüllt.

    Ein altes Mütterchen, ganz in sich versunken, auf dem Weg in die Kirche, das Gebetbuch fest in der Hand, ein Kopftuch bedeckt wärmend ihr Haupt.

    Wohin führt mein Weg, alleine, einsam ohne Familie, ohne einen warmen Ofen, ich weiß es nicht …ich gehe….wohin mein Weg mich führt an diesem Tag, der Liebe heißt.

    Vielleicht geschieht ja irgendwann ein Wunder, so wie in der Christnacht die Geburt unseres Heilandes. Auch Maria und Josef gingen ihren Weg, auch sie hatten keine Herberge und mussten in einem Stall schlafen, in dem das Wunder der Nacht geschah. Christus wurde geboren, der die Menschen erlösen soll.

    Wie friedlich sind die Weihnachtstage, doch es täuscht, nicht überall auf der Welt ist Frieden, Liebe, Gewaltlosigkeit, wir müssen damit leben.

    musica :wink:

    • Offizieller Beitrag

    In g-moll gibt es einige sehr bekannte Werke, da wäre Max Bruch mit seinem Violinkonzert Nr. 1 g-Moll zu nennen, aber auch Robert Schumann mit dem Klaviertrio g-Moll op. 110, Gabriel Fauré mit der Cellosonate Nr. 2 g-Moll oder Debussys Streichquartett op. 10. Ich möchte aber Bezug nehmen auf Wolfgang Amadeus Mozart und seine Sinfonie Nr. 40 g-Moll KV 550. Diese Sinfonie, die ich in meiner Kindheit und Jugend habe rauf und runter laufen lassen, hat einen Beginn, der mich in seiner Ambivalenz nur dem Eingang zu Brahmsens Vierter an seine Seite stellen lässt. Ich kenne keine vergleichbare Stelle, die den aus Erfahrung gewonnenen Fatalismus in Verbindung mit heiter(?)-trauriger Gelassenheit derart in Töne fasst. Musik gewordener Gleichmut, Resignation ohne Reue und Bitterkeit; Trost im Chaos. Der aus dem Leben, wie es auf Erden nun mal ist, destillierte einsame Grund eines durch Leid geprägten Menschen, der dennoch im kühlen Abendwind im Gartenstuhle sitzend leicht abtuend mit der Hand abwinkt. Ja, so geht es; aber was soll's; wir ändern es doch nicht.

    Und so ambivalent fühle ich mich heute während Advent und Weihnachten: Ich liebe diese Zeit abgöttisch als meine stille Zeit und den Ort schöner Erinnerungen und ich hasse sie wegen meiner gesellschaftlichen Umwelt und dem Treiben und Wesen der Menschen.

    Ich liebe sie, obwohl ich selbst als Atheist und Freigeist und geborener DDR-Bürger natürlich nicht religiös bin im herkömmlichen Verständnis, weshalb mir Weihnachten nicht im ursprünglich christlichen Sinn in Erinnerung ist. Aber ich hatte Glück mit meinen Eltern und erlebte viele wunderschöne Weihnachtsfeste. Auch mit vielen, sehr vielen Geschenken; meist Büchern, Kassetten und Schallplatten. Die Heimlichkeiten begannen im Advent, da wurde viel geraunt und hinter Türen versteckt; da gab es gemeinsame Vorfreude, am 24. vormittags das gemeinsame Ritual des Baumholens und Schmückens; nachmittags nach dem Kaffee die Bescherung, abends dann Festmahl bei den Großeltern. Erst am 25. früh konnte man seine Geschenke so richtig fassen, man saß unterm Weihnachtsbaum und spielte, später las ich viel im Bette, den Kopf aufgestützt. Und natürlich die köstlichen Speisen, all der Stollen, die Plätzchen; Heiligabend immer Kartoffelsalat mit Bockwurst, mittags nur eine schnelle Suppe, meist selbstgemachte Nudeln, die gar nicht schnell zuzubereiten waren, sondern den Hausfrauen Stunde und Stunde kosteten; wie es mir bis heute ein Rätsel ist, wie diese berufstätigen Frauen über die Feiertage Jobs erledigten in Haus und Hof, die heute kein Cateringservice für teuer Geld vermöchte. Dann die obligatorische Ente am Weihnachtstag, meist Wild am zweiten; viel Fernsehen auch, denn in meiner Kindheit und Jugend liefen die Kracher alle nur in diesen Tagen, wie sehnsuchtsvoll erinnere ich mich der ZDF-Vierteiler um den Seewolf oder David Balfour, der DEFA-Märchen und der russischen, der Komödien mit Louis de Funès und Pierre Richard. Da waren Höhepunkte noch Höhepunkte in einer im Verhältnis kargen Zeit, in der es uns trotzdem an nichts fehlte und wir Buben uns draußen genauso oft aufhielten wie drinnen, Schlitten fuhren oder Ski oder einfach nur tobten und unnützten. Diese Erinnerungen sind tief in meinem Herzen verankert und sie werden mich bis an mein Ende begleiten und wärmen, sie sind auch jetzt Teil meiner adventlichen und weihnachtlichen Verrichtungen und Stimmungen, wenn ich bei Kerzenschein Sakrales höre und meinen Rosegger lese. Und wenn ich dann am Neujahrsmorgen ausgeruht und ohne Kater früh um sechs Uhr mit Hund bei Frost über schneebedeckte Felder laufen kann, hinein in den Wald; dann ist alles gut gewesen und wird alles gut sein und werden. Denn hernach in der guten Stube, in der warmen, wird mich Mozart weiter mit der Welt versöhnen.

    Aber ich hasse diese Zeit eben auch, weil es Weihnachtskram schon im Spätsommer oder Frühherbst in den Läden zu kaufen gibt; Weihnachtsbeleuchtungen an Häusern angebracht werden, dass man Angst haben muss, es möchte eine Boeing nebenan landen; weil überladene Weihnachtsbäume voller Glitzerkram und mit Bergen an Lametta wie ein Hohn über die schlichte Erhabenheit der Natur erscheinen; weil enthemmter Konsum eine Droge ist, die leider nicht strafrechtlich verfolgt wird; weil die Schenkerei, wie Sheldon ganz richtig sagt, dem Beschenkten eine Verpflichtung auferlegt; weil Fresserei und Völlerei gehuldigt wird, während anderswo die Leute verhungern; weil Trunksucht gefördert wird durch kilometerlange Regale mit Hochprozentigem in den Supermärkten; weil Langeweile und falscher Müßiggang in ihrem Weg nicht in etwa karitative Zwecke münden; weil Autofahrer jeden einzelnen der Feiertage die Straßen verstopfen, meist schuldlos, weil ihre Familien unbedingt den Weihnachtsabend bei den Eltern verbringen wollen sollen, den ersten Feiertag bei den Schwiegereltern und den zweiten bei Freunden etc. und so nie jemand wirklich zur Ruhe kommt und zur Einkehr. Weil Kirchgänge nur zum Fest oder an Ostern stattfinden und sich statt wahren Glaubens Frömmelei und Bigotterie Hand in Hand die Wangen tätscheln; weil Weihnachten die Zeit der Selbstmorde ist, weil von vielen das Alleinsein, die Einsamkeit nicht ertragen wird; obwohl sich die eigentlichen Dramen der Feiertage in den Familien abspielen. All das, was Menschen immer schon so widerlich macht, wirkt in dieser eigentlich stillen Zeit ohrengellend laut und wie in einem Brennspiegel vergrößert. Diese ganze oberflächliche verweltlichte Heuchelei und Doppelmoral wird dann unerträglich und ich sehe das dunkelhäutige Mädel aus dem Libanon vor mir mit ihrem Neugeborenen oder ihrem noch berstenden Bauch und wie sie abgewiesen wird Tür um Tür. Nein, nein, nein – mit so einem Weihnachten soll man mir gehen, das kann mir gestohlen bleiben. Der Geist der Weihnacht ist eben auch das, Geist nämlich; der den meisten Menschen abgeht, genau wie auch Herzensbildung. Ich wünschte, ich übertriebe, aber ich untertreibe eher.

    So höre ich denn Mozart und freue mich seiner Erfindung, wohl wissend, dass er wusste; was nun auch ich weiß. Es ist eine Schönheit da trotz all des Irrsinns, aber sie ist verschwindend klein gegenüber dem kosmischen Furor auf Erden. Es ist mehr schlecht, als dass es gut ist auf dieser Welt. Natur und Kunst bleiben den Frommen, manchmal die Liebe auch, kurz, flüchtig, aber immerhin. Der, der da geboren wird, erinnert uns daran, an dieses flüchtige Glück. Gedenken wir seiner in Stille, mit einem Lächeln und sonder Hass; so sehr es uns diejenigen, die sich nach ihm nennen, auch verleiden mögen. Ein Kindlein ist uns geboren; Christus natus est. Ich weiß, er ist nicht für mich geboren und er wird auch nicht für mich sterben. Aber Schütz und Bach haben für mich gelebt; Wagner, Bruckner und Brahms – und eben auch Mozart. Dafür bin ich dankbar und ich freue mich ihrer, nicht nur zur Weihnacht; aber da ganz besonders. Lauschen wir also KV 550 in seiner Mischung aus Schönheit und Trauer und das am Besten in Herbert Kegels Interpretation oder auch jeder anderen.

    • Offizieller Beitrag

    As-Dur wird häufig als warm und weich, bis hin zu verklärt, beschrieben, es sei die Tonart der Romantik. Kein Wunder also, dass Robert Schumann sein Adagio und Allegro op. 70 in dieser Tonart verfasste. Er komponierte es im Februar 1849 parallel zu den Fantasiestücken für Klarinette und Klavier, einer Zeit, in der er die kleineren Genre bevorzugte, was aber ganz und gar nicht auf einen Rückzug ins Biedermeierliche hinweist, denn gerade das Musikstück ist als instrumentales Experiment sehr innovativ, nämlich eines der ersten romantischen Kammermusikwerke für modernes F-Horn. Das Adagio hieß ursprünglich Romanze und zeigt auffallende Ähnlichkeiten zum Adagio aus Schumanns 2. Sinfonie. Das Allegro ist ein für den Komponisten typischer Gefühlsaufschwung in Triolen, unterbrochen von versonnenen Episoden, deren zweite das Adagio wieder anklingen läßt. Dabei werden heute neben dem Horn auch zahlreiche andere Instrumente eingesetzt.

    Für mich liegen all diese Werke schon auch zwischen Wahnsinn und Genie, aber hier soll eine andere Fragestellung interessieren, denn während weiter oben Ulli in Anlehung an Brahms schreibt, Musikstücke klängen in allen Tonarten gleich, sage ich, sie klingen mit unterschiedlichen Instrumenten anders. Instrumente sind Spiegel unserer Stimmungen und Charaktere und Vorlieben und es ist ganz egal, ob es sich um das gleiche Stück handelt, sie klingen in unseren Ohren und Herzen verschieden. Ich besitze von op.70 nur drei Aufnahmen und alle in unterschiedlicher Besetzung – eine mit Cello, eine mit Horn und eine mit Oboe.

    Klavier und Oboe

    Douglas Boyd (Oboe d‘amore), Maria Joao Pires (Klavier), 1992
    Track 4 und 5

    Die Oboe hat diesen Impetus des herzzerreißend Klagenden, näselnd und jaulend klagt sie ihr Leid und jammert einen in ihrem Jammer. Eine gewisse Larmoyanz bleibt nie aus und so gesellt sich zum Schönen des 1. Satzes schon auch der Überdruss. Nicht umsonst tönt hier das Klavier recht laut, steht mehr im Vordergrund als in anderen Aufnahmen, perlt wunderschön, als wolle es das Nervtötende abfedern. wie, um das Gejammer abzufedern. Erst im 2. Satz schlägt die Stunde der Oboe, virtuos kann sie zeigen, was in ihr steckt, mehr als Trübsal blasen und dass ihre Vorzüge dann zur Geltung kommen, wenn sie sich nicht langgezogenen Phrasen zu verlieren droht in Selbstmitleid.

    Klavier und Horn

    Christian Hommel (Klavier), Volker Grewel (Horn), 1996
    Track 9 und 10

    Horn hat immer etwas von Mozart, zumindest bei mir. Eine schöne heitere Gelassenheit; eine Art domestizierte Schwermut verspricht sich mir und meinen Ohren; auch Wald natürlich, und Krüge schweren Bieres und viele dralle Mädchen. Dem Horn fehlt das unnatürlich Sentimentale, es mutet immer irgednwie menschlich an, allzu menschlich. Nicht zu intellektuell, sondern erdverbunden, naturhaft und gar nicht taranszendent. Und natürlich liegt die Melancholie des 1. Satzes dem Horn mehr als das virtuose das 2., wo es in arge Nöte gerät und eigentlich überfordert ist und dennoch das verhaltende Klavier deckt. Schön bleibt es dennoch, aber ungefährlich; viel Normales und wenig Wahnsinn, gar keiner eigentlich. Das ist die Crux des schönen Instruments, ich kann es nie so lange hören; es langweilt mich bald, lullt mich ein, berührt mich nicht existentiell.

    Klavier und Cello


    Marek Jerie (Cello), Iwan Klansky (Klavier), 1985

    CD 6
    Track 1 und 2

    Das Cello klingt hochromantisch nach landläufigem Verständnis; schwer, düster, resignativ; aber auch beruhigend und irgendwie spätromantisch und verschränkt deutsch-französisch. Es erinnert das ganze Zusammenspiel zwischen Klavier und Cello sehr an seine Lieder und also dialogischer als in anderen Besetzungen; während letzteres es im virtuosen Teil des 2. Satzes sich sichtlich bemüht, aber chancenlos ist im Verbund auf Grund seiner Unbweglichkeit in der Stimmführung. Diese Widerständige aber macht auch den Reiz aus, wie es überhaupt meine liebste Aufnahme ist, weil ich lieber streichen denn blasen lasse, wenn ich mich entscheiden müsste und nicht alles zusammen auch mit dem Schlagwerk möglich ist.

    Im Himmel blasen die Engel in ihre Trompeten, Schalmeien gibt es dort und Zupfinstrumente, denn was klingt himmlischer zur Ankunft unseres Heilands als Brucknersche Pracht in Holz und Blech! Für den heiligen tröstenden Ernst aber kann niemand des Cellos entbehren.

    • Offizieller Beitrag

    Die Tonart wird sehr selten verwendet, aber doch hin und wieder an ganz zentralen Stellen der Musikgeschichte, etwa dem Trauermarsch (Marcia Funebre) aus der Klaviersonate Nr. 12 As-Dur von Ludwig van Beethoven. Beethoven, der Revolutionär in der Musik; der trotz deines vergleichsweise kleinen Œuvres in praktisch allen Gattungen mit der Tradition brach und Neues schuf, hat hier den Weg des klassischen Sonatenaufbaus verlassen und experimentell völlig neue Ufer in den Blick genommen. Der Trauermarsch aus dieser Sonate, den ich am Liebsten in der Studioaufnahme von Emil Gilels höre, ist bis heute geheimnisumwoben und gibt Rätsel auf. Auf den Tod wessen Helden ist das gemünzt, was überhaupt verstand Beethoven unter Heldentum und warum klingt das hier so maskenhaft, gewollt?

    Mir geht oft durch den Kopf, was wohl hätte der musikalische Revolutionär Beethoven, der über alle Grenzen schritt; der auch als Mensch seinen Platz behauptete in feindlicher Umwelt; getan in einer wie der von Furtwängler, Pfitzner, Strauss? Die traurigen Bemerkungen von Arnulfus neulich zu Eugen Jochum und dessen Interpretation von Bruckners Siebter warfen mich erneut darauf, weil es auch mein Forenleben mit prägt seit Anbeginn. Beethoven, der den Adel verachtete und trotzdem von ihm lebte; wie hätte der im III. Reich gelebt und gearbeitet? Hätte er das System für seine Karriere genutzt; hätte er der Kunst zuliebe Kompromisse geschlossen; wäre er emigriert oder in die innere Emigration gegangen? Oder sähe man ihn im aktiven Widerstand, sein Leben drangebend? Wer will das sagen? Natürlich, unser Bild von ihm als dem Heros, der dem schweren Schicksal sein Werk abtrotzt; würde ihn zu gerne mit wehenden Fahnen auch den Machthabern trotzen sehen; aber daran glaube ich nicht, dafür war er zu klug und zu sehr Künstler. Ich sehe ihn eher innerlich zurückgezogen sich nur noch dem Werk widmen, unpopulären Gattungen; komplex und schwierig, ohne Rücksicht auf Ohr und Publikum. Den braunen Mob hätte er verachtet, sich aber nicht geopfert; dem Werk zuliebe.

    Jeder von uns hat sein Bild von der Welt, seine Welt-Anschauung. In meiner Kindheit und Jugend war dieser Begriff allumfassend und Gesetz. Ich wuchs in einem kommunistischen und staatstreuen Elternhaus auf, Jakobiner und Bolschewik war ich und damit schon ein Außenseiter selbst in der späten DDR unter Gleichaltrigen; im Wehrlager beim Drill hieß es, würdest du auf deinen Bruder schießen, wenn er auf der Seite der Konterrevolution föchte und ich schrie „Ja!“ und es gibt keinen Tag seitdem, an dem ich mich nicht für diese eine Silbe schäme. Was Diktaturen uns antun, weiß hier in unserem Kreise niemand außer Oolong und er hatte wenigstens seinen Glauben, als wir den vollständigen und totalen Zusammenbruch eines gesellschaftlichen Systems, das man für ewig erachtete, in materieller und ideeller Hinsicht erlebt haben. Was das für einen Menschen bedeutet, kann niemand von euch ermessen; und die hektische Suche nach einem neuen Wertsystem ließ meinen Blick während der Studienjahre naturgemäß weiten, man lernte und reiste; liebte und trank; die akademische Freiheit und Ungebundenheit des Studentenlebens gab liberalen Ansichten Raum und einem verklärten Blick auf Zukünfte, Chancen und Möglichkeiten. Doch mit jedem Jahr im Beruf, mit jeder neuen alten Erfahrung schmolz das Bewusstsein eines omnipotenten Gestus und das Verlässliche, Beständige wurde wichtig und wichtiger; denn nur das Wahrhafte und Gute dauert und währt. Wie eben Matthias Claudius an seinen Sohn Johannes schrieb: "Es ist nichts groß, was nicht gut ist; und nichts wahr, was nicht bestehet." Oder wahrscheinlich Fontane: „Wer mit 19 kein Revolutionär ist, hat kein Herz. Wer mit 40 immer noch ein Revolutionär ist, hat keinen Verstand.“ So lebe ich heute nur der Natur und Kunst und verwahre mich des grauen tagespolitischen Alltags und schüttle den Kopf über jene Leute, die satt und sicher in Jahrzehnten der Wohlstandsgesellschaft moralisch den Finger heben und richten über große Künstler vergangener Zeiten und die auch einen Beethoven verurteilt hätten, lebte er in solchen. Ich aber weiß mich einig mit jenem in unserer Ablehnung jeglicher Art von selbstgerechtem Messianismus, gegen dessen Doppelmoral und Heuchelei wir beide immer Sturm laufen würden.

    Ich höre den Trauermarsch aus op.26 und denke so für mich; Beethoven, du alter Schalk; du hättest womöglich den Mächtigen damals eine bombastische Staatsmusik geliefert, die sich im Geheimen über sie lustig macht. Und eines ist sicher: Heute wäre er auch ein Unangepasster, nicht stromlinienförmig; er wäre streitbar und unbequem; kein Jasager und ganz sicher nicht einverstanden mit vielem, was in heutiger Zeit schiefläuft. Politische Korrektheit als subtilste und perfideste Form der Diktatur hätte er unterlaufen, wo nur immer ihm möglich. So ist er auch hier Vorbild und Held; Heiland und Messias; geboren fast in heiliger Nacht.

  • Erster Kapellmeister der Oper Frankfurt war in der >Bertini-Ära< vor 25 Jahren Oleg Caetani. Er dirigierte die 7. Beethoven in A-Dur, op.92 in einem Sinfoniekonzert des Frankfurter Opern & Museums-Orchesters. Niemals zuvor floß bei mir so viel Schweiß, niemals danach auch nicht, denn diese Aufführung war dermaßen spannungsgeladen, daß ich begeistert und gebannt war, bis zum Bersten. Heute würde ich mir zumindest im langsamen Satz eine Gegenposition zum entfachten Dauer-Rausch des Oleg Caetani wünschen….um aufgestauten Dampf ablassen zu können. So einseitig feuerköpfig die Interpretation gewesen sein mag, sie ist singulär in meiner Erinnerung. Niemals zuvor und niemals danach habe ich LIVE eine ähnlich überzeugende „Siebte“ gehört.

    Was die Konserve anbetrifft: In meinem Kopf ist die Aufnahme der Siebten, dieser sogenannten „Apotheose des Tanzes“ unter Furtwängler aus dem Titania Palast von 1943. Hier herrscht Welteruntergangsstimmung vor, die Bedrohlichkeit des Krieges dominiert und nicht die Leichtigkeit des Tanzes. Ich muß herausfinden ob es diese SIEBTE auch auf CD gibt. Neben der Vinyl-Aufnahme unter W.F. habe ich um 1980 öfter eine echte Alternative dazu gehört (ebenfalls Vinyl): Pablo Casals als Dirigent des Malboro Festival Orchesters. Diese Aufnahme kommt im warmherzigen Duktus daher, mit gemäßtigten Tempi. Hier herrscht die Atmosphäre von >humanistischem Atem< vor. Heute würden einige vom >Gutmenschen< Casals sprechen…..leider gibt’s diese tolle Interpretation nur als Platte (und mein Plattenspieler funktioniert seit 15 Jahren nicht mehr)


    Wesentlich länger ist es her, daß ich zum ersten Mal die A-Dur Sonate, D 959 von Schubert gehört habe. Ich glaube, es war meine allererste Schubert Sonate. Es war 1963 als Rudolf Serkin im wahrsten Sinne des Wortes mit sich rang und gleichzeitig irgendwie weggetreten war beim Spielen der vorletzten Schubert Sonate. Zum 1. Mal sah ich einen Pianisten >entrückt< und >ver-rückt< zugleich. Im übertragenen Sinn hat Altmeister Serkin sozusagen in den Steinwayflügel gebissen. Sein Spiel war manchmal auf des Messers Schneide. Drei Mal hab ich ihn LIVE gehört. 1963 und 1966 in Hamburg. 1974 in Frankfurt war R.S. nicht weniger intensiv…aber zu viele Töne gingen ihm daneben. Im existentiellen Kampf mit der Partitur schien der Meister müde geworden zu sein. Müßte ich auf die Frage antworten, welcher Pianist mich im Konzertsaal am meisten fasziniert hat, würde ich sofort Rudolf Serkin sagen.


    In meinem Rückblick auf besondere Konzertereignisse komme ich zu meinem dritten Hit in A-Dur, dem Klavierkonzert # 23, KV 488. Ich erinnere mich an Monique de la Bruchollerie. Sie spielte das Konzert unter Isserstedt mit dem NDR RSO. (ca 1964) Ich erinnere mich an eine Spielweise die schlank und sehr klar im Anschlag war. Einige Wochen zu vor hatte ich Ingrid Haebler mit dem A-Dur Konzert erlebt. Diese spielte unter Gabor Ötvös mit dem dritten Hamburger Orchester (Sinfonikern). Das war ein ganz anderer Mozart. Eher zart und schlicht spielte sie, weich und etwas romantisch klang es.

    Ganz anders war die Bruchollerie, nämlich zupackend und die drei Sätze gegeneinander abgrenzend. Die Konzertlaufbahn der Französin endete ganz plötzlich im Dezember 1966 durch einen Autounfall in Rumänien. Sie erlitt einen Schädelbruch, war dann halbseitig gelähmt und trug eine irreparable Verletzung der rechten Hand davon. Bis zu ihrem Tod 1972 verlegte sie sich aufs unterrichten. Zu ihren Schülern zählte beispielsweise Cyprian Katsaris. 1966 hörte ich das A-Dur Konzert mit der Ungarin Annie Fischer unter Sawallisch mit dem Philharmonischen Staatsorchester.
    Innerhalb von 2 Jahren waren es 4 bekannte Pianistinnen mit Mozart Konzerten. Im selben Jahr war es noch Monique Haas, die das Es-Dur Konzert, KV 271 interpretierte (Isserstedt). Bei der temperamentvollen dynamischen Darbietung der Annie Fischer von Köchel 488, hatte ich zum allerersten Mal das Gefühl, daß Solist und Dirigent (Sawallisch) nicht wirklich gut zusammenpaßten.

    Wie gut, daß ich mich heute, am 4. Advent, für A-Dur eingetragen hatte. Die geschilderten Konzerte sind vor meinem geistigen Auge zurückgeholt worden. Ein halbes Jahrhundert ist wie im Fluge vergangen.

    Frei nach Johann Joachim Quantz handelt es sich bei A-Dur um den Affekt der Liebe, Zärtlichkeit, Schmeichelei und Traurigkeit.

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  • Bitte zunächst die ersten Takte der Richter-Aufnahme hören

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    Die ersten Takte der a-moll Sonate D 845 von Schubert hämmerten mir mit 17 Jahren etwas in die Seele. Was ist da passiert? Ein Paukenschlag um in das Leben hineinzufinden? In der Folgezeit muß sich in mir eine Art Tiefenszenarium entwickelt haben, daß eine endlose Geschichte des Aufbaus in Richtung Bewußtwerdung und Findungs-Abenteuer humanistischer Werte ins Rollen gebracht hat…..weg von der Dumpfheit und Traurigkeit des Flüchtlingskindes in mir und weg von der grauen Nachkriegszeit, um sie zu überwinden. Die Gefühle die ich heute mit Richters Aufnahme von 1957 verbinde, entsprechen der Qualität und Pflege einer langen tiefen ideellen Freundschaft im Geiste, in der Tacheles geredet wird.
    Es ist eine mir immer wieder gut tuende, tragfähige Werte-Verbindung, die mittlerweile 55 Jahre hält. Letztendlich geht es gegen die Barberei der Unmenschlichkeit in mannigfacher Form,: durch Erziehung zur Anpassung und Erniedrigung bis zum Untertangeist. Ich sehe in diesem Moment Edward Munchs Bild >der Schrei< vor meinem geistigen Auge.
    Die a-moll Sonate befreit vom >Schrei<.Die a-moll Sonate hat mich tief berührt und beeinflusst, damit ich dem wachsenden menschlichen Impuls in mir immer konsequenter folgen konnte, um meine Hilflosigkeit und das Aufgestautsein besser überwinden zu können. Ich habe Richter nur zwei Mal LIVE gehört. Das war Mitte der Sechziger im Tessin und zwanzig Jahre später in Mainz.
    Über das Medium Musik läuft also >mein persönlicher Kampf< gegen Ohnmacht und Leere seit einem halben Jahrhundert. Meine psychoanalytische Lebensphilosophie kommt als wichtige Hilfe dazu. Trotz Aufgeklärtsein und Wissen um so viel Gier, Ausbeutung und Greueltaten von damals und heute, benötige ich sie um Dinge einordnen zu können. Mein eigentliches Lebens-Elexier aber, das befreiend beruhigt, um die existenziellen Lebens-Nöte zu meistern, (ver)heißt Botschaft der Tiefe durch und in der Musik.

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    Von den beiden großen Klavierkonzerten in a-moll, Bedeutet mir das Schumann’sche mehr als das Grieg‘sche. 1974 hatte eine Frankfurter Konzertagentur ein Jubiläum und organisierte dafür ein festliches Konzert mit drei berühmten Klavierkonzerten. Es spielte die Philharmonia Hungarica unter Reinhard Peters. Der Pianist war der 30 jährige Radu Lupu. Er spielte neben Mozart d-moll, KV 466 und Beethoven Es-Dur, op.73, das Klavierkonzert in a-moll, op.54 von Robert Schumann. In dieser Aufführung in Frankfurt empfand ich ein großes Glücksgefühl. Die Genialität dieses Werkes fußt wohl auf der Verzahnung beider Klangkörper. Vielleicht entsteht vor allem dadurch eine Tiefe >reiner Empfindung<, weil es einem echten, ehrlichen romantischem Gefühl nahe kommt, sodaß es nicht als romantisierend oder gar schwülstig empfunden wird. Jedenfalls ist das a-moll Konzert zum Inbegriff des romantischen Klavierkonzertes für mich geworden. Der junge Radu Lupu hat es damals mit sensibler Tiefe der Empfindung gespielt, die er in späteren Jahren –aus meiner Sicht- nicht wieder ereicht hat. In der rumänischen Klaviertradition von Dinu Lipatti (Aufnahme unter Karajan), Clara Haskil (Aufnahme unter Markevich) über Radu Lupu, ist es heutzutage der junge Teo Georghiu, der Schumanns gewichtiges Opus 54 ähnlich klar strahlend, wie jugendlich zupackend eindrücklich spielt.