• Offizieller Beitrag

    Liest man immer: „Orchester XY unter YZ“ ... ich mag das ehrlich nicht: das klingt bescheuert, herabsetzend für das Orchester und unnötig überbewertend in Bezug auf den Dirigenten - und einfach spießig. Ich muß mich jedes Mal schütteln, um die vom Ekel hervorgerufenen Gänsehautpickel loszuwerden. „Unter (der) Leitung von ..." ist schon besser, aber nur unwesentlich, auch irgendwie niveaulos nach meinem Empfinden.

    Englisch recht neutral: „YZ conducting“, französisch ist es ganz witzig: „sous la baguette de YZ", was natürlich auch nichts anderes bedeutet als „Unter der Stabführung von YZ"; hierzu darf man wissen, daß Baguette zu Deutsch (Zauber-) Stab, Stöckchen, Stäbchen bedeutet, woher dann eben auch die gebackene und zu Recht vielgerühmte Teigware ihre Bezeichnung bezog.

    *birne*

    Ich werde jetzt das Bild nicht mehr los, daß ein Karajan mit einem langen, dünnen Brot dirigert ... *karajan*

    Bei meinen Angaben zu den Interpreten vermeide ich derlei Ausdrücke einfach.

  • Ich verwende es wohl auch, weil ich es einfach so oft bei anderen gelesen und dann übernommen habe. Allerdings habe ich mir darüber nie viel Gedanken gemacht, weil es einfach eine Konvention ist, die jeder kennt. Ganz klar stammt sie aus einer Zeit, als Dirigenten als Götter angesehen wurden, die entscheidenden Persönlichkeiten, die aus einem zusammengewürfelten Haufen von Möchtegern-Dirigenten erst ein Orchester geformt haben ( ;) ). Das war halt die frühere Einstellung: da gab es kein Lenny, sondern ein Mr. Bernstein, kein Willi, sondern ein Herr Furtwängler, kein Karl, sondern ein (ganz wichtig... *opi* ) Dr. Böhm. Man war dann auch tatsächlich was.

    Heutzutage ist noch die Worthülse da, und man verwendet sie halt aus Gewohnheit. Aber wie so viele Wortschöpfungen der früheren Zeit, der man heute etwas Degoutantes unterstellen will (z.B. Negerkuß oder Zigeunerschnitzel), ist es einfach eine Hülse, die bestimmte Dinge beschreibt; und wenn man sie verwendet, ist es auch nicht immer fair zu sagen, man hätte ein Problem mit seiner Einstellung.

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

    • Offizieller Beitrag

    Für mich kein Problem, ich benutze die Wendung gerne. Ich verstehe unter "unter" einfach das, was es auch meint; nämlich unter der Leitung und leiten muss ein Dirigent, das hat nichts Pejoratives an sich. Man kann Sprache immer auch missverstehen, wenn man partout will; aber Sprache ist unschuldig; die Semantiker sind es nicht. Ich z.B. arbeite nicht gerne unter Frauen; ist das nun auch sexistisch? Und was ist mit unter der Woche? 8-)

    • Offizieller Beitrag

    Natürlich ist Sprache immer auch Spiegel der gesellschaftlichen Verhältnisse; aber als historisch gewachsene wie z.B. das Deutsche führt sie auch ein Eigenleben, dem weder rein logisch und schon gar nicht ethisch beizukommen ist. Aber das ist ein zu weites Feld.

    • Offizieller Beitrag

    dem weder rein logisch und schon gar nicht ethisch beizukommen ist.


    Doch, man kann Sprache auch bewusst modernisieren; ich mag es abstrakter, ohne daß Bedeutungen hineingelegt werden können (weil die einem ja ständig um die Ohren gehauen werden, obwohl mal sie selbst ja nicht hineingelegt hat).

    Also nüchtern, wie ich es stets mache:

    Solisten, ..., ....,
    Bezeichnung des Chores
    Bezeichnung des Orchesters
    Name des/der Dirigenten/in

    Von mir aus kann vor dem Namen auch Leitung und/oder Dirigent/in stehen; aber: was soll das? Ist ja eh klar ... Ausnahme: Doppelfunktion, z.B. Leitung & Clavier. Ich bin auch eher minimalistisch veranlagt, so stört es mich, wenn Überflüssiges erwähnt wird wie z.B. „Dirigent: Herbert von Karajan" - mein Gott, was macht der wohl sonst da? Staubsaugen, Blockflöten?

    :beatnik:

    Ich verwende es wohl auch, weil ich es einfach so oft bei anderen gelesen und dann übernommen habe. Allerdings habe ich mir darüber nie viel Gedanken gemacht, weil es einfach eine Konvention ist, die jeder kennt.


    Leute, die „unter" oder „unter der Leitung von" schreiben, haben für mich einen gewissen Hang ... (nicht alle, aber viele); ich könnte das jetzt an gewissen Beispielen festmachen, aber: i moag ned, weil mir das wieder zu politisch wird. Ich wollt's nur mal gesagt haben.

  • Dir ist aber schon klar, daß diese Formulierung praktisch nur in Texten vorkommt, eher weniger in den "Credits", wie es doch so schön heißt - da habe ich mich auch auf die neutrale Variante "D:" eingeschossen.

    Doch irgendwann passiert es, daß man solche Floskeln einfach Floskeln sein läßt, weil sie zu sehr von der eigentlichen Absicht ablenken - von der Beschreibung des Gehörten (oder Unerhörten, wie man's nimmt... ;) ). Da liegt der Fokus auf die Suche nach den richtigen Worten, um das eigene Empfinden zu erläutern. Da denkt man nicht immer darüber nach, wie man es beschreibt.

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

    • Offizieller Beitrag

    Da denkt man nicht immer darüber nach, wie man es beschreibt.


    Ich finde, das sollte man aber tun; ich weiß: einige tun es aus Überzeugung.

    Zitat

    da habe ich mich auch auf die neutrale Variante "D:" eingeschossen.


    :D

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin einfach zu müde dazu...


    Ich bin von Geburt an sehr wachsam. Ich möchte um jeden Preis verhindern, nochmal geboren zu werden ... 8-)

    Ja, aber die sind nicht hier in E - sondern woanders...


    Wem auch immer sei Dank.
    *danke*

    • Offizieller Beitrag

    Leute, die „unter" oder „unter der Leitung von" schreiben, haben für mich einen gewissen Hang ... (nicht alle, aber viele)


    Ich halte das partiell für möglich, ansonsten aber für dezidiert falsch und eine Projektion. Aber damit genug.

  • ... dasselbe wie zwischen den Jahren.

    Im Unter-der-Woche-Fall dürfte unter von inter herkommen. *hä*


    Ich habe mal gelernt, dass "unter" auch die Bedeutung von "zwischen" trägt, zum Beispiel bin ich hier im Forum unter Freunden. Das bedeutet doch ganz und garnicht, dass ich mir euch untergeordnet fühlen würde - gerade im Gegenteil, wir sind ja hier unter uns.

    LG
    Tamás
    *castor*

    Alle Wege führen zum Bach,
    .................................... wo der kleine Biber lebt!

    • Offizieller Beitrag

    Und ein letztes Wort hierzu von mir als Germanist und Sprachwissenschaftler (Philologe und Linguist; auch Mediävist) - die Lehre von den Präpositionen ist so komplex und vielgestaltig, dass sich hier "ideologische" Deutungen von selbst verbieten. Gerade die deutsche Sprache ist ein Musterbeispiel für das wild Wuchernde der Sprachgeschichte, die Bedeutungseigenschaften von Präpositionen sind per se und in ihrer historisch gewachsenen Gestalt schon so unterschiedlich und auch widersprüchlich und dazu kommen eben noch die von außen intendierten Semantiken.

    "Wenn man sich nur das Urteilen abgewöhnen könnte, dieses dilettantische Verfälschen der Dinge! Wir wollen immer verstanden werden und sind selber unerbittlich verständnislos." (Verdi bei Franz Werfel)