Yoricks Nachtgedanken bei Tage

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    In Haruki Murakamis Roman „Hard-Boiled Wonderland und das Ende der Welt“ von 1985 gleitet im ersten Handlungsstrang am Ende der Held zu Bob Dylans "A Hard Rain's a-Gonna Fall" in die ewige Bewusstlosigkeit. Im Film "Watchmen – Die Wächter" von Zack Snyder spielt der Song "The Times They Are a-Changin’" eine zentrale Rolle. Und wie oft "Knockin’ on Heaven’s Door" in der Pop-Kultur wie in der hohen zitiert wurde, weiß ich nicht. Ich habe Hochachtung vor Bob Dylan, auch wenn ich nicht weiß, ob er den Nobelpreis für Literatur wirklich verdient hat, dafür kenne ich seine Texte zu wenig. Aber ich höre immer wieder mal gerne ein oder zwei Lieder von ihm; mehr schaffe ich jedoch nie. Seine weinerliche brechende Kinderstimme, die man landläufigen Maßstäben nach nur "schlecht" nennen kann, ist ungeheuer beeindruckend im Gesamtkontext seiner Künstlerpersönlichkeit. Eine ganze Platte von ihm könnte ich aber niemals hören. ohne dass meine Ohren bluten und ich wahnsinnig werde wie bei den Sirenen.

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    Wenn man sich wie ich über Jahrzehnte mit der nationalsozialistischen Ideologie beschäftigt hat, deren Grundpfeiler auf der Basis des Sozialdarwinismus die Aspekte Rassenlehre, Führerprinzip, Volksgemeinschaft, Nationalismus sind; und man sich ferner ebenfalls sehr lange schon mit der Geschichte der faschistischen Bewegungen im Europa des 20. Jahrhunderts beschäftigt hat und ausgehend zunächst von marxistischen Deutungen der Faschismustheorie; dann will einem partout nicht in den Kopf, warum man quasi täglich als rechts, rechtsextrem oder Nazi beschimpft wird, wenn man seine Meinung zu irgendeinem der drängenden gesellschaftspolitischen Themen äußert?! Die nationalsozialistische Weltanschauung ist mir persönlich im Ganzen wie in jedem Detail so fremd wie jeder Glaubenssatz eines so weit auch immer gefassten Faschismusbegriffes. So entschieden könnte ich das beispielsweise für den Kommunismus, Sozialismus, Marxismus-Leninismus nicht behaupten, aus biografischen wie ethisch-moralischen Gründen. Wenn man dennoch bei seinen Wortmeldungen zur Migrations-, Klima-, Energie-, Geschichts-, Außen-, Innen- und Sozialpolitik immer wieder mit der Nazi-Keule bearbeitet wird; kann das nur bedeuten, dass sich der Begriffsinhalt verändert hat und zwar grundlgegend. Das führt bei so manchem schon zu dem Befund, dass wer heute nicht als Nazi beschimpft werde, etwas falsch gemacht habe. Und nur wenige wie Lara Thiede in der Süddeutsche Zeitung vor fünf Jahren haben begriffen, dass man sich diesen Begriff aufsparen sollte für Menschen, die tatsächlich nationalsozialistischer Gesinnung sind. Die gibt es nämlich, aber die werden übersehen; wenn jeder Bürger mit eigener Meinung als solcher bezeichnet wird.

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    Zum Roman "Zwischen Welten" von Juli Zeh und Simon Urban selbst kann man nur sagen, dass er prinzipiell mit seiner dialogischen Struktur auf der Basis moderner Kommunikationsmittel wie auch mit der Analyse gesellschaftspolitischer Streitthemen genau ins Schwarze trifft. Der Gegensatz der Figuren - hier der Journalist aus Hamburg, dort die Bäuerin aus Brandenburg – könnte nicht größer sein. Beinahe alle derzeit schwelenden Konflikte werden aufgegriffen und die Eskalation ist erwartbar kaum zu vermeiden. Mir persönlich spricht die Landwirtin natürlich beinahe durchweg aus dem Herzen, das geht wahrscheinlich fast allen so, die wie ich in der DDR aufgewachsen sind. Die Vorträge des Kulturredakteurs der kaum verbrämten führenden linksliberalen Wochenzeitung (Die Zeit unter dem häufigen „Talkshowgast“ Giovanni di Lorenzo) sind dagegen für mich kaum zu ertragen, ich leide starke körperliche und seelische Schmerzen. Das ist unter anderem ein Problem des Buches; dass es die tagesaktuellen Miseren nicht nur fort-, sondern noch das eine oder andere draufsetzt. Das ist so gewollt, aber zusätzlich zur ästhetisch-künstlerischen Askese in Sachen Prosaarbeit beeinträchtigt das meinen Gesamteindruck stark. Ich weiß, dass die Autorin mit vielem Recht hat; man kann davon ausgehen, dass sie sich selbst mehr bei der abgebrochenen Germanistikstudentin verortet; und es ist unglaublich beruhigend, wenn eine im tiefsten Westen geborene Intellektuelle und Künstlerin so denkt und fühlt, wie ich es als ostdeutscher Intellektueller auch tue. Im täglichen Einerlei des Medienmainstreams, der von solchen „Journalisten“ wie dem hier im Roman verkörpert wird, möchte man immer mal wieder seinen Mut verlieren und sich in seine Nischen zurückziehen. Juli Zeh gibt uns Mut und Kraft, nicht aufzugeben und durchzuhalten wieder den Wahnsinn des linksliberalen und grünen Establishments. Auch das ist Aufgabe der Literatur, auch dafür ist die da; das muss man anerkennen; auch wenn ich persönlich unter „richtiger“ Literatur wie oben beschrieben etwas anderes verstehe.

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    Dennoch und trotz aller Hoffnungsschimmer: Der tägliche Streit und die permanenten frucht- und sinnlosen Auseinandersetzungen im medialen, öffentlichen, privaten und gesellschaftlichen Raum ermüden auf die Dauer furchtbar und machen zutiefst unglücklich. Man muss sich dem entziehen, wenn man zu sehr darunter leidet. Es ist wenig wahrscheinlich, dass die verschiedenen Parteien aufeinander zugehen und einander auch nur zuhören werden. Was geschehen soll, das geschieht; man hält das als einfacher Mensch nicht auf, man ändert den Lauf der Geschichte nicht. Man kann nur sein eigenes Leben so führen, dass man sich morgens im Spiegel gerade ins Gesicht schauen kann; den eigenen Lebenslauf und die eigene Biografie hat man zumindest geringfügig in der Hand, nur hier sollte man ansetzen, in der persönlichen Lebensführung, und alle Agitation und Propaganda unterlassen. Man kann vorleben und meinetwegen auch vordenken; aber nicht vorschreiben und vorgeben. Jeder ist seines Glückes Schmied, was heute bedeutet; den Fernseher auszuschalten, die Zeitung abzubestellen, alle Nachrichtenplattformen von der Internetstartseite zu verbannen, das Smartphone in die Schublade zu legen; an mittel- und langfristigen Projekten zu arbeiten, viel mit dem Hund zu wandern in freier Natur und viel zu arbeiten im Garten; nachhaltig lebend und genügsam. Anders geht es nicht.

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    Was sich meine Frau dabei gedacht hat, mir zum Geburtstag aus der Reihe "COBI Historical Collection 2261" "De Gaulles Horch 830BL" mit 244 Bauteilen und 2 Figuren zu schenken, weiß ich nicht?! Was kommt als nächstes? Ein Daimler DB18 Drophead Coupé, mit dem Winston Churchill chauffiert wurde? Oder ein Packard Phaeton mit zwölf Zylindern, den Franklin D. Roosevelt bereits vor seiner Präsidentschaft fuhr? Und nein, ich will auch keinen Mercedes-Benz 770K haben. Aber seien wir ehrlich, bis ich den alten Horch zusammengbaut habe mit meinen zwei linken Händen, an jeder fünf Daumen, wäre der französische Präsident mit seinem Land nie und nimmer Sieger- und Besatzungsmacht geworden.

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    Die FAZ zur Verschärfung des Disziplinarrechts:


    "Bereits vor einem Jahr hatte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) angekündigt, Extremisten schneller aus dem Staatsdienst entfernen zu wollen. Nun beschäftigt sich das Kabinett mit einem entsprechenden Entwurf ihres Hauses.

    Zitat: „Bisher dauern die Verfahren viel zu lang. Deshalb ändern wir das Disziplinarrecht jetzt und sorgen dafür, dass die Behörden selbst handeln können und sich nicht wie bisher per Disziplinarklage an das Verwaltungsgericht wenden müssen“, sagte Faeser im vergangenen Monat. Wer den Staat ablehne, könne ihm nicht dienen. Nach Angaben aus Regierungskreisen will das Kabinett an diesem MIttwoch Faesers Gesetzentwurf beraten.


    Entwurf: Die Erhebung einer Disziplinarklage ist derzeit erforderlich, um ein Beamtenverhältnis zu beenden oder das Ruhegehalt abzuerkennen. Künftig soll eine Disziplinarverfügung genügen. Diese ist Entscheidung der Verwaltung. Das baden-württembergische Landesdisziplinargesetz sieht ein solches Vorgehen schon vor, das Bundesverfassungsgericht hat die Regelung gebilligt. Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, Beamte schon mit Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes zu entheben und 50 Prozent der Bezüge zu streichen.


    Rechtsextremisten: Bei der Reichsbürger-Razzia im vergangenen Dezember war unter anderen die frühere AfD-Politikern Birgit Malsack-Winkemann festgenommen worden. Nach ihrer Abgeordnetentätigkeit hatte sie als Richterin an das Berliner Landgericht zurückkehren können. Versuche, sie wegen Zweifel an ihrer Verfassungstreue aus dem Staatsdienst zu entfernen, waren gescheitert. Der Fall hatte der Diskussion abermals Auftrieb gegeben."


    Schöne neue Welt! Der Rechtsstaat wird ausgehöhlt. Nach dem Ende eines Verfahrens und also mit dem Urteil dürfen alle Folgen ihre Wirkung zeitigen, aber doch nicht vorher. Und kein Extremist hat etwas im Staatsdienst verloren; kein rechter, linker oder islamistischer; aber die geplante Novellierung wird vor allem dafür sorgen, dass sich jeder Beamte dreimal überlegt, ob er sich zu gesellschaftspolitischen Fragen äußert. Das ist um so absurder, als alle möglichen Feinde der freiheitlich-demokratischen Grundordnung außerhalb des Öffentlichen Dienstes weiter alimentiert werden, denn das Bürgergeld und die soziale Grundsicherung steht jedem zu. Für mich bleibt des Weiteren die Frage, wieso man auch das Ruhegehalt aberkennen will; denn der gedachte Beamte hat ja 30 oder 40 Jahre gerabeitet und sich dieses Geld verdient? In unserem Land leben Millionen Menschen, die unverschuldet oder aus eigener Verantwortung noch nicht einen Tag gearbeitet und nicht einen Cent in die sozialen Sicherungssysteme eingezahlt haben, und die dennoch wenigstens Anspruch auf die Grundsicherung haben. Wo ist denn da die Verhältnismäßigkeit?

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    Wer übrigens glaubt, das seien wieder mal so übertriebene Ängste; dem kann ich mitteilen; dass es zum Beispiel heutzutage reicht, die Meinung zu vertreten, dass es ein deutsches Volk gibt und dieses eine Kulturnation sei, also verbunden durch eine gemeinsame Geschichte, Tradition, Sprache; eine Schicksalsgemeinschaft mit gemeinsamer kollektiver Erfahrung, in dem immer noch vier Fünftel auch durch Abstammung, also ethnische Kontinuität Deutsche sind. Das reicht aus, um vom Verfassungsschutz als völkisch und damit rechtsextrem eingestuft zu werden; was gerade Historiker oder Geschichtslehrer tüchtig in die Bredouille bringt, weil sie das ja laut Allgemeinwissen und Lehrplan zu unterrichten hätten. Auch die "Ver­fas­sungs­schutz­re­le­van­te De­le­gi­ti­mie­rung des Staa­tes", erfunden von der gleichen Behörde, ist nicht ohne; denn diese darf nun festlegen, was noch gesellschaftspolitische Debatte und verfassungsrechtlich legitime Proteste sind und was schon Vorwand und Hebel, um die demokratische und rechtsstaatliche Ordnung als solche zu bekämpfen; und auch entscheiden, wo aus Skepsis gegenüber dem Verfassungsstaat seine Bekämpfung wird. Da weiß man gar nicht mehr, ob man sich zur unverantwortlichen Außenpolitik des eigenen Landes noch äußern darf und zu den limitierten Fähigkeiten unserer Außenminsterin, und wenn doch, wie oft und wie heftig.

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    Je nachdem, wie man Poesie schreibt, bringt man zum Ausdruck, was zählt: Wer poesie schreibt, sagt, seht, ich bin total modern, Großschreibung ist so voll 50er, vielleicht noch als Retrolook, aber ich reite den Pegasus nicht mehr zu Schanden, ich bin tierlieb und fahre mit den Öffentlichen oder betreibe Carsharing mit einem Elektroschriftstellerwerkstattpoetryslamkleinwagen. Wer POEsie schreibt, macht unmissverständlich klar, dass ohne den Großmeister der modernen Literatur von über den großen Teich gar nichts geht, keine Genre von heute auch auf dem alten Kontinent ist ohne denkbar, wir alle sind ein bisschen Edgar Allan, das transatlantische Bündnis ist unantastbar. POesie sagt geradezu schlicht und natürlich, dass die Kehrseite des Menschen auch dessen kreativer Antrieb ist im Künstlerischen, Drüsen mal mit hineingenommen; aber ohne den hinteren Teil des Mondes sind auch die Tiefen des Unbewussten nicht auszuloten, die in der Literatur eine so große Rolle spielen; was sich da wölbt oder eher flach dem Rücken seinen anständigen Namen nimmt, hindert uns nicht beim Schöpfen, es ermöglicht jenes erst und sei es durch Sitzfleisch in der harten Dichterbank. PoeSIE erklärte sich bis vor ein paar Jahren noch selbst, denn die moderne feministische Literatur spricht von nichts anderem als von IHR, also Sie wäre nun der Nabel der geschriebenen Kunst, ja alles sei auch an sie adressiert und alles, was bislang gedichtet, hätte seinen letzten Grund immer in einer Frau, einem Mädchen, einer Mutter und so weiter; aber nun ist das alles obsolet, jetzt haben die hundert neuen Geschlechter nicht nur den Mann, den alten Dichterspießgesellen, vertrieben von seiner Scholle, auch die klassische Frau hat ausgedient, sie gebärt nicht mehr allein, wie soll sie da noch dichten; das tun jetzt die LGBT; Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender ist ja selbst schon Poesie Poeandersundalles, dieser Rhythmus, dieser Klang, dieses Treibende. pOEsie dann zum Beschluss meint völlig antiquiert, zur Poesie gehöre auch ein Œuvre, also ein Werk der Quantität und Qualität, das hinreichend wäre für Rezensionen und Urteile; aber wie gesagt ist das ja quasi schon diskriminierend, wozu soll man etwas vorweisen müssen, wenn man poetisiert, das geht heute auch einfach so, man behauptet, man sei Poet und fertig; auch wenn man nicht pauperisiert in der Dachkammer mit Regenschirm und Zipfelmütze die Tinte nicht halten kann; sondern sicher, bequem und wohlgenährt einen fragmentarischen Dreiwortzeiler via Messenger in die halbe Welt versendet; auch reicht fürder das Wollen, man darf nicht benachteiligt und beschämt werden, nur weil man kein Poet ist, der nichts vorzuweisen hat; man könnte und dürfte, das muss reichen. Aber nun genug ….

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    Wenn ich mir nur ein ganz klein wenig aus Fasching und Karneval machen würde, ginge ich heuer als Indianer, Mohr oder

    Reggaeboy mit Dreadlocks. Aber ob nun als Rothaut, Neger oder Rastafarian mit Rhythmus im Blut; es wäre fast schon wieder langweilig. Was ich mich frage, ist; was wäre, wenn man sich mit Kippa, Hut, Bart und Schläfenlocke verkleidete; oder wie ist das als Muselmann, wie es früher in der Literatur hieß, als Derwisch oder Sufist? Und darf man eigentlich Jahwe, Jesus oder Mohammed verkörpern bei uns im Westen; Buddha, Brahma, Vishnu und Shiva? Im Süddeutschen unterscheidet man ja dezidiert nach Tracht, Gwand und Kostüm; weil da die Grenzen für Außenstehende nicht immer gleich sichtbar sind; aber wie ist das heutzutage in den brandaktuellen Bereichen der Diskriminierung, kulturellen Aneignung, Religionssatire und dergleichen? Antworten bitte an mein säkulares, den Aschermittwoch herbeisehnendes Ich.

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    Die Schneekatastrophe im Winter 1978/1979 wird jedes Jahr aufs Neue im Fernsehen in mehreren Dokumentationen aufbereitet; dass diese Wiederholungen einem fast schon lästig werden. Als kleiner Junge habe ich das miterlebt, bei uns im Dorf war der große Eisenbahntunnel komplett zugeschneit, das gab es weder vorher schon einmal noch nachher wieder bis jetzt. Zuletzt am Ausführlichsten und Ausgewogensten Katja Herr mit „Sechs Tage Eiszeit – Der Katastrophenwinter 1978/79“ (MDR 2018) und sehr nachdenklich stimmend „Der Katastrophenwinter 1978/79 in Oberhof. Party, Stasi, Stromausfall“ (2019).


    Ich muss die Ereignisse hier nicht rekapitulieren, sondern nur festhalten, dass man sowohl in der DDR als auch in der BRD im Norden mit den Witterungsunbilden überfordert war und sich etwa im Thüringer Wald geradezu symbolisch abspielte, was bei einem Blackout zu erwarten ist. Tagelanger Schneefall, Frost, meterhohe Schneeverwehungen innerhalb kürzester Zeit; unpassierbare Straßen, abgeschnittene Ortschaften und Landesteile, ganze Familien irgendwo auf den Straßen in großer Not und Lebensgefahr, Zusammenbruch der medizinischen Versorgung, der Infrastruktur; Aufzüge funktionieren nicht mehr, Kinder versuchen im Hotel über die Freitreppe bei minus 28 Grad zu ihren Eltern zu gelangen.


    Das alles geschah vor fast 50 Jahren und ich wage die Behauptung, dass wir heute, ein halbes Jahrhundert später und bei wesentlich besseren Voraussetzungen in Sachen Infrastruktur, Technik und Potenzial in allen möglichen Bereichen schlimmer getroffen werden würden als damals und weniger mit der Katastrophe und folgenden Krise zurechtkämen. Man stelle sich nur einmal vor, es dauerte nicht nur sechs Tage, sondern drei Wochen oder anderthalb Monate?! Als am 8. Februar 2021 der Winter einbrach in Deutschland, war alles zu spät; hier in meiner thüringischen Kleinstadt war der Winterdienst komplett überfordert, es ging gar nichts mehr. Und dann stelle man sich womöglich wochenlangen Schneefall vor, übermannshohe Verwehungen; Glatteis, eisige Temperaturen und dazu womöglich ein flächendeckender Stromausfall, Abschaltung des Wassers und eine Isolierung und Nichterreichbarkeit ganzer Landstriche.


    Wer hat denn, wenn Gas und Öl und Fernwärme nicht mehr abrufbar sind, noch einen Ofen daheim und Brennholz und Kohle? Wer hat, wen der Strom ausfällt über längere Zeit, einen Dieselmotor im Schuppen oder ein Notstromaggregat im Keller? Wer hat einen Traktor im Hof stehen mit Schiebschild, einen Radlader, um die Schneemassen wegzuräumen? Die Menschen auf dem Land werden sich oft noch zu helfen wissen, aber Städter und junge Leute? Wer weiß denn heute noch mit robuster Technik umzugehen, wer ist fit genug für tagelange körperliche Maloche mit Schaufel und Hacke? Wer hält es wochenlang mit wenig Nahrung bei niedrigen Temperaturen aus, ohne zu verzweifeln und aufzugeben? Wer ist gesund genug, dass man auch mal auf Arzt und Krankenhaus verzichten kann; weil diese nicht erreichbar sind? Der Großteil der heutigen Bevölkerung in Deutschland wäre einer solchen Winterkatastrophe hilflos ausgeliefert und würde sich auf den Staat, die Bundeswehr, die Feuerwehr und das Technische Hilfswerk verlassen.


    Wobei: Festzusitzen in der kalten Bude ohne Fernseher, Internet und Handyempfang; da würden viele vielleicht lieber sterben wollen. Andererseits schweißen Ausnahmesituationen zusammen und Menschen zeigen sich von ihrer besten (Hilfe) und schlechtesten (Plünderungen etc.) Seite. Muss man sehen …

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    Die Existenz als sozial halbwegs abgesicherter Privatgelehrter habe ich mir seit meiner Kindheit in den buntesten Farben ausgemalt und tatsächlich ist es herrlich, den Tag in der eigenen Bibliothek mit seinen tausenden Büchern zuzubringen; lesend, studierend, denkend, schreibend. Dazwischen mit dem Hund in die Natur, ein paar Mahlzeiten und abends ein Bierchen zum Pfeifchen; das klingt nun wirklich nach einem Paradies auf Erden.


    Das Problem ist nur, dass dem Input auch ein Output folgen muss, sonst wird man auf die Länge verrückt. Und damit sind nicht nur Bücher gemeint, die man schreiben könnte; sondern es braucht schon auch Zuhörer, ein Gegenüber; ohne Dozieren geht es zumindest bei mir nicht. Momentan habe ich für diese Zwecke nur eine Gemahlin und den Hund; die eine ist durchaus willens, aber vielbeschäftigt; der andere ist geduldig, hat aber Reserven im Feedback.


    Ehe ich also übervoll endgültig blockiere; brauche ich dringend eine Pause oder ich schaffe mir ein Publikum. Es braucht einfach ein Ventil nicht nur für das Jahr um Jahr eingeschaufelte Wissen, sondern auch die vielen negativen und positiven Emotionen, Stimmungen. Mithin ein Problem der geistigen Hygiene: Entweder treibt man Sport bis zum Umfallen, verrichtet harte körperliche Arbeit, betrinkt sich jeden Tag oder treibt Unzucht an den Grenzen der Leistungsfähigkeit mit jüngeren und älteren Damen allerlei Geschlechts. Oder man geht in Klausur mit Körper und Geist.

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    Aus der Rubrik Das Volk der Dichter und Denker, Teil 179:


    Man versuche nur einmal, eine halbwegs vollständige Sammlung von Jack Londons Büchern in unserer Muttersprache zusammenzubekommen; ein aussichtsloses Unterfangen. Der letzte Wurf in dieser Hinsicht stammt vom ewig zu preisenden Erwin Magnus, dessen zwölfbändige Gesamtausgabe in den Jahren 1926 bis 1932 erschien, mithin vor fast einhundert Jahren. Eine Neuübesetzung im Rahmen einer kritischen Gesamtausgabe wäre bei einem Schrifsteller mit solcher Breitenwirkung mehr als angezeigt; auch wenn natürlich viele seiner schnell hingeworfenen Bücher der künstlerischen Qualität entbehrt. Aber was kennt der normale Leser hier in Deutschland von den über fünfzig Werken, allein von den 27 Romanen und fast 200 Kurzgeschichten; von den autobiografische Werken, Essays, Reportagen, Essaysammlungen ganz zu schweigen. "Ruf der Wildnis", "Der Seewolf", "Wolfsblut", "Lockruf des Goldes"; wenn es hochkommt noch "Martin Eden", "John Barleycorn: König Alkohol" und ein Bändchen mit Erzählungen und Kurzgeschichten. Traurig!


    Jack London ist ein Beweis dafür, dass man mehrere Kultursprachen lernen sollte, um auch ihn im Original vollständig genießen zu können. Freilich weiß ich nicht einmal, ob es in den USA eine historisch-kritische Edition von Jack London gibt. Meine ersten Bücher aus der elterlichen Bibliothek waren übrigens "Lockendes Gold" vom Aufbau-Verlag; "Goldcanon" vom Kinderbuchverlag, "Wolfsblut" in einer räudigen, aber hochgeliebten Taschenbuchausgabe von Kiepenheuer & List, ‎"John Barleycorn oder der Alkohol", "Geschichten von der Fischereipatrouille. Die Kreuzfahrt der "Dazzler", "Die Fahrt der Snark", "Die Perlen des alten Parlay : Erzählungen aus d. Südsee.", "Martin Eden" und "Der Seewolf" vom Verlag Neues Leben, letzteres ein typisches DDR-Jugendbuch, Ins Deutsche übertragen von Christine Hoeppener und mit Illustrationen von Horst Bartsch; noch heute liebe ich das blaue Cover mit dem Seegelschiff und schwelge in Erinnerungen an die unwiederholbare Erstlektüre.

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    Fasching und Karneval lassen mich nicht los, weil ich an den Spielfilm "Idioten" (1998) von Lars von Trier denken muss. Die jungen Leute dort haben das ja in der sogenannten Wirklichkeit praktiziert; was nun, wenn sich Leute als Idioten verkleiden oder aufführen in der närrischen Zeit? Ist das dann eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderung oder bedeutet Narrenfreiheit wirklich die Freiheit, sich zum Narren machen zu können; selbst wenn andere dabei verletzt werden? Oder kann man die Binsenweisheit, dass die Irren normal und die Spießbürger irre sind, im Fasching gar nicht ausdrücken, weil sich da die Narren, die nicht wissen, dass sie welche sind im täglichen Leben, als Narren verkleiden; und die psychisch Beeinträchtigten die Zeit nutzen, um draußen nicht aufzufallen als Normaler oder gerade? Und was ist, wenn man sich als sich selbst verkleidet? Oder als alle, die man ist; wir wissen ja, "Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?", da braucht doch jede Ausformung und Abspaltung ein eigenes Kostüm?

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    Die klassischen Kostüme jedenfalls scheinen mir alle inzwischen unmöglich. Schon die Lederhose verspottet ja die Tracht und somit das Brauchtum. Aber Pirat kann man nicht mehr sein, ein Krimineller, der über Leichen geht auf offener See, versoffen und grausam. Als Prinzessin mimt man feudalistische Ausbeuter*Innen, als Hexe zementiert man frauenfeindliche Tendenzen der Geschichte, als Zauberer unterminiert man die heute obwaltende Wissenschaftsgläubigkeit. Selbst der Polizist muss aufpassen, dass er aus der richtigen Zeit kommt; als ABV einer wenn auch kommoden Diktatur kann man heute nicht mehr die Ausweise einfordern. Somit fällt auch eine Darstellung der „Village People“ für immer unter den Tisch, denn neben dem Polizisten und dem Indianer stehen mit dem Bauarbeiter (toxische Männlichkeit), dem Rocker (kriminelle Halbwelt), dem Cowboy (Indianermörder) und dem Soldaten (Mörder) auch die anderen Figuren auf der schwarzen oder roten oder grünen Liste. Und da reden wir noch gar nicht von den schwulenfeindlichen Stereotypen der Gruppe. Aber nackt kann man auch nicht gehen; Adam und Eva zu imitieren dürfte vielen evangelikalen Gruppen stark aufstoßen und in ihren religiösen Gefühlen verletzten. Sollte ich jemals zum Fasching gehen, ich ginge als Bundespräsident; den kennt niemand und der ist noch nicht verbrannt.

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    Da ich es eben vom Katastrophenwinter 1978/79 hatte, juckt es mich wieder in den Fingern, mir die Letzte Generation vorzustellen, wie sie morgens um 5 Uhr aufstehen muss, in den Keller stapfen und zwei Eimer Kohlen hochschleppen, den Kachelofen anschüren, Wasser (so es schon am Brunnen oder bei der Verteilerstelle geholt wurde den Tag zuvor) auf dem Herd erhitzen und umständlich das spartanische Frühstück vorbereiten. Dann geht es zu Fuß die fünf Kilometer zur Schule, im Ranzen Graubrotstullen in der Blechbüchse, mittags gibt es eben das, das die Schulküche zusammengematscht hat. Danach auch zu Fuß oder mit dem Rad zum Training in den nächsten Ort, Duschen gibt es natürlich keine; danach daheim Hausaufgaben bei Kerzenlicht oder wenn man Glück hat, ist der Strom gerade mal da. Abends sitzen alle in einem Zimmer; Vater, Mutter, Kinder, Oma und Opa, damit man nur einen Raum heizen muss. Fernseher, Internet, Smartphone, PC, Laptop und Tablet sind allesamt tabu, weil Netz oder Elektrizität zum wenigsten rationiert sind. Zu Bett geht es in ein eiskaltes Zimmer mit dicken Bettdecken; Heizdecken funktionieren nicht; man besinnt sich auf alte Praktiken wie dem heißen Wasser (das man wie gesagt vorher holen muss und auf einem eigens in Gang gehaltenen Feuer im Herd erhitzen muss) in der Wärmflasche oder man vertraut auf die Körperwärme nach ein paar Schrecksekunden und langen Minuten des Übergangs. Das würde ich mir derart wünschen, dass ich selbst bereit wäre, meine Kindheitserinnerungen wieder wahr werden zu lassen und mein eigenes Wohlbefinden im bequemen Komfort zeitweise zu opfern für die gute Sache. Die da wäre, die Jugend am eigenen Leibe erfahren zu lassen, wovon sie eigentlich redet, wenn sie den Älteren Vorwürfe macht.

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    Im Ganzen muss ich mit Blick auf die gesellschaftspolitische Lage immer wieder betonen, dass ich den Grünen keinen Vorwurf mache und deren Bashing für überflüssig halte. Totalitäre Ideologien hat es nun schon so viele gegeben im letzten Jahrhundert; die rote, die schwarze, die braune, wieder die rote und nun eben die grüne. Ideologien entziehen sich dem rationalen Diskurs, deren jeweilige Dogmatik geht von Glaubenssätzen aus, die nicht hinterfragt werden können. Und wenn sich deren Vertreter noch als die Guten verstehen, die als einzige den Weg in die Zukunft kennen, wird es völlig unmöglich, in herrschaftsfreier Kommunikation sich zu verständigen über welches Thema auch immer. Das Menschenbild, das sich diese roten, braunen oder nun grünen Ismen imaginieren, ist eine Projektion, der man nichts entgegensetzen kann aus der Wirklichkeit; auch weil sie wie alle totalitären Ideologien die Jugend in ihren Bann zieht. Man kann die Grünen also nur machen lassen, bis sie sich selbst ihr Grab schaufeln; und muss nur sehen, dass so wenig wie möglich Unschuldige den Opfergang mitmachen müssen.


    Nein, Vorwürfe kann man nur den etablierten Parteien machen, die seit wenigstens zwanzig Jahren diesen Irrsinn mittragen und ihm nichts entgegensetzen. Wo sind die hunderttausend Mitglieder und Wähler der FDP, die vor dem Reichstag demonstrieren, wenn eine Sozialdemokratin den Rechtstaat aushebeln möchte, und machen eindeutig klar, dass mit ihnen klassische liberale Vorstellungen nicht über Bord geworfen werden können?! Wo sind die Christdemokraten, die zusammen mit der CSU eine halbe Million Mitglieder zählen und immer noch die höchste Wählergunst genießen; wenn seit Jahrzehnten die christliche Religion in den Hintergrund gedrängt wird und bestenfalls Missbrauchsskandale thematisiert werden; der Islam gegenüber dem Christentum bevorzugte Aufmerksamkeit genießt und traditionelle bürgerliche Werte mit Füßen getreten werden?! Wo sind die knapp 400000 Sozialdemokraten und ihre auch noch immer zahlreichen Wähler, wenn es darum geht, etwa die Differenz zwischen Bürgergeld und einer Vollbeschäftigung so zu gestalten, dass sich Arbeit 40 Stunden die Woche bei Wind und Wetter wieder lohnt für die fleißigen Bürger, die willens sind und tüchtig?! Warum kommen die etablierten Parteien ihren eigentlichen Pflichten nicht nach und hofieren eine radikale Partei mit unrealistischen Vorstellungen und totalitären Methoden?


    Feigheit, Opportunismus, Mitläufertum und Bequemlichkeit sind die Laster der etablierten Politik. Vielleicht sind die grünen unsere Nemesis.

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    Es ist wieder einmal an der Zeit, der Filmkunst ein Loblied zu singen: In letzter Zeit sah ich drei Filme bzw. zwei Filme und eine Serie, die jeweils auf literarischen Vorlagen basieren; und beide Medien, Buch und Film, waren gleichermaßen gut, dass man dem Buch nur den ersten Platz zuerkennt, weil es hier eher da war, sozusagen Henne und Ei in einem. Aber nein, das nehme ich zurück; hier gibt es, selten genug, keinen ersten und zweiten Sieger.


    Das begann vor einigen Monaten mit dem Film Auslöschung“ (Annihilation, USA/GB 2018) von Alex Garland mit Natalie Portman in der Hauptrolle; und als ich die mehrbändige Vorlage in Händen hielt, die „Southern Reach Trilogie“ von Jeff VanderMeer; glaubte ich mich in einem Paralleluniversum, weil ich nicht begreifen konnte, wie literarisch stark diese Bücher waren und wie angemessen die Verfilmung eines Aspekts. Die Serie „Das Damengambit“ mit der hinreißenden, atemberaubenden Anya Taylor-Joy als Schachgenies Elizabeth „Beth“ Harmon, basiert auf dem gleichnamigen Roman von Walter Tevis aus dem Jahr 1983. Wenn man wie ich das Buch danach liest, glaubt man, das Drehbuch in Händen zu halten; so nah dran ist das Skript am Bild. Und auch der nicht nur unheimliche, sondern geradezu psychedelische Film „Wolfsnächte“ (Hold the Dark, USA 2018) wächst derart organisch aus dem ebenfalls gleichnamigen Roman von William Giraldi aus dem Jahr 2015 heraus, dass man anzunehmen versucht ist, sie wären gleichzeitig entstanden.


    Wie man in der Lektüre der Bücher nach dem Schauen der Filme einen Eindruck davon bekommt, was gute Literatur guten Filmen für Nährboden bieten kann; wird hier auch mehr als deutlich, wie geeignet filmkünstlerische Mittel sind, aus dem reinen Wort ein Gesamtkunstwerk zu schaffen. Chapeau!

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    "No taxation without representation!" war das Fanal des Amerikanischen Unabhängigkeitskriegs. Und vielleicht wird das in deutscher Sprache erneut eine Formel des Umbruchs. Denn ich stelle mir die Millionen bundesdeutscher Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor, die Tag für Tag den Sozialstaat ermöglichen mit ihrer Hände und Köpfe Arbeit und die daher eine angemessene politische Mitbestimmung vor allem bei der Verteilung ihrer Steuergelder beanspruchen können sollten. Das derzeitige Parteiensystem der Repräsentativen Demokratie ermöglicht diese Mitbestimmung nicht mehr, sondern verausgabt die eingenommenen Gelder oft über den erklärten Volkswillen hinweg und schließlich sogar diametral entgegengesetzt zu diesem. Mehr Basisemokratie und Partizipation muss daher das Ziel sein oder zum wenigsten eine Modifizierung der parlamentarischen Kultur, sodass alle Wählerstimmen auch ihr Gewicht bekommen, sei es in der Regierung, bei Koalitionen oder in der Opposition.