- Offizieller Beitrag
Eine besondere Stellung im Repertoire der Soloklaviermusik hat m. E. das Klavierstück. Was das (genau) ist, darüber kann hier genauso befunden werden, wie auch Eure Lieblingsklavierstücke gepostet werden dürfen. Soviel muß aber eingegrenzt werden: Als Klavierstück sollte schon ein Einzelwerk genannt werden, also kein Bestandteil eines umfangreicheren Klavierwerkes wie z.B. einer Sonate, wohl aber aus Samlungen von Einzelstücken, worunter ich u.a. auch Bachs wohltemperiertes Clavier zähle. Es sollte pro User mindestens drei, aber höchstens zwei Stücke genannt werden, damit die Sache spannend wird
Ich mache auch sogleich den Anfang und stelle je ein Lieblingsstück aus verschiedenen Sparten vor:
Ich habe erst kürzlich dieses Stück entdeckt und schätze es seitdem überaus:
Ferdinand Ries (1784-1838)
aus Zwölf Trifles op. 58
Nr. 7 D-Dur, Nr. 5 C-Dur, Nr. 6 f-moll
Ella Sevskaya, Hammerflügel Johann Schantz, c1800
Herr Ries hat offenbar großen Gefallen an dem Seitenthema des ersten Satzes von Beethovens fünftem Clavierkonzert gefunden. In seinem C-Dur Trifle taucht dies jedenfalls ganz unverblümt bei ca. 0'54 auf... - das spritzige Stück ist aber auch so einfach hörenswert. Die Gattungsbezeichnung 'Trifle' ist wohl dem Englischen entlehnt, wo es eine mehrschichtige Süßspeise beschreibt. Die Trifles von Ferdinand Ries dauern im Schnitt (zumindest die auf dieser CD enthaltenen) zwischen vier und sieben Minuten.
Bei den Nocturnes, dessen Urvater John Field ich zwar auch sehr schätze, ebenso wie Chopin - nenne ich dennoch ein anderes als mein liebstes: und zwar das Nocturne g-moll op. 21 Nr. 1 von Ignacy Feliks Dobrzynski (1807-1867), welches neben vielen entdeckenswerten Klavierstücken in dieser sehr empfehlenswerten Box enthalten ist:
Dobrzynskis Nocturne erklingt hier auf einem Érard von 1837 durch Bart van Oort.
Aus den sechs Bagatellen op. 126 gefällt mir die Nr. 2 (g-moll) am besten:
Jörg Demus am Conrad-Graf-Flügel von 1825 (den der Leihnehmer vermutlich nie gehört hat...)
Bei den Schubertschen Impromptus wird es nun wirklich schwierig: von den 'offiziellen' schätze ich am meisten das f-moll-Impromptu D935 Nr. 4 - kämen die drei Clavierstücke aus dem Nachlass hinzu, würde die Wahl ziemlich sicher auf D946 Nr. 1 oder 2 fallen:
Lambert Orkis, Fortepiano Graf 1826
Um auf Chopin zurückzukommen: da ich die Nocturnes bereits anderweitig besetzt hatte, kann ich hier sehr gerne das Preludio d-moll op. 28 Nr. 24 nennen:
Wojciech Switala, Fortepiano Ignace Pleyel 1848
Das Stück hat mit Schuberts f-moll-Impromptu gemeinsam, daß es ziemlich rabiat (noch deutlicher als bei Schubert) auf dem tiefsten (damals) spielbaren Grundton endet.
Auch Carl Philip Emanuel Bach darf nicht fehlen: Mit seinem skurrlen Charakterstück L'Aly Rupalich Wq 117/27 (H95) begeistert mich Miklos Spányi auf seinem Clavichord:
Welche Bezeichnungen für derlei Klavier- oder Charakterstücke fallen Euch noch ein? Spontan wüsste ich noch Schuberts Moments Musicaux zu nennen. Bei Mozart findet man derlei Bezeichnungen nicht, dennoch liebe ich z.B. seine skurrile kleine Gigue -Dur KV 574 ebenso wie sein Rondo a-moll KV 511. Bei den diversen Tanz-Pieces (Walzer, Polonaisen, Mazurken, Ländler etc.) meine ich zwar, daß diese nicht mehr unbedingt dem Anspruch gerecht werden, als Tanzmusik zu gelten und sich eher verselbständigt haben (deswegen würde ich sie hier prinzipiell nicht ausschließen wollen), denke aber, daß dafür ein eigener Thread geeigneter wäre.