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    Michael Klonovsky

    Der Schmerz der Schönheit. Über Giacomo Puccini. Berlin Verlag, Berlin 2008

    Michael Klonovsky, einer der gescheitesten, kultiviertesten, belesensten, gebildetsten, streitbarsten Intellektuellen des Landes; ist heute vor allem als Blogger und Verfasser der gesellschaftskritischen Acta diurna bekannt, die auch als Bücher im Verlag Manuscriptum vorliegen; als Redenschreiber, Berater und Mitarbeiter verschiedener AfD-Politiker im Bundestag. Hauptsächlich ist er aber von Berufs und Neigung wegen Journalist und Autor, hat in den letzten jahrzehnten eine ganze Menge Artikel und Bücher geschrieben. Unter anderem dieses wunderbare Buch über Giacomo Puccini:

    Es ist keine Biografie und keine musikwissenschaftliche Monografie; es ist eine durch und durch subjektive und durch und durch leidenschaftliche und durch und durch polemische Streitschrift; die eine Liebeserklärung an einen verkannten Komponisten ist und gleichzeitig einer Missionierung und Überwältigung des Lesers gelten soll; bei dem ganz sicher nicht an den reinen Laien gedacht ist. Bei mir, der ich Puccini wie auch Verdi über jahrzehnte ignoriert habe aus verschiedenen Gründen, hat er sein Ziel damit erreicht; ich höre die Opern Puccinis mit wachsendem Genuss und verbiete jedem Kritiker hochfahrende Herabwürdigungen aus dem Geiste opernintellektueller Überheblichkeit.

    Im Anschluss und in verehrender Weiterführung des bislang einzigen Sachwalters Puccinis Eckhard Henscheid, dessen sprachliche Manierismen sogar anverwandelt ohne kopiert werden, beginnt Klonovsky mit einem Vorwort, das so unbeirrt wie ehrlich dartut; warum dies Büchlein notwendig ist; um nämlich einen Komponisten zu rehabilitieren; dem seitens der Kritik noch immer millionefach Unrecht geschieht; obwohl Millionen diese Opern lieben und diese die Spielpläne aller Opernhäuser beherrschen. Puccini sei ein Komponist von Rang gewesen; keinen Deut schlechter als Verdi, Wagner, Strauss. Dieser Stellung Puccinis in der Musikgeschichte gilt denn auch das nächste Kapitel; bevor in den weiteren die Entwicklung des Opernschaffens Puccinis verfolgt wird und in Einzelanalysen bestimmte Opern im Kontext detaillierter vorgestellt werden. Und das alles ungeheuer sprachmächtig in verschiedenen Tonlagen; virtuos die Stilebenenklaviatur handhabend; aphoristisch, pointiert und apodiktisch immer auch zum Widerspruch reizend.

    Diese Operngeschichte für Fortgeschrittene macht keine Gefangenen und opfert mal eben den frühen Verdi und schärft den Blick auf Phänomene wie die der Hoch- oder Massenkultur. Invektiven und wütendes Abklatschen zäsieren den Text und werden den einen Leser ärgern und den anderen wie mich diebisch freuen; denn nichts ist schlimmer als eine vorgetäuschte Objektivität und ein seelen- und herzloses Urteilen. Puccini vermochte als einziger „die Darstellung von ,großem Schmerz in kleinen Herzen‘“; jeder sei „des Zaubers bedürftig, den der Magier aus Lucca“ anbiete; seine Musik Puccinis sei wie ein Spiegel, der einem zeigt, wer man eigentlich sei; sie verspreche sogar eine wunderbare Veränderung; selbst das Herz eines Roten Khmer würde von Puccinis Manon-Version erweicht werden. Wem das bei Puccini noch nicht passiert ist, dem könne man getrost Weltfremdheit unterstellen und wer das analytisch verkenne und aburteile, der dürfe sich über Verrisse nicht beschweren.

    Anderswo hießt es, "Klonovsky hat sein Objekt der Begierde sehr subjektiv beschrieben, wie ein echter Italiener eben, con passione desperata." Dem ist nichts hinzufügen.

    "Wenn man sich nur das Urteilen abgewöhnen könnte, dieses dilettantische Verfälschen der Dinge! Wir wollen immer verstanden werden und sind selber unerbittlich verständnislos." (Verdi bei Franz Werfel)

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    Dieter Schickling
    Giacomo Puccini. Biographie

    Dass die Verlage nicht dazuschreiben, dass das Buch nur eine neue Version der Erstausgabe von 1983 ist; halte ich für mindestens ehrenrührig. Jahrzehntelang habe ich meinen Schülern gepredigt, wie sie bibliografieren sollen; aber wenn es die Erwachsenen nicht besser machen und das noch aus rein kommerziellen Gründen, was soll man da erwarten?! Nach dem Verfasser des Buches im Posting oben drüber die einzige seriöse Biografie auf dem Markt.

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    Wolfgang Marggraf

    Giacomo Puccini Philipp Reclam jun., Leipzig 1977

    Ein schönes Beispiel wieder für den Sinn und Nutzen einer Privatbibliothek: Seit dem Erscheinungsjahr wahrscheinlich stand das Büchlein in der Bibliothek meiner Eltern. Als ich Mitte der 80er der Klassik verfiel, "überführte" ich den Band in meine Bestände, ohne genau zu wissen, wer oder was sich hinter dem Namen im Titel verbarg. Dort schlummerte es bis zu seiner Wiederentdeckung fast 40 Jahre, bis ich es eben wieder bewusst zur Hand nehme; was ich vorher unbewusst nur bei zehn Umzügen tat.

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    Volker Mertens
    Giacomo Puccini. Wohllaut, Wahrheit und Gefühl

    Zitat

    Wie kein anderer Komponist wollte Puccini sein Publikum ergreifen, rühren und unterhalten. Schönklang, Effektsicherheit und eine mit viel Aufwand hergestellte Couleur locale machten ihn zu einem der meistgespielten Opernkomponisten. Der Anerkennung dieses populären Künstlers stand immer der Zweifel an seiner Seriosität gegenüber. Erst seit circa 60 Jahren existiert eine Puccini-Forschung, die die Virtuosität seines musikalischen Handwerks neben die melodische Erfindungskraft stellt. Doch Puccini war mehr als der geniale Melodiker, der Theaterpraktiker, er entwickelte die Oper weiter und erneuerte sie. Basierend auf neuesten Forschungsergebnissen hat Volker Mertens dieses Puccini-Kompendium verfasst. La Bohème, Tosca, Madama Butterfly - und alle anderen Werke unterzieht der Autor einer tief greifenden Analyse und verwebt diese kenntnisreich und lebendig mit der Biografie des Meisters. Er zeichnet das Bild eines Prototypen modernen Künstlertums in der Puccini eigenen Mischung aus Bodenständigkeit und weltmännischer Art und entwirft ein Panorama der Oper dieser Zeit. Diskografische Empfehlungen und eine kommentierte Bibliografie runden diese wohl umfassendste Darstellung der Lebens- und Schaffenswelt Puccinis ab.

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    Helmut Krausser
    Zwei ungleiche Rivalen. Puccini und Franchetti

    Zitat

    Die Doppelbiografie zweier exaltierter Musiker und Lebemänner

    Baron Alberto Franchetti war Giacomo Puccinis größter Rivale. Mit seinen Opern feierte er internationale Erfolge und galt als Verdis Nachfolger. Was seine Vorliebe für Automobile und seine Erotomanie angeht, übertraf er Puccini noch um ein Vielfaches. Seine Duelle, Autorennen und skandalösen Ehen füllten die Klatschspalten der italienischen Presse. Doch während sich Puccinis Ruhm stetig steigerte, sank Franchettis Stern plötzlich ohne erkennbaren Grund. Eine spannende Spurensuche, minutiös recherchiert, stilistisch brillant, intelligent und unterhaltsam erzählt.

    Doppelbiografien sind immer so verdächtig wie hochspannend. Leider kenne ich den Antipoden gar nichrt.

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    Helmut Krausser
    Die kleinen Gärten des Maestro Puccini. Roman

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    Puccini hat unsterbliche Musik komponiert und unvergessliche Frauengestalten geschaffen. Auch im wirklichen Leben war er ein obsessiver Frauenliebhaber: legendär der Prozess, der angestrengt wurde, als Puccinis Gattin Elvira das Dienstmädchen Doria verdächtigte, ein Verhältnis mit ihrem Mann zu haben. Dabei schlief der doch nur mit ihrer Kusine. Doria, die Puccini über alles bewundert, wird in ihrer Verzweiflung bis zum Äußersten getrieben.

    Helmut Krausser erzählt das Leben des genialen Erotomanen entlang dreier Frauen – und entfaltet um die Person des heute populärsten Opernkomponisten ein spannendes Panorama jener letzten Phase der Belle Époque und ein unglaubliches, oft bizarres Geflecht aus Kunst und Erfolg, Liebe und Begierde, Neid und Intrige, Eifersucht und Hass.

    Eine belletristische Annäherung; wer den Autor kennt, weiß um die Art und Weise.

    "Wenn man sich nur das Urteilen abgewöhnen könnte, dieses dilettantische Verfälschen der Dinge! Wir wollen immer verstanden werden und sind selber unerbittlich verständnislos." (Verdi bei Franz Werfel)