- Offizieller Beitrag
Dramma per musica in drei Akten
Libretto von Nicola Francesco Haym
Uraufführung am 13. Februar 1725 im King’s Theatre in the Haymarket, London
Schauplatz der Handlung ist der Königliche Palast in Mailand
Zeit: Ende des 7. Jahrhunderts
Personen
RODELINDA, Königin der Langobarden (Sopran)
BERTARIDO (Alt)
FLAVIO, Sohn von Rodelinda und Bertarido (stumme Rolle)
GRIMOALDO, Herzog von Benevent (Tenor)
EDUIGE, Schwester Bertaridos u. Verlobte Grimoaldos (Mezzo)
UNULFO, langobardischer Edelmann (Alt)
GARIBALDO, Herzog von Turin (Baß)
1. AKT
1. Szene
Die Bühne zeigt Rodelindas Gemächer. Mit der Arie Ho perduto il caro sposo beweint Rodelinda den Verlust ihres geliebten Gatten Bertarido. Dieser wurde zunächst entmachtet und wird nun für tot gehalten. Grimoaldo, der Thronräuber, tritt hinzu, verspricht Rodelinda das Ende ihres Übels: E regno, e sposo appunto a renderti vengh’io (Ich komme, um Dir Gatten und Herrschaft zurückzugeben). Leicht zynisch, der Gute; er trägt ihr nämlich an, sie zur Frau zu nehmen… Rodelinda ist verständlicher Weise wütend. Mit dem Wunsch Lascimai la mia gloria (Lass’ mir meine Ehre) weist sie Grimoaldos „Geschenk“ entschieden zurück. Ihren ganzen Stolz besingt Rodelinda in der Arie L’empio rigor del fat vile non potrà farmi (Die grausame Härte des Schicksals wird mich nicht feige machen) und verlässt die Szene.
2. Szene
Garibaldo tritt hinzu und wird sogleich von Grimoaldo um Rat gebeten. Grimoaldo ist mit Eduige verlobt, möchte aber Rodelinda und die Macht; er fühlt sich allerdings zu schwach, diesen Wunsch allein umzusetzen. Garibaldo verspricht A me l’impresa ne lascia, e in breve spera di vederla men fiera (Überlasst das Handeln mir und hofft, sie in Kürze weniger stolz zu sehen). Unterdessen soll Grimoaldo versuchen, das lästige Werben Eduiges abzuwimmeln.
3. Szene
Wenn man vom Teufel spricht: Eduige tritt hinzu und wirft Grimoaldo Treulosigkeit und Herrschsucht vor. Für Grimoaldo ist die Sachlage klar: Da er nun König ist, steht ihm eine solche Handlungsweise zu; zudem habe sie ja seine Bemühungen in früherer Zeit verschmäht, nun habe er sich eben anders entschieden: Io già t’amai, ritorsa sdegnasti esser mia sposa sempre dicesti: No (Einst liebte ich dich, doch du warst spröde und lehntest es ab, meine Braut zu sein). Grimoaldo verlässt das Geschehen.
4. Szene
Garibaldo ergreift die einmalige Chance, Eduige seine Liebe anzutragen. Eduige, zunächst überrascht, glaubt Garibaldo und will von Grimoaldo ablassen: Ed a te rivolta poi, ti dirò su gli occhi suoi: Tu sei `l core del mio cor (Zu dir wende ich mich dann und sage dir vor seinen Augen: Du bist meines Herzens Herz).
5. Szene
Nachdem Eduige verduftet ist, enttarnt sich Garibaldo als Heuchler: Di cupido impiegno i vanni per salire al rergal soglio (Ich benutze amors Flügel, um den Königsthron zu besteigen…).
6. Szene
Verwandlung: Ein Zypressenhain mit den Gräbern der Langobardenkönige, darunter die angebliche Urne Bertaridos, die sich jüngst hinzugesellte. Bertarido (als Ungar verkleidet) ist durch den Anblick seines eigenen Grabmahles erbost. Zugleich äußert er in einer Arie seine Sehnsucht nach der geliebten Rodelinda: Dove sei amato bene, vieni l’alma a consolar (Wo bist Du, geliebtes Wesen, komm, mir die Seele zu trösten). Sein Getreuer Unulfo erreicht den Ort, die Wiedersehensfreude ist groß. Unulfo eröffnet Bertarido, dass auch Rodelinda ihn für tot glaubt. Aus der Ferne entdeckt Bertarido seine Geliebte und seien Sohn, will zu ihnen eilen, doch Unulfo hält ihn zurück und bittet ihn, Geduld zu üben. Sie verbergen sich.
7. Szene
Rodelinda kommt mit ihrem Sohn Flavio ins Geschehen. Beide huldigen dem Grab und legen Blumen nieder. Unulfo kann Bertaridos Verlangen kaum bändigen…
8. Szene
Garibaldo kommt mit einem Teil der Wachen und verspottet Rodelinda. Ein Gezanke entfacht sich: Garibaldo versucht, Rodelinda zu bewegen, Grimoaldo zu heiraten und zu gehorchen. Doch Rodelinda scheut nicht den Tod, um diesem Übel zu entkommen. Garibaldo nimmt sodann ihren Sohn Flavio als Geisel, um Rodelinda zu bezwingen, was gelingt. Rodelinda gibt nach: Ritorna al tuo signor, di, ch’io mi rendo, e ch’io con le sue nozze, accetto il soglio (Geh’ zurück zu deinem Herrn und sage ihm, dass ich mich fügen werde und dass ich mit seiner Heirat den Königthron annehme). Mit dem Verlangen, dass ihr Hochzeitsgeschenk die Hinrichtung Garibaldos sein werde, verlässt sie die Bühne.
9. Szene
Bertarido und Unulfo sind noch immer in ihrem Versteck. Grimoaldo erscheint, wie auf den Plan gerufen, um zu erfahren, dass Rodelinda nun seine Frau werden wird. Garibaldo bekundet jedoch, dass zur Bezahlung er sterben müsse, das habe Rodelinda geschworen. Grimoaldo verspricht ihm vollsten Schutz. Beide gehen.
10. Szene
Bertarido ist wieder mit Unulfo allein und ist über die eben erfahrene Treulosigkeit Rodelindas entsetzt. Auch Unulfo muss ihm beipflichten und verlässt ihn mit dem Vorhaben, etwas Trost zu finden.
11. Szene
Bertarido beklagt allein die Untreue Rodelindas und will am Tage der Hochzeit seine Existenz zu erkennen geben.
2. AKT
1. Szene
Garibaldo bedrängt Eduige, ihn zu heiraten, doch sie hält sich zurück. Entrüstet zischt Garibaldo ab.
2. Szene
Rodelinda erscheint mit dem Sohn Flavio. Ein hässlicher Streit beginnt zwischen den Damen. Eduige schwört auf Rache, mit dem sie den Verlust Grimoaldos und des Königsthrones kompensieren will. Grimoaldo soll sterben.
3. Szene
Nachdem Eduige verschwunden ist, erscheinen Grimoaldo, Garibaldo und Unulfo. Nochmals wird die Hochzeit zwischen Grimoaldo und Rodelinda besiegelt. Doch Rodelinda pocht auf die Erfüllung der von ihr gestellten Bedingung. Grimoaldo, bereit, alles für Rodelindas Liebe zu tun, verwehrt ihr jedoch die Erfüllung dieses blödsinnigen Wunsches. Eine Alternative wird gesucht und gefunden: Grimoaldo soll ihren Sohn Flavio töten den Namen eines Verbrechers und Unmenschen tragen! Grimoaldo glaubt zunächst an einen Scherz, doch no, non scherzo. Dies sei die letzte Bedingung. Unulfo bemerkt die Klugheit und Treue Rodelindas, Garibaldo sieht seine Pläne gefährdet.
4. Szene
Unulfo warnt Grimoaldo vor der Erfüllung dieser Bedingungen, während Garibaldo ihm einredet, er müsse seine Macht duch Unnachgiebigkeit demonstrieren. Doch Grimoaldo ist ganz betört von der Idee, endlich Rodelinda ehelichen zu können.
5. Szene
Bertarido wandelt in einem Lustgarten. „Mit leis' gedämpftem Murmeln“ (con rauco mormorino) beweint Bertarido sein Schicksal. Eduige erkennt die Stimme des Todgeglaubten Bruders, ist es eine Täuschung? Nein! Er lebt! Unulfo eilt herbei, um Bertarido von Rodelindas Klugheit und Treue zu berichten und ist entsetzt, dass die Identität seines Chefs entdeckt ist. Als Bertarido von der standhaften Gattin erfährt, beschließt er, sie und den Sohn zu befreien.
6. Szene
Eine Galerie in den Gemächern Rodelindas. Unulfo bereitet Rodelinda auf das Wiedersehen mit Bertarido vor.
7. Szene
Bertarido kommt in die Galerie. Bevor sich die beiden jedoch in die Arme schließen, bittet Bertarido Rodelinda inständig um Verzeihung, dass er ihr Untreue unterstellte. Während der liebevollen Umarmung platzt Grimoaldo herein – ihm fallen die Augen heraus… da gaukelt ihm diese Ruchlose doch Trauer und Treue nur vor, um von ihm in den Armen eines anderen entdeckt zu werden. Da behauptet Bertarido, der Todgeglaubte zu sein, Rodelinda versucht ihn zu schützen und bestreitet dies. Der leicht Verwirrte Grimoaldo lässt Bertarido gefangen nehmen und droht ihm mit dem endgültigen Tod. Rodelinda und Bertarido glauben, nun für allezeit Abschied nehmen zu müssen:
Ah mia vita! Ah mio tesoro!
3. AKT
1. Szene
Eduige hat sich durch die Verhaftung des Bruders besonnen und will ihn retten. Dazu übergibt sie Unulfo den Schlüssel zu dem Zimmer, in dem der Bruder gefangen gehalten wird. Unulfo soll ihn befreien, Eduige will damit ihren ungeheuren Frevel sühnen.
2. Szene
Grimoaldo und Garibaldo erscheinen, fest entschlossen, die Tötung Bertaridos alsbald umzusetzen.
3. Szene
Bertarido im finsteren Kerker. Er erwartet sein baldiges Ende, als plötzlich ein Schwert wie von Geisterhand in den Kerker fällt. Als er dies ertastet, glaubt er an seine Errettung. Als Unulfo in der Absicht erscheint, ihn aus dem Kerker zu befreien, wird er von der Schwertklinge elend verletzt. Als er erkennt, wen er mit dem Eisen traf, ist er entsetzt über seinen blinden Freiheitsdrang und wirft die Waffe weg. Unulfo beteuert ihn, zu fliehen und gibt ihm das Schwert zurück. Leute nahmen aus der Ferne, bei verschwinden in einem geheimen Kerkergang.
4. Szene
Eduige mit Rodelinda und Flavio an der Hand erscheinen. Sie entdecken jedoch nur noch Bertaridos Weste und ein Blutspur. Daraus müssen sie schließen, das Bertarido ermordet und bereits weggeschafft wurde. Rodelinda bricht vor Schmerzen zusammen und will ihrem Gatten folgen: Se’l mio duol non è si forte, chi traffige, oh dio! Chi svena per pietà questo mio cor? (Fehlt es meinem Schmerz an Kraft, wer durchbohrt, o Gott, wer tötet dann aus Mitleid dieses Herz?).
5. Szene
Königlicher Park, in den Bertarido und der verletzte Unulfo entflohen sind. Unulfo gibt dem Geretteten auf, sich in den Büschen zu verbergen, bis er selbst mit Gattin und Sohn zurückgekehrt ist. Unulfo verschwindet, Bertarido verbirgt sich.
6. Szene
Grimoaldo erscheint, gequält von Hass, Eifersucht und Liebe.
7. Szene
Grimoaldo entdeckt den im Park schlafenden Garibaldo und erkennt die Gelegenheit, ihn zu töten. Er entwendet dem Schlafenden das Schwert.
8. Szene
Tod dir, Verräter! So stirb, Rebell! – Mit diesen Worten und gezückter Waffe springt Bertarido aus dem Gebüsch hervor und verfolgt den fliehenden Garibaldo. Dieser hat das Geschehen nicht so schnell mitbekommen und fragt, wer sein Lebensretter sei?. Bertarido kommt zurück und wirft Grimoaldo das blutbefleckte Schwert vor die Füße, gibt zu, Garibaldo ermordet zu haben. Er bietet an, dass im Gegenzuge nun er von Grimoaldo getötet wird.
Scena ultima
Unulfo gesteht, dass er Bertarido befreit hat, Eduige gesteht ihre „Mittäterschaft“. Grimoaldo erkennt, dass er Opfer seiner selbst geworden ist und dass der Gegner ihm das Leben gerettet hat. Er umarmt Eduige als seine Gattin und preist Bertarido als den neuen König. Alle stimmen nebst Chor auf einen huldvollen Schlußgesang ein:
Dopo la notte oscura Nach der finsteren Nacht
più lucido, più chiaro,
più amabile, più caro
ne spunta il sol quaggiù;
Tal dopo ria sventura
figlio d'un bel soffrire
più stabile il gioire
nasce dalla virtù.
scheint heller und klarer,
begehrter und teurer
die Sonne hernieder.
So wird nach schwerem Unheil,
als Kind von tapf'rem Leiden,
beständigeres Glück
geboren aus der Tugend.