Tempo in der Musique: Autographe Satzbezeichnungen bei Mozart

  • Sozusagen eine Spezialfrage im Bereich der Aufführungspraxis - egal ob modern oder historisch-informiert musiziert wird - ist die Frage nach dem Tempo, in dem ein Werk, ein einzelner Satz, oder auch nur ein Satzabschnitt gespielt werden soll. Da mir scheint, dass derlei Fragen besonders häufig in Bezug auf Mozarts Musique auftauchen (und Mozart zudem im Centrum meines musikalischen Interesses steht) lag es für mich nahe, gerade einmal bei Mozart auf die Suche zu gehen, welche Hinweise er selbst zu diesem Thema gibt und wie er seine Musique selber bezeichnet hat.

    Mozart schreibt in einem Brief vom 24. Oktober 1777:
    "[Das Tempo ist] ...das nothwendigste und härteste und die hauptsache in der Musique."

    Dieses Zitat legt nahe, dass Mozart die Frage des Tempos recht genau genommen hat (was nicht heißen muss, dass er in in dieser Frage unflexibel war) und dementsprechend seine eigene Musique mit bedacht mit Anweisungen gekennzeichnet hat. Ich habe mir deswegen anhand einer Liste die nicht ganz geringe, aber vergnügliche Arbeit gemacht, alle Satzbezeichnungen aufzulisten, die MOZART SELBER je verwendet hat, also: Alle Bezeichnungen, die in seinen Autographen oder von ihm korrigierten Erstdrucken stehen. Dabei kann natürlich kein absoluter Anspruch auf vollständigkeit bestehen, weil etliche Werke verloren, oder die Autographen verschollen sind. Ebenso unberücksichtigt bleiben (mit einigen gewichtigen Ausnahmen) Angaben aus zweifelhaften und offensichtlich unterschobenen Werken.

    Eine gewisse Schwierigkeit bietet die Frage, wie man diese Bezeichnungen am besten sortiere, denn ihre Reihenfolge von schnell nach langsam hat im Laufe der Zeit nicht unerhebliche Änderungen erfahren, zudem und noch wichtiger, sind all diese Bezeichnungen in Mozarts Zeit noch von der verwendeten Taktart und von der Zielgruppe der Musique abhängig (ein Allegro für kirchliche Musique war langsamer (erhabener) als ein Allegro für Musique für den Concertsaal, usw.). Das erklärt im Übrigen auch, warum viele Sätze KEINE Satzbezeichnung haben: Weil sich das Tempo damals größtenteils bereits aus der Taktart in Verbindung mit den auftretenden Notenwerten ergab! Völlig aussagekräftig würde diese Liste also erst, wenn man noch die Taktarten hinzufügt, aber das wäre eine noch weitaus größere Arbeit und erharrt daher noch der Erarbeitung. Gleichwohl bietet auch die pure Liste der Satzbezeichnungen bereits einen interessanten Überblick, etwa über für Mozart ungewöhnliche und bei ihm seltene Bezeichnungen.

    Zudem gibt es noch verschiedenen Arten von Satzbezeichnungen:

    • Typenbezeichnungen (wie Rondeau, Marcia, Polonaise, Menuetto usw, die gleichzeitig aber auch Tempobezeichnung sind, oder zumindest sein können, siehe etwa: Tempo di Menuetto)
    • eigentliche Tempobezeichnungen (Allegro, Andante, Adagio, usw.)
    • Charakterbezeichnungen (cantabile, maestoso, graziososo, con moto, usw.)
    • Änderungsbezeichnungen (più allegro, con più moto, tempo primo, usw.)


    Diese verschiedenen Arten treten in allen möglichen Kombinationen auf, was eine übersichtliche Auflistung erschwert.

    Hier aber also nun der Versuch einer Liste der von Mozart verwendeten Satzbezeichnungen:

    I.) Typenbezeichnungen
    Menuetto ... / Tempo di Menuetto ... / Tempo di Minuetto ... / Menuetto mà ...
    Marcia ... / Marcia alla Francese
    Polonaise
    Gavotte (taucht recht häufig als von Mozart wieder durchgestrichen auf)
    Chaconne
    Passepied
    Passacaglia
    Gigue
    Sarabande
    Courante
    Allemande
    Siciliana
    Romance ...
    Intrada / Ouverture / Sinfonia
    Praeludium
    Fuga
    Rondeau(x) ...

    II. und III.) Tempo- und Charakterbezeichnungen (subjektiv-spontan von schnell nach langsam geordnet)
    Prestissimo
    Molto Presto
    Presto assai
    Presto
    ---
    Molto allegro (agitato) / Allegro di molto / Allegro molto
    Allegro assai
    Allegro (maestoso, spiritoso/con spirito, agitato, grazioso, aperto, comodo, risoluto, con brio, vivace/vivace assai)
    Allegro mà non troppo / Allegro non troppo
    Allegro moderato
    Un poco allegro
    ---
    Allegretto (grazioso, vivace)
    Allegretto mà non troppo
    Allegretto moderato / Allegretto mà moderato
    ---
    Moderato / Tempo moderato
    ---
    Andantino (grazioso, con moto, cantabile, sostenuto, sostenuto e cantabile)
    ---
    Molto andante / Andante di molto più tosto allegretto
    Andante moderato
    Andante (grazioso, maestoso, cantabile, amoroso, con espressione, cantabile con espressione, con moto, sostenuto/mà sostenuto, un poco sostenuto/mà un poco sostenuto, alla breve)
    Andante mà adagio / Andante un poco adagio/ Andante mà un poco adagio)
    ---
    Un poco adagio
    Adagio mà non troppo
    Adagio (cantabile, maestoso)
    ---
    Lento
    ---
    Larghetto
    Largo
    ---
    sonstige:
    Grazioso / Tempo grazioso
    Maestoso (assai)
    Alla capella (= alla breve)

    Deutsche Bezeichnungen:
    Fröhlich / Munter
    Gleichgültig und zufrieden
    Traurig, doch gelassen
    Etwas langsam
    Langsam

    IV. Änderungsbezeichnungen
    più (presto, allegro, moderato, andante, adagio, stretto)
    con moto / con più di moto / con più moto / con un poco più di moto
    tempo primo

    :wink:

    PS: Neben KV 522 hat Mozart sich auch bei den Satzbezeichnungen einmal einen musikalischen Spaß erlaubt. Nämlich beim dritten Satz des offenbar parodistischen Flötenquartetts in A-Dur KV 298 aus dem Jahre 1786/1787. Er titelt:

    Rondieaoux, Allegretto grazioso, mà non troppo presto, però non troppo adagio. Così-così-con molto garbo ed espressione"
    Etwa: "Jux-Rondo, anmutig bewegt, aber nicht zu schnell, übrigens aber auch nicht zu langsam. Eben so-so mit viel Feuer und Ausdruck"
    (Übersetzung von A. Einstein "Mozart", S. 194)

    "erhaben, schön, alles was sie wollen – allein – zu übertrieben schwülstig für meine feinen ohren"
    W. A. Mozart (28.12.1782)

  • Chaconne
    ...
    Passacaglia

    8o Wusste garnicht, dass es sowas bei Mozart gibt! Könntest du mir Beispiele geben, wo Chaconne oder Passacaglia betitelte Sätze bei ihm vorkommen? Würden mich sehr interessieren!

    LG
    Tamás

    Alle Wege führen zum Bach,
    .................................... wo der kleine Biber lebt!

  • Guten Tag

    eigentliche Tempobezeichnungen (Allegro, Andante, Adagio, usw.)


    Ich will mal einige "Allegro-Abstufungen" Mozarts aufzählen:

    Grazioso un poco Allegretto : graziös und ein kleines bißchen schnell
    Allegretto ma moderarto 6/8 : etwas schnell, jedoch gemäßigt
    Allegretto maestoto 3/4 : etwas schnell, majestätisch
    Allegretto C : etwas schnell
    Allegretto vivo C : etwas schnell und lebhaft
    un poco Allegro 2/4 : etwas schnell
    Allegro moderato : mäßig schnell
    Allegro comodo : bequem, aber schnell
    Allegro maestoso C : majestätisch, schnell
    Allegro aperto C : etwas gehalten
    Allegro vivace C : lebhaft, schnell
    Allegro risoluto : energisch, schnell
    Allegro : lustig, heiter
    Allegro spiritoso : witzig und heiter
    Allegro vivace assai : schnell und ziemlich lebhaft
    Allegro assai : ziemlich schnell oder genügend schnell
    Allegro con brio : schwungvoll oder feurig schnell
    Allegro agaitato : bewegt, unruhig, aufgeregt schnell
    Molto Allegro : sehr schnell


    Gruß :wink:

    aus der jetzt heißen Kurpfalz (34° C) :umfall:

    Bernhard

    «Es ist wurscht, ob das jemand versteht, aber es muss gesagt werden» (Samuel Beckett)

  • So habe ich es ja auch oben dargestellt!?

    Allegro vivo und Grazioso un poco allegretto kommen meinen Aufzeichnungen nach autograph bei Mozart nicht vor...

    :wink:

    "erhaben, schön, alles was sie wollen – allein – zu übertrieben schwülstig für meine feinen ohren"
    W. A. Mozart (28.12.1782)

  • 8o Wusste garnicht, dass es sowas bei Mozart gibt!s

    Das taucht auch eher nur als "Sonderfall" auf - normalerweise hat Mozart derlei nicht (mehr) componiert. Meine obige Liste täuscht da leicht, wenn ich sie neben Rondeau etc. aufzähle, aber mein Ziel dieses Threads war es eben, ALLE Satztitel aufzulisten, die Mozart autograph verwendet hat.

    Eine Chaconne und eine Passacaglia finden sich als Nr. 1 und Nr. 5 in KV 367, der Balett-Musique zu Mozarts Opera seria "Idomeneo, ré di Creta". Eine zweite Chaconne ("Chiaconna")-Betitelung findet sich in der gleichen Oper selbst: Im Chor (Nr. 9) ab Takt 1 und dann wider ab Takt 158.

    :wink:

    "erhaben, schön, alles was sie wollen – allein – zu übertrieben schwülstig für meine feinen ohren"
    W. A. Mozart (28.12.1782)

  • Danke! :)

    Nun bin ich stark motiviert "Idomeneo" endlich kennenzulernen... 8-)*yepp*

    LG
    Tamás
    :wink:

    Alle Wege führen zum Bach,
    .................................... wo der kleine Biber lebt!

  • Du musst nur darauf achten, dass Du eine komplette Aufnahme kaufst (Gardiner, Jacobs) die Schluss-Chaconne wird ziemlich oft gestrichen, bei szenischen Aufführungen eigentlich immer *motz*

    Bitter ist nur, dass gerade die Chaconne aus Idomeneo zu den schönsten Werken Mozarts überhaupt gehört - dass er nur dieses eine Ballett geschrieben hat, ist schon fast gemein ;( Aber zum Glück gibt es ja noch ähnliche Stücke von Gluck... und Idomeneo solltest Du unbedingt kennen lernen - für mich das schönste Werk das Mozart je schrieb *flirt*

  • dass er nur dieses eine Ballett geschrieben hat, ist schon fast gemein


    Das ist so nicht ganz richtig...

    Objektiv gesehen ist es sogar falsch, den Mozart HAT noch andere Balett-Musiquen geschrieben. Allerdings sind diese, wie man gleich ersehen wird - nicht als "ganz vollwertig" anzusehen. Insofern hast Du subjektiv doch ein Stück weit Recht.

    Und zwar hielt sich Mozart auf seiner letzten Parisreise (1778) an den dortigen Balettmeister Noverre, der anscheinend EInfluss auf den Direktor der "Großen Oper" (De Vismes) hatte, wovon Mozart sich wiederum versprach einen Opern-Auftrag zu erhalten. Zu letzterem kam es bekanntlich nicht, aber Mozart schrieb also immerhin stattdessen einige Stücke für Balett für Mr. Moverre. Allerdings schrieb er keine vollständige Balett-Musique selbst, sondern componierte mehrere Stücke, die zusammen mit Sätzen anderer Componisten eine komplette Musique ergaben. Im Einzelnen lässt sich dies nicht mehr rekonstruieren, sicher ist aber (in dieser Form ist es erhalten und heute eingespielt), dass zum Balett "Les petits riens" eine Ouvertüre mit zwanzig Balett-Tänzen aufgeführt wurden, von denen die Ouvertüre und die Nummern 1-13 sicher von Mozart stammen, die Nummern 14-20 werden als Zweifelhaft angesehen. Diese Musique trägt die Nummer KV 299b.

    Unter KV 299c firmiert eine ähnliche Zusammenstellung wie KV 299b, die allerdings scheinbar aus Balett-Tänzen zu verschiedenen Werken zusammengewürfelt ist (zumindest zwei verschiedene), aber auch keinen konkreten Werken zugeordnet werden kann. Vielleicht wurden sie nie verwendet und müssen eher als Fragment zu einer (oder mehreren) Balett-Musiques angesehen werden.

    EIn solches Fragment ist auch eine angefangene Musique zum Balett "La Chasse" (KV 299 d) - Ebenso eine einzelne Gigue (KV 300), die vielleicht zum obigen "Les petits riens" gehört hatte.

    Letztlich gibt es noch unter KV 416d eine Musique aus Mozarts Wiener Jahren (1783), die zwar (wie Balett) ebenfalls eine Pantomimen-Musique ist, aber, da sie für eine Faschingspantomine im Karneval 1783 fungierte (bei der Mozart übrigens den Harlequin gespielt hat), nicht in dem Sinne als Balett-Musique angesehen werden kann.

    Zu all diesen Werken is qualitativ anzumerken, dass sie kein besonders hoher, aber doch schöner "Mozart" sind. Das gilt für manche Sätze mehr, für manche weniger. Aber (gerade in KV 416d) immerhin finden sich gelegentlich auch (pseudo) dramatisch-gewichtige moll-Klänge. Kennen muss man sie nicht, aber für den Mozart-Freund findet sich auch hier einmal mehr Neues; etwa ein witziges Tambourin-Stück in der Sammlung KV 299c. Liebhaber älterer Musique mögen sich dafür interessieren, wie diese oder jene alte Tanzform bei Mozart klingt...

    Um zur phantastischen Ballett-Musique zu Idoneoneo zurückzukehren: Deren vorletztes Stück, eine Gavotte, nimmt fast wörtlich das Thema des dritten Satzes aus Mozarts großem Klavierkonzert in C-Dur (KV 503) vorweg! Sehr schön!

    :wink:

    PS: Wird sollten hier aufspalten ein einen zweiten Thread: Satzformen bei Mozart (hier soll es ja um Tempo und Tempobezeichnungen gehen, weniger um Satzform). Aber ich bin gerade ziemlich krank und habe dazu gerade keinen Nerv mehr...

    "erhaben, schön, alles was sie wollen – allein – zu übertrieben schwülstig für meine feinen ohren"
    W. A. Mozart (28.12.1782)

    • Offizieller Beitrag

    Eine Chaconne und eine Passacaglia finden sich als Nr. 1 und Nr. 5 in KV 367, der Balett-Musique zu Mozarts Opera seria "Idomeneo, ré di Creta". Eine zweite Chaconne ("Chiaconna")-Betitelung findet sich in der gleichen Oper selbst: Im Chor (Nr. 9) ab Takt 1 und dann wider ab Takt 158.


    Außerdem finden sich eine Allemande, eine Courante und eine (unvollendete, 6taktige) Sarabande in der Suite für Clavier KV 385i (ex 399).

    :wink:

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    ganz interessant im Zusammenhang mit dem Threadtitel ist Helmut Breidensteins alte resp. neue Internetseite zum Thema. Ich hatte mich seinerzeit tiefschürfend damit auseinandergesetzt; auf der "alten" Internetpräsenz hat man noch Einblick in ein paar ältere interessante Essays. Einiges von Breidensteins Ableitungen (ich beziehe mich auf die älteren Essays) ist sicherlich (noch oder wieder) streitbar...

    Er schrieb mir jüngst:

    Zitat

    Nach 50 Jahren Forschung zu diesem Thema mit ständiger Überprüfung der theoretischen Funde in meiner eigenen Aufführungspraxis kann ich jedem an Musik des 18. Jahrhunderts und speziell Mozarts Interessierten nur empfehlen, statt aller Vermutungen und halbwahren Tempo-Listen, einfach dieses Buch zu kaufen. Es enthält außer sämtlichen autograph bezeichneten Tempi (samt ihrer Reihenfolge bei Mozart) und Vortragsweisen (die in der Diskussion fast stets unter den Tisch fallen) in Listen der gleich bezeichneten Stücke mit 392 Notenbeispielen einen Anhang und ausführliche Fußnoten mit sämtlicher Literatur des 17.-20. Jahrhunderts in Auszügen aller relevanten Passagen, - Ersatz einer umfänglichen Fachbibliothek.


    Helmut Breidenstein
    Mozarts Tempo-System.
    Ein Handbuch für die professionelle Praxis

    Verlag Hans Schneider, Tutzing
    ISBN-Nummer 978-3-86296-028-6

    Das Buch ist noch ziemlich jungfräulich und erst im Januar 2012 erschienen (also ein knappes halbes Jahr nach Threaderöffnung).

    :wink:

    • Offizieller Beitrag

    Ich mag nicht in die Verlegenheit geraten, einen Besen fressen zu müssen:

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    So gesehen ... äh ... gehört hat Beethoven 114 Jahre gelebt ... *hmmm* - da hätte Currentzis die CD doch nahezu voll bekommen können *birne*

    notabene: Das Metronom

    • Offizieller Beitrag

    Neenee, da läuft etwas grundlegend falsch:

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo? Nicht Buchstabieren!

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    *lol*

    Es glaubt ja wohl kaum jemand, daß eine Cosí-fan-tutte, deren übliche Dauer 3 Stunden beträgt, damals 6 Stunden beansprucht hat - der Anfang war um 7 Uhr (abends, versteht sich), somit ging sie mit Pausen, gebotenen Wiederholungen und Einlagen ggfs. bis 23 Uhr ... nicht etwa bis 1 oder 2 Uhr des Nachts ... auch weiß man, wie lange Akademien zu Zeiten Mozarts und Beethovens gedauert haben ... da kann man leicht anhand des Programmzettels nachrechnen. Für Mozarts Stück für mechanische Orgel ist die Laufzeit des Werkes bekannt ... ich glaube, mich an ca. 8 Minuten zu erinnern ...

    Beethovens große Akademie vom 22.12.1808 dauerte einigen Berichten zu folge 4 Stunden - von halb 7 bis halb 11 abends - und bot:

    Teil I

    Sinfonie F-Dur op. 68 (ca. 45 Min.)

    Ah! Perfido op. 65 (ca. 12 Min.)

    Gloria aus op. 86 (ca. 10 Min.)

    Clavierkonzert op. 58 (ca. 35 Min.)

    Teil II

    Sinfonie c-moll op. 67 (ca. 35 Min.)

    Sanctus aus op. 86 (ca. 12 Min.)

    Freie Fantasie; wohl op. 77 (10-15 Min.)

    Chor-Fantasie op. 80 (ca. 20 Min.)

    In der Summe: bereits mehr als 3 Stunden reine Musik --- plus Pausen zwischen den Werken (Applaus ...) zzgl. Pause zwischen den beiden Teilen. Wenn allein schon op. 67 eine Stunde gedauert hätte ...

    In den oben propagierten Tempi könnte ich die Werke auch 'im Schlaf' spielen (oder gar mitschreiben). Damit dürfte eine Diskussion gar nicht erst entflammt werden.

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe mal die drei Beiträge über diesem hier hinein kopiert, da sie grundsätzlich zum Thema beitragen; hier aber auch noch ein für mich indiskutables Beispiel einer abendfüllenden Claviersonate Mozarts im Tempo giusto ma har non court:

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    *wirds**beiss*

    Zur Erinnerung:

    1 - Allegro maestoso

    2 - Andante cantabile con espressione

    3 - Presto

    Zu Beginn dachte ich: probiert der einzelne Töne aus, stimmt er noch oder wann fängt der erste Satz endlich an?

    • Offizieller Beitrag

    Ja, die Zeitwahrnehmung mag damals grundsätzlich, alltäglich eine andere gewesen sein. Zu Zeiten, in denen das Pferd das schnellste Transportmittel war, mag manches, was uns heute lahm vorkommt, kognitiv erstaunlich flott gewirkt haben.

    Bloß frage ich mich bei Wim Winters immer: legt man seine Temporekonstruktion zugrunde, gab es einfach keine schnellen Kompositionen, die das Menschlich-Physiologische und das Technisch-Mechanische der Instrumente ausgereizt hätte - und das kollidiert völlig mit meiner Auffassung des an sich getriebenen, Grenzen suchenden und überschreitenden Homo sapiens, zumal in der Kunst. Warum sollten Komponisten, die auf allen möglichen Ebenen des Komponierens (und Spielens) ohne Zweifel das konventionelle Fundament ihrer jeweiligen Zeit gesprengt, überwunden, ausgereizt und übergereizt, teils schockierend verlassen haben, dies nur hinsichtlich des Aspektes Tempo nicht getan und auch mal ein Doppelprestississimo notiert haben, um ein Tempo in Winters' Lesart zu erzielen, das uns heute als gängig schnell erscheint (den Unterschied zwischen Metronom- und Tempoangaben lasse ich mal weg)?

    *sante*

    • Offizieller Beitrag

    Mich irritiert diese Selbstsicherheit des Interpreten deshalb, weil es ja z.T. genaue Zeitangaben über die Länge einzelner Sätze, Werke oder Konzerte (Akademien) gibt; vide Post #13; die Messung der Zeit per se hat sich nicht geändert. Also kann das einfach nicht stimmen ... und ist einfach völlig hirnrissig. Hinzu gesellen sich - im konkreten Fall Mozarts - einige briefliche Überlieferungen wie z.B. Clementis (oder wessen immer) Hände (sinngemäß) über die Tastatur flitzten. Das wird wohl keine Wahrnehmungsstörung gewesen sein, auch nicht relativ ... ein Pferd war damals genau so schnell wie heute und ist nicht etwa in Zeitlupe herum galoppiert; der menschliche Pulsschlag mit ca. 60 bis 80 bpm war auch nicht anders; das entspricht in etwa einem Andante / gehend ohne Hetze, ohne einzuschlafen.

    Wenn ich den Irrtum des Interpreten richtig begreife, beruht dieser eben darauf, daß er - der Interpret - das Hin UND Her als einen Schlag betrachtet (daher ca. halbiertes Tempo), übersieht dabei aber, daß ein Pendel pendeln muß, um überhaupt „Schläge“ erzeugen zu können: daher zählt man das Hin als Schlag und das Her als Schlag. Es gibt nicht einen logischen Grund, davon abweichen zu müssen ...

  • hier aber auch noch ein für mich indiskutables Beispiel einer abendfüllenden Claviersonate Mozarts im Tempo giusto ma har non court:

    Ehrlich gesagt: beim Beginn (die ersten 30 Sekunden) dachte ich zunächst, da spielt ein Hobbymusiker...*hide*

    Dabei ist Wim Winters ausgebildeter Musiker - ich gebe zu, etwas irritiert bin ich schon von seinen Thesen. Hier ist übrigens ein Thread, in dem das Thema auch zur Sprache kommt.

    Unser *opi* nahm *opi*-um - Bumms! fiel unser *opi* um.

    • Offizieller Beitrag

    Hier ist übrigens ein Thread, in dem das Thema auch zur Sprache kommt.

    Grete Wehmeyer? Verdammt, ich dachte, ich hätte "Prestississimo" erfunden. *mist* Naja, hab ich auch, bloß in Unkenntnis.

    *sante*