01. - Clavierkonzert op. 37 c-moll: Einspielungen (opi)

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    Ludwig van Beethoven (1770-1827)

    Sämtliche Clavierkonzerte

    Ronald Brautigam

    Die Kölner Akademie

    Michael Alexander Willens

    Piano: 1-3; Paul McNulty (2012): Walter & Sohn c1805

    Forte: 4,5; Paul McNulty (2007): Conrad Graf c1819

    Das hier enthaltene 3tte begeistert mich durchaus, allerdings nicht so sehr, wie Schoonderwoerds Produktion - die pianistische Interpretation differiert extrem: während Brautigam ganz sicher auf allerhöchstem Niveau sehr brillant dem Walter & Sohn die Töne abringt, ist Schoonderwoerd für mein Empfinden mehr progressiv und individueller unterwegs; allein die Kürze und besondere Betonung des jeweils 1. Viertels in den Takten 112/113 (im Kopfsatz) ist mir bei Schoonderwoerd deutlich lieber und mehr gegen den Usus. Die Aufnahme gefällt mir dennoch wegen des heroischen Duktus' sehr, sehr gut. Allerdings zeigt ein Vergleich eben auch, daß weniger Instrumente - wie bei Cristofori - nicht gleichbedeutend mit weniger Fetzigkeit sind - im Gegenteil: die Transparenz der einzelnen Stimmen ist soviel deutlicher ...

    Zum Vergleich hier die entsprechende Schoonderwoerd-Einspielung aus dem Jahre 2008:

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    Schoonderwoerd tractiret ebenfalls ein Walter-Instrument, allerdings ein früheres aus dem Wirkungskreis um 1800, fabriziert von Paul Poletti & Gerard Tuinman; immerhin auch Paul 8-)

    Dennoch ist die Brautigam-Box (2019) ein unerwartetes Bon(n)-Bon(n) für das Beethovenjahr 2020.

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    Op. 37 ist nicht bloß die enharmonische, nein, auch die ennumerische Verwechlung zu op. 73 ... parallele Molltonart.

    Gottlieb Wallisch, Pianoforte Conrad Graf 1823/24 Sammlung Gerd Hecher

    Orchester Wiener Akademie

    Martin Haselböck

    Auch hier gilt betreffend der Aufnahmequalität: absolute Transparenz; Klarheit; Verbindlichkeit. Gerd Hechers Sammlung (in Wien) habe ich vor einigen Jahren - nicht unbeeindruckt! - besucht; und teilweise bespielt. Es-Dur und c-moll ist ein Geben und Nehmen; mehr vielleicht als in anderen parallelen Tonarten; die "Haustonarten" unseres Protegé.

    Tänzerische Eleganz priorisieren diese Interpretation mehr als alles verborgen Künstlerische; natürlich ist für den Komponisten stets das neueste Werk das Ultimative, aber ist op. 37 deswegen zu vernachlässigen? Niemand würde dies je behaupten wollen.

    Losgelöst von einzelnen Komponenten bin ich doch sehr und überaus überrascht und überrumpelt von dieser Edition ...

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    Op. 37 ist an Mozarts KV 491 konzeptionell doch recht deutlich angelehnt; besonders empfinde ich dies im Finalsatz und hier wiederum evident im Stretto: C-Dur in einem flotten 6/8-Kehraus - quasi als Erlösung von der "Geißel" moll (Mozart hingegen kehrt im Stretto nach einem vorherigen erlösenden Ausflug zu C-Dur nach c-moll zurück); aber bereits die ersten beiden eröffnenden Töne der jeweiligen Konzerte: C-Es ... vermutlich kein Kunstkniff und kein Gotteswink, möglicher Weise aber doch Absicht - trotz allem zwar mehr als bloße Anlehnung, aber doch ein komplett neuer Weg.

    Der Vergleich zu oder mit Schoonderwoerd ist nahezu zwingend, gleichzeitig ebenso sinnlos: zwei Mal um Authentizität ringend ... zwei Ansätze, zwei Ergebnisse, die beide extrem unterschiedlich ausfallen und dennoch sehr gut sind. Bei Schoonderwoerd ist das bespielte Instrument (Walter-Nachbau) näher am originären Zeitgeschehen, bei Wallisch/Haselböck der Ort des Geschehens (damit verbunden womöglich auch die Größe des Orchesters; bei Schoonderwoerd bekanntermaßen sehr minimalistisch). Schoonderwoerd spielt, was authentisch ist, eigenkreierte Kadenzen, Wallisch die originalen von van Beethoven.

    Was mir bei beiden sehr gut gefällt - bei Schoonderwoerd kommt es etwas deutlicher heraus - sind die betonten, kurzen Viertel auf Schlag eins jeweils nach den Läufen im ersten Claviereinsatz im Kopfsatz (Schoonderwoerd: 3'27, 3'30, 3'33 - Wallisch: 3'17, 3'19, 3,21). Schoonderwoerd lässt sich bei allen drei Sätzen ein klein wenig mehr Zeit (der erste Satz wirkt deswegen kürzer, da die Cadenz äußert knapp ausfällt), deswegen ist aber Wallsich keineswegs in irgendeiner Weise gehetzt, sondern locker und losgelöst. Wer mag, findet bei Schoonderwoerd etwas mehr Drama.

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    Den Vergleich mit Brautigam müssen wir gelegentlich nochmal ziehen, finde ich; die andere im Prinzip gelungene Opi-Einspielung der jüngeren Zeit, ohne freilich die Authentizitätsansprüche von Schoonderwoerd oder Wallisch.

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    Den Vergleich mit Brautigam müssen wir gelegentlich nochmal ziehen, finde ich; die andere im Prinzip gelungene Opi-Einspielung der jüngeren Zeit, ohne freilich die Authentizitätsansprüche von Schoonderwoerd oder Wallisch.

    Unbedingt: Bei mir führt er deutlich vor Wallisch, während Schoonderwoerd bei mir nur wenig punktet.

    • Offizieller Beitrag

    511YRH2JB8L._SL300_.jpg

    Anthony Newman, Fortepiano R. J. Regier nach Conrad Graf c1815 (6 ½ Oktaven)

    PhiloMusica Antiqua

    Stephen Simon



    Die Wahl des Flügels ist einigermaßen schlüssig; zwar Conrad Graf, wie er häufig beinahe schon als Synonym für Beethoven oder Schubert on period instruments verwendet wird, hier aber ein ca. 10 bis 15 Jahre früheres Exemplar als üblicherweise verwendet wird; besser wäre natürlich ein später Walter oder früher Érard gewesen. Begründet wird die Instrumenten-Wahl im Booklet mit der hervorragenden Dämpfer-App dieses Gerätes und des besonderen Erfordernisses ebendieser für op. 37; insbesondere nimmt der Bookletautor (N.N. - der Text endet exakt unten rechts; da war kein Platz mehr für einen Namen.) Bezug auf den Mittelsatz, bei dem die Dämpfung angeblich am Ende eines jeden Taktes zum Einsatz kommt. Das werden wir gleich mal hören ...

    Die Zahl der Flugbegleiter wird mit 29 angegeben; die blasenden Instrumente plus Pauke (13) abgerechnet, verbleiben für die Streicher 16 Ausführende: ich könnte mir 5-5-3-2-1 vorstellen.

    Auch für diese Aufnahme werden wieder Czernys 'tempo markings' herangezogen, im Gegensatz jedoch zur Exklusivausgabe bei op. 58 wird hier lediglich das Tempo des ersten Satzes mit Viertel = 152 angegeben; weitere Informationen fehlen leider - auch gibt es hier (zumindest in dieser Ausgabe) keine vollständige Werkanalysis mit CD-Track-Indices, was für mich persönlich verzichtbar ist; die Czernyschen Tempoangaben lassen sich sicher ohne großen Aufwand herausfinden. Das Tempo (des ersten Satzes) wird (im ausschließlich englischen Booklet) mit spielbar und auch sehr natürlich ('managable and also very natural') beschrieben; es liegt damit sicher im oberen Bereich, zieht aber wohl mit Brautigam gleich (ein paar Sekunden Differenz); das Tempo hinterlässt auch bei mir einen natürlichen, keineswegs übertrieben gehetzten, gleichwohl zügigen und verlustfrei machbaren Eindruck.

    Auch hier spielt der Fortist bei den Tuttistellen colla parte, was umständehalber das Klangbild des bekannten Konzertes positiv beeinflusst: hin und wieder werden auch hier ein paar Farbtupfer der rechten Hand hinzugegeben, um die Solo-Passagen von den Tutti nicht zu krass abzugrenzen und eher mit einander zu verweben, besonders im lyrischen Mittelsatz. Im Finale erscheint mir das Orchester manches Mal tempobedingt ein wenig zu verschwommen, nicht deutlich genug - insgesamt wirkt das Finale aber sehr erfrischend und wird gegen Ende hin wieder klarer, transparenter und schön knackig.

    Eine feine Aufnahme (1986 erschienen; Aufnahmeort und -datum sind hier leider nicht genannt).

    :wink:

    • Offizieller Beitrag

    Begründet wird die Instrumenten-Wahl im Booklet mit der hervorragenden Dämpfer-App dieses Gerätes und des besonderen Erfordernisses ebendieser für op. 37; insbesondere nimmt der Bookletautor (N.N. - der Text endet exakt unten rechts; da war kein Platz mehr für einen Namen.) Bezug auf den Mittelsatz, bei dem die Dämpfung angeblich am Ende eines jeden Taktes zum Einsatz kommt.

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    *sante*