Ich halte mich wenig gegenüber anderen mit Argumenten für und wider derlei Sprachverbiegungen auf, weil erfahrungsgemäß kaum jemand darin noch beweglich und bereit ist, das Thema abseits von entweder/oder als Spannungsfeld zu sehen, das abseits von aufregend auch anregend sein darf. Aber ich stimme Dir zu und das Zitat von König ist enorm.
Drei Gedanken dazu (die nichts anderes sagen als Du, nur anders):
1. Ich halte es mit Wittgenstein: "Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache". Durchdenkt man diesen wie bei ihm immer scheinbar kleinen und doch tiefen Satz, hat man ein brauchbares Werkzeug auch für dieses Thema. Die Denke jeweilig in Zeit und Raum drückt sich in ihrer Sprache aus. Das ist ein natürlicher Prozess. Die Denke durch Sprachregulierung zu drehen ist hingegen ein faschistischer Prozess, für dessen Verständnis man zu Wittgenstein "LTI" von Klemperer hinzufüge. Und dann erinnere man sich und andere bitte immer daran, dass der Duden ein deskriptives Wörterbuch ist, kein normatives - das wird leider nur Fachleuten beigebracht.
2. Die in meinen Augen angemessene Vorgehensweise mit Irritationen ist Kontextualisierung. Ich werde nur schwer verstehen, warum Büchern wie "Jim Knopf" oder "Pipi Langstrumpf" derart oberflächlich aktionistische Vorwürfe gemacht werden ohne all das in Betracht zu ziehen, was sie an Menschenbild, Werten und Bildungshaltung vermitteln. Vielleicht liegt es bloß am wesentlich geringeren Aufwand. Jedenfalls bevorzuge ich vielseitige Dokumentation statt einseite Reduzierung - das ist übrigens nicht nur aufklärerisch sondern ganz im Sinne der Diversität geboten. Nur ein Beispiel: die sog. "Judensau" im Chorgestühl des Kölner Domes ist ganz richtig ein Thema mit für und wider, selbst hinsichtlich der Art und Weise, wie ein solches Gebilde kontextualisiert werden kann, geschweigedenn natürlich ob es bleiben soll oder verschwinden muss. Solange dies als öffentliches Thema lebendig ist, bin ich es zufrieden. Das ist demokratischer Diskurs, der bisweilen selbst als Lösung reicht und nicht zwingend einer abschließenden Maßnahme bedarf.
3. Manche sind überfordert und bemerken nicht, dass sie sich mit ihrer Haltung noch auf dem selben Spielfeld wie die Rassisten, Diskriminierer und Idioten befinden. Mein Gegner im Tennis spielt Tennis wie ich selbst, nur besser oder schlechter im jeweiligen Match. Deshalb ist das König-Zitat auch so treffend. Da das alle für sich selbst entdecken müssen, erläutere ich aber nicht weiter.