Für mich bitte etwas Leichtes! Operette – Kunst oder Kitsch?

  • Wir Opernleute halten uns nicht für was besseres, wir möchten nur, dass gut gesungen wird.
    Ausserdem gibt es viele leichte und lustige Opern.
    Dazu zähle ich Liebestrank, Barbiere, Don Pasquale, Zar und Zimmermann.
    Es wird nicht immer gestorben und gemordet.
    Santuzza

  • Natürlich gibt es auch Opern, in denen nicht gestorben wird, Gott sei Dank. Die Geschmäcker sind verschieden, ich mag lieber die heiteren Opern und die in deutscher Sprache, die ich schon hier gelistet habe.

    musica :wink:

  • zumindestens nicht an den VSB KR-MG

    In dieser Spielzeit werden die "Lustigen Nibelungen" von Oscar Strauß aufgeführt, und in der nächsten Spielzeit endlich mal wieder die Königin der Operette "Die Fledermaus".

  • Lieber Picasso, freue mich dich hier zu sehen.

    Es gibt die "neue Operette in Düsseldorf", dieses Jahr gibt es den Zigeunerbaron, im Juli auf der Freilichtbühne in Zons. Da gibt es zwei Sänger, mit denen ich schon sehr oft auf der Bühne gestanden habe.

    musica :wink:

  • Meine Korrep, die eine große Befürworterin der Operette ist, meint, dass Operette in gewisser Weise sogar schwieriger zu singen ist als Oper, denn sie verlangt - mehr als die Oper - Freiheit in der Gestaltung, ohne dabei die Vorgaben der Komposition gänzlich außer Acht zu lassen. Was meint ihr dazu?

    Schöne Grüße

    Vitellia

  • Hallo Vitellia,

    da hat deine Korrepetitorin recht, es ist nicht nur das Singen, sondern spielen, sprechen, tanzen. In der Oper ist genau festgelegt wo der Sänger zu stehen hat, sogar die Bewegungen, eigentlich jeder Schritt muss so ausgeführt werden, wie es der Regisseur vorgeben hat. In der Operette geht das nicht, dafür ist zu viel Action in der Handlung. Das ist zwar auch im "Groben" festgelegt, aber das ist sehr wenig im Verhältnis zur Oper. :wink:

    musica :wink:

    • Offizieller Beitrag

    In der Barockoper (vielleicht max. bis Hasse, den ich trotz aller vorklassischer Elemente ganz gerne noch dazu zählen würde) sind durchaus die Gesten bis ins Detail festgelegt (gewesen) - allerdings nicht wirklich schriftlich: es gibt einige Aufzeichnungen darüber, aber kein 'Drehbuch' für jede Aufführung. Diese Gesten waren per se festgelegt - und heute hält sich niemand mehr daran, obwohl sie für die Wirkung der Oper sehr wichtig sind; es wird erst allmählich wiederentdeckt und umgesetzt (beispielsweise im Karlsruher Radamisto 2009/2010. Hier war die Expertin Sigrid T’Hooft am Werk. In den vorklassischen und (Wiener) klassischen Opern, vor allem aber im dt. Singspiel, wurde dies dann zunehmend lockerer, es gab vielleicht noch ein paar Relikte aus vergangenen Zeiten. Erst die heutige (moderne) Umsetzung schreibt vermutlich jeden Atemzug genaustens vor; das hat natürlich den Vorzug, daß der Zuschauer stets (in etwa) das genau Gleiche geboten bekommt, andererseits wirkt es auch manchmal zu statisch und zu eingeübt (unecht).

    Wie sich dies in der Operette entwickelt hat, vermag ich nicht zu sagen - ich weiß nicht einmal, ob dort das heißdebattierte 'Regietheater' (bereits) Einzug gehalten hat?

    Ansonsten gab es auch in der (Barock) Oper für die Protagonisten freie Gestaltung der Gesangspartie (wenn man nicht gerade mit Händel zu tun hatte... da konnte einem die Freiheit manchmal ziemlich weh tun *flirt* :( besonders die da-Capo-Teile der danach benannten Arien wurden ja frei ausgeziert, teilweise bis zur Unkenntlichkeit 'fiorifiziert'... auch dieser Umstand wird erst seit HIP wiederbelebt und macht die Opern wieder interessant.

    :wink:

  • Zitat

    Wie sich dies in der Operette entwickelt hat, vermag ich nicht zu sagen - ich weiß nicht einmal, ob dort das heißdebattierte 'Regietheater' (bereits) Einzug gehalten hat?

    Da war doch kürzlich die Fledermaus in Frankfurt, total Regietheater, da wurden sogar innerhalb des Librettos Szenen vertauscht. Sonst habe ich eigentlich in der Operette noch kein Regietheater gesehen.

    Natürlich ist die Grundszenen festgelegt, doch ob ich jetzt nach links oder rechts gehe, die Hände und Arme heute so morgen so hebe, wird nicht vorgeschrieben. Gesten entwickeln sich aus dem Inhalt des Textes. Die Gesangspartien aber müssen genau sein, da dürfen keine Änderungen innerhalb des Spiels sein.

    musica :wink:

    • Offizieller Beitrag

    da wurden sogar innerhalb des Librettos Szenen vertauscht.

    Hm. Ob das unbedingt zwingend etwas mit 'Regietheater' zu tun hat? Ingmar Bergman hat in seinem Trollflöjten-Film (Zauberflöte, 1974) auch etliche Szenen umgestellt - und mit Regietheater im derzeitigen Verständnis hat Bergman für meine Begriffe wenig zu tun.

    :wink:

  • Diese Fledermaus war in meinen Augen reines Regietheater, oder was versteht man unter dem Begriff? :wink:

    musica :wink:

    • Offizieller Beitrag

    Diese Fledermaus war in meinen Augen reines Regietheater, oder was versteht man unter dem Begriff?

    Hm. Gute Frage. Irgendetwas, das die meisten heute (aus Unverständnis oder zumindest unverständlichen Gründen) verabscheuen. Ich habe auch nicht die von Dir benannte Fledermaus-Inszenierung an sich gemeint, sondern lediglich den Aspekt des Szenen-Vertauschens, der eben m. E. nicht zwingend allein durch sein Vorhandensein jede Darbietung gleich zum Regietheater macht... das wäre ja dann relativ einfach zu definieren. Im Übrigen kenne ich diese Inszenierung (abgesehen von der ganzen Operette) nicht.

    Es gibt natürlich viel Schund oder freundlicher ausgedrückt: wenig inspirierte Darstellungen im Regietheater (zuletzt fand ich z.B. Grétrys Andromaque in Schwetzingen nicht so besonders überirdisch, weder von der Inszenierung her, noch von der Komposition, noch von der musikalischen Umsetzung... - dto. Kraus' Proserpin vor einigen Jahren). Da ist einfach mehr drin... (und bei herkömmlichen Inszenierungen natürlich auch - oder erst recht). Aber hier soll es ja um Operette gehen und da kenne ich mich nicht aus.

    :beatnik:

    Stilistisch liegt mir das absolut nicht - das fängt schon mit Carl Maria von Webers unglücklichem Abu Hassan an... da klingeln mir die Ohren! Da liegen mir Méhuls Operas comiques schon deutlich eher, die haben auch operettenhaftes an sich, diese Unbeschwertheit, etwas leicht Lotterliches, (damals) Komisches. Lortzings Undine (romantische Zauberoper - für mich schon Operette) fand ich auch sehr melodiös.

    Aber zurück zum Thema...

    :wink:

  • Natürlich gibt es auch Opern, in denen nicht gestorben wird, Gott sei Dank. Die Geschmäcker sind verschieden, ich mag lieber die heiteren Opern und die in deutscher Sprache, die ich schon hier gelistet habe.


    Ein Spruch, den ich diese Woche im Radio von einer Mezzosopranistin hörte. Sie wurde gefragt warum sie denn ein Mezzosopran sei und kein Sopran. Sie antwortet "Ich möchte nicht jeden Abend auf der Bühne sterben". ...

    musica :wink:

  • Nochmal etwas zur aussterbenden Operette, die Bühne, an der ich über 24 Jahr Operette gesungen habe, gibt es so nicht mehr, sie machen mehr Musicals und Singspiele wie das Wirtshaus im Spessart, mit der Musik von Franz Grothe, warum? Weil ihnen die Tenöre fehlen und sie keine Operette mehr besetzen können....

    Einige Sänger der Bühne haben sich in Zons am Rhein mit anderen zusammengetan, dort wird noch Operette gespielt, in wunderbarer Kulisse in der Burg.

    Mein Ensemble macht zwar keine ganze Operette, doch Konzerte mit Operettenmelodien, die immer sehr beliebt sind beim Publikum.

    musica :wink:

  • Lieber Barocker,

    ich selber habe mich zur Ruhe gesetzt, unterrichte auch nicht mehr, leite aber ein Ensemble mit klassischen Sängerinnen und Sängern aus ganz Deutschland, Frankreich, Österreich. Unser nächstes Konzert "Don Giovanni trifft die lustige Witwe" findet in der Kulturfinca Don Bauló auf Mallorca statt. Mit dabei ist die deutsche Konsulin Mallorca.

    Ein Operettenkonzert wird im April in Bad Windsheim sein.

    (Sehen kannst du mich beim Treffen (Eroica, Tamino und Ehemalige) am 3.2. in Leverkusen

    musica :wink:

  • Ja, die Operette lebt....gerade von einer Konzertreise aus Graz zurück. Österreich, das Land der Operette, dort ist sie nach wie vor gefragt und das Publikum nimmt sie begeistert an. Trotz Fußball und 32° im Schatten, ließen es sich die Zuhörer nicht nehmen unseren Operettenmelodien zu lauschen.

    Zwar hatten wir einen Tag vorher ein Konzert mit Lied und Oper, aber die Operette hat den Vogel abgeschossen. Ich glaube, sie sollte bei uns in Deutschland mal etwas aufgefrischt werden, das Publikum möchte sie hören, sie ist nicht tot zu kriegen.

    musica :wink:

    • Offizieller Beitrag

    Schon eine Weile neu:

    Leo Fall (1873-1925)
    Der fidele Bauer

    Rupert Bergmann, Robert Maszl,
    Franz Suhrada, Romana Noack

    Lehár-Festival-Chor
    Franz-Lehár-Orchester
    Vinzenz Praxmarer

    Oskar Nedbal (1874–1930)
    Die Winzerbraut

    Wolfgang Müller-Lorenz,
    Mirjam Neururer, Bibiana Nwobilo

    Chor & Orchester des Musik Theater Schönbrunn
    Herbert Mogg

    ;)

  • Ich glaube, diese beiden Operetten, die eigentlich ganz hübsch sind, findet man auf den Bühnen nicht mehr, wie viele andere klassische Operetten auch, leider.

    musica :wink:

    • Offizieller Beitrag

    Genau deswegen hat es sich das jpc-eigene Hauslabel cpo zur Aufgabe gemacht,

    Zitat

    ehemalige Erfolgsoperetten, die auf den Spielplänen der normalen Theater so gut wie nicht mehr auftauchen [...] in lebendigen und musikalisch mustergültigen Aufführungen vor dem Vergessen

    zu operetten.

    :wink:

  • ich höre von morgens bis abends Klassik Bayern und einmal in der Woche abends kommen Operetten. Es ist eine sehr interessante Sendung, da kommen Operetten vor, von denen ich bisher noch nie etwas gehört habe, natürlich alte Aufnahmen, denn diese Operetten stehen mit Sicherheit nicht im Programm der Bühnen. Es sind wunderschöne Melodien dabei, schade, dass sie ausgestorben sind.

    musica :wink: