Beiträge von Mordent

    Ich möchte betonen, daß ich im Wesentlichen von den Aufnahmen spreche; von Konzerten und dergleichen habe ich keine Ahnung. Daß sich diese Auffassungen und Dress Codes in der Zeit um 1968 zu verändern begannen, will ich gar nicht groß widersprechen. Doch hat sich das erst allmählich in "tönener Münze" ausgezahlt - im Verlauf der 1970er Jahre, also mit Verzögerung. Das wollte ich betonen.

    Genau, so entspricht das auch dem, was hie und dort zu lesen ist.

    Ich habe schon in mehreren Darstellungen gelesen, dass die "Kulturrevolution", die die Bürgerrechts- und Studentenbewegungen der 60er-Jahre darstellten, die hip-Bewegung sichtlich angetrieben hat. Man liest das auch immer wieder in Interviews mit den Akteuren jener hip-Bewegung, die der Sache erst so richtig zum Erfolg verholfen haben, dass zum Beispiel die "Kleiderordnung" der Künstler, die im etablierten Konzertbetrieb immer wieder für Konsterniertheit gesorgt hat, mit diesem hip(ie)-Geist zusammenhing. Auch hat die Rennaisance-Musik anscheinend großen Aufwind bekommen wegen des "Do-it-yourself"-Charakters, der junge Musiker dieser Zeit, weil zum Zeitgeist passend, sehr angesprochen hat.

    Ich kann großen Sälen schon auch etwas abgewinnen. Ich bin zum Beispiel ganz begeistert von der Berliner Philharmonie. Die fasst ja auch über 2000 Besucher, aber ich fand das noch nie unangenehm. Allein die Architektur ist für mich jedes mal ein ästhetisches Erlebnis, und die Akustik ist sowohl für die Hörer als auch die Musizierenden sehr angenehm. Ich habe die Bühne dort singender Weise ja auch schon erlebt. Das wirkt alles irgendwie gar nicht so massig, eher familiär. Natürlich ist der Saal für barocke Orchester nicht optimal, aber immerhin gut.


    Sehr angenehm ist auch der Kammermusiksaal, allerdings hat man gewisse Höreinschränkungen, wenn man hinter dem Orchester sitzt. ich erlebe es auch immer so, dass es nicht die Masse der Besucher macht, die einem den Konzertbesuch unangenehm machen können, sondern es sind meist eher einzelne Individuen, und auf die kann ich auch in einem Salonkonzert treffen. Und auch wenn ich sehr weit von der Bühne wegsitze, erlebe ich die Musik trotzdem deutlich anders -- und viel "eigentlicher" -- als von CD.


    Im Grunde ist es absurd, dass ich ein derartiger CD-Sammler bin und ständig Konserve höre, denn so richtig entfaltet sich Vieles eben doch erst, wenn man es im Konzert erlebt ...

    Nachdem wir letzte Woche in der Zauberflöte der Berliner Staatsoper (im Schillertheater) waren, habe ich hier ganz eifrig den Thread zu den opi-Einspielungen der Zauberflöte aufgesucht. Um Weihnachten 2013 hatte ich ja die inzwischen megaerfolgreiche Zauberflöte in der Komischen Oper gesehen, deren Inszenierung ich enttäuschend fand, aber immerhin war es ein Genuss, dem Orchester zuzuhören. Freilich nicht opi, aber durchaus von hip inspiriert und entsprechend frisch, durchsichtig, mitreißend.


    In der Staatsoper war es nun gerade umgekehrt: Eine hinreißende, wenn auch nicht innovative Inszenierung, aber musikalisch ein Rein- wenn nicht Durchfall. Die Staatskapelle hat sich uninspiriert und schwerfällig durch die Ouvertüre vibriert, da war dann schon der Ton für den Abend gesetzt. Sängerisch gab es keine großen Höhepunkte, dafür ein paar Ärgernisse, allen voran die zweite Arie der Königin, deren Koloraturen nur mithilfe krasser Temposchwankungen über die Bühne gebracht werden konnten und dazu noch einem munteren Roulette glichen: mal ein Treffer, mal keiner ...


    Überhaupt: wie verkatert! Die drei Damen beim ersten Auftritt quatschig, und wenn ich schon mal höre, dass die Intonation nicht stimmt, dann gute Nacht. Und sollte man meinen, dass Orchester und Sänger bei "Ein Mädchen oder Weibchen" durchgehend klappern können? Und in jeder Strophe erneut an derselben Stelle aneinander vorbei musizieren?


    Die Pamina hat Ordentliches geliefert, der Sprecher war famos, und geschnurrt hat es eigentlich immer nur dann, wenn die drei Knaben dem ganzen Ensemble mit ihrer Punktgenauigkeit den Marsch geblasen haben. Oh, nie hätte ich gedacht, dass Sarastro und Orchester bei den Heiligen Hallen klappern könnten ....


    Allein die hübsche Inszenierung und diese irrsinnig schöne und spannende Musik Mozarts hat uns dazu gebracht, nicht in der Pause zu gehen. Und jetzt muss ich mir dringend die Christie-Einspielung besorgen und mir den Jacobs mal eingehender anhören.

    Aber hatte das der Komponist nicht eingeplant? Schon die Aufführung des Werkes an einem anderen Ort als den der Uraufführung bedeutete andere Interpreten. Und mit Sicherheit war den allermeisten Komponisten daran gelegen, dass ihr Werk, in das sie so viel Kraft und Arbeit investiert haben, nicht nur an einem Ort und auch nicht nur für eine Serie gespielt werden sollte. Und sicherlich hatte auch nicht jeder die Möglichkeit, sein Werk direkt auf Interpreten zuzuschneiden. Das "hören wir ja auch nicht (mehr) die Originale" würde ja fast in letzter Konsequenz darauf hinauslaufen, dass wir die Werke gar nicht mehr hören können/dürfen, weil die ursprünglichen Interpreten zwangsläufig nicht mehr zur Verfügung stehen.

    Die ganze Barockzeit über haben die Komponisten ihre Opern tatsächlich nur für eine Serie an einem Ort mit einer Besetzung geschaffen. Manchmal sogar nur für einen einzigen Anlass. Und wenn eine Oper dann doch noch mal an einem anderen Ort wiederverwertet oder noch einmal aufgenommen wurde, dann allermeistens mit Veränderungen/Anpassungen. Ich glaube, es hat sich erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts allmählich dahin entwickelt, dass Opern teilweise um die Welt gegangen sind.



    Was das obige Beispiel angeht, nervt mich nur die jetzige Mode in den Theatern: 'Wir bringen das Theaterstück zum Film, zum Buch.' Als wenn ihnen nichts Eigenes einfallen könnte/sollte.

    Einfallen würde denen wahrscheinlich schon etwas, ich habe eher den Eindruck, dass sich Produktionen, die das Publikum quasi schon kennt, besser verkaufen lassen als originelle Hervorbringungen, die für die potenziellen Ticketkäufer unbeschriebene Blätter sind ...

    Die habe ich mal geschenkt bekommen, und der Titel passt schon irgendwie, das ist alles sehr frisch und fetzig, aber dabei nicht verpoppt, sondern einfach nur schwungvoll. Eignet sich auch gut als Begleitmusik für diverse häusliche Tätigkeiten.


    Habe ich seit gestern und habe die erste CD auch gestern schon im Laden mal reingelegt, es kam dann zu einem heftigen Ausbruch von guter Laune, sodass ich mich mitunter zum Mitsingen gezwungen sah. Das klingt einfach herrlich frisch. Und weil ich dabei so sehr an Ulli denken musste, habe ich beschlossen, mich hier auch mal wieder zu melden. :wink:

    Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum!!!!


    Im Moment bin ich hier zwar nicht so viel unterwegs, aber das wird sich bestimmt wieder ändern. Ich habe gerade einfach bloß zu viele andere Baustellen.


    Macht's gut, und auf die nächsten fünf Jahre!


    Auch wenn Tamás natürlich zuzustimmen ist, das hmf mit der Werkeauswahl hier eine geradezu tollkühne Risikofreude an den Tag legt, muss ich doch sagen, dass ich in den letzten Tagen bei MDR Figaro immer mal einzelne Sätze dieser Wassermusik gehört habe ( CD der Woche), die mich doch sehr angesprochen haben. Da wird richtig auf den Putz gehauen!


    Ich gebe allerdings zu, dass ich bei Feuerwerks- und Wassermusik nie ganz zurechnungsfähig in meinen Einschätzungen bin: Ich bin verrückt nach Mr.Handels Spektakelmusiken und habe immer Angst, dass mir mit gerade dieser Scheibe etwas entgehen könnte... *plem* *yorick*


    Entsprechend voll ist diese Abteilung in meinem Hochregallager... :wacko: *hä*

    Ich habe die Akamus-Version eher aus Treue zum Ensemble gekauft, war beim Hören aber wirklich ganz hingerissen. Wunderbar! Kann ich nur empfehlen.

    Ich habe in meinem Examen die vier Lieder und Tänze des Todes von Mussorgsky gegeben, und danach von Schostakowitsch die "Krokodil"-Lieder.


    Mussorgsky hat es mir als Jugendlicher sehr angetan, wobei mich die Orchesterfassungen von den Bildern gar nicht so anhaltend fasziniert haben, eher die Opern Boris Godunow und Chowanschtschina (die anderen kenne ich nicht). Mussorgsky packt mich immer wieder, obwohl das von der musikalischen Epoche ja gar nicht (mehr) mein Ding ist. Aber das ist schon sehr toll, sehr eigen (auch wegen der zuweilen aus der Volksmusik entlehnten modalen Harmonik), sehr berührend oft auch und genial.


    Schostakowitsch ist dagegen nicht so meins, und Tschaikowski eigentlich auch nicht. Habe mir wegen Currentzis ja das Violinkonzert gekauft und kürzlich beim Baumabschmücken angehört. Und ich denke die ganze Zeit: Was ist denn das? Muss das sein? Geht es nicht auch ein bisschen weniger dick aufgetragen? Macht doch mal halblang! Aber das war halt wohl die Zeit, die hat das gemocht. Immer größere Städte, immer mehr Industrie, breitere Boulevards, Weltausstellungen, Prunk, Protz, Werbung, und immer geilere Uniformen, so klingt dann halt auch die Musik. Ist absolut faszinierend, aber klanglich für mich auch sehr irritierend. Seltsamerweise finde ich das bei Mussorgsky nicht so massiv, obwohl der ja zur selben Generation gehörte.


    Eigentlich schade, dass mich ein Großteil der Musik nach 1800 inzwischen vor allen anstrengt.


    Oh, bei Rimsky-Korsakoff entspreche ich voll dem Klischee. Ich kenne nur die Sheherazade. (Aber immerhin!)

    Und die sehr oft beschriebene Extase, die echte Kastraten auslösten, die bleibt bei den Countertenören aus.


    [...]


    Von den echten Bravourarien der Starkastraten will ich gar nicht erst reden, die haben bisher auch nur Bartoli und Genaux singen können.

    Extase: Kriegen bei mir auch Countertenöre hin. Erst vorgestern wieder Fagioli im Konzert.


    Bravourarien: Welche Arien, die Bartoli und Genaux eingespielt haben, gibt es noch nicht in Counter-Einspielungen? Die würde ich mir nämlich aus Neugierde gern mal anhören.


    Für mich sind Counter inzwischen ein "vollwertiger" Ersatz für Kastraten, an die ich auch "glaub", weil mir Baums These nicht einleuchten will. Medizinisch habe ich zwar keine Ahnung, aber wie gesagt. Bei Leuten, die als Stars in der Öffentlichkeit gestanden haben, die Projektionsfläche auch der sexuellen Phantasien des Publikums waren, hätte "etwas" passieren müssen, was auch publik geworden wäre, wenn es sich "nur" um Counter-Tenöre gehandelt hätte.


    Nebenbei: Ich dachte, Charpentier und Purcell wären "haute-contres" gewesen, was ja wieder eine andere Stimmgattung als Counter ist ...

    Bei meiner Geburtstagsparty vor zwei (?) Jahren, die unter dem Motto "Regnez, plaisirs et jeux!" gestanden hat, lief nur Barock. War natürlich keine Tanzparty, das würde in meiner Wohnung auch nicht gehen, aber die Stimmung war trotzdem sehr gut, und ich habe viele Komplimente für die Musikauswahl bekommen, es wurde auch viel nachgefragt, was da lief, weil die Leute angefixt waren. Würde ich jederzeit wieder machen. Bei meiner diesjährigen Party war ich allerdings schon wegen der kurz darauf anstehenden Reise im Amerika-Fieber, und da lief dann im weitesten Sinne Country-Rock und natürlich meine Lieblingspartymusik: Grateful Dead.