Geistliche Vokalmusik der Renaissance und des Barock: Einspielungen (opi)

  • Dies hier soll ein Sammelthread für Aufnahmen von Vokalmusik sein, die nicht spezifisch unter bestimmten Komponisten einzuordnen sind. Die Gattungen sind offen, der zeitliche Rahmen mit 1400-1750 grob abgesteckt; Bedingung ist, daß die Themen der Texte geistlich bleiben bzw. Teil der christlichen Liturgie sind.


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    Rory McCleery (2015)


    (P) 2015 Delphian DCD 34160 [66:12]

    rec. 08.-11. Januar 2015 (Kapelle des Merton College, Oxford)


    "Loquebantur"

    Music from the Baldwin Partbooks


    The Marian Consort

    Rose Consort of Viols

    D: Rory McCleery


    Das Marian Consort ist ein junges Gesangsensemble, welches sich auf seltenes Repertoire der Renaissance spezialisiert hat; hier nimmt es sich einer Sammlung an, die der Musiker John Baldwin (c1560-1615) zusammengestellt hatte. Darin sind über 200 Kompositionen von zehn verschiedenen Komponisten enthalten und liegt heute im Achiv der Christ Chuch Oxford [Signatur: GB-Och Mus. 979].


    Auf dieser CD ist folgende Auswahl zu hören:

    • Robert Parsons: The song called trumpets*
    • Thomas Tallis: Loquebantur variis linguis; Suscipe quaeso Domine
    • William Mundy: Adolescentus sum ego; Adhaesit pavimento
    • William Byrd: Canon 6 in one*; O salutaris hostia à 6
    • Hugh Aston: Hugh Aston's Maske*
    • Derrick Gerarde: Sive vigilem
    • Elway Bevin: Browning (Ricercare à 3)*
    • Alfonso Ferrabosco d. Ä.: Da pacem Domine
    • Orlando di Lasso: Ubi est Abel*
    • Christian Hollander: Dum transisset Sabbatum
    • John Taverner: Quemadmodum à 6*
    • John Baldwin: Coockow as I me walked*
    • John Sheppard: Ave maris stella

    [*nur instrumental: Rose Consort of Viols]


    Sämtliche Stücke werden grundsätzlich solistisch ausgeführt und erreichen somit einen hohen Grad der Durchhörbarkeit; die Sopranstimmen werden von Damen gesungen. Manche Stücke liegen ohne Text vor und werden hier von einem Whole Consort ausgeführt, ebenso solistisch pro Stimme besetzt. Die Kompositionen entstanden im Laufe des 16. Jahrhunderts in England wie auch auf dem Kontinent und zeigen den Grad, inwieweit man im nun anglikanischen England noch katholisch geprägtes Repertoire verwendete. Es sind häufig marianische Antiphonen, Hymnen, Responsorien, Lamentationen oder Motetten zu finden, die man zu besonderen liturgischen Anlässen sang. Doch ist eben auch (am Ende des Manuskripts) textlose Musik zu finden, die man von einem Consort ausführen lassen konnte.


    Besonders beeindruckend sind die gesungenen Stücke, die das Marian Consort vorträgt. Eine große Innigkeit und Präzision liegt in den Stücken, die mit einem mittleren Tempo ruhig dahinfließen, ohne ihre Binnenspannung zu verlieren. Alle Stimmen sind klar zu vernehmen, nichts deckt sich zu. Die Mikros standen recht nahe und fangen das Ensemble adäquat ein; der Hallanteil ist präsent, aber nicht zu stark.


    Doch ist das Rose Consort natürlich nicht weniger exzellent: die Musik fließt klar gegliedert dahin und verschmilzt zu einem geschlossenen Satz.


    Eine feine Compilation mit Stücken, die nicht sehr häufig im Katalog zu finden sind. Topp... *yepp**yepp**yepp**yepp*

  • Patrick Allies (2018)

    CD:

    Bluray Pure Audio:


    CD: (P) 2018 Delphian DCD 34208 [32:29]

    BD: (P) 2018 Delphian DCD 34303 [32:29]

    rec. 06.-08. September 2017 (Chapel of Merton College, Oxford)


    Siglo de Oro

    D: Patrick Allies


    Neben der Messe liegen hier noch sieben weitere Motetten vor:

    • Orlando di Lasso: Tristis est anima mea
    • Jacobus Handl-Gallus: Filiae Jerusalem nolite
    • Hieronymus Praetorius: O vos omnes; Tulerunt Dominum meum; Surrexit pastor bonus
    • Hans Leo Hassler: Deus, Deus meus
    • Andrea Gabrieli: Maria stabat ad monumentum

    Das Ensemble ist ein gemischter Chor (4s 4a 4t 4b), der sehr rein und schlank interpretiert. Dynamische Größe ist ebenso vorhanden wie ein geschlossener Chorklang. Klanglich ist das ganze Ensemble sehr sauber eingefangen: es gibt eine feine Stereobühne mit Nachhall des Raumes und großer Präzision in der Abbildung.


    Toll... :thumbup::thumbup::thumbup::thumbup:

  • Graham O'Reilly (2007)


    Carissimi

    Music in Rome - circa 1640


    (P) 2007 Passacaille 940 (2 CDs) [102:01]

    rec. 20.-25. Juni 2006 (Église Notre-Dame du Mont Harou, Moutiers-au-Perche/Frankreich)


    Ensemble européen William Byrd:

    Catherine Greuillet & Alena Dantcheva (s)

    Brigitte Vinson (ms)

    Bruno Boterf & Vincent Bouchot (t)

    Francois Fauché (b)

    Julia Fredersdorff & Ariane Dellenbach (Violine)

    Elisa Joglar (Violoncello)

    Marc Wolff (Thiorbe)

    Yannick Varlet (Orgel & Spinett)

    [Orgel: anonym (1590/1716)]

    [Truhenorgel: Bernard Aubertin (1990)]

    [Spinett: David Boinnard (2004) - nach anonymem italienischen Instrument (frühes 17. Jahrhundert)]

    D: Graham O'Reilly


    Inhalt:

    Giacomo Carissimi

    • Vanitas vanitatum à 5 "Contemptus mundi"
    • Historia Jephte à 6
    • Audite omnes quodquod estis à 3
    • [attr.] Mottet sur la Vanité des hommes à 2

    Michelangelo Rossi

    • Toccata settima (Toccata e correnti, 1630)

    Luigi Rossi

    • Salve Regina à 3
    • Il Predica del Sole à 5

    Paolo Quagliati

    • Toccata dell'Ottava Tuono (Il Transilvano, 1593)
    • Canzona (Ricercari e canzoni, 1601)

    Marco Marazzoli

    • Il Predica del Sole à 5

    Girolamo Frescobaldi

    • Aria detto Balletto (Toccate libro secondo, 1637)


    Diese Einspielung beschäftigt sich mit Repertoire, wie es um die Mitte des 17. Jahrhunderts in den römischen Kirchen aufgeführt wurde. Zu hören sind Motetten im polyphonen sowie im solistischen Stil. Knapp die Hälfte stammt von Giacomo Carissimi, ergänzt durch Stücke von Luigi Rossi und Marco Marazzoli; die restlichen sind Orgelwerke anderer Komponisten.


    Alle Werke stammen von Komponisten, die auch lange Zeit in Rom tätig waren. In diesem reichen geistlichen Klima der Stadt wurde die Musik mit großer demütiger Geste wiedergegeben und schuf so eine anmutige Würde. Carissimi war zweifellos der Meister, an denen sich alle messen mußten; seine Motetten sind exzellent durchgeformt und erreichen einen hohen affekten Gehalt.


    Graham O'Reilly läßt die Werke in rein solistischer Manier realisieren und bringt dadurch ihre Geschlossenheit treffend zum Ausdruck: nichts wird überfrachtet oder zu mager, der Ausdruck der Solisten steht immer im geglückten Verhätnis zum b.c. Da man annimmt, daß mehrfach besetzte Chöre eh zur damaligen Zeit in Italien nicht Usus waren, ist die Besetzung durchaus treffend gewählt. Und tatsächlich ist jeder voll bei der Sache und bewältigt die Partitur mit exzellenter Technik und vorzüglichem Ausdruck. Das b.c. ist häufig mit der Truhenorgel ausgeführt, gelegentlich durch die Streicher erweitert.


    Die vier Orgelstücke sind allesamt auf der anonymen Orgel der Kirche in Moutiers-au-Perche ausgeführt: dieses ist ein eher kleines Instrument, ursprünglich 1590 erbaut und 1716 nochmals überarbeitet. Zur Disposition kann ich sagen, daß es sich für das hier aufgeführte Repertoire bestens eignet, auch wenn es eigentlich ein französisches Instrument ist. Yannick Varlet hat die Registrierungen sorgfältig ausgewählt und präsentiert die Werke mit genauer klanglicher Konzeption. Es paßt auch sehr gut zu den Stücken.


    Eine überzeugende Einspielung eines Repertoires, welches zu den besten Erzeugnissen italienischer Musik gezählt werden darf. Sehr zu empfehlen!... *yepp**yepp**yepp**yepp*


  • Heinrich Schütz (1585-1672)

    Musikalische Exequien SWV 279-281

    German Funeral Music of the 17th Century


    Voces Suaves:


    Lia Andres – soprano

    Christina Boner – soprano

    Stephanie Pfeffer – soprano

    Mirjam Wernli – soprano

    Laura Binggeli – alto

    Lisa Lüthi – alto

    Dan Dunkelblum – tenor

    Raphael Höhn – tenor

    Jakob Pilgram – tenor

    Tobias Wicky – baritone

    Davide Benetti – bass

    Sebastian Myrus – bass


    Tore Eketorp – violone in G

    Maria Ferré Perez – theorbo

    Orí Harmelin – theorbo

    Johannes Strobl – positive organ and artistic direction



    Johann Hermann Schein (1586-1630)

    Ich will schweigen


    Andreas Gleich (1622-1693)

    Selig sind die Toten


    Sebastian Knüpfer (1633-1676)

    Erforsche mich Gott


    Heinrich Schütz (1585-1672)

    Musikalische Exequien Op. 7 SWV 279-281

    - Concert in Form einer teutscher Begräbnis-Missa

    - Herr, wenn ich nur dich habe

    - Herr, nun läassest du deinen Diener in Friede fahren


    Johann Schelle (1648-1701)

    Ich weiß, dass mein Erlöser lebet


    Johann Georg Ebeling (1637-1676)

    Ein Tag in Deinen Vorhöfen


    Johannes Kessel (17. Jahrhundert),

    Ich habe Lust abzuscheiden


    Johann Rosenmüller (1619-1684)

    Was ist es doch? Was ist der Menschen Leben?



    Recording dates: 7-10 July 2020Recording venue: Switzerland, Künstlerhaus Boswil, Alte Kirche Boswil

    Booklet Mit einem Beitrag Zum Kontext deutscher Begräbnismusiken des 17. Jahrhunderts von Cosimo Stawiarski, Quellenangaben, gesungenen Texte in E, D, F


    Cosimo Stawiarski stellt in seinem Beitrag die Musikalischen Exequien von Schütz in einen Zusammenhang mit den zeitgenössishchen Begräbnisriten.:


    Zitat

    Der nahezu unüberschaubaren Fülle an Kasualdrucken aus dem 17. Jahrhundert ist es zu verdanken, dass wir heute verhältnismäßig detailliert über die Lebenswirklichkeit der Frühen Neuzeit und deren soziokulturellen Kontext informiert sind. Dabei fällt den Leichenpre-digten, die unter den Kasualdrucken den mit Abstand größten Teil ausmachen, eine ganz besondere Bedeutung zu, denn sie beinhalten in der Regel eine Vielzahl sehr wertvoller Informationen – nicht nur über den Verstorbenen selbst, sondern auch über den Ablauf der jeweiligen Trauerzeremonie. Neben der Predigt findet sich dort nämlich üblicherweise noch der Lebenslauf des Verstorbenen, sowie Abdankungen, Trauerschriften, Epicedien (Trauergedichte) und nicht selten auch aufwändige bildliche Darstellungen in Form von Holzschnitten oder Kupferstichen.

    Da eine Beerdigungsfeier im 17. Jahrhundert aber immer auch eine repräsentative Funktion hatte, kam es nicht selten vor, dass im Rahmen von Trauerzeremonien für bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens auch Musikdarbietungen in Form von Liedern, Motetten oder geistlichen Konzerten in den liturgischen Ablauf eingebunden wurden. Ein Großteil dieser Kompositionen muss – sieht man vom Text einmal ab – heute

    als verschollen gelten, denn nur in Ausnahmefällen wurden solche Werke gedruckt und den Leichenpredigten beigegeben. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Oftmals waren die Stücke inhaltlich so sehr auf einen spezifischen Anlass zugeschnitten, dass Aufführungen außerhalb dieses Kontextes nicht sinnvoll erschienen. So sind denn auch diejenigen Werke, deren Musik im Rahmen von Kasualdrucken tatsächlich überliefert sind, aufgrund ihrer Textgrundlage wesentlich universeller einsetzbar.

    Auch die Musikalischen Exequien von Heinrich Schütz sind zu den Kasualmusiken zu zählen, denn sie wurden anlässlich der am 4. Februar 1636 abgehaltenen Beisetzungsfeierlichkeiten für Heinrich II. Posthumus Reuß, Herr zu Gera, Lobenstein und Ober-Kranichfeld († 3.12.1635), komponiert. Über ihre Entstehungsgeschichte sind wir vergleichsweise gut informiert, denn Schütz veröffentlichte das Werk noch im selben Jahr als sein Opus 7 im Druck und versah es mit einem ausführlichen Vorwort. Demnach verfügte der Fürst, am traditionellen Begräbnistag des von ihm verehrten Propheten Simeon, dem 4. Februar, beigesetzt zu werden. Außerdem gab er genaue Anweisungen zur Gestaltung seines Sarges, den er mit einer von ihm selbst zusammengestellten Auswahl von insgesamt 21 Bibelzitaten und Liedversen kunstvoll beschriften ließ. Es war Heinrich Posthumus Reus’ ausdrücklicher Wunsch, dass diese Texte zusammen mit dem Predigttext („Herr, wenn ich nur dich habe“) und dem Canticum Simeonis („Herr, nun lässest Du deinen Diener“) von Heinrich Schütz in Musik gesetzt und während der Trauerzeremonie vor (Teil 1) und nach der Predigt (Teil 2 & 3) aufgeführt werden sollten.


    jpc schreibt im Angebot zu dieser Aufnahme:


    Zitat

    Markant und bewegend

    Die Musicalischen Exequien SWV 279-281 aus der Feder von Heinrich Schütz gelten als das bekannteste Beispiel deutscher Trauermusik des 17. Jahrhunderts. Das Vokalensemble Voces Suaves bietet auf ARCANA einen neuen Blick auf die Komposition und setzt sie in den Kontext von Trauermusiken bedeutender deutscher Zeitgenossen Schütz’ wie Rosenmüller und Schein. Die Musik wird von Vokalisten und einer Continuogruppe ohne zusätzliche Instrumente aufgeführt, so dass der Schwerpunkt durchgehend auf einer flexiblen stimmlichen Präsentation dieser markanten und bewegenden Werke liegt.


    Das Ensemble Voces Suaves hat sich in den letzten Jahren in dern Vordergrund gesungen. Sie bevorzugen offensichtlich den italienischen Stil, ihre bisherigen Aufnahmen haben mir gut gefallen, so auch diese.


    Die CD ist in der letzten Woche erschienen; in Abetracht des großen Interesses, das in diesem Forum für Schütz und die Reußens besteht, wollte ich es nicht verabsäumen, sie sofort vorzustellen.


    Und ich kann sie nur empfehlen. Hört mal rein.



    lg vom eifelplatz, Chris.


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    discogs

    outhere


    Heinrich Schütz

    Johann Hermann Schein

    Sebastian Knüpfer

    Johann Schelle

    Johann Georg Ebeling

    Johann Rosenmüller


    Johannes Kessel - leider noch keine Angaben gefunden


    Videos:

    jpc

    voces suaves


    Edit 12.06.2021: Video voces suaves