Das Thema Gleichheit macht mich genauso fertig wie das Thema Freiheit. Seit 1789 rennen wir hier einer Chimäre hinterher, basteln Weltanschauungen und opfern ihr Menschen zu Millionen. Glücklich wird dabei niemand.
Gleichheit im Sinne von gleichen Lebenschancen ist eine Utopie. Um eine wirkliche Gleichheit herzustellen; müssten alle Menschen mit dem gleichen oder ähnlichen genetischen Material zur Welt kommen und alle in gleiche oder ähnliche gesellschaftliche Verhältnisse hineingeboren werden. Das ist natürlich hinsichtlich der Vererbung (noch?) nicht möglich und vielleicht auch nicht wünschenswert. Und um einen gleichen sozialen Ausgangspunkt in allen denkbaren historisch gewachsenen Gesellschaften herzustellen; müsste man diese alle auf Null fahren und vollkommen neu beginnen mit einem kompletten und allumfassenden Reset. Auch das ist nicht möglich ohne die Liquidation von wahrscheinlich Milliarden Menschen und einen vollständigen Neuaufbau der Strukturen menschlichen Zusammenlebens.
Wenn sich also heute in den westlichen Gesellschaften eine Gruppierung die Forderung Gleichheit auf die Fahnen schreibt; kann das nur bedeuten; die naturgesetzlich und historisch vorhandenen Ungleichheiten auszutarieren und irgendwie auszugleichen. Innerhalb eines kapitalistischen Wirtschafts- und Wertesystem scheint mir das allerdings per se und eo ipso unmöglich; weil hier meines Erachtens antagonistische Widersprüche vorliegen; eine gleiche kapitalistische Gesellschaftsformation ist schlicht eine Contradictio in Adiecto.
Das hieße etwa in der Bundesrepublik Deutschland; dass Kinder aus prekären Verhältnissen, aus sozial schwachen und bildungsfernen Familien die gleichen Aufstiegschancen hätten wie solche aus behüteten, wohlsituierten Elternhäusern. Wir wissen alle, dass das nicht der Fall ist und sich auch nicht ändern wird. Und so ließe sich das Thema Gleichheit durch alle gesellschaftlichen Sphären durchdeklinieren, von der Bildung über Fragen der Vererbung von Privatvermögen bis hin zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung und „normalen“ Menschen.
Gleichheit herstellen zu wollen in der gesellschaftlichen Praxis; nicht nur auf dem Gebiet der Sprache und in anderen Pseudobereichen; ist eine Illusion; solange sich nicht grundlegende Dinge ändern. Das Entscheidende aber ist; dass der Mensch an sich; so sehr er das auch gegenteilig formulieren mag, kein Interesse an Gleichheit hat.