Beeinflusst die Landessprache unser Musikhören?

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    Ich hatte just dieser Tage mit meinem Dad eine Diskussion darüber, daß deutsch gesungene Lieder (hier ging es primär um aktuelle Radio-Hits) besch****en klingen ... englisch gesungene dagegen fast immer gut.


    Darüber habe ich gestern anlässlich Purcells auch nachgedacht. Ich empfinde dessen Werke in englischer Sprache ungemein faszinierend, ganz im Gegenteil zum Französischen in der Musik ein paar Jahrzehnte später. Das Italienische verbinde ich meist mit der Art Oper, die ich nicht mag; das Russische liebe ich, ohne es in der Musik für notwendig zu halten; das Deutsche aber möchte ich niemals missen, beim Kunstlied nicht, nicht in der Oper und ganz besonders nicht in Kantate, Passion, Oratorium. Es mag daran liegen, wie sehr man als Individuum dem angloamerikanischen Kulturimperialismus seit 1945 anheimgefallen ist; da war man in der DDR sicher nicht ganz so indoktriniert, aber dennoch, die allumfassende Präsenz des Englischen zeitigt Wirkung überall. Wobei der seltsame Effekt entsteht, dass man niemals wirklich viel versteht, darin liegt der ganze Grund für den Siegeszug der englischsprachigen Popmusik.

    Das deutsche Kunstlied und seine Interpreten - Muttersprachler vor Ausländern?

    "Wenn man sich nur das Urteilen abgewöhnen könnte, dieses dilettantische Verfälschen der Dinge! Wir wollen immer verstanden werden und sind selber unerbittlich verständnislos." (Verdi bei Franz Werfel)

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    Wobei der seltsame Effekt entsteht, dass man niemals wirklich viel versteht, darin liegt der ganze Grund für den Siegeszug der englischsprachigen Popmusik.


    Ist nicht der Großteil der Konsumenten dieser Art Musik englischsprachig? Das würde jedenfalls Deine gut gemeinte These widerlegen ...

    *hmmm*

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    Das ist aber eher die Ausnahme; bei Haydn gibt es m. W. nur die schottischen Liedbearbeitungen, bei denen die Originalsprache englisch ist. Und die haben bislang noch keinen Siegeszug unternommen (außer in einem kleinen unbesiegbaren Dorf in den Niederlanden ...).

    :wink:

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    Um UNSER Musikhören in Abhängigkeit von der Landessprache geht es mir; nicht ob z.B. italienische Texte ins Deutsche übertragen werden bei Opern etc. Das hat vor allem etwas mit der Musikalität von Sprachen zu tun, wie wir Deutsche sie empfinden: Ich halte an sich schon sehr klangsinnliche Sprachen wie italienisch, französisch oder russisch für weniger geeignet, Musik zu transportieren als englisch oder deutsch. Aber, daher der Thread hier, das mögen andere ganz anders sehen und hören.

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    Aber, daher der Thread hier, das mögen andere ganz anders sehen und hören.


    Ich zum Beispiel. Französisch (sehr schöne gesprochene Sprache!): im Gesang jedweder Art von Klassik bis Pop für mich nur albern ... Englisch (Shakespeare-Englisch) sehr gern, Italienisch eh perfekt, da die Sprache ohnehin von ihrer Eigendramatik lebt und bereits gesprochen zu einem Musikwerk wird, Deutsch: mal so, mal so.

    Natürlich eignet sich die dt. Sprache für eine weltweit erfolgreiche Verbreitung eines „Stückes" nicht (Ausnahmen mögen wie stets die Regel bestätigen). Wer Beethovens IXte aufführt, tut dies in der Regel mehr oder weniger mit deutschem Text ... Übersetzungen sind eher die Ausnahme. Latein ist da die goldene Mitte: versteht eh niemand mehr (so wie es auch ursprünglich gedacht war 8-) ) ...Lateinische „Libretti" hat m. W. noch niemand in übersetzter Form dargeboten, es sei denn, die Texte wurden vor der Vertonung in eine lebendige Sprache übertragen:

    Wie paradox wäre auch Brahms' dt. Requiem oder Schuberts dt. Messe auf z.B. englisch, ungarisch, französisch (...) gesungen ...

    Großer Fehler z.B. im Film „Amadeus", daß hier das deutsche Singspiel so hochgehoben wird und gesungen wird auf englisch. Völlig bekloppt und sinnentstellend.

  • Ich halte an sich schon sehr klangsinnliche Sprachen wie italienisch, französisch oder russisch für weniger geeignet, Musik zu transportieren


    Hä????????

    Alle Wege führen zum Bach,
    .................................... wo der kleine Biber lebt!

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    Ich zum Beispiel. Französisch (sehr schöne gesprochene Sprache!): im Gesang jedweder Art von Klassik bis Pop für mich nur albern ... Englisch (Shakespeare-Englisch) sehr gern, Italienisch eh perfekt, da die Sprache ohnehin von ihrer Eigendramatik lebt und bereits gesprochen zu einem Musikwerk wird, Deutsch: mal so, mal so.


    Wieso im Gegenteil? Deine Ausführungen unterstützen meine. *yes*

  • Ich kann auch bei Bach die Texte beim Hören ignorieren - das ist eine Frage des Trainings. Bei Sprachen, die ich gar nicht beherrsche, geht das natürlich noch besser. Russisch verstehe ich gar nicht, da kommt also das Problem des Hinhörens überhaupt nicht zum Tragen.

    Was die Qualität der Sprache an sich betrifft, hat das Englische etwas Dankbares an sich - dem Latein ähnlich - , daß es Sinnkonstrukte recht kurzweilig und clever in Reim pressen kann; da tut sich das Deutsche deutlich schwerer. Italienisch hat von seiner Klangfarbe etwas Unmittelbares an sich, was toll funktioniert - Französisch ist für mich eher eine Sprache zum Lesen und Rezitieren, beim Musik finde ich sie manchmal etwas gequält, gewollt. Latein ist für mich vertraut und inzwischen auch nicht mehr wegzudenken - eine Sprache, die ich gerne höre.

    Man gewöhnt sich auch an bestimmte Bedingungen - oder eben nicht: Bach auf Englisch ist für mich absolut ungewohnt, aufs Deutsche übersetzte Opern sehe ich fast immer als gewöhnungsdürftig an. Das sind Punkte, die ich nach Möglichkeit unterbinde, weil mir viele Übersetzungen nicht wirklich zusagen; aber es gibt auch erfreuliche Ausnahmen auf diesem Gebiet, die ich sehr schätzte. Die anderen Sprachen kann ich nicht so gut, als daß ein Beurteilen der Übersetzungen so deutlich eine Ab- oder Zuneigung ermöglichen könnte.

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

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    Was die Qualität der Sprache an sich betrifft, hat das Englische etwas Dankbares an sich - dem Latein ähnlich


    Das ist richtig und insofern erstaunlich, als die eine ein Musterbeispiel des synthetische Sprachbaus ist und die andere eins des analytischen.

    "Wenn man sich nur das Urteilen abgewöhnen könnte, dieses dilettantische Verfälschen der Dinge! Wir wollen immer verstanden werden und sind selber unerbittlich verständnislos." (Verdi bei Franz Werfel)