Musik aus dem 17. und 18. Jhdt. ist für mich eindeutig ein Fall von HIP (frühere natürlich auch, nur hab ich da nichts.) Einzige Ausnahmen sind Interpretationen, die auf besondere Weise den Zeitgeist ihrer Entstehungszeit wiederspiegeln, wie z.B. der Goosens-Messias oder die ein oder andere Richter-Einspielung, wobei ich selbige aber nicht dem 17. und 18. Jhdt. zu ordne, sondern ihrer Entstehungszeit.
Das 19. Jhdt. nun ist für mich natürlich auch ein Fall für HIP, aber je weiter es fortschreitet, desto geringer wird das Angebot. Eigentlich ist nur Beethoven gut erschlossen, derweil beim Rest die Luft rapide dünner wird.
Die Schubert-Zyklen in HIP kann man an einer Hand abzählen, Schumann an einem Finger, Mendelsohn gibt es nur in Einzelaufnahmen, von Bellini gibt es nichts, von Donizetti nur 1 Lucia di Lammermoore, von Weber 1 Freischütz, von Wagner 1 Holländer, von Brahms 2 bis 3 mal die Sinfonien jedoch nur 1 Konzert und von Bruckner 1 dritte.
Meine Frage nun: wie verhaltet ihr euch, wenn aus diesem doch sehr überschaubaren Sortiment die ein oder andere Aufnahme schwach ist. Welcher Aufnahme gebt ihr den Vorzug? Der mediokren bis schwachen in HIP oder der guten OMI?
Für meine Person bleibt eine schwache Aufnahme eine schwache Aufnahme, die auch durch HIP nicht gerettet wird. Und um mich beim Anhören nicht permanent darüber ärgern zu müssen, lass ich die schwache HIP im Regal zieh mir lieber eine gute OMI raus.
Gute Beispiele dafür sind Donizettis Lucia di Lammermoore in der Interpretation von Mackerras und der Hanover Band, oder Wagners Holländer in der Interpretation von Bruno Weil und der Cappella Coloniensis. Von beiden Opern gibt es deutlich bessere Aufnahmen und zwar so deutlich, dass da auch HIP nichts mehr bewirkt.
Und dann ist da noch ein Sonderfall da: die einzige OPI-Aufnahme von Webers Freischütz in der Interpretation von Bruno Weil und der Cappella Coloniensis. Interpretatorisch nicht einmal schlecht - besonders die Wolfsschluchtszene hab ich in sehr guter Erinnerung - hat Weil bei ihr die Originaldialoge gestrichen und sie durch von dem Dramatiker Steffen Kopetzky verfasste Samiel-Monologe ersetzt. Durchaus hörens wert, aber ist das noch HIP?
Siegfried