• Zitat


    Hmm. Ist diese Position nicht etwas uneigenständig?

    Vielleicht etwas anders formuliert:

    Man versuche, die als bedeutend etablierte bzw. anerkannte bildende Kunst zu verstehen. Oder wenigstens zu verstehen, warum sie als bedeutend angesehen wird.

    Gefallen oder wertschätzen muss man sie ja nicht - ich habe z.B. nichts übrig für Cy Twombley oder Jackson Pollock. Andere Vertreter des abstrakten Expressionismus finde ich hingegen wieder mega-toll, wie z.B. Willem de Kooning. Generell finde ich aber das Politikum, dass dieser Kunst angeheftet wurde, als recht ekelhaft. Generell spricht mich aber aus der gleichen Epoche auch eher die europäische "Informal" Malerei an.

    Meiner ganz persönlichen Meinung nach sind diese Werke dem amerikanischen abstrakten Expressionismus haushoch überlegen. (Und natürlich ist es Blödsinn, diese Positionen gegeneinander aufzuwiegen) Diese Bilder haben jedoch einen viel extremeren Eindruck auf mich gemacht, zum Glück gibt es in Kassel von beiden Positionen Gemälde - und ich sehne den Tag herbei, an dem die Neue Galerie endlich wieder eröffnet wird, damit ich die Bilder z.B. von Bernard Schulze wieder sehen kann.


  • Dein Standpunkt: Jeder definiere für sich "Kunst" und begründe dann anhand der eigenen Kriterien, was man gut findet.
    Mein Standpunkt: Man versuche, die als bedeutend etablierte Kunst wertzuschätzen.

    Wie sollen wir nun diskutieren?
    :wink:

    Vorläufig gar nicht. Mir ist die persönliche Auseinandersetzung mit der Frage, was Kunst ist (und nur deshalb versuche ich die Definition), viel zu wichtig, um sie anderen zu überlassen. Und darauf läuft Dein unselbständiger (wie Peter zutreffend bemerkt) und sehr bequemer Standpunkt hinaus.

    Um bei dem Beispiel von Matthias zu bleiben: Wenn 100 Kunstkritiker die Geräusche, die bem Zertrümmern eines Klaviers durch John Cage entstehen, für Musik erklären, ist es Kunst. Sind es dagegen 100 Psychiater, ist es eine nerotische Zwangshandlung, und sie ziehen Cage eine weiße Jacke mit vielen kleinen Schnallen an. Reißt Heinz "der Bulle" Kowalski mit seinem Bagger ein Haus ab, sind die Geräusche Baulärm. Applaudieren ihm dabei aber 100 Kunstkritiker, ist es Kunst. *tschak*

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz. (Klaus Kinski)

  • Also diese Frage "Was ist Kunst?" haben wir auf der Akademie grundsätzlich beiseite gelassen *lol*

    Denn das einzige Resultat ist eine Diskussion, die immer weiter kocht, bis es schließlich persönlich wird.Im Grunde kann man das auch nicht diskutieren - denn mehr als dass jeder seinen Standpunkt verdeutlicht, kommt nicht dabei rum. Schlimmer wird es, wenn man eine einzelne Position vertritt wie z.B. wenn man an westdeutschen Kunstakdemien die "Neue Leipziger Schule" als großartig bezeichnet, dann kann man gleich seine Koffer packen. Anfangs war ich da auch toleranter und hab mir gesagt, ja warum nicht, wems gefällt - mittlerweile muss ich aber auch sagen, dass das garantiert keine Kunst ist *tschak* Der Kram verkauft sich zwar wie die Sau in Amerika, aber letztlich ist es Kitsch von der übelsten Sorte.

    Und doch - die Neue Leipziger Schule wird als die momentan bedeutenste deutsche Kunst in Amerika angesehen - eigentlich müsste man sich dafür schämen, passt aber zu dem Lederhosen- und Weißbier-Klischee.

    Robert gebe ich hier recht. Seit Duchamps entsteht Kunst oft erst durch den Kontext, d.h. sobald ich einen ausgelatschen Wanderschuh auf ein Podest unter Glas in einem Whitecube ausstelle, eventuell noch von einem Kunstwissenschaftler ein paar warme Worte formulieren lasse, habe ich Kunst gemacht. Das wird noch immer gerne gemacht, ich kannte diese Vorgehensweise z.B. auch aus einer Nachbarklasse, dort wurde der übelste Mist mit beleuchteten Glasrahmen, Podesten aus Marmor, Vitrinen auf Galerieniveau usw. ausgestellt. Das machte schon was her - aber letztlich wird man dadurch verarscht. (Vielleicht war dies ja das Konzept.. ? ) Ich habe das immer aufs heftigste kritisiert, wenn die Präsentation wichtiger wird als das Werk selbst.Ich vertrete nach wie vor den Standpunkt, dass gute Kunst auch ohne Galeriekontext Kunst bleiben muss. Daher sind mir "Readymades" ein ziemlicher Dorn im Auge.

    Aber das ist eben eine ganz persönliche Haltung, die ich mir als bildender Künstler eben auch herausnehme :D

  • Und darauf läuft Dein unselbständiger (wie Peter zutreffend bemerkt) und sehr bequemer Standpunkt hinaus.


    Ich bin lange genug mit dem mindestens genauso bequemen Standpunkt herumgelaufen, dass mein persönlicher Geschmack das Wahre sei und Anerkennung und Bedeutung im "Betrieb" nichts heißen würde. Dieser Standpunkt ist eigentlich viel fauler. Wenn mir etwas nicht zusagt ist es schlecht, fertig. Und die offizielle Meinung rührt wohl von Dummheit und Bestechung her oder so.

    Die Selbständigkeit dieser Methode ist eigentlich nur Zufall. All das, was Deiner Faulheit zufällig gefällt, wird zu Deinem Geschmack. Ich bin über dieses Stadium der Selbständigkeit hinausgekommen, brauche es nicht mehr. Ich kann mich auch ernstnehmen, ohne meinen zunächst zufälligen Reaktionen auf Kunst mehr auf den Leim gehen zu müssen. Und verdrehe innerlich die Augen, wenn sich die Möchtegern-Kenner mal wieder in ihrer Urteilsfähigkeit überschätzen oder jemand mit seinem ganz besonders persönlichen Geschmack angeben will.

  • Schlimmer wird es, wenn man eine einzelne Position vertritt wie z.B. wenn man an westdeutschen Kunstakdemien die "Neue Leipziger Schule" als großartig bezeichnet, dann kann man gleich seine Koffer packen. Anfangs war ich da auch toleranter und hab mir gesagt, ja warum nicht, wems gefällt - mittlerweile muss ich aber auch sagen, dass das garantiert keine Kunst ist


    Lustig. Aktuelle Kunst ist natürlich meist umstritten.
    Mich erinnert das an die Bücher über "Neue Musik" 1945-65 resp. 1965-85 von Dibelius, in denen Schostakowitsch nicht vorkommt und Pärt eher verspottet als beschrieben wird. So einen Scheuklappen-Modernismus hattet Ihr in (West-)Deutschland also schon lange - hätte nicht gedacht, dass das jetzt auch an westdeutschen Kunstakademien gegen Leipzig losgeht.
    *lol*
    Aber ich vermute, dass das Bild wesentlich weniger uniform ist, als Du uns suggerierst.

    Hattet Ihr in Westdeutschland eigentlich keine kitschverdächtigen Postmodernen wie die Wiener "phantastischen Realisten" Rudolf Hausner oder Ernst Fuchs? Gegen Anton Lehmden ist David Schnell (einer der Leipziger) eigentlich völlig unkitschig. In Österreich wird übrigens beides präsentiert (die phantastischen Realisten und die neuen Leipziger).

  • :D mag sein, dass das durchaus an einigen Akademien auch wieder recht locker gesehen wird.
    Aber die jetzigen Professoren (bzw. die ich hatte) waren alle Alt-68er und haben jede Form von gegenständlicher Malerei gehasst - sogar Malerei an sich war schon verpönt.
    Aber diese Generation ist ja jetzt eh auf dem Weg in die Rente.

    Aber verwechsle mal nicht die Leipziger Schule mit der neuen Leipziger Schule.
    Das sind zwei paar Schuhe. z.B. Heißig finde ich gar nicht schlecht.

    Kitsch gibt es in der "westlichen" Kunstszene auch ohne Ende - totaler Kitsch ist z.B. Niki de Saint Phalle (böse Zungen sprechen ihr sogar jegliche Originalität ab, weil alles an Hundertwasser erinnert.)
    Und doch, ihren Tarotgarten finde ich grandios und möchte den unbedingt mal besuchen.

    Ich kann auch nicht wirklich sagen, dieser oder jener Künstler gefällt mir, es sind vielmehr die einzelnen Werke um die es mir dann geht.

    Zitat

    Lustig. Aktuelle Kunst ist natürlich meist umstritten.

    Ja, vor allem an den Akademien :D


  • Ich bin lange genug mit dem mindestens genauso bequemen Standpunkt herumgelaufen, dass mein persönlicher Geschmack das Wahre sei und Anerkennung und Bedeutung im "Betrieb" nichts heißen würde. Dieser Standpunkt ist eigentlich viel fauler. Wenn mir etwas nicht zusagt ist es schlecht, fertig. Und die offizielle Meinung rührt wohl von Dummheit und Bestechung her oder so.

    Die Selbständigkeit dieser Methode ist eigentlich nur Zufall. All das, was Deiner Faulheit zufällig gefällt, wird zu Deinem Geschmack. Ich bin über dieses Stadium der Selbständigkeit hinausgekommen, brauche es nicht mehr. Ich kann mich auch ernstnehmen, ohne meinen zunächst zufälligen Reaktionen auf Kunst mehr auf den Leim gehen zu müssen. Und verdrehe innerlich die Augen, wenn sich die Möchtegern-Kenner mal wieder in ihrer Urteilsfähigkeit überschätzen oder jemand mit seinem ganz besonders persönlichen Geschmack angeben will.


    Laß mich das mal sortieren. Also:

    - Du verzichtest auf jede Definition von Kunst, weil "das nichts bringt",
    - Du überläßt anderen die Beantwortung der Frage, was "bedeutend" und "etabliert" ist und übernimmst deren Bewertung,
    - Du bist nicht in der Lage, Deinen persönlichen Geschmack nachvollziehbar zu begründen,
    - Du hast es de facto einfach aufgegeben, Dir grundsätzliche Gedanken zu machen.

    aber trotzdem sind die anderen faul. :umfall:

    Außerdem habe ich nach wie vor den EIndruck, als ob Du meine Position nicht verstehst oder nicht verstehen willst. Es ist offensichtlich, daß weder alles, was mir gefällt, zu "meinem Geschmack wird", noch, daß mein persönlicher Geschmack ausschlaggebend für meine Kunstdefinition ist (auch wenn er natürlich einfließt, hat meine Definition mit Geschmack wenig zu tun, sondern besitzt einen religiös-philosophischen Hintergrund). Es ist weiter offensichtlich, daß meine Definition weder Allgemeingültigkeit beansprucht noch andere abwertet. Das habe ich alles hinreichend erklärt, weshalb für mich jetzt EOD ist.

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz. (Klaus Kinski)

  • Für mich jedenfalls ist Kunst ein bewußter, individueller menschlicher Schaffensakt, der die Welt des sinnlich Wahrnehmbaren transzendiert und eine Verbindung zum bzw. einen Einbruch des Göttlichen in die diesseitige Welt ermöglicht.


    Dann ist wohl Thomas Gainsborough auch kein Künstler?
    Oder Adriaen Brouwer?
    Oder Pierre-Auguste Renoir?

    Natürlich ist es faul, sich nicht die Mühe zu geben, die Künstler, die einem erst einmal nichts sagen, "verstehen" zu lernen und sie stattdessen mental "in die Tonne zu klopfen".

    Aber ich habe den Eindruck, dass Du meine Position nicht verstehen willst.
    ;)

    Zitat

    EOD


    Mit Dir kann man ja gar nicht diskutieren.
    ;)

    Übrigens ist Gott ohnehin allgegenwärtig, "Einbruch des Göttlichen in die diesseitige Welt" ist genau genommen Nonsense.

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    Ich definiere mal Kunst als das Ergebnis einer menschlichen Tätigkeit unter Zuhilfenahme ihrer außerordentlichen Fähigkeiten.

    Wozu ich eben das Trappieren eines Stoffkneuels auf einen Schlitten nicht zähle.

    Ebensowenig muss das Ergebnis zwingend eine Aussage enthalten. Kitsch kann eine Form der Kunst sein und liegt immer im Auge des Betrachters oder des zeitlichen Rahmens; die Definition resp. das ästhetische Empfinden von Kitsch oder kitschig ändert sich mitunter gerne mal plötzlich.

    Ich bin lange genug mit dem mindestens genauso bequemen Standpunkt herumgelaufen, dass mein persönlicher Geschmack das Wahre sei und Anerkennung und Bedeutung im "Betrieb" nichts heißen würde. Dieser Standpunkt ist eigentlich viel fauler. Wenn mir etwas nicht zusagt ist es schlecht, fertig. Und die offizielle Meinung rührt wohl von Dummheit und Bestechung her oder so.

    Das (von mir gefettete) finde ich so falsch allerdings nicht; es kann jeder auf sich selbst beziehen, damit es stimmiger wird: schlechtesten Falls hat der betreffende Kunstschaffende hier nicht erreicht, was er wollte, wenn es jemand (Sachkundiger) schlecht findet oder nicht versteht. Ob ein Werk gefällt oder nicht, kann neben dem Mangel an Sachkunde des Kritikers auch eine berechtigte Kritik sein - deswegen bleibt das Werk dennoch Kunst, wenn auch ggfs. schlechte(re).