- Offizieller Beitrag
Hallo,
Ich habe bei Mozarts bekannter Sinfonia Concertante Es-Dur KV 364 (für Violine und Bratsche) stets den Eindruck, ein (Doppel-) Konzert zu hören und nicht eine konzertante Sinfonie. Haydns Sinfonia Concertante B-Dur (Hob. I:105 - sic! bei den Sinfonien einsortiert!) hat auf mich formal (ohne, daß ich das vorerst differenziert auseinander zu nehmen gedenke) einen völlig anderen Charakter; spontan: mehr Sinfonie mit konzertanten Einlagen - Mozarts KV 364 hat für mich hingegen rein gar nichts sinfonisches an sich, dafür alles, was ein reines Concerto ausmacht.
Charles Rosen (Der klassische Stil, Bärenreiter, 3. Auflage, 1999) meint auf Seite 174 z.B., wo er das sinfonische Konzept Haydns mit dessen Concertante vergleicht:
Zitat von Charles RosenSoloinstrumente wirken [in der Sinfonie]1 nicht mehr wie unabhängige Concertinos (abgesehen von der Sinfonia Concertante aus der Londner Zeit natürlich), sondern sind in eine wahrhaft orchestrale Konzeption eingebettet.
1Ergänzung in eckiger Klammer von mir
Das ist imo des Pudels Kern: Die Concertante ist zunächst eine Sinfonie mit konzertanten Einlagen der Solisten, die als Concertino (also kleines Konzertchen innerhalb der Sinfonie) hervortreten, aber eben nicht die Hauptacteure sind, allenfalls das Bonbon. Das ist - wie erwähnt - bei Haydn klar der Fall, bei Mozart nicht - da ist es gerade umgekehrt, also so, daß die beiden Soloinstrumente doch den Schwerpunkt setzen (anders wiederum ist es bei Mozarts Serenaden für Orchester, in deren Binnensätzen die sogenannten Concertanten auftauchen: kleine solistische Einlagen ggfs. verschiedener Instrumente, meistens Violine solo). Wie kommt also Mozart dazu, sein Werk Sinfonia Concertante zu nennen? Worin unterscheidet sich Mozarts Sinfonia Cocertante für Violine und Bratsche Es-Dur KV 364 von dem Konzert für Flöte und Harfe KV 299 formal?
Zitat von Charles Rosen[S. 244] Einige Jahre scheint Mozart die Konzertform wenig gereizt zu haben, abgesehen von einer bemerkenswerten Ausnahme, der Sinfonia Concertante Es für Violine und Viola KV 364 = 320d.
Rosen dürfte das also ganz ähnlich betrachten wie ich (ich habe noch die blaue Ausgabe, die allmählich zu einer Loseblattsammlung wird...).
Auch die NMA sortiert KV 364 bei den Konzerten (Band I, S. 409) ein. Da das Autograph nicht vollständig erhalten ist, lässt sich nicht einmal mit Sicherheit bestimmen, ob die Genrebezeichnung von Mozart selbst stammt; das etwa aus derselben Entstehungszeit (1779/80) stammende Fragment A-Dur KV 320e hat Mozart jedoch mit //Sinfonia Concertante à tre istromenti// Violino, Viola, e Violoncello. betitelt, das Fragment KV 315f hingegen mit //Concerto per il Cembalo e Violino// (1778). Eine Sonder(bare)stellung nimmt letztlich auch noch die Concertone für 2 Violinen KV 190 ein... die Autoren der NMA meinen hierzu, Mozart wollte einen eigenen Genrebegriff für die bis dahin sich nicht durchgesetzt habende Sinfonia Concertante bilden...