Die Zahl 10 ist ja seit jeher eine bedeutende - nicht zuletzt seit den zehn Geboten. Als ich mir Gedanken über die Bedeutung dieser Zahl in "meiner" musikalischen Welt machte, dachte ich sofort an eine Künstlerverbindung, die für mich eine der bedeutendsten des 19. Jahrhunderts und persönlich faszinierendsten ist.
Wer ist das? Keine geringere als Isabella Colbran, Sängerin, Komponistin, Diva, Maitresse einiger bedeutsamer Männer und heute vor allem bekannt als Muse, Geliebte und erste Ehefrau von Gioachino Rossini.
Als der 23-jährige Komponist, keineswegs ein Unbekannter, aber eben auch noch kein gefeierter Star, 1815 erstmals nach Neapel kam, war Isabella bereits die Königin des Teatro San Carlo - bejubelte Sängerin, bewunderte Schönheit und nicht zuletzt Geliebte des Impresarios, Strippenziehers, Spielhöllenbesitzers und gewieften Geschäftsmannes Domenico Barbaja, der seines Zeichens ein begnadeter Talentfinder war und gut daran tat, Rossini in die Stadt am Vesuv zu holen.
Der Rest, so sagt man, ist Geschichte. Rossinis Colbran-Opern sind fast durchweg Meisterwerke ihrer Zunft, und die weiblichen Hauptrollen bieten jeder Sängerin, die es wagt, sich an sie heranzutrauen, ein nicht enden wollendes Arsenal an stimmlichen Genüssen. Stimmliche Virtuosität, eine weite Tessitur, dankbare Momente - hier wurde wirklich der Stimme auf den Leib geschrieben! Von Elisabetta (1815) bis Semiramide (1823) ist es ein weiter Weg - und von langer Dauer sollte ihre 1822 geschlossene Ehe nicht sein. Der Altersunterschied, Isabellas beginnenden Stimmprobleme, aber auch Rossinis steigender Ruhm und ihre zunehmende Sucht des Glücksspiels - all dies machte der schwierigen, aber intensiven Beziehung ein schnelles Ende. Wir wissen jedoch, dass beide die Hochachtung des jeweils anderen behielten - Rossini ließ Isabella in seinem Haus in Bologna wohnen und unterstützte sie materiell bis zuihrem Tod, er besuchte sie in ihrer letzten Krankheit und war von ihrem Tod sehr mitgenommen. Von Isabella ist überliefert dass sie in ihrer letzten Stunde seinen Namen gerufen hat...
Man kommt nicht umhin, anzunehmen, dass die zehn Opern, die Rossini für Isabella geschrieben hat nicht nur stimmlich ideal auf die Spanierin passten. Wer sonst würde einer einzelnen Sängerin so unterschiedliche Charaktere wie tugendsame Herrscherinnen (Elisabetta), erotische Verführerinnen (Armida), starke Kämpferinnen für Liebe und Gerechtigkeit (Desdemona, Anna, Zelmira), psychisch labile und hoch gefährliche, von Leidenschaft strotzende verstoßene Geliebte (Ermione) oder jüdische Mägde (Elcìa) zumuten?
Wie sie geklungen hat, wissen wir nicht, wie sie aussah, können wir nur annehmen - träumen können wir jedoch, und inspiriert sein von einer der interessantesten, romantischsten und tragischsten musikalischen Liebesgeschichten des 19. Jahrhunderts.
Wer sich ein bisschen in die Materie einarbeiten möchte, dem kann ich folgende CD sehr ans Herz legen:
Wer weitere Tips braucht, der kann sich gerne per PM melden - würde mich sehr freuen!
Die zehn Opern:
Elisabetta, regina d'Inghilterra - dramma, 24 Oct 1815
Otello, ossia Il moro di Venezia - dramma, 4 Dec 1816
Armida - dramma, 9 Nov 1817
Mosè in Egitto - azione tragico-sacra, 5 March 1818
Ricciardo e Zoraide - dramma, 3 Dec 1818
Ermione - azione tragica, 27 March 1819
La donna del lago - melodramma, 24 Oct 1819
Maometto secondo - dramma, 3 Dec 1820
Zelmira - dramma, 216 Feb 1822
Semiramide - melodramma tragico, 23 Feb 1823