SIR John Barbirolli hieß eigentlich Giovanni Battista mit Vornamen, wurde am 2. Dezember 1899 in London geboren, die Mutter war Französin, der Vater Italiener und trotzdem war er so durch und durch "britisch", daß wohl kaum ein anderer Dirigent die englischen Spätromantiker Delius, Vaughn-Williams, Walton, Elgar und Bax ähnlich >idiomatisch ENGLISCH< interpretiert und für die Platte uns hinterlassen hat. So ähnlich könnte man es auch in einem Musiklexikon nachlesen. Für mich ist er einer der ganz GROSSEN seiner Spezies des 20. Jahrhunderts. Leider habe ich ihn nur einmal LIVE erleben können, da er bereits im Alter von 70 Jahren im Sommer 1970 gestorben ist. Mit dem New Philharmonia Orchestra hab ich ihn 1967 gehört. Ich saß ganz vorne und konnte sehen, wie er kurz vor seinem Gang ans Pult noch einen Schluck seines geliebten Whiskys zu sich nahm. Seine Interpretationen der Haydn-Variationen (Brahms) und der 5. Mahler werde ich nie vergessen. Auf Platte/CD hat er mit den Wienern die Brahms-Variationen (+ alle 4 Sinfonien) eingespielt, die 5. Mahler gibt es mit den Berlinern und dem New Philharmonia und zählt sicherlich zu den besten Fünften.
Sir John war gelernter Cellist und ungefähr ab seinem 50. Lebensjahr DER DIRIGENT Barbirolli, mit dem ausladenden warmherzigen, ja süffigen Ton, (natürlich an ein Cello erinnernd) wie die Nachwelt ein wichtiges Merkmal seines Dirigierstils in Erinnerung behalten wird. In jüngeren Jahren war er ein "Heißsporn", Toscanini-ähnlicher Dirigierstil, bereits Ende der Dreissiger Chef der New Yorker Philharmoniker. Seine wohl prägendste Ära war ca 20 Jahre in Manchester mit dem Halle Orchester. Eigentlich hat er (fast) ALLES dirigiert, von Bach und Händel über Haydn, Mozart, das gesamte romantische und spätromantische Repertoire. Auch die Oper war seine Domäne: an der MET und anderen Opernhäusern (Rom, London) war er zu Hause, von Purcell's "Dido und Aeneas" über Puccini bis Wagner (Tristan, RING) hat er ebenfalls Exemplarisches geleistet.Das erste Werk Mahler's welches er aufführte, war 1931 in London mit Elena Gerhardt >die Kindertotenlieder<. Chopin's Konzerte 1+2 mit Artur Rubinstein Anfang Mitte der dreisseiger Jahre sind exemplarische Dokumente von kultivierter Virtuosität mit explosivem Furioso. Zu meinen Lieblingseinspielungen gehören Verdi's Messa da Requiem, bei Beethoven ganz besonders die "Eroica" mit dem BBC Orch. (1968), die für mich einen singulären Stellenwert hat, trotz Furtwängler, Toscanini, Karajan, Bernstein & Co. Viele sagen, seine Mahler Interpretationen seien seine überragende Hinterlassenschaft.....bis auf die 8. und 10. Sinfonie hat er alle Sinfonien eingespielt. Die NEUNTE mit den Berlinern gehört für mich zu den einzigartigen Interptretationen. Seine Interpretationen der 7 Sibelius Sinfonien mit dem Halle Orchester Manchester singen ganz besonders diesen honoren, auch weinenden, schreienden und jubilierenden Charakter-"Ton" des einzigartigen Sir John. Es gibt eine Aufnahme der Zweiten in D-Dur mit dem Royal Philh London, die für mich Referenzcharakter hat. Sir John DER Humanist unter den Dirigenten. Auch den TRISTAN (mit Flagstad und Melchior) hat er dirigiert/aufgenommen: (abgewandelt) "ganz bewußt.....höchste Lust"
[b]Ein Hoch auf Sir John Barbirolli.............."Arnulfus"