Moving Theatre - jds persönlicher Blog

  • Hier mein persönlicher Blog zu verschiedenen Themen und Gedanken, die sich nicht mit Klassischer Musik beschäftigen. Ich werde wohl eher unregelmäßig posten, je nach Inspiration oder Zeit.

    Kommentare und Diskussionen sind hier erlaubt; redaktionelle Eingriffe können aber möglich sein.

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

  • Stromausfall.

    Von 12:40-13:10 Uhr war im ganzen Häuserblock der Strom weg. Vermutlich war die ganze Gegend betroffen. Das passiert bei uns sehr selten - vielleicht 1mal in zehn Jahren. Jedenfalls habe ich nicht mehr als einen mitbekommen, denn man ist ja auch mal für Stunden außer Haus.

    Ich wartete also im "Dunkeln" und wartete auf mein Zimmerlicht; ich hatte es extra eingeschaltet. Und überlegte mir, was ich nun ohne Strom machen kann. Kein Essen, kein Surfen, kein Telefonieren vom Hausnetz, kein Musik hören, kein Film sehen, nur kalt duschen... *grrr*

    Meine Musik wurde dabei unterbrochen - Emma Kirkby trällerte gerade die Bach-Arie Jesu, deine Gnadenblicke aus BWV 11. So pietätlos kann ein Stromausfall sein...*birne*

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

  • Heute ist Donnerstag. Es ist nun zwei Wochen her, seit ich mich das letzte Mal mit anderen getroffen habe. Draußen vor dem Haus ist Sonntagsruhe, und das schon seit mehreren Tagen. Die Vögel zwitschern, von Fern erklingt das sanfte Rauschen der Autobahn. Klingt nach Urlaubszeit.

    Dabei hat das Coronavirus weltweit einen Shutdown ausgelöst, der sich gewaschen hat. Selbstisolation bestimmt mein Leben weitesgehend, und ich fange an, die Leute zu vermissen. Das Telefon ist dann meine Rettung.

    Und trotzdem genieße ich die Ruhe. Nicht, daß es immer sehr laut war während der Woche, aber man hörte die nahegelegende Firma mit ihren Transportern werkeln, auf dem Spielplatz waren Kinder und haben lauthals gespielt. Jetzt ist da nichts. Und ich merke, wie sehr mich das einnimmt, besonders wenn die Kinder weg sind. Solche Situationen waren höchstens an Wochenenden im Winter möglich, aber nie im jetzigen Frühlingsanfang, wo der Tag wieder warm wird.

    Tatsächlich hat sich mein Leben nicht total umgekrempelt - ich habe eher das Gefühl, sie haben sich alle mir anpassen müssen. Da gibt es sicherlich Menschen, denen zur Zeit das Dach - oder gleich der ganze Himmel - auf den Kopf fällt. Was die jetzt rotieren, um ihren täglichen Drang zu unterdrücken, will ich mir nicht vorstellen. Ich dagegen kann das locker auf einer Backe absitzen.

    Das soll nicht hämisch wirken - ich will nur damit sagen, daß die Kontaktsperre den Fokus auf das Leben anders ausrichtet, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen, es als Chance für sich persönlich zu sehen. Ich bezweifle sehr stark, daß viele dazu in der Lage sind, und wenn man manchmal im Internet die Kommentare unter den Artikeln (zu Corona zum Beispiel) liest, frage ich mich sogar, ob es nicht schon längst zu spät dafür ist. Die eigene Wahrnehmung steht so vielen Menschen ihnen im Wege. Da werden Verschwörungstheorien und tägliche Abneigungen zu Realitäten erhoben, als ob die ganze Welt ein Feind ist, dem man bekämpfen kann. Das mag in Südamerika oder Afrika der Fall sein, wenn der örtliche Warlord das Geschick bestimmt, aber doch nicht hier in Deutschland. Und nichts ist sicher vor Haß, Zorn und Verachtung. Nicht der Staat, nicht die Kirche, nicht der eigene Chef, nicht der eigene Nachbar. Aber wehe, die eigenen Kinder werden mal von Außenstehenden kritisiert, selbst wenn diese Recht haben könnten.

    Nunja - ich will sagen, daß ich keine Lust mehr habe mich aufzuregen. Ich will meine Ruhe, weil ich weiß, daß ich sie brauche. Ohne geht es nicht. Also bastel ich weiter an meinen Kokon und mache es mir gemütlich, denn was anderes kann man zur Zeit eh nicht tun. Meine eigene Wahrnehmung fokussiere ich auf mein Inneres - in der Hoffnung, daß ich mich besser kennenlerne und andere dadurch besser verstehe; denn die Interaktion zu sich und zu anderen macht frei, die distanzierte Bewertung der Situation ermöglicht Erkenntnis. Mein Kokon muß also immer noch Fenster und Türen nach außen haben. Aber es gibt halt Dinge, die müssen die Schwelle nicht überschreiten. Die Auswahl zeigt die Qualität der hereinkommenden Gäste. Zugegeben: eine sehr schwere Entscheidung, aber sie muß erfolgen.

    Ansonsten: ommmh...:wink:

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

  • Heute ist der 01. April, und mir ist nicht nach Scherzen zumute. Die Welt ist in einer ernsten Krise, und ich hocke hier in der Wohnung mit meinen CDs und höre Musik, weil es nichts anderes zu tun gibt. Da draußen vorm Fenster beginnt der Frühling seinen Reigen aufzuspannen, die Vögel zwitschern, die Sonne scheint, es ist angenehm temperiert. Die Nächte sind noch kalt, aber am Tag kann man fast ohne Jacke gehen.

    Es ist weiterhin still. Eine einmalige Chance, den Krach der Zivilisation aus dem Kopf und Sinn zu spülen. Aber dennoch ist man auf sie angewiesen: Strom und Wasser aus Steckdose und Hahn sind verfügbar, müssen es sogar sein. Sonst: kein Kaffee, kein Duschen, keine Musik von der Konserve, kein Schreiben im Blog. Wenn diese zwei Sachen fehlen würden, dann hätte man wirklich ein immenses Problem. Die Quälerei, solche Ressourcen zu erzeugen bzw. in die Wohnung zu schaffen, ist nicht gerade gering. Was darin an Knowhow und Vorarbeiten allein in der Wohnung nötig sind...

    Naja, lassen wir das. Lehne dich zurück und höre lieber der Musik zu...

    Aber vielleicht sollte ich nichts schreiben, wenn gerade das Adagio von Mahlers Zehnter läuft...*lachnith*

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

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    Und ich arme Socke bewege meinen Hintern tagtäglich nach Bremen und zurück, selbstverständlich mit Öffis - und jedesmal ein Großraumabteil in einem Dosto für mich allein. Zwar wäre meine berufliche Tätigkeit ohne viel Aufhebens homeofficefähig, bislang konnte ich mich dazu allerdings noch nicht durchringen. Vielleicht ab kommender Woche. Genehmigungen liegen vor, die Hardware befindet sich bereits in unserem trauen Heim und ist lauffähig, VPN funktioniert.

  • In diesem Jahr ist es schon sehr seltsam: die letzten Monate rast das Leben wie ein Güterzug an mir vorbei, und ich stehe da wie bestellt und nicht abgeholt. Im November begann die Adventszeit, und ich kam nicht in Stimmung, abgelenkt durch einige Neuordnungen in meiner Wohnung mit neuen Möbeln und einigem Umräumen. Ich meide ja grundsätzlich die kommerzielle Form des Weihnachtsfestes, halte mich von Süßigkeiten und Gebäck entfernt, gehe Last Christmas so gut es geht aus dem Weg (diesmal sehr erfolgreich, mehr als einige Sekunden mußte ich es nicht ertragen). Aber in all der Mühe kam ich kaum dazu, Adventsmusik zu hören, und eine Grundstimmung kam nicht wirklich auf; und dann war Heiligabend, an dem ich vormittags meine Sachen zusammensuchte, um zu meinen Eltern zu fahren. Diesmal war ich bis zum Abend des 2. Weihnachtstags dort, ehe ich wieder nach Hause fuhr - und dann war ich so erschöpft, daß ich mich zuerst ins Bett legte und bis kurz vor elf Uhr Abends geschlafen habe.

    Ich muß noch hinzufügen, daß ich durch die Umräumarbeiten über zwei Wochen meine Stereoanlage abbauen mußte und praktisch kaum Musik gehört hatte (außer über dem Laptop habe ich keine andere Möglichkeit); das hat vielleicht meine adventliche Stimmungslosigkeit im letzten Stadium besonders hervorgebracht. Nun hatte ich einige CDs mit zu meinen Eltern geschleppt - mit der Absicht, auch Einiges (wenn auch nicht alles) davon zu hören. Wie üblich mußte mal wieder das Weihnachtskonzert der Regensburger Domspatzen

    für die Weihnachtslieder herhalten, doch diesmal lief es leise im Hintergrund, während wir Familie uns an dem geschmückten Weihnachtsbaum setzten und irgendetwas faselten. Es gab diesmal keine Bescherung - warum auch, es gibt nur Erwachsene, die kaum mehr Sinn dafür haben, sich gegenseitig zu beschenken. Die Profanität des Alters. Früher hatten wir ein bißchen mit den Liedern geträllert, hatten einige Tonträger laufen lassen, doch diesmal blieb es bei den 46 Minuten der obigen CD. Dann Dido, Sade & Co. für den Hintergrund. Dann spielten wir für den Rest des Abends Karten.

    Am 1. Weihnachtsfeiertag war ich mit meinen Eltern wieder allein, und früher nutzte ich die Zeit, um etwas meine Weihnachtsmusik laufen zu lassen: Gregorianischer Choral, eine alte Christmette, ein WO - sowas in der Art. Doch diesmal kam ich gar nicht dazu, hatte etwas am PC zu erledigen, spielte mit meinen Eltern einige Spiele, sah etwas Fernseh-Programm, machte ein Mittagsschläfchen und schlemmte alle paar Stunden Frühstück, Mittagessen, Kaffee/Kuchen, Abendessen in einer Fülle, die mich träge machte. Dann war Nachtruhe angesagt, ich wollte am frühen Nachmittag des 2. Tages fahren. Nein, Frühstück, Mittagessen, Kaffee/Kuchen, dann nochmal Fernsehen geschaut...

    Mein kläglicher Versuch, an diesem 2. Weihnachtsfeiertag endlich etwas hören zu wollen, wurde nach fünfzehn Minuten doch wieder unterbrochen, das WO wurde mitten in Nr. 4 abgebrochen. Und so sitze ich hier nachts um 2 Uhr am ehemals 3. Weihnachtstag am Laptop und habe bis auf einer CD nichts von dem gehört, was ich mir vornehmen wollte - einfach weil es vorher im normalen Trubel nicht klappte und nun zu spät ist, die Anlage einzuschalten, und mit Kopfhörer habe ich keine Lust.

    Es ist nicht so, daß ich diesen Stapel nicht in den nächsten Tagen durchhören werde, aber mich nervt, daß ich die frühere Präzision im Timing diesmal überhaupt nicht realisieren konnte; schon zur Osterzeit war mir keine zeitgenaue Höraktion gelungen. Inzwischen mag ich dieses Ritual, z.B. am Karfreitag oder am 1. Advent das entsprechende gregorianische Repertoire zu hören, doch dieses Jahr war ich so häufig abgelenkt und im Kopf woanders, daß ich viele Sachen nur nachträglich hören konnte. Und ich wollte es zu Weihnachten wieder richtig timen - doch es funktionierte nicht. In diesem Jahr sah ich Vieles um mich herum wie durch einen Tunnel, konzentriert auf einen Fokus, der überhaupt kein Ziel beinhaltet, und ich habe nicht die Kraft, es zu verändern. Im Augenblick bestimmen mich Dinge, die im Grunde wenig Wert besitzen - Äußerlichkeiten, die nett sind, aber nicht zum inneren Glück beitragen.

    Die getimte Musik hatte mich eigentlich in eine besondere Spur der Aufmerksamkeit geführt, die mich erdete; aber dieser Punkt beginnt sich von mir zu entfernen, und das ist weit mehr als bedauerlich. Ich will darauf nicht verzichten, zumal ich um mich herum fast nur von Leuten umgeben bin, die die Fokussierung auf die "Ziellosigkeit" längst verinnerlicht haben. Ich merke auch, daß ich auf eine Weise satt bin, die keinen Hunger mehr benötigt. Wird wohl doch Zeit, sich einen neuen Vorsatz im neuen Jahr vorzunehmen...

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

  • Fortsetzung zum Oberen - diesmal auf Ostern bezogen:

    Palmsonntag habe ich musikalisch komplett verpaßt, ab Gründonnerstag kam wieder Victorias Officium Hebdomadae Sanctae zum Einsatz, wobei ich Karfreitags fast nur Gregorianik hörte (und Bachs MP unter Suzuki). Samstags den Rest Victoria und Mahler 6. Dann lief zweimal die Ostermesse am Sonntag Morgen, dann ab zu den Eltern - und ich nahm diesmal keine CDs mit, würde ja eh nicht laufen können. Genauso war es dann auch! Montag Abend wieder in meiner Wohnung, wo ich noch die Vesper für Ostersonntag nachschob.

    Das war's.

    Ich habe mir wirklich ein Zeitfenster offengehalten, damit ich noch "termingerecht" die Musik hören konnte. Ich habe es auch einhalten können, darauf legte ich wert. Ich brauchte es auch, um ein bißchen Stimmung aufzubauen. Denn als ich wieder zuhause war, hatte ich wieder diesen üblichen weltlichen Trott drauf. Am Dienstag - also gestern - war ich so verquer, daß ich nur zu zwei CDs kam, die ich hörte. Einmal Vivaldi, einmal Beethoven.

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    Wenn ich das oben so lese, so merke ich einfach, wie hohl das klingt. Nicht das Bestreben, die Hörtermine einzuhalten, sondern der Effekt, das es mit der Zeit einfach verpufft. Sich auf die Anlässe zu fokussieren, fällt mir schwer. Wirklich drin war ich am Karfreitag und am Sonntag Vormittag, sonst kam mir alles ein wenig oberflächlich vor. Es hat sich was verändert, und mir gefällt das nicht.

    Da ist ein Flow, der vom Alltag bestimmt ist, der ziellos erscheint und wenig fokussiert. Er wabert dahin mit einer Menge Treibholz, welches in Sicht kommt, an Einem vorbeifließt und dann in der Ferne entschwindet. Ich stehe am Ufer und sehe nur zu. Es kommt nichts mehr nahe, es bleibt eine Distanz.

    Und dann kommt eben hinzu, daß an entscheidenden Stellen diese Distanz nicht überbrückt wird, wenn es nötig wäre. Ich fahre zu meinen Eltern, um Ostern zu feiern, aber außer besondere Speisen und spezieller Besuch, mit dem man Karten spielt, gibt es nichts, was diesem Hochfest Rechnung trägt. Es ist einfach ein ganz normaler Sonntag wie viele andere auch. (Das war wohl zu Weihnachten ebenso das Problem.)

    Das ist es wohl: Ostersonntag sollte kein normaler Sonntag sein - daran muß ich was ändern... *hmmm*

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.