• Mir ist klar geworden, dass ich keinen Unterschied mache zwischen Liedern und Gedichten. Mir ist zwar bewußt, wo der Unterschied ist, aber ich nehme ihn kaum wahr...

    Die Gedichte sind auch Lieder...
    die (noch?) nicht gesungen sind...
    eben stumm.

    Aber es singt immer etwas wenn man es liest...irgendwo innen.

    Darum nehme ich jetzt auch hier zurück "mein" Märchengedicht...


    LG Melina


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Eine Wintermärchen eben....
    eine traurige.


    Das Mädchen mit den Schwefelhölzern


    Die halbe kalte Silvesternacht,
    Hat draußen ein Mägdelein zugebracht,
    Muss hungrig, müde auf der Straße stehn.
    Kein einziges Holz hat verkauft sie heut,
    Grausam eilten vorbei die Leut;
    Vor Angst wagt sie nicht nach Hause zu gehn.
    Aus allen Fenstern strahlt Lichterglanz
    In der Neujahrsnacht,
    Köstliche Düfte erfüllen ganz ihren Sinn
    Mit Zaubermacht.
    Ein Schwefelhölzchen schnell,
    Das wärmt mich auf der Stell.
    Ritsch, ritsch, wie brennt es so schön,
    Warm und hell ist es anzusehn,
    Die Flamme wächst immer höher an,
    Wie ich daran mich doch wärmen kann.
    Ritsch, ritsch, wie brennt es so schön,
    Warm und hell ist es anzusehn,
    Doch plötzlich das leuchtende Feuer verschwand,
    Das Hölzchen war ausgebrannt.

    Ein zweites Hölzchen nahm sie zur Hand,
    Strich es an der Mauerwand,
    Da branntes wie Gas und wie Kerzenschein.
    Die Mauer schien wie ein Flor so weich,
    Ach, ihr schien's wie im Märchenreich,
    Voll Neugier steckt sie das Köpfchen hinein.
    Die Kleine schaut in ein Zimmerlein
    In der Neujahrsnacht,
    Drinnen stand wohl ein Tisch gar fein
    Voll der wunderschönen Pracht;
    Gedeckt ganz blendend weiß,
    Voll Gänsebraten und Speis:
    Ritsch, ritsch, wie brennt es so schön,
    Warm und hell ist es anzusehn,
    Die Gans mit Messer und Gabel drin
    Watschelt direkt zum Mädchen hin.
    Ritsch, ritsch, wie brennt es so schön,
    Warm und hell ist es anzusehn,
    Doch plötzlich die Gans und das Feuer verschwand,
    Das Hölzchen war ausgebrannt.

    Das dritte Hölzchen, noch brannt es kaum,
    Da saß sie unterm Weihnachtsbaum,
    Der strahlte hell unterm Kerzenschein.
    Die Sternlein schimmern am Himmelstor,
    Sieh, im Glanze steht mild davor
    Und freundlich ihr liebes Großmütterlein.
    Großmütterlein, nimm mich auf zu dir
    In der Neujahrsnacht,
    All meine Hölzchen verbrenn ich hier,
    Sieh die goldne Lichterpracht.
    Mein liebes Großmütterlein,
    Führ mich zum Himmel hinein.
    Ritsch, ritsch, wie brennt es so schön,
    Warm und hell ist es anzusehn,
    Großmütterchen nahm sie in ihren Arm,
    O wie war ihr so wohl und so warm.
    Ritsch, ritsch, wie brennt es so schön,
    Warm und hell ist es anzusehn,
    Verschwunden der Hunger, die Kälte und Not,
    Am Neujahrstag fand man sie tot.


    Hans Christian Andersen (1805-1875)


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Abschied


    O Täler weit, o Höhen,
    O schöner, grüner Wald,
    Du meiner Lust und Wehen
    Andächtger Aufenthalt!
    Da draußen, stets betrogen,
    Saust die geschäftge Welt,
    Schlag noch einmal die Bogen
    Um mich, du grünes Zelt!

    Wenn es beginnt zu tagen,
    Die Erde dampft und blinkt,
    Die Vögel lustig schlagen,
    Daß dir dein Herz erklingt:
    Da mag vergehn, verwehen
    Das trübe Erdenleid,
    Da sollst du auferstehen
    In junger Herrlichkeit!

    Da steht im Wald geschrieben
    Ein stilles, ernstes Wort
    Von rechtem Tun und Lieben,
    Und was des Menschen Hort.
    Ich habe treu gelesen
    Die Worte, schlicht und wahr,
    Und durch mein ganzes Wesen
    Wards unaussprechlich klar.

    Bald werd ich dich verlassen,
    Fremd in der Fremde gehn,
    Auf buntbewegten Gassen
    Des Lebens Schauspiel sehn;
    Und mitten in dem Leben
    Wird deines Ernsts Gewalt
    Mich Einsamen erheben,
    So wird mein Herz nicht alt.


    Joseph Freiherr von Eichendorff (1788-1857)


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Sie haben mich gequälet


    Sie haben mich gequälet,
    Geärgert blau und blaß,
    Die einen mit ihrer Liebe,
    Die andern mit ihrem Haß.

    Sie haben das Brot mir vergiftet,
    Sie gossen mir Gift ins Glas,
    Die einen mit ihrer Liebe,
    Die andern mit ihrem Haß.

    Doch sie, die mich am meisten
    Gequält, geärgert, betrübt,
    Die hat mich nie gehasset
    Und hat mich nie geliebt.


    Heinrich Heine (1797-1856)


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Altes Lied


    Du bist gestorben und weißt es nicht,
    Erloschen ist dein Augenlicht,
    Erblichen ist dein rotes Mündchen,
    Und du bist tot, mein totes Kindchen.

    In einer schaurigen Sommernacht
    Hab' ich dich selber zu Grabe gebracht;
    Klaglieder die Nachtigallen sangen,
    Die Sterne sind mit zur Leiche gegangen.

    Der Zug, der zog den Wald vorbei,
    Dort widerhallt' die Litanei;
    Die Tannen, in Trauermäntel vermummet,
    Sie haben Totengebete gebrummet.

    Am Weidensee vorüber ging's,
    Die Elfen tanzten inmitten des Rings;
    Sie blieben plötzlich stehn und schienen
    Uns anzuschauen mit Beileidsmienen.

    Und als wir kamen zu deinem Grab,
    Da stieg der Mond vom Himmel herab.
    Er hielt eine Rede. Ein Schluchzen und Stöhnen,
    Und in der Ferne die Glöcken tönen.


    Heinrich Heine (1797-1856)


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Das Fräulein stand am Meere


    Das Fräulein stand am Meere
    Und seufzte lang und bang,
    Es rührte sie so sehre
    Der Sonnenuntergang.

    Mein Fräulein! sei'n Sie munter,
    Das ist ein altes Stück;
    Hier vorne geht sie unter
    Und kehrt von hinten zurück.

    Heinrich Heine (1797-1856)

    P.S. Ich sage das so: immer schön an der rosa Seite des Lebens stehen...
    Gruß an alle....
    *sante*


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • spaziergang der erinnerungen


    ich gehe durch die straßen, altbekannt,
    nehm gierig in mich auf die ruhe
    seit je her erinnerung genannt,
    befreit aus morscher, alter truhe,
    in die seit grauer zeit verbannt
    auf altem wandeln neue schuhe.
    nichts stört hier den friedensgang
    frieden oder tod, was macht das schon?
    ins schwarze zerrt mich stiller drang
    doch die stille ist jetzt hohn
    und das kind, es hängt am strang
    für was, solch fruchtbar lohn?
    für was, solch grausam schal?
    sein gesicht ist blass und ausgezehrt,
    die vormals hoffnungsblauen augen fahl
    sein blick der fragen, der mit leid genährt
    lässt mir keine echte wahl,
    sein leben hat so kurz gewährt
    ich hole es herab, bette es auf heimatlaub
    weine, traure, bete und derlei
    es war kein tod, nur plumper raub
    ungehört vergeht der letzte, stumme schrei
    der krähenrest zerfällt zu staub
    ...und die kindheit war vorbei

    Johannes Braun


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Schöne Wiege meiner Leiden


    Schöne Wiege meiner Leiden,
    schönes Grabmal meiner Ruh',
    schöne Stadt, wir müssen scheiden, -
    Lebe wohl! ruf' ich dir zu.

    Lebe wohl, du heil'ge Schwelle,
    wo da wandelt Liebchen traut;
    lebe wohl! du heil'ge Stelle,
    wo ich sie zuerst geschaut.

    Hätt' ich dich doch nie gesehen,
    schöne Herzenskönigin!
    Nimmer wär' es dann geschehen,
    daß ich jetzt so elend bin.

    Nie wollt' ich dein Herze rühren,
    Liebe hab' ich nie erfleht;
    nur ein stilles Leben führen
    wollt' ich, wo dein Odem weht.

    Doch du drängst mich selbst von hinnen,
    bittre Worte spricht dein Mund;
    Wahnsinn wühlt in meinen Sinnen,
    und mein Herz ist krank und wund.

    Und die Glieder matt und träge
    schlepp' ich fort am Wanderstab,
    bis mein müdes Haupt ich lege
    ferne in ein kühles Grab.


    Heinrich Heine (1797-1856)


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Am fliessenden Wasser

    1.

    Hell im Silberlichte flimmernd
    Zieht und singt des Baches Welle,
    Goldengrün und tiefblau schimmernd
    Küsst sie flüchtig die Libelle;
    Und ein drittes kommt dazu,
    Eine Blüte hergeschwommen:
    Alle haben drauf im Nu
    Heitern Abschied schon genommen.

    Und die Esche beugt sich drüber,
    Schaut in Ruh das holde Treiben,
    Denkt: Ihr Lieben, zieht vorüber,
    Ich will grünen hier und bleiben!
    Und ich unterm Eschenbaum:
    Was soll denn mit mir geschehen
    In dem reizend leichten Traum?
    Soll ich bleiben? Soll ich gehen?


    Gottfried Keller (1819-1890)


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Am fliessenden Wasser

    2.

    Ich liege beschaulich
    An klingender Quelle
    Und senke vertraulich
    Den Blick in die Welle;
    Ich such’ in den Schäumen,
    Weiss selbst nicht, wonach?
    Verschollenes Träumen
    Wird in mir wach.

    Da kommt es gefahren
    Mit lächelndem Munde,
    Vorüber im klaren
    Kristallenen Grunde,
    Das alte vertraute,
    Das Weltangesicht!
    Sein Aug’ auf mich schaute
    Mit äth’rischem Licht.

    Wohin ist’s geschwommen
    Im Wellengewimmel?
    Woher ist’s gekommen?
    Vom blauenden Himmel!
    Denn als ich ins Weben
    Der Wolken gesehn,
    Da sah ich noch eben
    Es dort vergehn.

    Ich seh’ es fast immer,
    Wenn’s windstill und heiter,
    Und stets macht sein Schimmer
    Die Brust mir dann weiter;
    Doch wenn sein Begegnen
    Der Seele Bedarf,
    Im Stürmen und Regnen
    Auch seh’ ich es scharf


    Gottfried Keller (1819-1890)


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Am fliessenden Wasser

    3.

    Ein Fischlein steht am kühlen Grund,
    Durchsichtig fliessen die Wogen,
    Und senkrecht ob ihm hat sein Rund
    Ein schwebender Falk gezogen.

    Der ist so lerchenklein zu sehn
    Zuhöchst im Himmelsdome;
    Er sieht das Fischlein ruhig stehn,
    Glänzend im tiefen Strome!

    Und dieses auch hinwieder sieht
    Ins Blaue durch seine Welle.
    Ich glaube gar, das Sehnen zieht
    Eins an des andern Stelle!


    Gottfried Keller (1819-1890)


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Am fliessenden Wasser

    4.

    Sah ich eine junge Welle,
    Die durch Alpenrosen floss
    Und sich rauschend mit der Quelle,
    Mit dem Strom ins Tal ergoss.

    Schien der Himmel drin versunken,
    Und war doch so leicht und klar,
    Und ich hab’ davon getrunken,
    Wie so frisch und rein sie war!

    Bin dann auf dem Meer gelegen,
    Wo das Kreuz am Himmel steht;
    Nicht konnt’ unser Schiff sich regen,
    In der Glut kein Lüftchen weht’!

    Schaut’ ich in die Wasser nieder,
    In die Tiefen unverwandt,
    Und sah meine Welle wieder
    Aus den Bergen, wohlbekannt.

    Von dem heissen Strahl durchzittert,
    Ja, sie war es, deutlich, nah!
    Doch versalzen und verbittert,
    Still und mutlos lag sie da. -


    Gottfried Keller (1819-1890)


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Lamentationen


    Das Glück ist eine leichte Dirne
    Und weilt nicht gern am selben Ort;
    Sie streicht das Haar dir von der Stirne,
    Und küßt dich rasch und flattert fort.
    Frau Unglück hat im Gegenteile
    Dich liebefest ans Herz gedrückt;
    Sie sagt, sie habe keine Eile,
    Setzt sich zu dir ans Bett und strickt.


    Heinrich Heine (1797-1856)


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Beschränkt


    Halt dein Rößlein nur im Zügel,
    Kommst ja doch nicht allzu weit.
    Hinter jedem neuen Hügel
    Dehnt sich die Unendlichkeit.

    Nenne niemand dumm und säumig,
    Der das Nächste recht bedenkt.
    Ach, die Welt ist so geräumig,
    Und der Kopf ist so beschränkt!


    Wilhelm Busch (1832-1908)


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Gelehrsamkeit


    Die Nacht des Irrtums nah und fern
    Erhellen wir, sagen gelehrte Herr´n. -
    Ja, jeder von euch ist ein großer Stern
    In seinem Fach, wir gestehen gern,
    Ein Lumen in der Papierlatern.


    Franz Binhack (1836-1915)


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Fort mit dem Ich und seiner Kraft...


    Fort mit dem Ich und seiner Kraft,
    Gebeut die Liebe, fort damit!
    Vor jenem Auge ziemet ihm
    Daß es verstiebe; fort damit!

    Nein, geize nach der Ehre nicht
    Dir selber ewig gleich zu sein;
    Woferne nur ein Schein davon
    Zurückebliebe, fort damit!

    Sich aufzulösen ist so schön
    In ungemessner Leidenschaft,
    Und deiner Ichheit stolze Pracht
    So trist und trübe; fort damit!

    Zu Asche brenn' ein liebend Herz,
    Und in die Lüfte streu's der Wind,
    Beweisend aller Welt, wie groß
    Die Macht der Liebe; fort damit!


    Georg Friedrich Daumer (1800-1875)


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Und einmal steht das Herz am Wege still


    Häuser und Mauern, welche die Menschen überdauern,
    Bäume und Hecken, die sich über viele Menschenalter strecken,
    Dunkel und Sternenheer, in unendlich geduldiger Wiederkehr,
    Kamen mir auf den Hügelwegen in der Sommernacht entgegen.
    Nach der Farbe von meinen Haaren, bin ich noch der wie vor Jahren,
    Nach meiner Sprache Klang und an meinem Gang
    Kennen mich die Gelände und im Hohlweg die Felsenwände.
    Viele Wünsche sind vergangen, die wie Sterne unerreichbar hangen,
    Und einmal steht das Herz am Wege still,
    Weil es endlich nichts mehr wünschen will.


    Max Dauthendey (1867-1918)


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Schöne Zeit


    Als wir im tiefen Thale
    Beisammen saßen beid'
    Im heimlichen Sternenstrahle
    War eine schöne Zeit!

    Des Tages Augen sanken,
    Es wallten weit und breit
    Nur noch der Liebe Gedanken
    War eine schöne Zeit!

    Jetzt weilst du in der Ferne;
    Zu deinem Haus so weit,
    Da ziehen nur die Sterne —
    War eine schöne Zeit!

    Ich bin daheim geblieben
    Mit meinem Herzeleid;
    O Küssen süß, o Lieben! —
    War eine schöne Zeit!

    Und unser Thal muß stehen
    In stiller Einsamkeit;
    Doch leise Lieder wehen
    Dort von der schönen Zeit.


    Ludwig Pfau (1821-1894)


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Klage


    Wie ist das Leben doch so arm und nichtig!
    Du bleibst dir selbst ein unerforschter Bronnen —
    So tief du sinnst — und bist, hast du gesonnen,
    Froh, geht nur deines Leibes Uhrwerk richtig.

    Und was dir erst so werthvoll schien und wichtig,
    Wird klein und schaal, sobald du es gewonnen;
    So schläft das Leid im Kerne deiner Wonnen,
    Und Müh' legt sich um Mühe tausendschichtig.

    Wer leben will, muß kämpfen und muß streben;
    So strebst du stets und sehnst dich stets nach Ruhe,
    Und lebst und webst — dein leztes Hemd zu weben.

    Durchlaufen hast du endlich deine Schuhe,
    Und mit den Schuhen auch dein bischen Leben —
    Dann wird zum Lohn dir eine schwarze Truhe.


    Ludwig Pfau (1821-1894)


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)

  • Ich denke dein!


    Ich denke dein,
    Wenn durch den Hain
    Der Nachtigallen
    Akkorde schallen!
    Wann denkst du mein?

    Ich denke dein
    Im Dämmerschein
    Der Abendhelle
    Am Schattenquelle!
    Wo denkst du mein?

    Ich denke dein
    Mit süßer Pein
    Mit bangem Sehnen
    Und heißen Tränen!
    Wie denkst du mein?

    O denke mein,
    Bis zum Verein
    Auf besserm Sterne!
    In jeder Ferne
    Denk ich nur dein!


    Friedrich von Matthisson (1761-1831)


    "Wenn du von allem dem, was diese Blätter füllt,
    Mein Leser, nichts des Dankes wert gefunden:
    So sei mir wenigstens für das verbunden,
    Was ich zurück behielt."
    (Lessing)